Canossa (gelöscht)

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petrasmiles

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Die Idee eines historischen Dialogs über die Jahrhunderte hinweg finde ich witzig, aber die Ausgestaltung weniger.
Das mag auch an den beiden Figuren liegen, die von ihren Intentionen her wenig miteinander zu tun haben.
Es zündet auch nicht, dass die Reformation nicht oder anders stattgefunden hätte, wenn Heinrich nicht nach Canossa gegangen wäre. Heinrich stritt um sein Eigenkirchenrecht, war also auf derselben Ebene wie der Papst. Ein 'Demokrat' war er sicher nicht, ich wage sogar zu bezweifeln, dass er so umfassend gebildet war, die Antike gekannt zu haben. Ja, ich bezweifle sogar, dass bei seinen gebildeten Zeitgenossen Demokratie etwas mit dem zu tun hatte, was wir darunter verstehen. Tatsächlich braucht man nur ins 19. Jh. zu gehen, um Volksherrschaft als etwas Unvorstellbares zu sehen. Da gab es die SPD schon, da konnten sich weite Teile des Adels so eine Volksherrschaft ebenfalls nicht vorstellen.
Ich fürchte, soetwas zündet nur, wenn es historisch exakt ist.

Liebe Grüße
Petra
 
Hallo Petrasmiles,
kleines Missverständnis. Du hast mit jedem historischen Verweis recht - nur, um den historischen Heinrich geht es nicht (wie hätte der Luther treffen können?), aber er hatte ähnliche Probleme wie Machthaber heute.
Unser Text ist eine Parabel, ein Gleichnis über Macht und Ohnmacht und ihre Folgen. Und über religiöse Einflüsse auf weltliche Vorgänge - auch heute noch - und darüber, dass es das Volk wäre, das dem ein Ende setzen könnte. Denn die Macht liegt bei den Vielen. Das allerdings wusste sicherlich auch der historische Heinrich, ob er das Wort "Demokratie" nun kannte oder nicht.
Viele Grüße
Jörg
 

FrankK

Mitglied
Guten Morgen, "Yellow Chickens" ;)

Ihr kommentiert
um den historischen Heinrich geht es nicht (wie hätte der Luther treffen können?)
Richtig, wie hätte der Luther treffen können.
Aber ein Missverständnis ist es nicht, im Text lautet es einwandfrei:
[blue]Heinrich IV., deutscher König[/blue]
[blue]Martin Luther in Mönchskutte erscheint.[/blue]
Sowie dem Titel
[blue]Canossa[/blue]
Bedaure, da bleibt nicht viel Spielraum für Missverständnisse.

Historische Fakten:
Heinrich IV 1050 bis 1106
"Gang nach Canossa": Dezember 1076 bis Januar 1077
Martin Luther: 1483 bis 1546


Unser Text ist eine [blue]Parabel, ein Gleichnis[/blue] über Macht und Ohnmacht und ihre Folgen.
(Unter Humor und Satire? Na gut, warum sollte man ein Gleichnis nicht witzig erzählen können ...)
Ich sehe eher nur einen fiktiven Dialog zwischen zwei historischen Figuren.
Ein Gleichnis ist eine kurze Erzählung. Sie dient zur Veranschaulichung eines Sachverhalts nicht durch einen Begriff, sondern durch bildhafte Rede. Über die Veranschaulichung hinaus wird dem Gleichnis auch verändernde Funktion zugeschrieben. Der Hörer/Leser soll sich in der Erzählung selbst entdecken können und damit eingeladen werden, seine Situation zu verändern.

...

Die Parabel ist eine mit dem Gleichnis verwandte Form von Literatur, eine lehrhafte und kurze Erzählung. Sie wirft Fragen über die Moral und ethische Grundsätze auf, welche durch Übertragung in einen anderen Vorstellungsbereich begreifbar werden. Das im Vordergrund stehende Geschehen (Bildebene) hat eine übertragene Bedeutung (ähnlich der Allegorie). Die Parabel bringt den Leser zum Nachdenken und zum Erkennen eines richtigen Lebens durch die Herleitung des gemeinten Allgemeinen (Sachebene).
Quellen: Wikipedia
Wikipedia: Gleichnis
Wikipedia: Parabel


Ich schließe mich petrasmiles Meinung an:
Die Idee eines historischen Dialogs über die Jahrhunderte hinweg finde ich witzig, aber die Ausgestaltung weniger.

Sorry, ich fürchte, da müsst ihr noch einmal ganz stark dran basteln...


