Zwischenstopp - SAG - BErlin (gelöscht)

FrankK

Mitglied
Hallo Spaetschreiber

Hmm, so ganz schlau werde ich aus dem Geschichtchen nicht.
Klar, der Typ ist, wie es so schön heisst, verunfallt.
Ziemlich hässlicher Crash, mit Sperrung der Autobahn und allem drum und dran.
Er sitzt irgendwo am Rande, schaut sich alles unbeteiligt an, reflektiert ein wenig über sein Leben und wartet auf den Bus.
Schluss.

Irgendwie vermiss ich was. Einen Aufhänger, einen Haken, der mich als Leser irgendwo kratzt oder piekst. Irgendetwas, das mich berührt.
So plätschert es nur schön leise vor sich hin.

Spontan fiel mir gerade als Schlusspointe ein:
Der Bus entpuppt sich als Sammelbus, in dem auch sein Nachbar sitzt, der für eine Routineuntersuchung ins Karankenhaus musste.
Oder halt irgend sowas in der Art. Etwas, das mich an meine eigene Vergänglichkeit erinnert.


Viele Grüße vom Spaetleser :)
Frank
 
Lieber Frank, meinen Dank erst einmal fürs Lesen überhaupt. Für die Gedanken erst recht -und fürs kommentieren sowieso. Mit anderen Worten: Danke für Deine Zeit.

Ich weiß, es ist eine schwere Geschichte und dann hat sie auch noch mehrere Spielebenen, ich weiß auch, dass sie nicht ganz so einfach ist, schwer zu lesen.
Ein Dichter, der meinen Namen trägt :) , schrieb in der ersten Strophe eines Gedichtes einmal:

Für Jedermann ist‘s nicht
Will sagen: Dies von mir
Ein Schienenstrang
Ist schwerlich zu verlassen
So weit mein Himmel über uns
Nur ich - nicht du
Dies Reich ist mein
Dein Weg zu grad‘
Ich kanns nicht lassen

Ja, der Kern der Geschichte ist ein ruhiger Moment des Nachdenkens. Ein Moment des „Revuepassierenlassens“.
Die Pointe war eben schon.

Sagen wir mal so: Ich hatte mir eine Treppe vorgestellt, eine Geschichtstreppe, die man langsam hinunter schreitet. Von oben, dort wo alles passierte, Stück für Stück, Stufe für Stufe nach unten. In diesem Fall war für mich eine Pointe nicht nötig, ja ich hab sogar aufgepasst, dass nicht unbewusst überhaupt eine Pointe entsteht. Ich wollte keine haben. Nicht jede Story braucht eine, finde ich.

Es kann aber auch sein, dass die Story einfach Käse ist und ich nicht alle Latten am Zaun habe. Wenn jemand dieser Meinung ist, soll er oder sie es ruhig sagen. Ich würde mich freuen. Dann würde ich zur Masse gehören und da wollte ich immer schon mal hin.

Liebe Grüße und ein schönes Wochenende
Erst am Anfang der nächsten Woche werde ich wieder hier sein, daher bitte nicht böse sein, wenn ich nicht sofort auf evt. Kommentare reagiere.
 
S

suzah

Gast
hallo spaetschreiber,

die story ist mir irgendwie nicht klar.
der prot hatte einen unfall und lisa auch - offensichtlich nicht im gleichen auto oder kam sie ins krankenhaus und er war unverletzt - und er sitzt jetzt irgendwo am straßenrand und macht sich gedanken, während er auf den bus wartet, der zum zweiten mal vorbeikommt, beim ersten mal stieg er nicht ein.

eines ist jedoch klar: der prot steht unter schock.

liebe grüße suzah
 

FrankK

Mitglied
Hallo Suzah
Ich hatte es so Interpretiert:
Der Prot ist gestorben, wartet jetzt auf den "Bus nach oben".
Seine Freundin hat die Sache wohl überlebt.

Allerdings bin ich mir noch immer nicht im klaren, wo hier der Hackepeter vorkommt.
Es sei denn, der Prot hieß Peter und wurde beim Unfall ziemlich ... ähh ... zerteilt.
Makaber.


