In die Tiefe

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Angst habe ich schon lange nicht mehr. Ich habe mich meinem Schicksal gefügt und warte auf das Ende. Aber vielleicht kommt doch noch die Rettung. Ich habe Hoffnung. Hoffnung auf Rettung. Wie bin ich nur hier gelandet? Wie konnte das passieren? Alles begann so friedlich. Es war doch so ein schöner Tag. Ich schließe meine Augen und lasse die letzten Stunden Revue passieren.

Mein Sohn und ich holten einmal tief Luft, bevor wir langsam in den Ozean eintauchten. Während das blaue Nass langsam an uns vorbei rauschte, erblühte die Welt um uns herum zum Leben.
Die Sonnenstrahlen schimmerten im Wasser und tanzten auf unserer Haut in all nur erdenklichen Farben. Doch als ich kurz herunter blickte, bemerkte ich, wie die drohende Dunkelheit langsam näher kam. Während wir tiefer tauchten, sahen wir ein paar Fischschwärme an uns vorbeiziehen und je tiefer wir kamen, desto dunkler wurde der Ozean. Ein ungutes Gefühl überkam mich. Ich bekam jedes Mal eine Gänsehaut, wenn ich diese Dunkelheit sah.
Ich habe dort unten viel Schreckliches erlebt und musste viel zu viel Zeit dort verbringen. Wir waren ziemlich genau sechzig Meter tief als meine Frau mit besorgniserregender Stimme zu uns rief: \"Taucht nicht zu tief ihr Lieben, dort unten wird es gefährlich.\"
Mein Sohn schaute mich mit seinen neugierig funkelnden Augen an, als würde er ein Abenteuer wittern. \"Was ist denn da unten? Wie sieht es dort aus?\", fragte er mich mit seinen strahlenden Augen, während seine Stimme vor Aufregung leicht am zittern war.
Langsam tauchten wir wieder auf und ich schaute ihn grinsend aber auch nachdenklich an.
Für einen kurzen Augenblick fragte ich mich ernsthaft, ob er schon so weit wäre.
Doch die Antwort kam schnell  mit einer sehr klar hörenden und strengen Stimme aus meinem Kopf. NEIN!
Ich versuchte ihm auf diplomatische Weise zu erklären, wieso ich es ihm noch nicht sagen konnte. Gleichzeitig musste ich versuchen meine eigene Angst zu überspielen.
Denn irgendwann musste ich ihn dort herunter schicken. Irgendwann muss auch er ein Mann werden. Auch für ihn wird es irgendwann lebenswichtig werden, dort unten hinzugehen.
\"Mein Sohn, das werde ich dir später einmal erzählen. Nicht mehr lange, dann werden deine Mutter und ich dich nach dort unten mitnehmen. Solange bis du eine eigene Familie hast und mit denen tauchen wirst.\" Ich konnte ihm ansehen, wie er sich freute. Endlich wieder ein Abenteuer, dachte er sich sicher. In dem Moment dachte ich mir, dass die Jugend nun mal so ist. Sie sind neugierig, sie wollen alles probieren und sind immer auf der Suche nach Abenteuern. Ich war ja damals nicht anders. Ganz im Gegenteil ich glaube, ich habe meinen Eltern mehr Probleme bereitet als mein Sohn mir. Mein Sohn muss nach seiner Mutter kommen. So dachte ich zumindest bis jetzt.
Wir schwammen nun eine relativ lange Zeit an der Oberfläche. Doch dann sah ich unter uns einen Schatten vorbei huschen. Ich hatte ihn nicht lange gesehen. Gerade so lange, um ihn kurz wahrzunehmen. Ich wusste nicht einmal genau, ob mein Geist mir einen Streich spielte oder, ob es real war. Ich musste wissen, ob dort Etwas war. Ich schaute nach unten, in der Hoffnung noch etwas zu sehen. Dieser Schatten bekam meine uneingeschränkte Aufmerksamkeit. Mein Blick verharrte und ich fixierte die unendlich wirkende Dunkelheit des Ozeans. Ja, ich schien mich darin zu verlieren. Die Dunkelheit war hypnotisierend. Ich musste wissen, was das für ein Schatten war. Doch dann war das alles nicht mehr so wichtig, denn plötzlich holte mein Sohn tief Luft und tauchte, lachend und freudestrahlend in die Tiefen des Ozeans herab. Als ich das realisiert hatte, war es schon zu spät. Ich sah noch, wie er mit seinen Gliedmaßen in die Dunkelheit verschwand.
Blitzschnell holte ich Luft und versuchte ihn noch einzuholen. Was hat ihn nur dazu getrieben plötzlich abzutauchen? Ich rief nach ihm, doch er blieb stumm.
Es wurde dunkler und dunkler und ich konnte mit bloßem Auge kaum noch was sehen, bis plötzlich ein paar Umrisse aus der Dunkelheit zu sehen waren.
Ich versuchte ihnen langsam und unauffällig näher zu kommen. Erst als ich diese als meinen Sohn erkennen konnte, wurde ich wieder schneller. Ich hatte einen Gefühlscocktail im Blut. Einerseits war ich außer mir vor Wut, andererseits war ich glücklich, dass er wohl auf war und ich ihn wieder bei mir hatte. Diese Gefühle zerrissen mich innerlich und sorgten dafür, dass ich unaufmerksam wurde. Schlussendlich konnte ich ihn einholen und schwamm neben ihm. Natürlich schimpfte ich: \"Wie kannst du uns nur solch einen Schrecken einjagen! Tauch sofort wieder auf und geh zu deiner Mutter! Was nicht alles hätte passieren können... \" Mürrisch und beleidigt glitt mein Sohn langsam in Richtung Oberfläche. Als er eine Körperbreite aufgetaucht war, wurden die Umrisse des Monsters sichtbar, dessen Schatten ich zuvor von der Oberfläche aus gesehen hatte. Es war ein Hai. Ein monströser, gigantischer Hai! Mindestens vier Meter lang mit weit aufgerissenem Maul. Er schwamm direkt auf meinen Sohn zu. Ich reagierte blitzschnell. Ich bummpte meinen Sohn von unten an und schubste ihn so ein paar Meter höher. Nun war ich zwischen dem Hai und meinem Sohn. Ich konnte die messerscharfen Zähne sehen und bildete mir bereits ein, wie sie in meinem Fleisch eindringen würden. Die Stelle hatte bereits gekribbelt.
\"Schnell, tauch auf!\", schrie ich meinen Sohn an, der nun ebenfalls das Monster sah und nach Mama schreiend und wimmernd so schnell, wie es nur ging, auftauchte. Nun kam der Hai direkt auf mich zu. Ich versuchte mich nach rechts wegzudrehen, doch er traf meinen Körper ca. dreißig Centimeter neben dem Auge. Der Treffer war so heftig, dass ich ein paar Sekunden ohnmächtig wurde. Sicher hatte man den Knall noch Hunderte von Metern entfernt gehört.
Als ich wieder zu mir kam, war ich ca. fünfzig Meter tiefer gesunken. Langsam öffnete ich meine Augen. Ich konnte nur sehr wenig sehen und von dem Hai fehlte jede Spur. Zumindest sah ich ihn nicht. Ich erholte mich nur langsam von dem Aufprall und die Kopfschmerzen waren unerträglich. Ich sah alles verschwommen und zitterte von dem Adrenalinschub. Doch das war alles unwichtig. Das Einzige, was mir zu dem Zeitpunkt durch den Kopf ging, war mein Sohn.
Ich rief so laut ich konnte in Richtung Oberfläche: \"Wo bist du? Bist du oben mein Sohn?\" Ich drehte meinen Körper so, dass ich langsam auftauchen konnte. Ich sah immer noch alles verschwommen, lediglich das Zittern hatte etwas nachgelassen. \"Ich bin bei Mama. Papa, wo bist du?\" ertönte eine wimmernde Stimme. \"Es tut mir alles so leid! Ich werde nie wieder...\" Ich unterbrach ihn und erwiderte \"Alles wird wieder gut! Bin gleich bei dir mein Schatz\", als ich plötzlich merkte, wie mich irgendwas an meinen Gliedmaßen gepackt hatte. Nicht lange und ich bemerkte, wie mich etwas nicht nur an meinen Gliedmaßen, sondern auch an meinem Oberkörper packte. In dem Moment geriet ich in Panik und versuchte so schnell wie möglich an die Oberfläche zu gelangen. Doch dann merkte ich, wie sich Hunderte von Saugnäpfen an meiner Haut befestigten. Das Schlimme waren jedoch nicht die Saugnäpfe, sondern die Stacheln, die sich in der Mitte der Saugnäpfe befanden und sich zu Hunderten in mein Fleisch bohrten und mich so festhielten. Ich schrie vor Schmerzen! \"WUAHHHHHHHHHHHH!!!!!\"
Der Schrei muss so grausam gewesen sein, dass selbst die Tore der Hölle zu Eis erstarrten. Die Stacheln machten jede Bewegung zu einer so schmerzhaften Angelegenheit, dass die einzige Option das regungslose Dasein wurde.
Natürlich hatten diesen Schrei mein Sohn und meine Frau gehört. \"Vater, Vater, was ist passiert?\" rief mein Sohn beängstigend.
