Cappuccino

Aufgrund Zeitmangels hatte ich schon vor dem Urlaub geplant, meiner angestammten Friseurin Andrea ausnahmsweise einmal „untreu“ zu werden und stattdessen im Urlaub einen ortsansässigen Coiffure aufzusuchen. Zumal sich dadurch, dass ich die Reise alleine unternehmen würde, ohnehin nicht allzu viele Konversationsmöglichkeiten ergeben sollten.
Bei Ankunft auf der Ile de Noirmoutier am Samstagnachmittag war das sowieso noch kein Thema und am Sonntag hatte zwar der Intermarché für ein paar Stunden geöffnet, aber natürlich kein Salon. Montags hatte dann auch nur der sich im Gewerbegebiet befindliche und den Charme einer Bahnhofshalle versprühende Salon im Gewerbegebiet geöffnet und so dringend war es ja auch wirklich nicht. Am Dienstag bei einer Fahrradfahrt durch die umliegenden Ortschaften fand ich dann aber einen nett anmutenden kleinen Salon. Die einzige Coiffeuse stand an der Theke neben dem Eingang und beobachtete gedankenverloren das Treiben auf der kleinen Straße. Zu tun war offensichtlich rein gar nichts und so trat ich ein. Nach der Begrüßung fragte sie mich, ob ich ein Rendez-Vous vereinbaren wolle, aber ich entgegnete, dass ich eigentlich nur einen neuen Haarschnitt wollte, mit Waschen. Sie bat mich auf einem der Bedienplätze Platz zu nehmen und schon bei der Frage „wie es denn werden solle“ stellte sich heraus, dass sie außer der französischen Sprache über keinerlei Sprachkenntnisse verfügte – kein Wort Deutsch, davon war ich ausgegangen, aber auch kein Wort Englisch, das überraschte mich dann doch ein bisschen. Immerhin reichte mein Französisch so weit, dass ich ihr erklären konnte, dass ich es zwar kurz, aber nicht extrem sehr kurz wollte, oben lieber mit der Schere (Ciseaux) geschnitten, für Seiten und Nacken könne sie die Tondeuse (Haarschneidemaschine) benutzen. Ansonsten solle sie einfach machen, was ihr so vorschwebt. Ich hätte ja Urlaub und reichlich Zeit, zumal sich in diesem Moment die dunklen Wolken draußen wieder einmal kräftig entluden. Ich fand sie mit ihren kurzen schwarzen Haaren sehr attraktiv. Obwohl sie ein wenig pummelig war, trug sie ein recht kurzes gelbes Kleid mit bunten asiatischen Schriftzeichen und Sandalen, bei denen meine EX wahrscheinlich Höhenangst bekommen hätte. Es fiel mir direkt auf, dass sie für jeden ihrer Fußnägel eine andere Farbe gewählt hatte, aber alle passend zu den Schriftzeichen auf ihrem Kleid. Ein dezentes Make-Up rundete das Erscheinungsbild ab. Sie lächelte, schaute sich zunächst einmal genauer meine Haare an und murmelte etwas von Gris und Cappuccino und auf mein Oui verschwand sie lächelnd in dem kleinen angrenzenden Nebenraum. Ein Cappuccino wäre jetzt wirklich nicht verkehrt, lag doch das Frühstück schon einige Zeit zurück. Als sie nach ein paar Minuten zurückkam, hatte sie eine schwarze Schürze an und Einmalhandschuhe übergestreift. In der linken Hand hielt sie eine Schüssel mit einer dunkelbraunen Masse und in der rechten Hand einen Haarfärbepinsel. Auf mein erstauntes Gesicht, erklärte sie mir, dass das die Tönung in Cappuccino sei, über die wir gesprochen hätten. Ich gebe zu, dass ich echt verdutzt war und sagte ihr, dass ich bei Cappuccino eigentlich an ein Getränk gedacht hatte, aber sie entgegnete, dass sie mir natürlich einen Café anbieten könne, der käme aber etwas später. Außerdem hätte ich ja gesagt, sie solle machen, was ihr vorschwebt und schließlich hätte ich doch erwähnt, dass ich über genügend Zeit verfüge und so fragte sie mich, ob sie denn jetzt endlich loslegen dürfe und schenkte mir dabei ein charmantes Lächeln. Ihr Alter schätzte ich auf Mitte bis Ende dreißig, sicher war sie eine erfahrene Frau, die offensichtlich wusste was sie wollte und in jenem Moment war das das Auftragen der Tönung. Nachdem ich ihr erklärt hatte, dass ich meine natürliche Haarfarbe eher als braun, denn als Cappuccino bezeichnet hätte, holte sie kurz eine Tafel mit Haarsträhnen in verschiedenen Farben und erklärte mir, dass braun in Frankreich immer eine deutliche Rotnuance hat. Das, was dort die Bezeichnung Braun (brun) trug, würde ich dabei in der Tat eher als Mahagoni bezeichnen und sie erklärte mir auch direkt, das wäre etwas für Frauen und nicht pour les hommes und warf mir nun doch einen kurzen bösen Blick zu. Scheinbar kam ihr aber dann in den Sinn, wie ich mich evtl. fühlen musste und nach einem kurzen „oh pardon monsieur, c’est mon tempérement“ löste sie noch eine der Strähnen, nämlich die, mit der Bezeichnung Cappuccino, aus der Verankerung und hielt sie an meine Haare und meinte, das passe doch perfekt, wichtig sei auch nur die Farbnummer, in dem Fall die 45. Das Muster entsprach tatsächlich exakt der Farbe meiner Haare und so ließ ich sie mit einem OK und einem etwas merkwürdigem Gefühl im Magen gewähren. Schließlich fehlte mir bis dahin jegliche Erfahrung in Sachen Haarfarbe.