Schönes Wochenende nach Berlin
Frank
 
S

suzah

Gast
hallo frankk,
ne, er hieß wohl nicht peter und "zerteilt" wurde er auch nicht, nur sein kopf hat gelitten, entweder schock oder ganz ab.

dann ist er entweder in der hölle,
weil spaetschreiber sagt: "Ich hatte mir eine Treppe vorgestellt, eine Geschichtstreppe, die man langsam hinunter schreitet. Von oben, dort wo alles passierte, Stück für Stück, Stufe für Stufe nach unten"

oder im himmel, weil er hinuntersieht und wo er auf den bus zur (oktober-)festwiese wartet: "Fehlt nur noch, dass die jetzt mit den bescheuerten Posaunen ankommen."

liebe grüße suzah
 

FrankK

Mitglied
Wirklich Interessant, liebe Suzah
Wie unsere Vorstellungen und Interpretationen wohl doch auseinandergehen.

Ich versuche mal die Stellen zu zeigen, an denen ich zu meiner Auslegung kam:

und nun sitze ich mir hier den Arsch platt und warte auf den Bus.
Was hat der Typ gesagt: „Willkommen bei uns, setzt dich hin und warte, Zeit wirst du genug haben“, weg war er wieder.
Er wurde von jemandem Begrüßt, der ihm sagt, was er zu tun habe:
Hinsetzen, auf den Bus warten.
Zugegeben, noch ist es nicht deutlich ob der Bus nach oben oder unten fährt.

Scheiße! Mein Handy geht nicht, obwohl es das Einzige ist, was ohne Schramme davon gekommen ist.
Oh, ich hab ja gar keine Schrammen mehr und die Klamotten sind wie neu? Wie geht das denn?
Im Grunde wird es hier erst deutlich, dass der Typ gekillt wurde. Ausserdem sehe ich hier die erste Andeutung für eine Fahrt nach oben. Es heißt doch immer, man käme unversehrt ins Himmelreich.
Das mehr als der Kopf getroffen wurde verdeutlicht die Aussage über den Anzug.

Fehlt nur noch, dass die jetzt mit den bescheuerten Posaunen ankommen. Blasmusik?
Hier wurde (für mich) der Hinweis auf das Himmelreich manifestiert. Kennst Du auch diese kleinen, kitschigen, pausbäckigen, fetten Engelchen mit Posaunen aus Porzellan?

Ach und der Bus kommt, der Typ von vorhin sitzt am Steuer.
Er (oder seine Seele) wird erst jetzt abgeholt für die Fahrt nach oben.

- und machts gut ihr - da unten …
Noch ein Hinweis auf eine Himmelfahrt. Er winkt (verbal) zurück --> nach unten.

Soweit meine ernsthafte Interpretation des Stückes.
Nicht mehr ganz so ernsthaft mein Versuch, den "Hackepeter" gemäß Schreibaufgabe darin zu finden.

Da war 'die Sonne' in Deinem Stück 'Rätselhafte Schönheit' leichter zu entdecken. :)

Oder ging es in diesem Stück gar nicht um "Hackepeter"? Das kann uns nur Spaetschreiber verraten.


Viele Grüße nach Berlin
Frank
 
Na gut!

Für Frankk und Suzah.
Nun habt ihr euch soviel Zeit für mich genommen. Und weil ihr beide das getan habt, schreibe ich mal fix die Auflösung, die Geschichte also, wie sie als Ganzes ausgesehen hätte.
Für alle anderen ist das Lesen verboten!


*​

„Man Lisa, nun mach schon, Mama wartet!“
„Ja, ja, ich komm ja schon, aber die neuen Bezüge mussten sein.“
„Davon fährt die Kiste aber auch nicht schneller Schatz und meine Ängste werden nicht weniger!“
„Blödmann!“