Selbst wenn ich es gewollt hätte, ich konnte ihm zu diesem Zeitpunkt nicht antworten.
War ich doch von einer Kreatur gefangen worden, die von der Natur nur zum Töten geboren wurde.
Vor Millionen von Jahren wandelte sie bereits in den Ozeanen und machte diese zu einer der gefährlichsten Orte auf der Erde. Es ist eines der ältesten Lebewesen auf der Erde und wurde in den letzten Jahrmillionen von der Evolution vergessen. Ich war in den Klauen eines dreißg Meter langem Riesenkalmars.
Auch wenn die Schmerzen noch so unerträglich waren, ich musste einfach versuchen zu entkommen. Ich dachte an meinen Sohn, meine Familie. Diese Gedanken gaben mir Kraft es zu versuchen. Also versuchte ich es. Ich machte schnelle ruckartige Bewegungen. Nach rechts, links, oben, unten. Immer und immer wieder bis ich plötzlich einen Schmerz spürte, als würde mir ein Stück Fleisch herausgerissen. Und wieder schrie ich vor lauter Schmerzen, während langsam mein Kampfeswillen schwandt und ich mich meinem Schicksal fügen musste. Der Schmerz war so stark, dass ich aufhören musste mich zu bewegen. Ich konnte die Schmerzen nicht ertragen. Seine zehn kräftigen Arme zogen sich immer enger um meinen Körper, sodass spätestens jetzt keine Gegenwehr mehr möglich war. Der Druck war so stark, dass es sich anfühlte, als würden meine Knochen bersten. Mein Herz hämmerte so stark, dass ich es in meiner Brust fühlen konnte. Es war grausam. Doch jetzt ist es in Ordnung und ich verstehe es.
Ich hörte meinen Sohn an der Oberfläche weinen und immer wieder dieses schreien: \"Vater? Vater! Vaaaaaaater!\" Ich versuchte meine schmerzverzerrte Stimme zu verstecken und antworte ihm zögerlich: \"Schwimm! Schwimm so schnell du kannst! Bring dich in Sicherheit!\" Ich wusste, dass das er in Sicherheit war, denn der Kalmar war mit mir beschäftigt. Doch mein Sohn sollte das alles nicht mitbekommen. Jetzt,wo der Kalmar sich sicher war, dass ich nicht mehr fliehen könnte, zog er mich langsam weiter in die unendliche Dunkelheit der Tiefsee. Es kam mir ein bisschen so vor, als wolle er seinen Triumph genießen. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich nicht, dass es fast sechzig Minuten dauern sollte, bis wir am Ziel unserer Reise sein würden. Aber selbst wenn ich es gewusst hätte, ich hätte ja doch nichts dagegen unternehmen können.
Wir tauchten immer tiefer, während das blaue Nass an uns vorbei zog. Ich bemerkte die Strömung auf meiner Haut. Ein wenig Plankton zog an uns vorbei und ich sah, wie uns einige Fische für ein paar Meter folgten. Sie schauten anteillos zu, als wären sie froh, dass es mich erwischt hatte und nicht sie.
Schon zu diesem Zeitpunkt hatte ich mich damit abgefunden, bald sterben zu müssen. Doch dann schoss mir, wie aus heiterem Himmel, wieder mein Sohn in den Kopf. Plötzlich waren alle vorangegangen Schmerzen vergessen. Ich sah ihn plötzlich vor mir, wie er lacht, wie er spielt, wie wir gemeinsam die Welt erkunden. Ich konnte ihn nicht alleine lassen! Ich wollte ihn nicht alleine lassen! Plötzlich zitterte ich am ganzen Körper. Ich stieß einen Schrei aus, damit das Winden, Rütteln und Zucken noch Kräftiger sein würde. Die Schmerzen waren kaum erträglich, doch ich sah immer wieder meinen Sohn vor meinem inneren Auge. Er ließ mich weiter machen, weiter diese schrecklichen Schmerzen ertragen. Ich wollte nicht, dass er ohne Vater aufwächst. Doch vergeblich.
Ich konnte mich nicht befreien. Nicht mal lockern konnte ich den tödlichen Griff. Der Kalmar reagierte kein bisschen auf meinen Versuch. So sicher war er sich, dass ich nicht fliehen konnte.
Unbeirrt setze er seinen Weg in die dunkle Tiefe fort.
An diesem Punkt hatte ich aufgegeben und an diesem Punkt zog die Verzweiflung ein, dass ich absolut nichts dagegen tun könnte, was auf mich zukommen würde.
Ich war gefangen und es gab keinen Ausweg. Ich würde meinen Sohn, meine Frau, ja meine ganze Familie nie mehr wiedersehen. Nun tat es mir mehr als leid, dass die letzten Worte, die ich an meinen Sohn geentrichtet hatte, das Schimpfen einen von Angst zerfressenen Vaters waren. Erschöpft schloss ich ein wenig die Augen.
Nach etwa weiteren dreihundert Metern öffnete ich meine Augen erschrocken wieder. Ich musste eingenickt sein. Ich wachte aus einem Albtraum auf und steckte mitten in einem anderen.
Ich sah, wie wir an einem Feld aus Quallen vorbei zogen. Faszinierende Tiere wie ich immer wieder feststellen musste.
Mit ihrem fluoreszierenden Licht locken sie in der Dunkelheit ihre Beute an.
Wenn dann ein Opfer ihre Nesseln berührt, schießen torpedoartig kleine Dornen aus ihren Nesseln und injizieren dem Opfer ein betäubendes Gift. Sobald das Gift wirkt, wird ein Verdauungsenzym injiziert und das Opfer wird bei lebendigem Leib verdaut.
Beim Vorbeigleiten hatte ich ein paar Fische gesehen, die sich in deren Nesseln gefangen hatten. Mir kam das doch irgendwie sehr bekannt vor. Als ich das sah, wurde ich wütend! Ich brüllte den Kalmar an: \"LOS, BRING ES HINTER DICH! TÖTE MICH ENDLICH\". Doch wieder passierte nichts. Er sank einfach weiter. Ich flehte und wimmerte ihn an: \"Bitte, bitte töte mich endlich...\" Doch er setze unbeirrt seinen Weg fort. Nach ein paar Metern rüttelte es an mir. Die Schmerzen waren unerträglich. Es schien so, als würden wir nicht mehr sinken, sondern nur in eine Richtung schwimmen. Ich fragte mich immer wieder, wo er denn nur hinwolle. Ich hatte die Orientierung verloren. Zu allem Überfluss merkte ich, wie langsam meine Luft knapp wurde. Es gab kein Zurück mehr, denn der Großteil meiner Luft war bereits verbraucht.
Unter normalen Umständen würde ich nun auftauchen. Aber da hätte mein Freund sicher etwas gegen. Ein paar Meter weiter hielten wir an und der Kalmar begab sich auf den Meeresgrund, wo wir, bis jetzt, immer noch liegen.
Wir scheinen am Ziel zu sein. Ich denke so vor mich hin und bemerke das meine Luft in den Lungen immer weniger und weniger wird. Ich öffne wieder meine Augen. Lange kann es nicht mehr dauern. Der Kalmar hat seinen ganzen Körper in flackerndes Licht getaucht und erhellt somit den Boden. Gerade so viel, dass ich wieder meine Augen nutzen kann und nicht mein Sonar. Irgendwas kommt da aus der Dunkelheit auf mich zu. Es gleitet über den Meeresboden. Doch was ist es? Es ist nicht groß, vielleicht einen Meter.
Je näher die Schatten in meine Richtung gleiten, desto mehr erkenne ich von der mysteriösen  Gestalt. Fühler und Tentakeln kommen zum Vorschein. Langsam aber beständig sehe ich immer mehr von den Wesen, das auf mich zukommt. Jetzt kenne ich den ganzen Schrecken. Es sind seine Kinder. Jetzt weiß ich, warum er mich so lange am Leben ließ. Sein Nachwuchs sollte eine Lektion bekommen, die sie so schnell nicht vergessen werden. Sie lernen zu jagen. Sie lernen an einer lebenden großen Beute zu jagen. Das ist die Erklärung, warum er mich so lange am Leben ließ. Nun ist es also soweit. Ich werde die letzte Reise antreten, ein weiteres Abenteuer, das ich zu bestehen gedenke. Wenn ich mich nun wehren würde, dann wird er mich sicher schnell töten. Denn er wird dann seine Kinder schützen wollen. Besser so, als von seinen Kleinen immer wieder gebissen zu werden. Aber wenn ich schon gehen muss, dann mit Würde! Wenn ich schon gehen muss, dann mit Radau! Ein letztes Mal werde ich meine Kräfte mobilisieren. Ein letztes Mal wird meine Stimme in der Tiefe des Ozeans ertönen! Ein letztes Mal werde ich versuchen meine Schwanzflosse zu befreien. Ich werde ihm zeigen, wozu ich im Stande bin. Mit lauter Stimme schreie ich: „Denn ich bin ein Pottwal!“
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Marder Marten, herzlich Willkommen in der Leselupe!