Aufmunternde Grüße
Frank
 
Hallo Frank,
kurze Anmerkung: Wir, die Gelben Hühner, sind die Urheber unserer Texte - ich, Jörg, kommentiere hier und nehme Stellung. Manchmal beziehe ich Prügel von beiden Seiten.

Zu deinem Kommentar:
Es ist von uns glasklar eine unmögliche Begegnung geschildert worden. Das zeigt den über die nackte Realität hinausgreifenden Charakter der Erzählung. Es geht deutlich erkennbar nicht um historische Korrektheit im Speziellen, schon gar nicht um einen spezifischen Dialog zwischen Heinrich IV. und Luther. Das argumentative Nennen konkreter Jahreszahlen verdeutlicht deine Fehlinterpretation. Die Namen sind Symbole, Metaphern, Reflexionsebenen. Sie sind die im „Vordergrund stehende“ „Bildebene“, die die „übertragene Bedeutung“ transportieren soll.
Nochmal: Deines und Petras Missverständnis liegt darin, dass ihr Heinrich, Luther und Canossa nur historisch seht. Die übertragene Bedeutung für unsere Zeit (vielleicht für alle Zeiten) entgeht euch beiden.
Offenbar hast du meine Antwort an Petra nur sehr flüchtig gelesen. Du zitierst zwar Definitionen für Parabel und Gleichnis, bemühst dich aber nicht, unseren Text daraufhin abzuklopfen.
Wofür, bezogen auf heute, könnten wohl Heinrich IV. und Luther stehen? Was, vor allem, bedeutet Canossa über den Ortsnamen hinaus? Gibt es heutige Parallelen? - Und wo können wir, das Volk, uns selbst „entdecken“? Welche Fragen an unser heutiges Handeln wirft das auf? Wo werden wir “eingeladen“, unsere „Situation zu verändern“? - Ist es wirklich so schwer, beim Lesen unseres Textes auf diese Fragen zu stoßen?
Mit deiner Forderung nach Überarbeitung machst du es dir, meiner Meinung nach, ein bisschen zu leicht. Bitte nicht böse werden, aber ich fürchte, du wirst nochmal ran müssen.
Viele Grüße
Jörg
 

FrankK

Mitglied
Aber Hallo ...
Bitte nicht böse werden, aber ich fürchte, du wirst nochmal ran müssen.
Warum sollte ich böse werden? :)
Gerne gehe ich nochmal ran.

Wofür, bezogen auf heute, könnten wohl Heinrich IV. und Luther stehen? Was, vor allem, bedeutet Canossa über den Ortsnamen hinaus? Gibt es heutige Parallelen? - Und wo können wir, das Volk, uns selbst „entdecken“? Welche Fragen an unser heutiges Handeln wirft das auf? Wo werden wir “eingeladen“, unsere „Situation zu verändern“?
Also ein wahrhaft ernstgemeinter Text. Ein Text, der den Leser ansprechen soll, ihn zum mitdenken anregen soll, seine geistigen Fähigkeiten fordern soll.
Meinst Du nicht, lieber Jörg, unter solchen Ansprüchen ist der Text in "Humor und Satire" etwas deplaziert?

Es ist von uns glasklar eine unmögliche Begegnung geschildert worden. Das zeigt den über die nackte Realität hinausgreifenden Charakter der [blue]Erzählung[/blue].
Und hier klemmt es ebenfalls.
Es ist ein fiktiver Dialog, nichts anderes habe ich behauptet.
Das angeführte "Missverständnis" sollte sich auf Heinrich beziehen (zur Erinnerung: "um den historischen Heinrich geht es nicht").
Nun, es geht wohl eher um beide historische Personen nicht.
Im Dialog beschäftigen sich beide Personen mit ihren jeweiligen Problemen, aktuell wie auch zukünftig. Nach meiner Erwartungshaltung versuche ich die Kombination dessen zu interpretieren, komme aber auf das falsche Gleis. Ich darf nicht (humoristisch) interpretieren, ich soll (politisch-sozial-kritisch) hinterfragen und auf die heutige Situation transponieren.

Um mal den Begriff "Erwartungshaltung" anzuleuchten:
In Abhängigkeit der Rubrik (hier: Humor und Satire) erwarte ich einen Beitrag mit einer entsprechenden Intention. Aber keinen Text mit einer ernsthaften Hintergründigkeit.

(Vergleichbar: In der Rubrik "Western" erwarte ich nicht, "Robinson Crusoe" zu finden)


Stilistisch wirkt es eher Skizzenhaft. Die Dialoge sind zwar "pfiffig", aber auch recht sprunghaft.
Eine "Erzählung" im Sinne einer Parabel - sorry.


Jetzt hoffe ich, dass Du mir nicht böse wirst.