*​

Bernhard und Lisa sind nun schon ein ganzes Jahr Mann und Frau. Die Wohnung ist eingerichtet und auch den ersten Urlaub hatten sie hinter sich. Beide hatten gut bezahlte Jobs und zusammen mit dem Geld, was sie zur Hochzeit geschenkt bekommen hatten war es endlich soweit und sie konnten sich ihren ersten Neuwagen kaufen. Das hatten sie auch getan und nun stand ein funkelnagelneuer Flitzer im Hof. Die Farbe durfte Lisa aussuchen. Sie hat weiß gewählt. „Weiß ist die Farbe der Unschuld“, behauptete sie und Bernhard feixte ihr zweideutig ins Gesicht. An seinem Grinsen erkannte sie schnell, was gerade wieder mal in seinem Männerkopf vor sich ging, und musste auch lächeln. „Ja, die Sitze kann man umklappen du Mann du“, sagte sie. Als sich Bernhard auf den Beifahrersitz schwang und Lisa hinterm Lenkrad Platz genommen hatte, bekreuzigte er sich noch einmal. Das tat er natürlich so, dass es Lisa auch bemerkte. „Du bist so doof“, murmelte sie und würdigte ihn keines Blickes. „Es war so abgesprochen mein Lieber, die erste Fahrt mache ich, also hör jetzt endlich auf mit dem Quatsch.“

*​

Seit mittlerweile drei Monaten hatte sie ihren Führerschein schon und nicht ein einziges mal gab es die Gelegenheit am Steuer zu sitzen. Genau an dem Tag, als sie mit dem noch nach Druckerschwärze riechenden Führerschein nach Hause kam, hatte Bernhard das alte Auto verkauft. Das Neue sollte dann am nächsten Tag abgeholt werden. Leider verzögerte sich die Auslieferung dann doch um fast drei Monate. In Frankreich streiken die Autobauer, war das Argument des Verkäufers und man bot ihnen einen Leihwagen an. Dieses Angebot hatten sie aber ausgeschlagen. Es gab in jener Zeit kein Ziel, das es erforderlich machen würde, ein Auto zu besitzen. Somit fuhren sie also drei Monate Fahrrad und ließen sich Woche für Woche vertrösten. Als Service stellten dann die Jungs vom Autohaus ihr neues „Unschuldsmobil“ mit einer großen Schleife versehen, eines Abends vor ihre Tür. Eine schöne Geste, über die sich Lisa wirklich freute. Auch Bernhard freute sich, jedenfalls tat er so, denn eingefädelt hatte er das Ganze.

*​

Nun also war es soweit, sie waren eingeladen. Bernhards Mutter erwartete sie zu Kaffe und Kuchen. Es war ein schöner Tag, die Sonne schien und es waren nur ca. einhundertfünfzig Kilometer durch die Eifel. „In ungefähr zwei Stunden sind wir da Mama, ich freu mich auf dich und deinen Kuchen“, sprach Lisa noch einmal ins Telefon, bevor sie sich ans Lenkrad setzte. Bernhard beobachtete aus den Augenwinkeln sehr genau wie sich seine Süße die Spiegel einstellte, den Sitz nach vorne schob, wie sie sorgfältig den Sicherheitsgurt anlegte und noch schnell im Spiegel der Sonnenblende, mit der Zunge über ihre Lippen fuhr. Sie fuhr besser als Bernhard es erwartet hätte und schon nach zwanzig Kilometern, begann er sich zurück zu lehnen und schaute sich die Landschaft an.
„Die Eifel ist der Himmel auf Erden Lisa“, sagte er mehr zu sich selbst als zu Lisa.
„Pah, antwortete sie, der Himmel ist viel schöner.“
„Woher willst du das denn wissen Schatz?“
„Ich weiß es eben, antwortete sie.“
„Und woher, wenn ich fragen darf?“
„Von Oma, von meiner süßen Oma, die jetzt im Himmel wohnt und auf mich aufpasst Schatz.“
Diesen Satz konnte sie kaum aussprechen, denn schon standen ihr wieder Tränen in den Augen. Das war immer so, wenn die Rede auf ihre Großmutter kam.

*​

Lisas Oma war vor ein paar Wochen gestorben und sie litt sehr darunter. Solange sich Bernhard und Lisa kennen, telefonierten die beiden täglich miteinander oder verabredeten sich zum Kaffe.
Lisa ist von ihrer Oma aufgezogen worden und hatte bei ihr wirklich den Himmel auf Erden. Ihre Eltern waren mit der Kindererziehung vollkommen überfordert gewesen und hatten kaum Zeit für das Kind. Aus einem Wochenendbesuch bei der Oma wurden dann weitere, sie verlebte ihren Urlaub dort, blieb auch mal einen ganzen Monat und wurde wie ein Zirkuskind an der örtlichen Schule unterrichtet. Bald spielte sich ihre gesamte Kindheit bei der Oma ab und keinem ist dieser Wechsel so richtig aufgefallen. Die Besuche ihrer Eltern ließen nach und sie sahen sich am Ende nur noch einmal im Jahr. Vermisst hat sie ihre Eltern nie.