Schön, dass Du den Weg zu uns gefunden hast. Wir sind gespannt auf Deine weiteren Werke und freuen uns auf einen konstruktiven Austausch mit Dir.

Um Dir den Einstieg zu erleichtern, haben wir im 'Forum Lupanum' (unsere Plauderecke) einen Beitrag eingestellt, der sich in besonderem Maße an neue Mitglieder richtet. http://www.leselupe.de/lw/titel-Leitfaden-fuer-neue-Mitglieder-119339.htm

Ganz besonders wollen wir Dir auch die Seite mit den häufig gestellten Fragen ans Herz legen. http://www.leselupe.de/lw/service.php?action=faq

Du hast eine spannende Geschichte mit überraschender Auflösung geschrieben!


Viele Grüße von DocSchneider

Redakteur in diesem Forum
 
S

steky

Gast
Diese Geschichte hat sehr viel Potenzial - aber sie ist zu lang.

Eine Kürzung würde die langweiligen Löcher füllen.

Dennoch gefällt mir dieses Stück Literatur sehr gut.


LG
Steky
 
A

aligaga

Gast
Lieber @Marten,

beim Vermenschlichen trendiger Tierarten wie etwa Walfischerln solltest du stets darauf achten, wenigstens halbwegs bei den biologischen Tatsachen zu bleiben.

Wale haben keine Hautmuskulatur wie wir und können deshalb keine Gänsehaut bekommen; sie haben gewiss niemals Angst vor Tiefe und Dunkelheit, denn das Pelagial ist ihr angestammter Lebensraum; ein geschlechtsreifer Bulle bildet keine Familie, sondern befruchtet während der Paarungszeit möglichst viele Weibchen und lebt im Übrigen als recht unverträglicher Einzelgänger; um die "Erziehung" seiner Brut kümmert er sich niemals - das macht ausschließlich das Weibchen.

Ein Haifisch (nota bene ein kleiner, der gerade mal vier Meter lang ist), hat gegen einen ausgewachsenen Pottwal nicht den Funken einer Chance, ebensowenig ein Architeuthis, der zudem ein derart kümmerlicher Schwimmer ist ("huschen" kann der gar nicht!), dass er ein Kraftpaket wie einen Pottwal niemals unter Wasser ziehen oder gar dort festhalten könnte. Die zu den Mollusken zählenden Tintenfische betreiben keine Brutpflege; Walfische stehen nicht auf ihrem Speisezettel.