Zuerst trug sie beginnend mit den Seiten, also dort, wo bei mir die meisten grauen Haare waren, die Masse auf und dann verteilte sie den Rest über die sonstige Haarpracht. Dennoch war in der Schüssel viel zu viel von der Mousse und so blieb erst einmal einiges übrig. Schließlich bekam ich eine kleine Plastikhaube auf und durfte für ca. zehn Minuten, vielleicht waren es auch 15, unter die Wärmehaube. Danach bekam ich noch eine Art Lätzchen um und sie bat mich mit zum Waschbecken zu kommen. Nachdem ich meinen Kopf nach hinten gelegt hatte, holte sie die Schüssel und erklärte mir, dass ich nun den Mund zu schließen hatte. Dann pinselte sie mir den Bart ein und lächelte mich an. Erst jetzt, als sie so nach vorne gebeugt vor mir stand, bemerkte ich hinter der etwas abstehenden Schürze das überaus großzügig geschnittene Dekolletee ihres Kleides. Zweifellos war sie sich der Wirkung wohl bewusst, denn nun sah sie mir kurz in die Augen und fragte ob denn jetzt alles in Ordnung sei. Danach ließ sie mich ca. 10 Minuten so am Waschbecken sitzen und telefonierte. Nachdem sie zurückgekommen war, spülte sie zunächst die Farbe aus meinen Haaren und wusch diese dann mit geübten Massagebewegungen gründlich durch. Hier wusste sie gegenüber Andrea wahrhaft zu punkten. Nachdem sie die Haare frottiert hatte, bat sie mich aufzustehen und 1 x um das Becken herumzukommen und mich ein wenig herunterzubeugen. Das untere Ende des Lätzchens lag nun im Becken und so wusch sie mir die Farbe aus dem Bart. Als ich wieder am Bedienplatz angekommen war, fragte sie mich, ob ich nun einen Café wolle und brachte ihn mir. Im Spiegel zeigte sie mir, dass nun kein graues Haar mehr zu sehen sei und dann begann sie mit der Tondeuse im Nacken und an den Seiten. Oben schnitt sie wie gewünscht meine Haare mit der Schere und die Übergänge mit einer Effilierschere. Sie stellte sich als Beatrice vor, fragte nach meinem Namen und wo ich denn herkäme. Ich sagte, dass ich Michael heiße und aus Cologne stamme, avec le grand cathédrale und sie ergänzte dass ihr natürlich auch das Eau de Cologne ein Begriff sei. Mit einem Rasiermesser arbeitete sie exakt die Konturen des Haar- und des Bartansatzes heraus. Dann kam kurz der Fön zum Einsatz und sie verteilte ein wenig Gel in meinen Haaren. Schließlich durfte ich ihr Werk noch von allen Seiten im Spiegel bewundern und sie fragte mich, ob es mir denn auch gefiele. Ich antwortete mit einem nach oben gestreckten Daumen und einem „oui, oui, good job!“ Als ich zahlte, sie verlangte 38,- €, was ich weiß Gott nicht für überteuert hielt, zeigte sie zum Fenster und sagte „et voilá le soleil – bon vacances Michel“. Ich gab ihr noch ein großzügiges Trinkgeld und sagte ihr, dass ich bestimmt zu einem Rendez-Vous vorbeikäme, sollte ich hier in der Nähe noch einmal meinen Urlaub verbringen.....
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo michaelfromcologne, herzlich Willkommen in der Leselupe!

Schön, dass Du den Weg zu uns gefunden hast. Wir sind gespannt auf Deine weiteren Werke und freuen uns auf einen konstruktiven Austausch mit Dir.

Um Dir den Einstieg zu erleichtern, haben wir im 'Forum Lupanum' (unsere Plauderecke) einen Beitrag eingestellt, der sich in besonderem Maße an neue Mitglieder richtet. http://www.leselupe.de/lw/titel-Leitfaden-fuer-neue-Mitglieder-119339.htm

Ganz besonders wollen wir Dir auch die Seite mit den häufig gestellten Fragen ans Herz legen. http://www.leselupe.de/lw/service.php?action=faq


Ein paar Absätze würden Deiner Geschichte gut tun. Ein bisschen fehlt ihr ein Höhepunkt - worauf soll das Ganze hinauslaufen? Ist es nur das Rendezvous? Ich würde ja eine erotische Geschichte daraus machen, genug Ansätze sind vorhanden.


Viele Grüße von DocSchneider

Redakteur in diesem Forum
 



 
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