*​

„Oma sagte immer zu mir: Der Himmel ist genauso wie du ihn Dir vorstellst Lisa!“
„Mein Himmel ist also so, wie ich ihn mir vorstelle?“ Bernhard schaute ein wenig irritiert in Lisas Gesicht, darüber hatte er noch niemals nachgedacht. Alles, was nichts mit der Realität zu tun hatte, verspottete er. Er hasste Horoskope, Weissagungen, Handlesen und all die Geschichten, die sich um die Mondlandung rankten.
„Soll, ich dir sagen, wie mein Himmel aussieht Lisa, soll ich dir sagen, wie ich es mir da oben vorstelle?“
„Na dann mach mal, antwortete sie, ich bin gespannt.“
Er schwieg einen kleinen Moment und dachte sich diese Geschichte aus.

*​

Wenn ich dort oben ankomme, wird es bestimmt still sein. Ich wette, dass die Sonne scheinen wird. Bestimmt wird mich jemand in Empfang nehmen und mir sagen, was ich für ein toller Kerl bin. Sicher wird er mir noch die Stationen meines Lebens zeigen. Vielleicht mit nem Bus durch meine Vergangenheit kurven. Bestimmt zeigt er mir auch noch die Person, die an meinem Tod Schuld ist, denn an Altersschwäche sterbe ich nicht, niemals. Irgendein Idiot wird mich bestimmt killen, mich von ner Brücke schubsen oder mit nem Auto umfahren.
„Übrigens, Lisa, rase nicht so, wir haben Zeit, ich hab keine Lust als Hackepeter hier von innen an der Windschutzscheibe zu enden.“
„Ja, ja du toller Kerl“, sagte Lisa lachend. „Wer weiß, ob du überhaupt in den Himmel kommst?“
„Verlass dich drauf Lisa und wenn es an den Himmels -oder Höllenpforten Unstimmigkeiten geben wird, werde ich dich anrufen und bitten, mir Beistand zu leisten.“
„Ich?“, fragte Lisa erstaunt und fuhr schon wieder schneller als erlaubt.
„Ja du“, erwiderte Bernhard, schaute nachdenklich geradeaus und hörte Lisa zu.
„Was könnte ich denn Tolles von dir erzählen mein Schatz, was sollte ich denn deiner Meinung nach Entlastendes von dir zur Verteidigung hervorbringen, damit du nicht in die Hölle kommst?

*​

Bevor Bernhard antwortete, bat er Lisa noch einmal darum etwas langsamer zu fahren.
„Du könntest den Leuten da oben sagen, dass ich ein Traummann bin, ein Mann der dich auf Händen trägt, ein Mann, der einen Fluxkompensator in sich trägt und mit jeglicher Energie dir jeden Wunsch zu jeder Zeit von den Augen abliest und ihn dir erfüllt. Du könntest sagen, dass dir niemals vorher jemand begegnet ist, der noch besser zu dir passt, als deine süße Oma. Das könntest du sagen und noch viel mehr.

*​

Als diese Worte fielen, schaute er Lisa nicht an, spürte aber, dass sie ihm aufmerksam zuhörte. Als er aufgehört hatte zu reden, bremste sie, fuhr rechts ran, schnallte sich ab und warf sich Bernhard an den Hals. „Ja Schatz, sprach sie, das werde ich sagen und noch viel mehr.“ Ihr Kuss schmeckte immer noch etwas salzig nach ihren eigenartigen Kaugummis. Als nach einer halben Stunde alle Lippen leergeküsst und die Klamotten wieder geordnet waren, stellte Lisa den Sitz wieder hoch, sprang noch einmal kurz aus dem Auto, um auch ihre Sachen zu ordnen.
„Du hast den schönsten Hintern der Welt!“, rief ihr Bernhard aus dem Auto zu.“
„Ich weiß, rief sie zurück, du musst auch immer schön drauf aufpassen Liebling.“
„Versprochen“, flüsterte er ihr ins Ohr, als sie sich im Auto wieder anschnallte.