Die winzigen Augen der Wale "strahlen" nie, schon gar nicht in Tiefen über 25 Metern, wo es so gut wie keine Lichtreflexe mehr gibt. Und "Plankton" findet sich in nennenswerten Mengen nur in der euphotischen Zone, also dort, wo ausreichend Licht für das Algenwachstum leuchtet.

Das sind nur die gröbsten Schnitzer. Wenn man genau sucht, findet man in deinem Text Dutzende weiterer (z. B. das "bloße Auge" des Wals) und amüsiert sich darüber.

Ich geh jetzt mal davon aus, dass du noch recht jung bist und keine "Kurzgeschichte", sondern eine Kindergeschichte schreiben wolltest. Gerade bei Kindergeschichten käme es, wenn's denn keine Märchen- oder Fantasy-Nummern sein sollen, auf den Realitätsbezug an. Die Kleinen nehmen das, was ihnen die Erwachsenen als scheinbar glaubhaft erzählen, für bare Münze und entwickeln daraus die absurdesten Vorurteile, die sich später oft nur sehr schwer korrigieren lassen.

Die Natur ist eine prächtige Spielwiese für jeden Erzähler und jeden Schriftsteller! Eine gute Naturerzählung lässt den Wesen, die darin vorkommen, ihre Eigenarten, ihren Charakter und ihr Ambiente, statt sie auf mehr oder weniger törichte Art "menscheln" zu lassen.

Tipp: Waldemar Bonsels "Biene Maia" lesen. Die ist zwar leider ein bisschen deutschnational angehaucht, aber die Charaktere der dort vorkommenden Tierarten sind meisterhaft dargestellt und in die Handlungen eingebunden. So muss Tiergeschichte! Oder guck dir Zuckmayers "Die Geschichte vom Tümpel" an. Nur eine Pfütze - aber welche Bilder, welche Dramatik und Spannung!

Viel hilft nicht immer viel, @Marten, auch wenn manche "Künstler" das immer wieder meinen. Nur mit Größe und Lautstärke allein geht's nicht; es muss alles zusammenpassen. Hier passt etliches gar nicht.

Versuch doch, erst mal ein kleineres Brötchen zu backen - eines, von dem du die Zutaten ganz genau kennst. Dann wird's schon!

Gruß

aligaga
 
Hallo aligaga,

vielen Dank für Deine ausführliche und offene Kritik.
Zu aller erst, möchte ich ein paar Dinge klarstellen.
1. Was die Wale angeht, hast Du Recht.
2. Haie werden zwischen 4 und 7 Metern lang. Nota bene: Der Hai in meiner Geschichte, hatte es nicht auf den ausgewachsenen Pottwal abgesehen, sondern auf den Kleinen, Jungen Pottwal. Deswegen musste er ja weggestoßen werden. Außerdem war es wohl der Hai der da durch die Gegend gehuscht ist.
Ging vielleicht bei deinem "amüsemang" etwas unter.
3. Die sogenannten Riesenkalmare gehören zu den Zehnarmigen Tintenfischen. Diese sind wiederum so wenig erforscht, das niemand genau sagen kann, wie sie sich paaren, noch ob sie Brutpflege betreiben. (Bis vor 10 Jahren, hat man keinen lebendigen Riesenkalmar gesehen. Zu diesem Zeitpunkt, gehörten sie noch zum Seemannsgarn).
4. Zum Thema schwimmen: Die Haut der Pottwale (keine Ahnung ob sie schmerzen spüren, oder ob sie dort Muskeln haben; ist in meinen Augen auch uninteressant; Begründung folgt unten), ist übersät mit Saugnapfnarben, die, so vermuten Wissenschaftler, von Riesenkalmaren stammen. Vielleicht, können diese schlechten Schwimmer, sich ja doch dem sicheren Tod erwehren und vielleicht haben sie doch eine kleine Chance gegen einen Pottwal.
5. Nun möchte ich noch gerne von Dir wissen: Wie kommst Du bitte darauf urteilen zu können, ob ein Wal Angst vor der Tiefe und Dunkelheit hat (Mit Ausnahme das sie dort jagen würden)? Ich habe auch Angst vor Wespen, dennoch kann ich es nicht verhindern und vermeiden schon mal gar nicht, das sie ab und zu, zu mir kommen. Es gibt Menschen die haben Angst vor ihren Fingernägeln, müssen aber dennoch damit leben.

Außerdem frage mich was Dich daran stört, das ich nicht einhundert Prozent auf die Biologie der Tiere eingehe, bzw. in vielerlei Hinsicht meine Phantasie freien lauf lasse? Zu deinen Beispiel der Biene Maja: Schon mal eine Biene gesehen die einen Grashüpfer vollquarkt, oder männliche Bienen, die eine Arbeiterbiene begleiten? Pippi Langstrumpf kann ein Pferd heben und ihre Eltern sind Piraten. Der große, böse, weiße Hai ist auch nicht so böse wie dargestellt. Bei Moby Dick greift ein Wal voller Absicht ein Schiff an (Passiert der Realität bestenfalls als „versehen“)! Weltliteratur!!! Romane!!! Ist alles aber doch irgendwie anders dargestellt und definitiv nicht real. Warum soll mein Pottwal also nicht unter Wasser funkelnde Augen haben können oder sehen können? Wieso soll mein Riesenkalmar nicht einen Pottwal in die tiefe ziehen können?
Es soll übrigens eine Kurzgeschichte sein, auch wenn nicht alles "real" dargestellt ist. Mal abgesehen von der fehlenden Realität die Dich so stört, willst du das wirklich Kindern vorlesen?
Auf deine beleidigende Anspielung meines alters, gehe ich erst garnicht weiter ein.
Ja ich bin ein Anfänger und es mag auch sein das deine Kritik für Dich und andere berechtigt ist, aber von Lesern, die besonders der Meinung sind besser zu sein, erwarte ich, wenn schon Kritik, dann konstruktive und nicht beleidigende wie "versuch erst mal kleine Brötchen zu backen" oder Spekulationen über mein Alter abzugeben was völlig Sinnfrei ist und überhaupt nicht zur Debatte steht.

Einen Kritikpunkt nehme ich allerdings gerne an. Der Text ist zu langatmig und sollte kürzer sein.

Ich haben fertig!!

Gruß
Marder Marten
 
A

aligaga

Gast
Statt mit einer Suada von "Erklärunngsversuchen" daherzukommen und dem Kritiker vorzuwerfen, er verstünde nichts von der Sache, wäre es besser, @Marten, du arbeitetest an deinem Stückerl und plausibilisiertest es.

Dass Zahnwale Tintenfische fressen und nicht umgekehrt, kann man, glaub ich, sogar guhgeln. Mach doch mal!

Offensichtlich hast du nicht verstanden, was @ali dir begreiflich machen wollte: Eine Tiergeschichte, in der die Viecher artuntypisch "menscheln", ist albern. Wahrscheinlich kennst du Waldemar Bonsels "Biene Maia" gar nicht, sondern nur die grenzdebilen TV-Trickfilme, die mit der Buchvorlage so gut wie gar nichts zu tun hatten. Bei Bonsels reagieren und "reden" die Tiere stets arttypisch - die Spinne Thekla, der Käfer Kurt, die Hornisse, die Libelle, und Maia selbst - sie ist in allererster Linie um ihr Volk bemüht. Die Drohnen spielen in dem Buch überhaupt keine Rolle. Tipp: Lesen!

