Neugeborenenstation

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Das Licht war unbarmherzig grell.
Marc Meier schwitzte unter seinem grünen Operationskittel. Er war nervös; gleich würde sein erstes Kind das Licht der Welt erblicken. Aber musste es unbedingt so gleißend hell sein? Von Yvonne, seiner Frau, war natürlich kein Laut zu hören. Man hatte sie in Vollnarkose versetzt, trotz ihrer Proteste, dass sie wach bleiben wollte und lieber eine natürliche Geburt haben wollte.
„Es wird heutzutage nur noch Sectio gemacht", das hatte ihnen jeder Arzt gesagt. „So ist es viel einfacher, direkt die Fingerabdrücke zu nehmen. Und die Schreie früher bei der Entbindung waren schon sehr störend."
„Und warum Vollnarkose? Das ginge doch auch mit einem Lokalanaesthetikum. Früher gab es doch die PDA. Dann würde ich auch nicht schreien und wäre wenigstens wach", hatte Yvonne gesagt.
„Sie wissen nicht, wovon Sie reden", der Arzt hatte sie beide milde lächelnd angeblickt, „Glauben Sie mir, es ist einfacher so. Für Sie, für das Team, für mich, für alle."

Marc Meier wandte sich hilfesuchend an den Arzt. „Kann man das Licht nicht etwas dämpfen?" nuschelte er unter seinem Mundschutz hervor.
Der Arzt schüttelte den Kopf.
„Aber es ist doch so hell und das Kind kommt doch gerade aus dem Dunklen, das kriegt doch womöglich einen Schock!"
„Unsinn. Wir brauchen das Licht. Wir müssen ja auch fotografieren."
„Aber..."
„Wenn Sie sich nicht zusammennehmen, Herr Meier, muss ich Sie leider hinaus schicken. Soviel wir in den letzten fünfzig Jahren erreicht haben, das ist eine von den Sachen, die sich nie ändern werden. Wollen Sie das?"
Marc Meier schüttelte den Kopf. Der Arzt wandte sich wieder dem Fußende der Liege zu, hob das grüne Tuch hoch und werkelte fachmännisch darunter herum. Meier schwieg und war erleichtert, als endlich das Schreien des Neugeborenen zu hören war.
„Sie haben einen Jungen", verkündete der Arzt feierlich und Meier nahm die Glückwünsche vom Team entgegen. Seine Mutter hatte ihm erzählt, dass das schon immer so gewesen war, auch bei ihrer Mutter und deren Mutter. Von Mutter zu Mutter wurde diese Erzählung weitergegeben und Meier war gerührt, dass dieses Erlebnis noch so wie früher war. Glücklich grinste er vor sich hin und schaute zu, wie der Arzt das kräftig schreiende Neugeborene untersuchte und es der Schwester zum Waschen reichte. Dann gab die Schwester das Baby dem Arzt zurück. Jetzt kamen die Fingerabdrücke. Der Arzt drückte den linken Daumen des Babys auf das schwarze Kissen, dann auf ein Formular, anschließend verfuhr er genauso mit dem rechten Daumen.
„Jetzt ist es ja schon wieder dreckig", dachte Meier und war fast verärgert, doch der Arzt reichte das Kind wieder an die Schwester zurück, die ihm die kleinen Hände mit einem Tuch abwischte. Das Kind schrie immer noch.
„Da werden Sie aber viel Freude haben mit dem kleinen Schreihals", bemerkte der Arzt. Meier begriff das als Kompliment und nickte.
„Gleich kommt der Fotograf. Haben Sie den Personalausweis an der Pforte abgegeben?"
„Natürlich."
„Wie heißt das Kind?"
„Peter Meier."
„Gut". Der Arzt griff zum Telefon und sprach in die Muschel. „Sagen Sie dem Fotograf, er kann kommen. Peter Meier ist da. Und achten Sie darauf, dass er den Personalausweis mitbringt. Bei der letzten Geburt hat er ihn tatsächlich vergessen. Und sowas ist Fotograf." Der Arzt hängte ein.
„So, Herr Meier. Der Fotograf kommt gleich. Wenn die Passfotos fertig sind, können Sie sie und die erforderlichen Formulare mit den Fingerabdrücken sowie den Personalausweis mitnehmen und direkt zum Amt gehen. Dann ist alles in einer Stunde fix und fertig und Sie können das Kind mit nach Hause nehmen. Oder haben Sie das Rundumpaket gebucht?"
Meier nickte. „Es ist unser erstes Kind. Wir haben ja keine Erfahrung und ich dachte, es ist günstiger, wenn meine Frau noch ein paar Tage hierbleibt. Auch wegen dem Stillen, das möchte meine Frau so gerne."
„Ah, Sie gehören noch zur alten Schule. Dann sind Sie eine Ausnahme heutzutage. Sie wissen ja sicher, dass Stillen gar nicht mehr nötig ist? Die vorproduzierte Ersatzmuttermilch ist genauso gut, wenn nicht gar besser. Und vor allem geht das Füttern so sehr viel schneller. Aber ich will Ihnen natürlich in nichts hineinreden."
„Tust du doch gerade", dachte Meier. Der Arzt fing an, hm auf die Nerven zu gehen.
Es schellte. Der Arzt drückte auf einen Knopf, die Tür öffnete sich und ein Mann, beladen mit einem riesigen Fotoapparat, trat ein.
„Haben Sie diesmal den Personalausweis dabei?" fragte der Arzt.
„Natürlich." Der Fotograf kramte in seiner Hosentasche und hielt ihm ein Dokument hin.
„Peter Meier, Geburtsdatum 16. Mai 2078", las der Arzt halblaut vor und nickte, scheinbar zufrieden. „Und denken Sie bei den nächsten Geburten selbst daran. Ich habe wahrhaftig keine Zeit und auch keine Lust, Sie jedes Mal daran zu erinnern."
„Ja ja, schon gut. Wo ist das Kind?"
Die Schwester brachte es.