Zwinkernd Grüßend
Frank
 
Absolut kein Grund dazu.
Du erwartest im Bereich Satire keinen Text mit ernsthaftem Hintergrund? - aber hallo!
Und Humor? - Wenn ein Machthaber verzweifelt zugeben muss, es bleibe ihm nichts, als ein unverkappter Demokrat zu sein, und Luther sich deswegen erschrickt? - Na?
Übrigens: "Erzählung" muss nicht immer heißen, dass man damit nur die literarische Kategorie meint.
Herzlichst
Jörg
 

petrasmiles

Mitglied
Liebe Gelbe Hühner,

vielleicht bin ich bei historischen Gleichnissen ein bisschen eigen - weil ich eben der Auffassung bin, dass man aus der Geschichte lernen kann, wenn nicht gar muss. Dafür muss man sie aber genau nehmen und viel wissen.
Darum sehe ich historische Figuren auch nicht als Steinbruch für beliebige Anleihen, die vom historischen (Un-)verständnis des Autors malträtiert werden dürfen. Bei ihnen geht es mehr um Fakten als Interpretation und es macht nur Sinn, sie als Gleichnis zu bemühen, wenn der Konsens da ist.
Und der fehlt komplett. Dieser Hinweis:

Denn die Macht liegt bei den Vielen. Das allerdings wusste sicherlich auch der historische Heinrich, ob er das Wort "Demokratie" nun kannte oder nicht.
zeichnet Dich leider als historisch nicht gebildeten Menschen aus, denn der Faktor der Macht der Vielen ist eine neuzeitliche 'Erfindung' und im 11. Jh. 'undenkbar'.

Bitte nicht falsch verstehen, ich will nicht Dich persönlich treffen, sondern Dir klar machen, dass auf diese Weise Deine Parabal nicht zünden kann.

Liebe Grüße
Petra
 
Du urteilst sehr schnell. Ob ich historisch ungebildet bin oder nicht, lassen wir mal außen vor.
Du jedenfalls scheinst die Menschen des 11.Jahrhunderts zu unterschätzen. Warum die Macht der Vielen auch einem Heinrich IV. bewusst sein musste, wird in unserem Text an einem Beispiel begründet.
 

petrasmiles

Mitglied
Lieber Jörg,

mir geht es nicht um ein 'Urteil', weder ein schnelles, noch ein bedachtes.
In Deinem Beispiel sagst Du, der König müsse sich den drei Bauern mit den Forken beugen; wenn das schon ein Bewusstsein belegen könnte, wenn alle Bauern mit den Forken kämen, gäbe es uns nicht, dann wären wir als Menschen blöde durch die Zeit getrudelt. Das sind wir aber nicht.

Ausgehend von der Erkenntnis, dass wir nur denken können, wo wir Wörter für haben, sind wir darauf angewiesen, dass einige wenige auf dem Zeitgeist so lange herumkauen, bis sie ihre Zeit auf eine neue Stufe der Erkenntnis bringen können.
Dazu muss man sich klar machen, dass zu allen Zeiten Bildung darin bestand, das zu lernen, was für das bekannte Leben notwendig erschien. Damit ist der Wissenserwerb vom Grundsatz her konservativ. Wer nun Beobachtungen macht oder Gedanken hat, die im Widerspruch zum Wissen der Zeitgenossen steht, oder darüber hinaus führt, muss mit Widerstand rechnen. Das kann so weit gehen, dass er sich sein Wissen abringen muss. Je intoleranter die Zeiten desto größer war das Risiko, diesen Schritt zu wagen. Und viel, viel später gehören diese Erkenntnisse dann zum Allgemeingut.
Nehmen wir mal ein relativ aktuelles Beispiel der Homosexualität. Es ist noch nicht lange her, da war sie strafbar, weil sie als eine sexuelle Perversion angesehen wurde. Der gesellschaftliche Konsens bestand darin, dass der Normalzustand Mann und Frau seien und Abweichungen nicht toleriert werden könnten. Erst in diesem Jahrhundert und nur in wenigen Teilen der Welt setzt sich die Erkenntnis durch, dass man sich seine sexuelle Orientierung eben nicht aussuchen kann, sondern dass man so geboren wird. Es hat mutige Männer und Frauen gebraucht, nicht nur Betroffene, die immer wieder nicht selten zum eigenen Schaden wenigstens Toleranz einforderten, wenn schon nicht Verständnis. Und erst, wenn der letzte kapiert hat, dass man mit seiner sexuellen Orientierung geboren wird, also systemimmanent ist, wird diese Erkenntnis zum Allgemeingut.