Falls dich Walfische interessieren sollten, musst du nicht unbedingt bei Cetaceologen in die Lehre gehen. Es genügte, wenn du Melvilles "Moby Dick" in die Hand nähmest. Da stünden eine ganze Menge interessanter Tatsachen und Ansichten über diese Burschen drin. Und wenn du wissen möchtest, wie ein Kritiker muss, dann guck doch bei @alis Texten unter "Der Kritiker". Auch da würdest du ein bisschen geholfen. Es kommt darin sogar ein Pottwal vor!

Wenn ich dich für einen "Alten Hasen" gehalten hätte, hätte ich nicht kritisiert. Das wäre mir zu peinlich gewesen. Aber so, denke ich, bestünde noch Hoffnung. Du müsstest halt von deinem "hohen Ross" (in diesem Falle wohl besser: Seepferdchen) absteigen. Ich weiß, das fällt schwer, aber glaub mir: es lohnte sich. Wer meint, er könnte und wüsste schon alles, lernt nie etwas dazu.

Und das wäre doch schade.

Gruß

aligaga
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
@ali:
Und wenn du wissen möchtest, wie ein Kritiker muss, dann guck doch bei @alis Texten unter "Der Kritiker". Auch da würdest du ein bisschen geholfen. Es kommt darin sogar ein Pottwal vor!
Unterlasse gemäß der Regeln der LL Hinweise auf eigene Texte!

Ansonsten empfehle ich die Lektüre der Fabeln. Auswahl reichlich.

Frohe Pfingsten,

DS
 
Angst habe ich schon lange nicht mehr. Ich habe mich meinem Schicksal gefügt und warte auf das Ende. Aber vielleicht kommt doch noch die Rettung. Ich habe Hoffnung. Hoffnung auf Rettung. Wie bin ich nur hier gelandet? Wie konnte das passieren? Alles begann so friedlich. Es war doch so ein schöner Tag. Ich schließe meine Augen und lasse die letzten Stunden Revue passieren.

