Hallo Nachtigall,
mir gefällt dein Text auch sehr gut: Schöne, pointierte, kluge Formulierungen. Allerdings hatte ich ihn ganz anders interpretiert als meine Vorredner: Ich empfand ihn nicht als konfliktreich, sondern als eine Alltagsbeobachtung: Man kann niemals die Gedanken eines Anderen wirklich kennen, nicht einmal die des eigenen Partners. Sobald man versucht, ihm so nahe zu sein, können diese Gedanken nur verderben, verstummen, sich verstecken. Mich hat dein Gedicht an eine Stelle aus einem Brief Rilkes an Emanuel von Bodman erinnert, die mich immer sehr berührt hat:
"Es handelt sich in der Ehe für mein Gefühl nicht darum, durch Niederreißung und Umstürzung aller Grenzen eine rasche Gemeinsamkeit zu schaffen, vielmehr ist die gute Ehe die, in welcher jeder den anderen zum Wächter seiner Einsamkeit bestellt und ihm dieses größte Vertrauen beweist, das er zu verleihen hat. Ein Miteinander zweier Menschen ist eine Unmöglichkeit..."
Schön, dass dein kurzes Gedicht mehrere Interpretationen zulässt!
Lg presque