Ein- und Rückblicke !
Der Einkauf war erledigt, alle Punkte auf ihrem Merkzettel abgearbeitet. Nun blieb noch etwas Zeit um zu schauen. Sie genoss es jedesmal in diesem schwedischen Möbelhaus die Zeit zu vergessen, in hübschen Nichtigkeiten zu schwelgen, sich vorzustellen dies und jenes und das auch noch mitzunehmen um dann, verständig wie sie war, nur einen einzelnen, preislich vertretbaren Gegenstand wie eine Eroberung mit nach Hause zu nehmen.
So schlenderte sie zu den großen Postern, blätterte sie durch, nichts, nichts, naja. Nichts wirklich ansprechendes. Sie wandte sich nach links, der nächsten Abteilung zu und gewahrte im Augenwinkel ein Mädchenbildnis. Etwas daran ließ sie herumdrehen und genauer hinsehen. Das war ihr Bild! Nein, ihr Abbild!
Eine lange Wanderung, ihre kleinen Füße waren müde und es war noch so schrecklich weit bis daheim. Mama sagte es sei ganz nah aber was wissen Erwachsene schon von Entfernungen, wenn Kinderfüße müde sind. Sie will nicht mehr laufen. Der Papa will sie nicht tragen, er sagt sie sei zu groß dazu. Wahrscheinlich hat er recht aber sie bockt trotzdem. Da fällt ihr Blick auf die Wiese, die längs des Weges verläuft. Blumen! Sie liebt Blumen und sie liebt es besonders Blumen zu Sträußen zu pflücken. Zu dicken bunten Wiesenblumensträußen.
Alle Müdigkeit ist vergessen. Blühender Sauerampfer, Margeriten, Schafgarbe, Zittergräser, Hafergras und natürlich blaue Glockenblumen werden flink gepflückt bis dass die kleine Hand den Strauß kaum mehr fassen kann. Sie läuft stolz zu den Eltern, bleibt stehen, schaut froh. Klick! macht der quadratische Fotokasten und sie freut sich sehr. Fotos werden nur selten gemacht, denn Fotos sind teuer.
Der Strauß wandert daheim in eine Vase, die Füße dürfen ausruhen, die Kleine schläft.
Das Foto! Sie hat es ganz vergessen bis Papa etliche Tage später fröhlich ein Päckchen Fotos auf den Tisch legt. Da steht sie, blonde zersauste Locken zu einem Pferdeschwanz nur notdürftig gebändigt, große helle Augen umrahmt von langen Wimpern bestimmen das Gesicht, eine Stupsnase und ein kleiner Mund. Eine Strickjacke aus Mamas Händen, darunter ein Strickkleid aus der gleichen Fertigung. In der rechten Hand ein großer Wiesenblumenstrauß überragt von blühendem Sauerampfer. Schwarzweiß, mit Zackenrand.
Das Poster ist farbig. Ein Gemäldedruck. CL, so liest sie am unteren rechten Bildrand und Wärme strahlt in ihr empor für diesen Maler, von dem sie noch nie etwas hörte oder sah. Ein kleines Mädchen steht vor einem reifenden Kornfeld, das blonde Haar gescheitelt und hinten am Kopf zusammengebunden. Sie trägt einen Strohhut.
Darunter große, ausdrucksvolle, das Gesicht beherrschende Augen, eine Stupsnase und ein kleiner hübsch geschwungener Mund. Über der weißen Bluse ein dunkelgrünes Trägerkleid, ein Gürtel in Bändchenweberei. Auch ihre Mutter hatte wohl geschickte Hände. Und dann der Strauß!
Ihre rechte kleine Hand umklammert einen großen Wiesenblumenstrauß. Margariten, Schafgarbe und blaue Glockenblumen, gelbe und orangerote Blüten ergänzen die Pracht. Über alles hinaus ragt blühender Sauerampfer.
Das Poster hängt seit 20 Jahren über ihrem Bett.
