Glücklich

Kallisto

Mitglied
Glücklich​

Max kommt müde von der Arbeit nach Hause. Endlich hat er mal ein paar Minuten Zeit sich bei Facebook auf den neusten Stand zu bringen. Er setzt sich auf die Couch und nimmt sich sein in die Jahre gekommenes Smartphone. Keine Nachrichten. Aber Facebook zeigt ihm natürlich sofort die „wichtigsten“ Neuigkeiten seiner Freunde an. Sein Kumpel Tim hat folgendes gepostet:
„(glücklich) Wie GEIL! 510Euro bei ner Fußballwette gewonnen. Freitag fahren ich und Annika erstmal fett ins Spielcasino und danach wird noch pieckfein irgendwo was gegessen ;-) “
Neben 57mal „Gefällt mir“ gibt es noch 23 Kommentare, die im Grunde alle irgendwie „Herzlichen Glückwunsch“ beinhalten. Max drückt die „Gefällt mir“-Anzahl hoch auf 58. Er will sich auch den Kommentaren anschließen und schreiben, dass Tim in den letzten zwei Jahren doch mindestens 1000 Euro in Fußballwetten investiert hat. Aber da fällt ihm der Status „glücklich“ ganz besonders ins Auge.

Glücklich! Glücklich?​
Was bedeutet eigentlich glücklich? Gibt es dafür ein Rezept oder eine Anleitung?
Max überlegt, ob ihn diese 510 Euro ebenfalls glücklich machen würden. Also unglücklich würde es ihn auf keinen Fall machen. 510 Euro sind eine Menge Geld. Für Max zumindest.
Max überlegt, wie er die 510 Euro investieren würde. Spielcasino? Auf keinen Fall.
Vielleicht das neuste Smartphone? Nee, das alte funktioniert doch einwandfrei. Einen neuen Laptop? Nö, der ist doch gerade erst zwei Jahre alt. Auto ist gebraucht, läuft aber tadellos. Sommer- und Winterreifen halten mindestens noch 2 Jahre.
Waschmaschine? Trockner? Kaffeemaschine? Funktioniert alles.
Schuhe? Jacke? Hose? Pulli? Hemd? Hat Max alles genügend im Schrank.
Max muss angestrengt nachdenken. Was würde er spontan mit 510 Euro machen? Max ist nicht reich, aber er kommt eben mit dem aus, was er verdient. Die Türklingel reißt ihn aus seinen Überlegungen. Es ist Frank, der Max zum Sport abholt.

Abends liegt Max wach in seinem Bett und grübelt immer noch. Er hat inzwischen beschlossen die imaginären 510 Euro erst mal zu sparen, bis ihm etwas Passendes einfällt. Aber Max denkt weiter über diesen Status „glücklich“ nach. Was macht ihn glücklich?
Viel Geld? Dicke Autos? Teure Uhren? Die neuste Elektronik? Ein großes Haus? Oder gar eine Villa und eine Jacht? Klar würde das Max nicht unglücklich machen, aber das sind eher Träumereien oder Spinnereien.
Je länger Max darüber nachdenkt, umso kleiner werden die Dinge, die Max glücklich machen würden.
Zum Beispiel ein Lob von seinem Chef. Wenn sein Lieblingsjoghurt im Supermarkt im Angebot ist. Wenn seine Fußballmannschaft am Wochenende gewinnt. Wenn er einen alten Schulfreund wieder trifft. Wenn der Nachbar ihm die Haustür aufhält, während er mit vier Einkaufstüten nach Hause kommt. Wenn seine Blumen auf dem Balkon blühen. Wenn seine Mutter ihm zum Essen einlädt und es sein Lieblingsgericht gibt. Oder ganz einfach wenn morgens schon die Sonne scheint. Max schläft an diesem Abend mit einem Lächeln ein.