Mein Sohn und ich holten einmal tief Luft, bevor wir langsam in den Ozean eintauchten. Während das blaue Nass langsam an uns vorbei rauschte, erblühte die Welt um uns herum zum Leben.
Die Sonnenstrahlen schimmerten im Wasser und tanzten auf unserer Haut in all nur erdenklichen Farben. Doch als ich kurz herunter blickte, bemerkte ich, wie die drohende Dunkelheit langsam näher kam. Während wir tiefer tauchten, sahen wir ein paar Fischschwärme an uns vorbeiziehen und je tiefer wir kamen, desto dunkler wurde der Ozean. Ein ungutes Gefühl überkam mich. Ich bekam jedes Mal eine Gänsehaut, wenn ich diese Dunkelheit sah.
Ich habe dort unten viel Schreckliches erlebt und musste viel zu viel Zeit dort verbringen. Wir waren ziemlich genau sechzig Meter tief als meine Frau mit besorgniserregender Stimme zu uns rief: \"Taucht nicht zu tief ihr Lieben, dort unten wird es gefährlich.\"
Mein Sohn schaute mich mit seinen neugierig funkelnden Augen an, als würde er ein Abenteuer wittern. \"Was ist denn da unten? Wie sieht es dort aus?\", fragte er mich mit seinen strahlenden Augen, während seine Stimme vor Aufregung leicht zitternd war.
Langsam tauchten wir wieder auf und ich schaute ihn grinsend aber auch nachdenklich an.
Für einen kurzen Augenblick fragte ich mich ernsthaft, ob er schon so weit wäre.
Doch die Antwort kam schnell  mit einer sehr klar hörenden und strengen Stimme aus meinem Kopf. NEIN!
Ich versuchte ihm auf diplomatische Weise zu erklären, wieso ich es ihm noch nicht sagen konnte. Gleichzeitig musste ich versuchen meine eigene Angst zu überspielen.
Denn irgendwann musste ich ihn dort herunter schicken. Irgendwann muss auch er ein Mann werden. Auch für ihn wird es irgendwann lebenswichtig werden, dort unten hinzugehen.
\"Mein Sohn, das werde ich dir später einmal erzählen. Nicht mehr lange, dann werden deine Mutter und ich dich nach dort unten mitnehmen. Solange bis du eine eigene Familie hast und mit denen tauchen wirst.\" Ich konnte ihm ansehen, wie er sich freute. Endlich wieder ein Abenteuer, dachte er sich sicher. In dem Moment dachte ich mir, dass die Jugend nun mal so ist. Sie sind neugierig, sie wollen alles probieren und sind immer auf der Suche nach Abenteuern. Ich war ja damals nicht anders. Ganz im Gegenteil ich glaube, ich habe meinen Eltern mehr Probleme bereitet als mein Sohn mir. Mein Sohn muss nach seiner Mutter kommen. So dachte ich zumindest bis jetzt.
Wir schwammen nun eine relativ lange Zeit an der Oberfläche. Doch dann sah ich unter uns einen Schatten vorbei huschen. Ich hatte ihn nicht lange gesehen. Gerade so lange, um ihn kurz wahrzunehmen. Ich wusste nicht einmal genau, ob mein Geist mir einen Streich spielte oder, ob es real war. Ich musste wissen, ob dort Etwas war. Ich schaute nach unten, in der Hoffnung noch etwas zu sehen. Dieser Schatten bekam meine uneingeschränkte Aufmerksamkeit. Mein Blick verharrte und ich fixierte die unendlich wirkende Dunkelheit des Ozeans. Ja, ich schien mich darin zu verlieren. Die Dunkelheit war hypnotisierend. Ich musste wissen, was das für ein Schatten war. Doch dann war das alles nicht mehr so wichtig, denn plötzlich holte mein Sohn tief Luft und tauchte, lachend und freudestrahlend in die Tiefen des Ozeans herab. Als ich das realisiert hatte, war es schon zu spät. Ich sah noch, wie er mit seinen Gliedmaßen in die Dunkelheit verschwand.
Blitzschnell holte ich Luft und versuchte ihn noch einzuholen. Was hat ihn nur dazu getrieben plötzlich abzutauchen? Ich rief nach ihm, doch er blieb stumm.
Es wurde dunkler und dunkler und ich konnte mit bloßem Auge kaum noch was sehen, bis plötzlich ein paar Umrisse aus der Dunkelheit zu sehen waren.
Ich versuchte ihnen langsam und unauffällig näher zu kommen. Erst als ich diese als meinen Sohn erkennen konnte, wurde ich wieder schneller. Ich hatte einen Gefühlscocktail im Blut. Einerseits war ich außer mir vor Wut, andererseits war ich glücklich, dass er wohl auf war und ich ihn wieder bei mir hatte. Diese Gefühle zerrissen mich innerlich und sorgten dafür, dass ich unaufmerksam wurde. Schlussendlich konnte ich ihn einholen und schwamm neben ihm. Natürlich schimpfte ich: \"Wie kannst du uns nur solch einen Schrecken einjagen! Tauch sofort wieder auf und geh zu deiner Mutter! Was nicht alles hätte passieren können... \" Mürrisch und beleidigt glitt mein Sohn langsam in Richtung Oberfläche. Als er eine Körperbreite aufgetaucht war, wurden die Umrisse des Monsters sichtbar, dessen Schatten ich zuvor von der Oberfläche aus gesehen hatte. Es war ein Hai. Ein monströser, gigantischer Hai! Mindestens vier Meter lang mit weit aufgerissenem Maul. Er schwamm direkt auf meinen Sohn zu. Ich reagierte blitzschnell. Ich bummpte meinen Sohn von unten an und schubste ihn so ein paar Meter höher. Nun war ich zwischen dem Hai und meinem Sohn. Ich konnte die messerscharfen Zähne sehen und bildete mir bereits ein, wie sie in meinem Fleisch eindringen würden. Die Stelle hatte bereits gekribbelt.
\"Schnell, tauch auf!\", schrie ich meinen Sohn an, der nun ebenfalls das Monster sah und nach Mama schreiend und wimmernd so schnell, wie es nur ging, auftauchte. Nun kam der Hai direkt auf mich zu. Ich versuchte mich nach rechts wegzudrehen, doch er traf meinen Körper ca. dreißig Centimeter neben dem Auge. Der Treffer war so heftig, dass ich ein paar Sekunden ohnmächtig wurde. Sicher hatte man den Knall noch Hunderte von Metern entfernt gehört.
Als ich wieder zu mir kam, war ich ca. fünfzig Meter tiefer gesunken. Langsam öffnete ich meine Augen. Ich konnte nur sehr wenig sehen und von dem Hai fehlte jede Spur. Zumindest sah ich ihn nicht. Ich erholte mich nur langsam von dem Aufprall und die Kopfschmerzen waren unerträglich. Ich sah alles verschwommen und zitterte von dem Adrenalinschub. Doch das war alles unwichtig. Das Einzige, was mir zu dem Zeitpunkt durch den Kopf ging, war mein Sohn.
Ich rief so laut ich konnte in Richtung Oberfläche: \"Wo bist du? Bist du oben mein Sohn?\" Ich drehte meinen Körper so, dass ich langsam auftauchen konnte. Ich sah immer noch alles verschwommen, lediglich das Zittern hatte etwas nachgelassen. \"Ich bin bei Mama. Papa, wo bist du?\" ertönte eine wimmernde Stimme. \"Es tut mir alles so leid! Ich werde nie wieder...\" Ich unterbrach ihn und erwiderte \"Alles wird wieder gut! Bin gleich bei dir mein Schatz\", als ich plötzlich merkte, wie mich irgendwas an meinen Gliedmaßen gepackt hatte. Nicht lange und ich bemerkte, wie mich etwas nicht nur an meinen Gliedmaßen, sondern auch an meinem Oberkörper packte. In dem Moment geriet ich in Panik und versuchte so schnell wie möglich an die Oberfläche zu gelangen. Doch dann merkte ich, wie sich Hunderte von Saugnäpfen an meiner Haut befestigten. Das Schlimme waren jedoch nicht die Saugnäpfe, sondern die Stacheln, die sich in der Mitte der Saugnäpfe befanden und sich zu Hunderten in mein Fleisch bohrten und mich so festhielten. Ich schrie vor Schmerzen! \"WUAHHHHHHHHHHHH!!!!!\"
Der Schrei muss so grausam gewesen sein, dass selbst die Tore der Hölle zu Eis erstarrten. Die Stacheln machten jede Bewegung zu einer so schmerzhaften Angelegenheit, dass die einzige Option das regungslose Dasein wurde.
Natürlich hatten diesen Schrei mein Sohn und meine Frau gehört. \"Vater, Vater, was ist passiert?\" rief mein Sohn beängstigend.
Selbst wenn ich es gewollt hätte, ich konnte ihm zu diesem Zeitpunkt nicht antworten.