05. Mai 2009
MarenS
Der Einkauf war erledigt, alle Punkte auf ihrem Merkzettel abgearbeitet. Nun blieb noch etwas Zeit um zu schauen. Sie genoss es jedesmal in diesem schwedischen Möbelhaus die Zeit zu vergessen, in hübschen Nichtigkeiten zu schwelgen, sich vorzustellen dies und jenes und das auch noch mitzunehmen um dann, verständig wie sie war, nur einen einzelnen, preislich vertretbaren Gegenstand wie eine Eroberung mit nach Hause zu nehmen.
So schlenderte sie zu den großen Postern, blätterte sie durch, nichts, nichts, naja. Nichts wirklich ansprechendes. Sie wandte sich nach links, der nächsten Abteilung zu und gewahrte im Augenwinkel ein Mädchenbildnis. Etwas daran ließ sie herumdrehen und genauer hinsehen. Das war ihr Bild! Nein, ihr Abbild!
Eine lange Wanderung, ihre kleinen Füße waren müde und es war noch so schrecklich weit bis daheim. Mama sagte es sei ganz nah aber was wissen Erwachsene schon von Entfernungen, wenn Kinderfüße müde sind. Sie will nicht mehr laufen. Der Papa will sie nicht tragen, er sagt sie sei zu groß dazu. Wahrscheinlich hat er recht aber sie bockt trotzdem. Da fällt ihr Blick auf die Wiese, die längs des Weges verläuft. Blumen! Sie liebt Blumen und sie liebt es besonders Blumen zu Sträußen zu pflücken. Zu dicken bunten Wiesenblumensträußen.
Alle Müdigkeit ist vergessen. Blühender Sauerampfer, Margeriten, Schafgarbe, Zittergräser, Hafergras und natürlich blaue Glockenblumen werden flink gepflückt bis dass die kleine Hand den Strauß kaum mehr fassen kann. Sie läuft stolz zu den Eltern, bleibt stehen, schaut froh. Klick! macht der quadratische Fotokasten und sie freut sich sehr. Fotos werden nur selten gemacht, denn Fotos sind teuer.
Der Strauß wandert daheim in eine Vase, die Füße dürfen ausruhen, die Kleine schläft.
Das Foto! Sie hat es ganz vergessen bis Papa etliche Tage später fröhlich ein Päckchen Fotos auf den Tisch legt. Da steht sie, blonde zersauste Locken zu einem Pferdeschwanz nur notdürftig gebändigt, große helle Augen umrahmt von langen Wimpern bestimmen das Gesicht, eine Stupsnase und ein kleiner Mund. Eine Strickjacke aus Mamas Händen, darunter ein Strickkleid aus der gleichen Fertigung. In der rechten Hand ein großer Wiesenblumenstrauß überragt von blühendem Sauerampfer. Schwarzweiß, mit Zackenrand.
Das Poster ist farbig. Ein Gemäldedruck. CL, so liest sie am unteren rechten Bildrand und Wärme strahlt in ihr empor für diesen Maler, von dem sie noch nie etwas hörte oder sah. Ein kleines Mädchen steht vor einem reifenden Kornfeld, das blonde Haar gescheitelt und hinten am Kopf zusammengebunden. Sie trägt einen Strohhut.
Darunter große, ausdrucksvolle, das Gesicht beherrschende Augen, eine Stupsnase und ein kleiner hübsch geschwungener Mund. Über der weißen Bluse ein dunkelgrünes Trägerkleid, ein Gürtel in Bändchenweberei. Auch ihre Mutter hatte wohl geschickte Hände. Und dann der Strauß!
Ihre rechte kleine Hand umklammert einen großen Wiesenblumenstrauß. Margariten, Schafgarbe und blaue Glockenblumen, gelbe und orangerote Blüten ergänzen die Pracht. Über alles hinaus ragt blühender Sauerampfer.
Das Poster hängt seit 20 Jahren über ihrem Bett.
05. Mai 2009
MarenS