*​

Es machte Spaß durch die Eifel zu fahren und die Kurven lockten das Gaspedal. Lisa konnte nicht widerstehen. Der entgegenkommende Sportwagen wohl auch nicht. Das Unschuldsauto raste auf die Leitplanken zu und das Blech der Straßenabsperrung glitt wie Butter durch das Auto. Bernhard hatte keine Chance, das Letzte was er sah, war das Schild einer Bushaltestelle.
 
S

suzah

Gast
hallo spaetschreiber,
ich bin beeindruckt, eine lange geschichte und dieser schluß!
liebe grüße suzah
 
Liebe Suzah, lieber Frankk, liebe Flammarion,

dankeschön für die Rückmeldungen.
Mein kleiner Fantasieeinschränkungskommentar war wirklich bitter nötig? Alles was Frankk schon vorher schrieb, hat mich vollends glücklich gemacht. Er sah, was ich sah. Ich weiß gar nicht, ob mich seine Intensionen beim Kommentieren beeinflusst haben, aber ich sag mal: ne, ne, ne! *feix
Herzlichen Dank nochmals für die Aufmerksamkeit und nun auf zu neuen Bergen und Tälern. Und immer schön vorsichtig sein in den Kurven.

Liebe Grüße
Tom
 

flammarion

Foren-Redakteur
Teammitglied
Korrekturvorschläge:

Zwischenstopp - SAG - BErlin
Veröffentlicht von Spaetschreiber am 25. 09. 2009 21:58
Zwischenstopp - Schreibaufgabe


War es gestern? Oder eben gerade? Oder vorhin? Bestimmt war es vorhin. Wieso kann ich mich denn nicht erinnern? Es muss vorhin gewesen sein, alles war irgendwie vorhin. Jeder Gedanke, den man so hat, ist ein Gedanke von vorhin. Scheiße!
Da waren doch noch so viele Dinge zu machen, zu erledigen und nun sitze ich mir hier den Arsch platt und warte auf den Bus.
Was hat der Typ gesagt: „Willkommen bei uns, setzt dich hin und warte, Zeit wirst du genug haben“, weg war er wieder. Keine Ahnung, ob ich mich nun freuen soll oder nicht.

Da unten, da wo die Straße sich an den Bergen entlang schlängelt, da war‘s schön. Frische Luft war da, salzige Luft. Den Geschmack auf Lisas Lippen werde ich wohl niemals vergessen. Ist das alles, was bleiben wird? Hier ist irgendwie gar nichts, nur Bilder, ein Stummfilm. Emmett L. Brown wo bist du? Ich bin‘s, Marty, schmeiß das Ding an!

Meine Güte, wie lange brauchen die denn noch[blue] (Komma) [/blue] um den Kram da unten wegzuräumen.[blue] (besser Fragezeichen) [/blue] Mama wird warten. Wer soll sie auch anrufen? Scheiße! Mein Handy geht nicht, obwohl es das [red] Einzige [/red] (einzige) ist, was ohne Schramme davon gekommen ist.
Oh, ich hab ja gar keine Schrammen mehr und die Klamotten sind wie neu?[blue] (besser Ausrufezeichen) [/blue] Wie geht das denn?
Ja, so würde ich Mama gefallen. Sie wird warten. Schade, ich hatte mich so auf sie gefreut. Dann wird es eben diesmal andersrum sein, sie wird ausnahmsweise ihre Schwiegertochter besuchen müssen. Bring ihr Kuchen mit Mama, sie liebt ihn doch so sehr!

Wenn ich mir vorstelle, dass ich selbst dort in der Autoschlange stehen würde und auf die Freigabe der Straße warten müsste, höre ich mich selbst fluchen. [blue] (Absatz)[/blue] Wann kommt denn nun der Bus? Fehlt nur noch, dass die jetzt mit den bescheuerten Posaunen ankommen. Blasmusik? Ich hasse Blasmusik. Außer die von Lisa, hach Lisa, was musstest du auch so rasen. Na[blue] (Komma) [/blue] hoffentlich hast du dir nicht deinen süßen Hintern gebrochen, den wirst du noch brauchen. Wenn du mich erst vergessen haben wirst, wird er so schön durch andere Schlafzimmer wackeln. Ich darf gar nicht dran denken. Scheiße!

