Ein neues Geheul

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Ralf Langer

Mitglied
Ein neues Geheul

Sprech denn nur ich mit den Taxifahrern,
den Müllmännern, den Waschweibern,
den Indern, Arabern, Afrikanern,
den Arbeitskräften der Geisterstunden.
Allesamt Heilige, höhere Wesen,
die zu einer anderen Zeit
auf den Marktplätzen der Zivilisation
zu uns gesprochen hätten.

Seh denn nur ich hinter den Glasscheiben,
unter den Laternen der Ausfallstraßen,
russische Zarentöchter.
Bringen nur mir die Nachfahren der Pharaonen,
unter dem Licht des Sirius eine Pizza ins Haus.
Und sind es nicht die Epigonen der Apostel,
die mir das Bild vom Sonntag unter die Tür schieben.
Begegne nur ich den polynomen Divisionen der Nacht,
den dienstbaren Calibanen der metropolen Steinbrüche.

Wovon ernähren sich denn nach Einbruch der Dämmerung
die Strahltürme der unbehausten Mitten,
wenn nicht von den pendelnden Sehnsüchten des Feierabendverkehrs.
Dringt nicht aus jedem, automobil,
der Traum vom arbeitslos ab sechzig,
dem Bernsteinzimmer aller Vorortsphantasien.

Spür denn nur ich das Beben unter den Teppichen
der duselnden Vorstädte an meinen Fußsohlen.
Wo sich aus unbezahlten Doppelhaushälften
in jeder Nacht, durch einen kleinen Spalt
geöffneter Träume, der Wunsch nach Moriatytaten,
in die weißen Hälse der Gartenzwerge verbeißt.

Bin denn nur ich satt, satt und leer,
von den Betaversionen des Lebens
von den Rückrufaktionen,
den Reimporten der Geschichte,
von dem Label dieser Zeit,
von der Beliebigkeit?

Und so habe ich mich zurückgezogen;
lebe bei den Stromschnellen der Egoistik,
warte auf die Rückkehr:
das Imperiums der Machtlosen.
Ernähre mich vom Laich, der Hoffnung,
auf eine ungewisse Zukunft.
Bin Morgens der Hirte des Fallobstes,
und Mittags der Tyrann der rücklings
verbrennenden Schildkröten.
Werfe Kieselsteine in die Zeit
und zähle die Stunden
bis der Halleysche Komet
auf die Erde stürzt.
 

revilo

Mitglied
...für mich ist das eine äußerst gelungene Fortsetzung von Ginsberg.........Gratulation, lieber Ralf!
 

Ralf Langer

Mitglied
hi oli,
herzlichen dank.

die idee zu diesem stück begleitet mic h seit über
einem jahr.. habe immer aller wieder verworfen,
habe gehadert... und bin immer noch unsicher...
aber "es" wollte raus.

ralf
 

Ralf Langer

Mitglied
Ein neues Geheul

Sprech denn nur ich mit den Taxifahrern,
den Müllmännern, den Waschweibern,
den Indern, Arabern, Afrikanern,
den Arbeitskräften der Geisterstunden.
Allesamt Heilige, höhere Wesen,
die zu einer anderen Zeit
auf den Marktplätzen der Zivilisation
zu uns gesprochen hätten.

Seh denn nur ich hinter den Glasscheiben,
unter den Laternen der Ausfallstraßen,
russische Zarentöchter.
Bringen nur mir die Nachfahren der Pharaonen,
unter dem Licht des Sirius eine Pizza ins Haus.
Und sind es nicht die Epigonen der Apostel,
die mir das Bild vom Sonntag unter die Tür schieben.
Begegne nur ich den polynomen Divisionen der Nacht,
den dienstbaren Calibanen der metropolen Steinbrüche.

Wovon ernähren sich denn nach Einbruch der Dämmerung
die Strahltürme der unbehausten Mitten,
wenn nicht von den pendelnden Sehnsüchten des Feierabendverkehrs.
Dringt nicht aus jedem, automobil,
der Traum vom arbeitslos ab sechzig,
dem Bernsteinzimmer aller Vorortsphantasien.

Spür denn nur ich das Beben unter den Teppichen
der duselnden Vorstädte an meinen Fußsohlen.
Wo sich aus unbezahlten Doppelhaushälften
in jeder Nacht, durch einen kleinen Spalt
geöffneter Träume, der Wunsch nach Moriatytaten,
in die weißen Hälse der Gartenzwerge verbeißt.