Ich fürchte, in unserer Zeit sind wir verwöhnt, was Informationen anbelangt, weil sie so leicht zugänglich sind, aber das macht sie nicht beliebig und es gehört doch ein bisschen was dazu, sie richtig zu kombinieren und zu entschlüsseln.

Liebe Grüße
Petra
 
Hallo Jörg,

ich habe den Text mehrmals gelesen. Beim erstmaligen Lesen dachte auch ich, dass es um die historischen Figuren geht. Dass sich die Beiden begegnen, das macht Sinn, handelt es sich schließlich um Humor und Satire. Schmunzeln oder Lachen, dass musste ich aber nicht. Nach den Kommentaren kam mir lediglich der Gedanke, es handele sich um Mossul. Aber das ist vermutlich nicht eure Intention.

Beste Grüße,

Sonne
 
Hallo Jörg,

meine Annahme ist sicherlich wirr und vermutlich gehe ich falschen Tatsachen auf dem Leim. Meine Kenmtnisse bezüglich Heinrich sind nicht sonderlich gut. Soweit ich weiß hatte Heinrich unter dem Streit zwischen geistlicher und weltlicher Macht gelitten, ähnlich wie es in einigen islamischen Ländern zurzeit abgeht. Die verabscheute westliche Bildung seitens des IS könnte demnach für die weltliche Macht stehen. Der damalige Papst Gregor kam durch das Volk an seine Position. Ähnlich wie der heutige "Khalif Ibrahim", welcher letztendlich durch die (erkauften) Sympathien seiner Kämpfer an die Führungsposition im IS gekommen ist.

Heinrich könnte für den irakischen Staatspräsident Massum stehen, welcher als Kurde und 'westlicher' Politiker, ein ziemliches Feindbild für den IS darstellt. Der Unterschied besteht natürlich darin, dass der IS noch lange nicht die Macht hat, wie die katholische Kirche zu Zeiten Heinrichs. Zum Glück hat sich Massum auch dafür entschieden, den Kampf gegen den IS anzunehmen und Mossul zurück zuerobern. Vielleicht hat ihm dabei ein Gelehrter aus der Zukunft geraten? Praktisch ein Martin Luther der islamischen Welt, welchen es sicherlich auch irgendwann geben wird, wenn es ihn nicht sogar schon gibt.

Ich habe keine Ahnung, ob meine Deutung, wirklich Sinn ergibt. Aber dein Text habe ich eben als Warnung aufgefasst, nicht vor der IS und seiner geistlichen Propaganda zu kuschen.

Beste Grüße,

Sonne
 
Hallo Sonne,
sieh an, in welche Richtung sich ein Text selbstständig machen und welche Assoziationen er anregen kann. Konkrete und aktuelle Parallelen, über die von dir genannten hinaus, gibt es sicherlich noch viele.
Wir allerdings hatten eher allgemeine Verhältnisse im Blick und noch nicht einmal in erster Linie den ewigen Konflikt zwischen weltlicher und religiöser Macht. Der diente uns in Gestalt von Heinrich und Luther nur als Beispiel.
Wenn man unsere Meinung zum Thema in einem Satz zusammenfassen will, dann vielleicht in diesem: Angeblich Mächtige sind nur so lange mächtig, wie wir, die angeblich Ohnmächtigen, sie mächtig sein lassen.
Viele Grüße
Jörg
 
Und dieser Satz ist tatsächlich einer, der mir auch durch den Kopf ging. Und ich hoffe, dass diesmal die Stadt gestürmt wird. Überleg dir mal, die katholische Kirche hätte 1077 an Macht verloren? Vielleicht keine Kreuzzüge, Hexenverbrennungen etc.. Wobei das nur geraten ist, nicht fundiert. Ich ziehe mich dezent zurück, bevor mir jemand meine Unwissenheit noch gegen den Kopf wirft. Eure Geschichte bekommt von mir eine 7.
Weil ich es mir eindeutiger wünschte, auch in Bezug auf die (unwirklichen) Protagonisten. Ich hoffe, damit könnt ihr gut Leben =)

Beste Grüße,

Sonne
 
Hallo Sonne,
das ist lieb, wie du dich für eine vergebene Sieben geradezu entschuldigst. Aber das musst du nicht, weil deine Wertung offen und begründet und somit aussagefähig ist. Ich richte mich inzwischen zur Beurteilung fremder Texte nach ähnlichen Sonderregeln in Opposition zum LL-System, obwohl das, auf uns selbst bezogen, genau richtig ist.
Allerdings kann man über Sinn und Unsinn numerischer Bewertungen trefflich streiten, zumal es hier – seien wir ehrlich - um so gut wie nichts geht.
Viele Grüße
Jörg
 
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