Endlich, der Stau da unten löst sich auf.
Fahrt bloß vorsichtig Leute. Ach und der Bus kommt, der Typ von vorhin sitzt am Steuer. Vorhin, vorhin, vorhin. Scheiße.
Ja[blue] (Komma) [/blue] ja, ich komm ja schon – und fahr bloß langsam Mann, mir ist immer noch schlecht von - vorhin - und machts gut ihr - da unten …
Veröffentlicht von Spaetschreiber am 28. 09. 2009 22:26
Na gut!
„[red] Man [/red] (Mann) Lisa, nun mach schon, Mama wartet!“
„Ja, ja, ich komm ja schon, aber die neuen Bezüge mussten sein.“
„Davon fährt die Kiste aber auch nicht schneller[blue] (Komma) [/blue] Schatz[blue] (Komma) [/blue] und meine Ängste werden nicht weniger!“
„Blödmann!“
*


Bernhard und Lisa sind nun schon ein ganzes Jahr Mann und Frau. Die Wohnung ist eingerichtet und auch den ersten Urlaub hatten sie hinter sich. Beide hatten gut bezahlte Jobs und zusammen mit dem Geld, was sie zur Hochzeit geschenkt bekommen hatten[blue] (Komma) [/blue] war es endlich soweit und sie konnten sich ihren ersten Neuwagen kaufen. Das hatten sie auch getan und nun stand ein funkelnagelneuer Flitzer im Hof. Die Farbe durfte Lisa aussuchen. Sie hat weiß gewählt. „Weiß ist die Farbe der Unschuld“, behauptete sie und Bernhard feixte ihr zweideutig ins Gesicht. An seinem Grinsen erkannte sie schnell, was gerade wieder mal in seinem Männerkopf vor sich ging, und musste auch lächeln. „Ja, die Sitze kann man umklappen[blue] (Komma) [/blue] du Mann[blue] (Komma) [/blue] du“, sagte sie. Als sich Bernhard auf den Beifahrersitz schwang und Lisa hinterm Lenkrad Platz genommen hatte, bekreuzigte er sich noch einmal. Das tat er natürlich so, dass es Lisa auch bemerkte. „Du bist so doof“, murmelte sie und würdigte ihn keines Blickes. „Es war so abgesprochen[blue] (Komma) [/blue] mein Lieber, die erste Fahrt mache ich, also hör jetzt endlich auf mit dem Quatsch.“
*


Seit mittlerweile drei Monaten hatte sie ihren Führerschein schon und nicht ein einziges mal gab es die Gelegenheit[blue] (Komma) [/blue] am Steuer zu sitzen. Genau an dem Tag, als sie mit dem noch nach Druckerschwärze [red] riechenden [/red] (riechendem) Führerschein nach Hause kam, hatte Bernhard das alte Auto verkauft. Das [red] Neue [/red] (neue) sollte dann am nächsten Tag abgeholt werden. Leider verzögerte sich die Auslieferung dann doch um fast drei Monate. In Frankreich streiken die Autobauer, war das Argument des Verkäufers und man bot ihnen einen Leihwagen an. Dieses Angebot hatten sie aber ausgeschlagen. Es gab in jener Zeit kein Ziel, das es erforderlich machen würde, ein Auto zu besitzen. Somit fuhren sie also drei Monate Fahrrad und ließen sich Woche für Woche vertrösten. Als Service stellten dann die Jungs vom Autohaus ihr neues „Unschuldsmobil“ mit einer großen Schleife versehen,[blue] (kein Komma) [/blue] eines Abends vor ihre Tür. Eine schöne Geste, über die sich Lisa wirklich freute. Auch Bernhard freute sich, jedenfalls tat er so, denn eingefädelt hatte er das Ganze.
*