Bin denn nur ich satt, satt und leer,
von den Betaversionen des Lebens
von den Rückrufaktionen,
den Reimporten der Geschichte,
von dem Label dieser Zeit,
von der Beliebigkeit.

Und so habe ich mich zurückgezogen;
lebe bei den Stromschnellen der Egoistik,
warte auf die Rückkehr:
das Imperiums der Machtlosen.
Ernähre mich vom Laich, der Hoffnung,
auf eine ungewisse Zukunft.
Bin Morgens der Hirte des Fallobstes,
und Mittags der Tyrann der rücklings
verbrennenden Schildkröten.
Werfe Kieselsteine in die Zeit
und zähle die Stunden
bis der Halleysche Komet
auf die Erde stürzt.
 

ENachtigall

Mitglied
Hallo Ralf,

die idee zu diesem stück begleitet mic h seit über
einem jahr.. habe immer aller wieder verworfen,
habe gehadert... und bin immer noch unsicher...
aber "es" wollte raus.
Willkommen im Club der "Spätgebärenden" ;)

Dein Gedicht ist ein Kind von naiver Nachdenklichkeit, wie sie die Wirklichkeit am Nackenfell packt und ein Stück über sich selbst hinauswachsen lässt.

Ich finde es phänomenal gut gelungen!

Grüße von Elke
 

Ralf Langer

Mitglied
Ein neues Geheul

Sprech denn nur ich mit den Taxifahrern,
den Müllmännern, den Waschweibern,
den Indern, Arabern, Afrikanern,
den Arbeitskräften der Geisterstunden.
Allesamt Heilige, höhere Wesen,
die zu einer anderen Zeit
auf den Marktplätzen der Zivilisation
zu uns gesprochen hätten.

Seh denn nur ich hinter den Glasscheiben,
unter den Laternen der Ausfallstraßen,
russische Zarentöchter.
Bringen nur mir die Nachfahren der Pharaonen,
unter dem Licht des Sirius eine Pizza ins Haus.
Und sind es nicht die Epigonen der Apostel,
die mir das Bild vom Sonntag unter die Tür schieben.
Begegne nur ich den polynomen Divisionen der Nacht,
den dienstbaren Calibanen der metropolen Steinbrüche.

Wovon ernähren sich denn nach Einbruch der Dämmerung
die Strahltürme der unbehausten Mitten,
wenn nicht von den pendelnden Sehnsüchten des Feierabendverkehrs.
Dringt nicht aus jedem, automobil,
der Traum vom arbeitslos ab sechzig,
dem Bernsteinzimmer aller Vorortsphantasien.

Spür denn nur ich das Beben unter den Teppichen
der duselnden Vorstädte an meinen Fußsohlen.
Wo sich aus unbezahlten Doppelhaushälften
in jeder Nacht, durch einen kleinen Spalt
geöffneter Träume, der Wunsch nach Moriatytaten,
in die weißen Hälse der Gartenzwerge verbeißt.

Bin denn nur ich satt, satt und leer,
von den Betaversionen des Lebens
von den Rückrufaktionen,
den Reimporten der Geschichte,
von dem Label dieser Zeit,
von der Beliebigkeit.

Und so habe ich mich zurückgezogen;
lebe bei den Stromschnellen der Egoistik,
warte auf die Rückkehr:
das Imperium der Machtlosen.
Ernähre mich vom Laich, der Hoffnung,
auf eine ungewisse Zukunft.
Bin Morgens der Hirte des Fallobstes,
und Mittags der Tyrann der rücklings
verbrennenden Schildkröten.
Werfe Kieselsteine in die Zeit
und zähle die Stunden
bis der Halleysche Komet
auf die Erde stürzt.
 
B

Beba

Gast
Klasse, Ralf! Ich muss nicht alles totkommentieren ... ;)

LG
Beba
 

Ralf Langer

Mitglied
Ein neues Geheul

Sprech denn nur ich mit den Taxifahrern,
den Müllmännern, den Waschweibern,
den Indern, Arabern, Afrikanern,
den Arbeitskräften der Geisterstunden.
Allesamt Heilige, höhere Wesen,
die zu einer anderen Zeit
auf den Marktplätzen der Zivilisation
zu uns gesprochen hätten.