War ich doch von einer Kreatur gefangen worden, die von der Natur nur zum Töten geboren wurde.
Vor Millionen von Jahren wandelte sie bereits in den Ozeanen und machte diese zu einer der gefährlichsten Orte auf der Erde. Es ist eines der ältesten Lebewesen auf der Erde und wurde in den letzten Jahrmillionen von der Evolution vergessen. Ich war in den Klauen eines dreißg Meter langem Riesenkalmars.
Auch wenn die Schmerzen noch so unerträglich waren, ich musste einfach versuchen zu entkommen. Ich dachte an meinen Sohn, meine Familie. Diese Gedanken gaben mir Kraft es zu versuchen. Also versuchte ich es. Ich machte schnelle ruckartige Bewegungen. Nach rechts, links, oben, unten. Immer und immer wieder bis ich plötzlich einen Schmerz spürte, als würde mir ein Stück Fleisch herausgerissen. Und wieder schrie ich vor lauter Schmerzen, während langsam mein Kampfeswillen schwandt und ich mich meinem Schicksal fügen musste. Der Schmerz war so stark, dass ich aufhören musste mich zu bewegen. Ich konnte die Schmerzen nicht ertragen. Seine zehn kräftigen Arme zogen sich immer enger um meinen Körper, sodass spätestens jetzt keine Gegenwehr mehr möglich war. Der Druck war so stark, dass es sich anfühlte, als würden meine Knochen bersten. Mein Herz hämmerte so stark, dass ich es in meiner Brust fühlen konnte. Es war grausam. Doch jetzt ist es in Ordnung und ich verstehe es.
Ich hörte meinen Sohn an der Oberfläche weinen und immer wieder dieses schreien: \"Vater? Vater! Vaaaaaaater!\" Ich versuchte meine schmerzverzerrte Stimme zu verstecken und antworte ihm zögerlich: \"Schwimm! Schwimm so schnell du kannst! Bring dich in Sicherheit!\" Ich wusste, dass das er in Sicherheit war, denn der Kalmar war mit mir beschäftigt. Doch mein Sohn sollte das alles nicht mitbekommen. Jetzt,wo der Kalmar sich sicher war, dass ich nicht mehr fliehen könnte, zog er mich langsam weiter in die unendliche Dunkelheit der Tiefsee. Es kam mir ein bisschen so vor, als wolle er seinen Triumph genießen. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich nicht, dass es fast sechzig Minuten dauern sollte, bis wir am Ziel unserer Reise sein würden. Aber selbst wenn ich es gewusst hätte, ich hätte ja doch nichts dagegen unternehmen können.
Wir tauchten immer tiefer, während das blaue Nass an uns vorbei zog. Ich bemerkte die Strömung auf meiner Haut. Ein wenig Plankton zog an uns vorbei und ich sah, wie uns einige Fische für ein paar Meter folgten. Sie schauten anteillos zu, als wären sie froh, dass es mich erwischt hatte und nicht sie.
Schon zu diesem Zeitpunkt hatte ich mich damit abgefunden, bald sterben zu müssen. Doch dann schoss mir, wie aus heiterem Himmel, wieder mein Sohn in den Kopf. Plötzlich waren alle vorangegangen Schmerzen vergessen. Ich sah ihn plötzlich vor mir, wie er lacht, wie er spielt, wie wir gemeinsam die Welt erkunden. Ich konnte ihn nicht alleine lassen! Ich wollte ihn nicht alleine lassen! Plötzlich zitterte ich am ganzen Körper. Ich stieß einen Schrei aus, damit das Winden, Rütteln und Zucken noch Kräftiger sein würde. Die Schmerzen waren kaum erträglich, doch ich sah immer wieder meinen Sohn vor meinem inneren Auge. Er ließ mich weiter machen, weiter diese schrecklichen Schmerzen ertragen. Ich wollte nicht, dass er ohne Vater aufwächst. Doch vergeblich.
Ich konnte mich nicht befreien. Nicht mal lockern konnte ich den tödlichen Griff. Der Kalmar reagierte kein bisschen auf meinen Versuch. So sicher war er sich, dass ich nicht fliehen konnte.
Unbeirrt setze er seinen Weg in die dunkle Tiefe fort.
An diesem Punkt hatte ich aufgegeben und an diesem Punkt zog die Verzweiflung ein, dass ich absolut nichts dagegen tun könnte, was auf mich zukommen würde.
Ich war gefangen und es gab keinen Ausweg. Ich würde meinen Sohn, meine Frau, ja meine ganze Familie nie mehr wiedersehen. Nun tat es mir mehr als leid, dass die letzten Worte, die ich an meinen Sohn geentrichtet hatte, das Schimpfen einen von Angst zerfressenen Vaters waren. Erschöpft schloss ich ein wenig die Augen.
Nach etwa weiteren dreihundert Metern öffnete ich meine Augen erschrocken wieder. Ich musste eingenickt sein. Ich wachte aus einem Albtraum auf und steckte mitten in einem anderen.
Ich sah, wie wir an einem Feld aus Quallen vorbei zogen. Faszinierende Tiere wie ich immer wieder feststellen musste.
Mit ihrem fluoreszierenden Licht locken sie in der Dunkelheit ihre Beute an.
Wenn dann ein Opfer ihre Nesseln berührt, schießen torpedoartig kleine Dornen aus ihren Nesseln und injizieren dem Opfer ein betäubendes Gift. Sobald das Gift wirkt, wird ein Verdauungsenzym injiziert und das Opfer wird bei lebendigem Leib verdaut.
Beim Vorbeigleiten hatte ich ein paar Fische gesehen, die sich in deren Nesseln gefangen hatten. Mir kam das doch irgendwie sehr bekannt vor. Als ich das sah, wurde ich wütend! Ich brüllte den Kalmar an: \"LOS, BRING ES HINTER DICH! TÖTE MICH ENDLICH\". Doch wieder passierte nichts. Er sank einfach weiter. Ich flehte und wimmerte ihn an: \"Bitte, bitte töte mich endlich...\" Doch er setze unbeirrt seinen Weg fort. Nach ein paar Metern rüttelte es an mir. Die Schmerzen waren unerträglich. Es schien so, als würden wir nicht mehr sinken, sondern nur in eine Richtung schwimmen. Ich fragte mich immer wieder, wo er denn nur hinwolle. Ich hatte die Orientierung verloren. Zu allem Überfluss merkte ich, wie langsam meine Luft knapp wurde. Es gab kein Zurück mehr, denn der Großteil meiner Luft war bereits verbraucht.
Unter normalen Umständen würde ich nun auftauchen. Aber da hätte mein Freund sicher etwas gegen. Ein paar Meter weiter hielten wir an und der Kalmar begab sich auf den Meeresgrund, wo wir, bis jetzt, immer noch liegen.
Wir scheinen am Ziel zu sein. Ich denke so vor mich hin und bemerke das meine Luft in den Lungen immer weniger und weniger wird. Ich öffne wieder meine Augen. Lange kann es nicht mehr dauern. Der Kalmar hat seinen ganzen Körper in flackerndes Licht getaucht und erhellt somit den Boden. Gerade so viel, dass ich wieder meine Augen nutzen kann und nicht mein Sonar. Irgendwas kommt da aus der Dunkelheit auf mich zu. Es gleitet über den Meeresboden. Doch was ist es? Es ist nicht groß, vielleicht einen Meter.
Je näher die Schatten in meine Richtung gleiten, desto mehr erkenne ich von der mysteriösen  Gestalt. Fühler und Tentakeln kommen zum Vorschein. Langsam aber beständig sehe ich immer mehr von den Wesen, das auf mich zukommt. Jetzt kenne ich den ganzen Schrecken. Es sind seine Kinder. Jetzt weiß ich, warum er mich so lange am Leben ließ. Sein Nachwuchs sollte eine Lektion bekommen, die sie so schnell nicht vergessen werden. Sie lernen zu jagen. Sie lernen an einer lebenden großen Beute zu jagen. Das ist die Erklärung, warum er mich so lange am Leben ließ. Nun ist es also soweit. Ich werde die letzte Reise antreten, ein weiteres Abenteuer, das ich zu bestehen gedenke. Wenn ich mich nun wehren würde, dann wird er mich sicher schnell töten. Denn er wird dann seine Kinder schützen wollen. Besser so, als von seinen Kleinen immer wieder gebissen zu werden. Aber wenn ich schon gehen muss, dann mit Würde! Wenn ich schon gehen muss, dann mit Radau! Ein letztes Mal werde ich meine Kräfte mobilisieren. Ein letztes Mal wird meine Stimme in der Tiefe des Ozeans ertönen! Ein letztes Mal werde ich versuchen meine Schwanzflosse zu befreien. Ich werde ihm zeigen, wozu ich im Stande bin. Mit lauter Stimme schreie ich: „Denn ich bin ein Pottwal!“
 