Nun also war es soweit, sie waren eingeladen. Bernhards Mutter erwartete sie zu [red] Kaffe [/red] (Kaffee) und Kuchen. Es war ein schöner Tag, die Sonne schien und es waren nur ca. einhundertfünfzig Kilometer durch die Eifel. „In ungefähr zwei Stunden sind wir da[blue] (Komma) [/blue] Mama, ich freu mich auf dich und deinen Kuchen“, sprach Lisa noch einmal ins Telefon, bevor sie sich ans Lenkrad setzte. Bernhard beobachtete aus den Augenwinkeln sehr genau[blue] (Komma) [/blue] wie sich seine Süße die Spiegel einstellte, den Sitz nach vorne schob, wie sie sorgfältig den Sicherheitsgurt anlegte und noch schnell im Spiegel der Sonnenblende,[blue] (kein Komma) [/blue] mit der Zunge über ihre Lippen fuhr. Sie fuhr besser als Bernhard es erwartet hätte und schon nach zwanzig Kilometern,[blue] (kein Komma) [/blue] begann er sich zurück zu lehnen und schaute sich die Landschaft an.
„Die Eifel ist der Himmel auf Erden[blue] (Komma) [/blue] Lisa“, sagte er mehr zu sich selbst als zu Lisa.
„Pah[blue] (Anführungszeichen), [/blue] antwortete sie, [blue] (Anführungszeichen) [/blue] der Himmel ist viel schöner.“
„Woher willst du das denn wissen[blue] (Komma) [/blue] Schatz?“
„Ich weiß es eben[blue] (Anführungszeichen), [/blue] antwortete sie.“
„Und woher, wenn ich fragen darf?“
„Von Oma, von meiner süßen Oma, die jetzt im Himmel wohnt und auf mich aufpasst[blue] (Komma) [/blue] Schatz.“
Diesen Satz konnte sie kaum aussprechen, denn schon standen ihr wieder Tränen in den Augen. Das war immer so, wenn die Rede auf ihre Großmutter kam.
*


Lisas Oma war vor ein paar Wochen gestorben und sie litt sehr darunter. Solange sich Bernhard und Lisa kennen, telefonierten die beiden täglich miteinander oder verabredeten sich zum Kaffe.
Lisa ist von ihrer Oma aufgezogen worden und hatte bei ihr wirklich den Himmel auf Erden. Ihre Eltern waren mit der Kindererziehung vollkommen überfordert gewesen und hatten kaum Zeit für das Kind. Aus einem Wochenendbesuch bei der Oma wurden dann weitere, sie verlebte ihren Urlaub dort, blieb auch mal einen ganzen Monat und wurde wie ein Zirkuskind an der örtlichen Schule unterrichtet. Bald spielte sich ihre gesamte Kindheit bei der Oma ab und keinem ist dieser Wechsel so richtig aufgefallen. Die Besuche ihrer Eltern ließen nach und sie sahen sich am Ende nur noch einmal im Jahr. Vermisst hat sie ihre Eltern nie.
*


„Oma sagte immer zu mir: Der Himmel ist genauso wie du ihn [red] Dir [/red] (dir) vorstellst[blue] (Komma) [/blue] Lisa!“
„Mein Himmel ist also so, wie ich ihn mir vorstelle?“ Bernhard schaute ein wenig irritiert in Lisas Gesicht,[blue] (besser Punkt und groß weiter) [/blue] darüber hatte er noch niemals nachgedacht. Alles, was nichts mit der Realität zu tun hatte, verspottete er. Er hasste Horoskope, Weissagungen, Handlesen und all die Geschichten, die sich um die Mondlandung rankten.
„Soll,[blue] (kein Komma) [/blue] ich dir sagen, wie mein Himmel aussieht[blue] (Komma) [/blue] Lisa, soll ich dir sagen, wie ich es mir da oben vorstelle?“
„Na dann mach mal[blue] (Anführungszeichen), [/blue] antwortete sie, [blue] (Anführungszeichen) [/blue] ich bin gespannt.“
Er schwieg einen kleinen Moment und dachte sich diese Geschichte aus.[blue] (besser Doppelpunkt und kein Absatz)[/blue]
*