Seh denn nur ich hinter den Glasscheiben,
unter den Laternen der Ausfallstraßen,
russische Zarentöchter.
Bringen nur mir die Nachfahren der Pharaonen,
unter dem Licht des Sirius eine Pizza ins Haus.
Und sind es nicht die Epigonen der Apostel,
die mir das Bild vom Sonntag unter die Tür schieben.
Begegne wirklich nur ich den polynomen Divisionen der Nacht,
den dienstbaren Calibanen der metropolen Steinbrüche.

Wovon ernähren sich denn nach Einbruch der Dämmerung
die Strahltürme der unbehausten Mitten,
wenn nicht von den pendelnden Sehnsüchten des Feierabendverkehrs.
Dringt nicht aus jedem, automobil,
der Traum vom arbeitslos ab sechzig,
dem Bernsteinzimmer aller Vorortsphantasien.

Spür denn nur ich das Beben unter den Teppichen
der duselnden Vorstädte an meinen Fußsohlen.
Wo sich aus unbezahlten Doppelhaushälften
in jeder Nacht, durch einen kleinen Spalt
geöffneter Träume, der Wunsch nach Moriatytaten,
in die weißen Hälse der Gartenzwerge verbeißt.

Bin denn nur ich satt, satt und leer,
von den Betaversionen des Lebens
von den Rückrufaktionen,
den Reimporten der Geschichte,
von dem Label dieser Zeit,
von der Beliebigkeit.

Und so habe ich mich zurückgezogen;
lebe bei den Stromschnellen der Egoistik,
warte auf die Rückkehr:
das Imperium der Machtlosen.
Ernähre mich vom Laich, der Hoffnung,
auf eine ungewisse Zukunft.
Bin Morgens der Hirte des Fallobstes,
und Mittags der Tyrann der rücklings
verbrennenden Schildkröten.
Werfe Kieselsteine in die Zeit
und zähle die Stunden
bis der Halleysche Komet
auf die Erde stürzt.
 
A

AchterZwerg

Gast
Lieber Ralf,
ich neige nicht zum öffentlichen Dank für ein Gedicht.
Jetzt aber schon. :)
Wie schön es ist, etwas so Ausgearbeitetes zu lesen. Lyrik eben.
Herzlichst
Heidrun
 
F

Fettauge

Gast
Ich hab da mal ne Frage: Was willst du uns eigentlich sagen?
Gruß, Fettauge
 
W
ovon ernähren sich denn nach Einbruch der Dämmerung
die Strahltürme der unbehausten Mitten,
hier kippts.

Hier zum Beispiel:
dem Bernsteinzimmer aller Vorortsphantasien.
ich habe den Verdacht, dass nicht jede(r) sofort diese Metapher begreift.
Und wenn Du schon, und sehr fein tust Du das, das Rumpöbeln auf luftdichter Höhe, dann musst du das Niveau halten. Und nicht plötzlich abheben. ;-)
Obwohl .. na warte
von dem Label dieser Zeit,
von der Beliebigkeit.
cheap rhyme.

Der Rest is sehr gut, bloß Moriarty, Dean , wer soll denn den kennen?


Wahrscheinlich hat Elke sowieso alles schon gesagt.

Aber das sind sehr fette Zehn for Mr Langer


and cheers and make it thru the night

( http://www.youtube.com/watch?v=2EY3Bsb0lAE&feature=related )

Der Titel hm.
Dann muss jeder wieder Ginsburg kennen.
Ich weiß es auch niht.

S
 

petrasmiles

Mitglied
Hallo Ralf,

ein auf den ersten Blick atemlos machendes Kraftpaket, dein Text.
Und ein Stück weit habe ich das Gefühl, es gibt es ja noch, das wahre Leben in der Leselupe.

Ich frage mich, ob da bei diesen Appellen nicht Fragezeichen hingehörten - ich weiß es aber nicht besser - nur so ein Gefühl. Und bevor Du es Deinem Verleger zum Druck gibst ;), kann vielleicht noch das eine oder andere Bild runder gemacht werden, aber dieser erste Eindruck von einem, der weiss und gesehen hat, der wird von jedem Wort getragen.
Toll!

Liebe Grüße
Petra
 



 
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