Freitagabend sitzt Max vor seinem Laptop und schaut wieder bei Facebook rein. Die Arbeitswoche war so anstrengend, dass er nicht weiter über „glücklich“ nachgedacht hat, bis plötzlich Tim einen neuen Facebook-Status geschrieben hat:
„So eine Scheiße! Hab im Casino 500 Euro auf Rot gesetzt und natürlich kam Schwarz. Nie hab ich mal Glück mit so was!!! Annika hat voll den Hals auf mich, weil wir jetzt mit Anzug und Abendkleid bei McDonalds essen.“
Max muss schmunzeln, als er das liest. Noch während er wieder mal auf \"Gefällt mit\" klickt, bekommt er plötzlich eine Freundschaftsanfrage. Eine gewisse Andrea W. Während Max noch überlegt, wer das sein könnte, folgt der Freundschaftsanfrage eine Nachricht. Max öffnet diese neugierig:
„Hi Max! Wir haben uns ja eine Ewigkeit nicht mehr gesehen. Ich glaube zuletzt auf der Schulabschlussfeier? Wie geht’s dir, was hast du in letzter Zeit so gemacht? Ich bin vor sechs Wochen wieder hier in die alte Heimat gezogen. Wir müssen uns unbedingt mal wieder treffen! LG Andrea“
Max klickt auf „Antworten“ und er merkt selber, dass genau jetzt so ein Moment ist, der ihn glücklich macht.
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Kallisto, herzlich Willkommen in der Leselupe!

Schön, dass Du den Weg zu uns gefunden hast. Wir sind gespannt auf Deine weiteren Werke und freuen uns auf einen konstruktiven Austausch mit Dir.

Um Dir den Einstieg zu erleichtern, haben wir im 'Forum Lupanum' (unsere Plauderecke) einen Beitrag eingestellt, der sich in besonderem Maße an neue Mitglieder richtet. http://www.leselupe.de/lw/titel-Leitfaden-fuer-neue-Mitglieder-119339.htm

Ganz besonders wollen wir Dir auch die Seite mit den häufig gestellten Fragen ans Herz legen. http://www.leselupe.de/lw/service.php?action=faq

Schöne kleine Geschichte über das Glück, die in der Erkenntnis mündet, dass dieses immer nur aus Momenten besteht.


Viele Grüße von DocSchneider

Redakteur in diesem Forum
 

Clara

Mitglied
Insgesamt ist der Text zügig und schlüssig geschrieben.
Überraschung die Andrea -


Korinthe die mich schmunzeln liess:

Endlich hat er mal ein paar Minuten Zeit sich bei Facebook auf den neusten Stand zu bringen. Er setzt sich auf die Couch und nimmt sich sein

Natürlich weiss ich wie das gemeint ist, sich auf den neuesten Stand zu bringen, aber sich dann auf die couch setzen?
Könnte man das anders formulieren? " Er warf sich auf die Couch, setzte das Laptop in Betrieb und las die Facebook-Neuigkeiten?
 

Kallisto

Mitglied
Vielen Dank erstmal für die konstruktive Kritik und das Feedback.

"auf den neusten Stand zu bringen" ist natürlich eine Art von Slang. Aber ich schreibe gerne in einer gesunden Mischung aus klassischem Hochdeutsch und aktueller Umgangssprache. Diese Mischung erkennt man im Text z.B. sehr gut an den Facebook-Einträgen von Tim (Wie GEIL! 510Euro bei ner Fußballwette gewonnen). Den Ein oder Anderen mag diese Mischung stören, aber ich finde mit reinem Hochdeutsch erreicht man die jungen Leute nicht und mit reiner Umgangssprache erreicht man wiederum die ältere Generation nicht.
Wobei bei mir die Umgangssprache immer untergeordnet ist.

Was genau "stört" dich an "Er setzt sich auf die Couch"?
 

Clara

Mitglied
stehen - setzen und das in den ersten zwei Sätzen

der Einstieg ist unglücklich.

Dein Anspruch für Junge Menschen zu schreiben und das damit verbundene ist ok, so gedanklich.
 



 
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