Wenn ich dort oben ankomme, wird es bestimmt still sein. Ich wette, dass die Sonne scheinen wird. Bestimmt wird mich jemand in Empfang nehmen und mir sagen, was ich für ein toller Kerl bin. Sicher wird er mir noch die Stationen meines Lebens zeigen. Vielleicht mit nem Bus durch meine Vergangenheit kurven. Bestimmt zeigt er mir auch noch die Person, die an meinem Tod Schuld ist, denn an Altersschwäche sterbe ich nicht, niemals. Irgendein Idiot wird mich bestimmt killen, mich von ner Brücke schubsen oder mit nem Auto umfahren.
„Übrigens, Lisa, rase nicht so, wir haben Zeit, ich hab keine Lust[blue] (Komma) [/blue] als Hackepeter hier von innen an der Windschutzscheibe zu enden.“
„Ja, ja[blue] (Komma) [/blue] du toller Kerl“, sagte Lisa lachend. „Wer weiß, ob du überhaupt in den Himmel kommst?“
„Verlass dich drauf[blue] (Komma) [/blue] Lisa[blue] (Komma) [/blue] und wenn es an den Himmels [blue] (kein Leerfeld)-(Leerfeld) [/blue] oder Höllenpforten Unstimmigkeiten geben wird, werde ich dich anrufen und bitten, mir Beistand zu leisten.“
„Ich?“, fragte Lisa erstaunt und fuhr schon wieder schneller als erlaubt.
„Ja[blue] (Komma) [/blue] du“, erwiderte Bernhard, schaute nachdenklich geradeaus und hörte Lisa zu.
„Was könnte ich denn Tolles von dir erzählen[blue] (Komma) [/blue] mein Schatz, was sollte ich denn deiner Meinung nach Entlastendes von dir zur Verteidigung hervorbringen, damit du nicht in die Hölle kommst?
*


Bevor Bernhard antwortete, bat er Lisa noch einmal darum[blue] (Komma) [/blue] etwas langsamer zu fahren.
„Du könntest den Leuten da oben sagen, dass ich ein Traummann bin, ein Mann[blue] (Komma) [/blue] der dich auf Händen trägt, ein Mann, der einen Fluxkompensator in sich trägt und mit jeglicher Energie dir jeden Wunsch zu jeder Zeit von den Augen abliest und ihn dir erfüllt. Du könntest sagen, dass dir niemals vorher jemand begegnet ist, der noch besser zu dir passt, als deine süße Oma. Das könntest du sagen und noch viel mehr[blue] (Anführungszeichen). [/blue]
*


Als diese Worte fielen, schaute er Lisa nicht an, spürte aber, dass sie ihm aufmerksam zuhörte. Als er aufgehört hatte zu reden, bremste sie, fuhr rechts ran, schnallte sich ab und warf sich Bernhard an den Hals. „Ja[blue] (Komma) [/blue] Schatz[blue] (Anführungszeichen), [/blue] sprach sie, [blue] (Anführungszeichen) [/blue] das werde ich sagen und noch viel mehr.“ [blue] (Absatz)[/blue] Ihr Kuss schmeckte immer noch etwas salzig nach ihren eigenartigen Kaugummis. Als nach einer halben Stunde alle Lippen leergeküsst und die Klamotten wieder geordnet waren, stellte Lisa den Sitz wieder hoch, sprang noch einmal kurz aus dem Auto, um auch ihre Sachen zu ordnen.
„Du hast den schönsten Hintern der Welt!“, rief ihr Bernhard aus dem Auto zu.“
„Ich weiß[blue] (Anführungszeichen[/blue]), rief sie zurück, [blue] (Anführungszeichen)[/blue] du musst auch immer schön drauf aufpassen[blue] (Komma) [/blue] Liebling.“
„Versprochen“, flüsterte er ihr ins Ohr, als sie sich im Auto wieder anschnallte.
*


Es machte Spaß[blue] (Komma) [/blue] durch die Eifel zu fahren und die Kurven lockten das Gaspedal. Lisa konnte nicht widerstehen. Der entgegenkommende Sportwagen wohl auch nicht. Das Unschuldsauto raste auf die Leitplanken zu und das Blech der Straßenabsperrung glitt wie Butter durch das Auto. Bernhard hatte keine Chance, das Letzte[blue] (Komma) [/blue] was er sah, war das Schild einer Bushaltestelle.

alles in allem eine tolle geschichte!
ganz lieb grüßt
 
Ach Du mein blaues Wunder! :)

Ich dank Dir schön. Diese ganze Arbeit meine Kleene...
Nun wird es ja wirklich langsam Zeit für ein Bier oder fünf.


Dankeschön!

LG
Tom
 



 
Oben Unten