A

aligaga

Gast
Fabeln, in denen Pottwale oder Riesen-Kalamare eine Rolle spielen, sind mir bisher nicht untergekommen, @Doc.

Sei doch so gut und hilf uns allen auf die Sprünge. Wo müssen wir guhgeln?

Gruß

aligaga
 

Ji Rina

Mitglied
Hallo Marder,

Ich hab keine Ahnung, in wie fern man seine ehrliche Meinung äussern darf – da manche Autoren da empfindlich reagieren. Das führt eventuell dazu, dass man nur noch Geschichten kommentiert, die man ausgezeichnet findet – um sich, oh je, nicht auseinandersetzen zu müssen. Aber das empfinde ich als sehr anstrengend , weil es sehr limitiert ist, und das hat mich von anderen Portalen vertrieben. Nun, ich möchte niemandem weh tun, denke einfach nur, dass ein Autor auch die Meinungen der Leser kennenlernen möchte. Und deshalb sage ich jetzt, welcher mein erster Eindruck dieser Story war: Während des Lesens, habe ich mich die ganze Zeit über gefragt: Was ist denn mit der Atmung während dieses ganzen Abenteuers? Wieso sprechen sie so unter Wasser, als würden sie in ihrem Garten stehen? Was ist mit dem Licht? Wie können sie dort etwas sehen?
Diese Fragen formten sich bei jeder gelesenen Zeile zu einem noch grösseren Fragezeichen, da nichts glaubwürdiges mehr kam. Und genau das, hat dann das Ende (mit der Clue) übertroffen. Ich hatte dann noch einen “Ach so”….Effekt. Und da verstand ich, warum man denken könnte, dies sei eine Kindergeschichte. (Was es wiederum aber auch nicht ist).

Weiss nicht, ob ich mich klar genug ausgedrückt habe, aber dies war mein Eindruck.
Mit Gruss,
Ji
 
Hallo Ji Rina,

danke für deine Eindrücke. Ich muss leider gestehen, das ich nicht recht verstehe was du meinst. Es soll doch so sein, das der Leser erst am Schluß wissen soll, wer die Geschichte erzählt bzw. um wen oder was es sich handelt. Wieso also noch dieses Fragezeichen am Ende? ICh würde dich bitten das einmal zu schildern.

Natürlich darf jeder seine Meinung frei äußern und ich bin sicher der letzte der Kritik schlecht findet. Sonst wäre ich wohl kaum hier (Auch Ali seine Kritik ist an einigen Punkten sicher berechtigt). Ich sitze auch nicht auf einem hohen Ross und nehme Kritik nicht an. Ganz im Gegenteil, ich bin ein Anfänger und möchte lernen, dieses kann man durch Kritik am besten. Mir geht es aber um die Art und Weise wie diese Kritik geäußert wird (Anspielungen/Beleidigungen müssen nun wirklich nicht sein). Ich habe kein Problem eine sachlichen Diskussion über diese Geschichte zu führen, aber nicht, wenn nur einer der beiden dazu in der Lage ist und Gegenargumente als "Erklärungsversuche" abschmettern möchte, ohne überhaupt drüber nachzudenken/erfragen, was der Vorposter vielleicht meinen könnte.
Des Weiteren wollte ich keine Doktorarbeit über die Biologie und das Verhalten von Pottwale oder den Kalmaren abliefern, sondern eine spannende Geschichte erzählten, wo der Leser, auf der einen Seite mit der Hauptfigur mitfiebern kann, auf der anderen Seite aber bis zum Schluß im unklaren gelassen werden soll was die Hauptfigur ist.

LG
Marten
 
G

Gelöschtes Mitglied 16391

Gast
Hallo MM,

da du eine meiner Geschichten kommentiert hast, ist es nur recht und billig, wenn ich 'Gleiches mit Gleichem' vergelte, haha.

Ich möchte mit positiven Dingen beginnen: Mich stört die Realitätsferne deines Textes nicht. Von mir aus dürfen Wale unter Wasser auch funkelnde Augen haben und eine Gänsehaut bekommen, die Vermenschlichung der Tiere soll ja Identifikation stiften, und das tut sie.

Als Ziel des Textes kann man hier vll den Beschützerinstinkt nennen, der alle Lebewesen auszeichnet. Es ist zwar selbst dann noch keine klassische Fabel, aber auch damit habe ich kein Problem, denn Texte dürfen auch experimentell sein.

Gleichzeitig kann ich aber nachvollziehen, wenn andere Leser deinen Text ablehnen, weil es für sie innerhalb eines bestimmten Rahmens immer noch logisch sein muss.

Wenn dir das Schreiben Spass macht und du Ideen dabei entwickelst, schreib weiter. Es wird harsch anmutende Kritik regnen, evtl echtes oder auch falsches Lob. Du entscheidest, was du für dich annimmst und was nicht, das ist eigtl schon die schwerste Aufgabe, finde ich.

Dein Text könnte eine Kürzung vertragen, das finde ich auch. Und sprachlich sind da einige Schnitzer drin, ich bin nur zu faul, sie jetzt aufzulisten. Das würde mir bei einem kürzeren Text leichter fallen, da muss ich aligaga, so ungern ich es tue, Recht geben.

Willkommen auf der Leselupe

CPMan
 
A

aligaga

Gast
Wenn man Tieren in Texten Eigenschaften zuspricht, die sie von Natur aus nicht haben, dann wäre das nur dann sinnvoll, wenn erklärt würde, warum das Tier hier diese besonderen Eigenschaften aufweist - warum ein Pottwalbulle Angst vor seinem Lebensraum haben soll, warum er gesellig sei und Brutpflege betreibe; wie ein popeliger Tintenfisch mit seinem kümmerlichen Düsenantrieb einen Walbullen abschleppen und ihn danach mit seiner imaginären "Familie" auffressen können sollte. Und so weiter.

Das fiele dann allerdings nicht unter "Erzählung", "Kurzgeschichte" oder "Fabel", sondern unter "Märchen und Fantasy".

Aber auch da käm's darauf an, dass die Handlungen und die Charaktere plausibel sind. Sonst wird's, so leid mir's auch tut, keine gute Fantasy- oder Märchen-Nummer, sondern bleibt ein an den Haaren herbeigezogener Schmarren.

Tipp: Plausibilisieren! Auch eine Pottwalmutti braucht ihre tägliche Tintenfischration, und statt eines kümmerlichen Haifischerls, der ihr und ihrem Kalb nicht schaden kann, lässt man man ein Rudel Mörderwale auftreten. Das sind die richtigen Kaliber! Die setzen der Mutter solange zu, bis sie ihr Kalb aufgibt. Und die Tiefenangst, die braucht's in der Geschichte überhaupt nicht. Weg mit ihr!

Gruß

aligaga
 

Ji Rina

Mitglied
Hallo!

@Es soll doch so sein, das der Leser erst am Schluß wissen soll, wer die Geschichte erzählt bzw. um wen oder was es sich handelt. Wieso also noch dieses Fragezeichen am Ende? ICh würde dich bitten das einmal zu schildern.

Geanus dieses, Dein Ziel, hat mich am Ende nicht so beeindruckt, weil, der Leseweg bis an dieses Ziel nicht sehr spannend war, sondern mich eher ratlos zurückliess (wir können ja nicht unter Wasser sprechen, in der Tiefe sehen, etc...) Der Text ist dafür sehr lang, und am Ende, als das Geheimnis dann gelüftet wurde, dachte ich nur: "Ach so"
Aber mach Dir nichts draus, es ist ja nur meine Meinung. Ich habs halt so empfunden. Eine Kürzung würde die Story vielleicht anders wirken lassen.
Lieben Gruss!
Ji
 



 
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