Meier schaute zu, wie sein Sohn von vorne und von allen Seiten fotografiert wurde. Pflichtschuldig lachte er über den blöden Witz des Fotografen „Bitte lächeln" und nahm schließlich nach einer gefühlten Ewigkeit sein Kind in Empfang und wiegte es in den Armen.
„Was für ein überwältigendes Gefühl", dachte er. „So müssen sich die Mütter früher selbst gefühlt haben, als sie das Kind zuerst halten durften.".
„So, Herr Meier. Geben Sie das Kind der Schwester. Da Sie ja das Rundumpaket gebucht haben, wird diese sich um es kümmern. Und Sie haben ja auch zu tun. Sie müssen zum Amt, die machen in einer Stunde zu. Sie wissen ja, dass Kinder am Tag ihrer Geburt gemeldet werden müssen. Ansonsten müssen Sie Gebühren für versäumtes Melden bezahlen."
„Ich weiß." Meier zögerte. Da war doch noch etwas.... Richtig! „Was ist eigentlich mit meiner Frau?"
„Sie wird jetzt zu den anderen Wöchnerinnen gebracht und wohl in einer Stunde aufwachen. Keine Sorge, es geht ihr gut."
„Dann komme ich nachher nochmal, wenn sie wach ist."
„Sicher. Aber nun bitte zum Amt."
Fast hätte Meier schnippisch „Jaja" gesagt, wie der Fotograf. Aber er wollte den Arzt, der seinen Sohn schließlich auf die Welt gebracht hatte, nicht verärgern und blieb stumm.
Als er aus der Tür war, hörte er, wie der Arzt zur Schwester sagte: „Besser als früher ist das auch nicht. Da haben die Mütter mit ihrem Geschnatter genervt und heute sind es die Väter."
„Aber die Väter können wenigstens direkt zum Amt gehen", sagte die Schwester.

Meier trat mit Schwung aus der Drehtür des Krankenhauses und bog dann in die Straße, die zum Amt führte, links ab. "Amtsgasse" las er und dann das Hinweisschild "Zum Amt für neue Bürger".
Er folgte dem Schild und stürmte dann, vergnügt pfeifend, die wenigen Treppenstufen des Gebäudes hoch.
 
G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
Hallo SilberneDelfine,

so ganz kann ich nicht verstehen, was hier vor sich geht: Wir schreiben das Jahr 2078, eine Geburt unterscheidet sich von einer heutigen wodurch? Dass nur noch Kaiserschnitte vorgenommen werden, dass das Neugeborene noch im Kreißsaal registriert werden und sofort beim „Amt“ (das heute Morgen noch "Einwanderungsbehörde" hieß und jetzt "Amt für neue Bürger") gemeldet werden muss? Irgendwie steh ich da auf dem Schlauch.

Soweit ich weiß, werden auch heute schon viele Kaiserschnitte vorgenommen. Allerdings dürften sie wohl kaum in der von Dir beschriebenen Weise durchgeführt werden.
Der Arzt wandte sich wieder dem Fußende der Liege zu, hob das grüne Tuch hoch und werkelte fachmännisch darunter herum. Meier schwieg und war erleichtert, als endlich das Schreien des Neugeborenen zu hören war.
Der Arzt „werkelt“ allein unter dem Tuch herum? Schwer vorstellbar in einem OP bzw. Kreißsaal.

Was mir wieder aufgefallen ist, sind die vielen Wortwiederholungen, Hilfsverben und Füllwörter, z. B.
Das Licht war unbarmherzig grell.
Marc Meier schwitzte unter seinem grünen Operationskittel. Er war nervös; gleich würde sein erstes Kind das Licht der Welt erblicken. Aber musste es unbedingt so gleißend hell sein? Von Yvonne, seiner Frau, war natürlich kein Laut zu hören.
„Aber es ist doch so hell und das Kind kommt doch gerade aus dem Dunklen, das kriegt doch womöglich einen Schock!"
Gut, hier ist es wörtliche Rede, da könnte man es als Eigenart des werdenden Vaters ansehen.
Seine Mutter hatte ihm erzählt, dass das schon immer so gewesen war, auch bei ihrer Mutter und deren Mutter. Von Mutter zu Mutter wurde diese Erzählung weitergegeben und Meier war gerührt, dass dieses Erlebnis noch so wie früher war.
Insgesamt kann ich mit dieser Geschichte wenig anfangen, weil mir nicht klar ist, was Du Außergewöhnliches erzählen willst. Was habe ich übersehen?

Gruß Ciconia
 
Hallo Ciconia,

.
Soweit ich weiß, werden auch heute schon viele Kaiserschnitte vorgenommen. Allerdings dürften sie wohl kaum in der von Dir beschriebenen Weise durchgeführt werden.
Es war auch nicht meine Absicht, einen detailgetreuen Kaiserschnitt darzustellen oder "richtig" zu beschreiben, wie es im OP zugeht.

.Insgesamt kann ich mit dieser Geschichte wenig anfangen, weil mir nicht klar ist, was Du Außergewöhnliches erzählen willst.
Kein Problem.

Füllwörter kann/werde ich teilweise noch überarbeiten.

Das Licht war unbarmherzig grell.
Marc Meier schwitzte unter seinem grünen Operationskittel. Er war nervös; gleich würde sein erstes Kind das Licht der Welt erblicken. Aber musste es unbedingt so gleißend hell sein? Von Yvonne, seiner Frau, war natürlich kein Laut zu hören
"war" ist aber kein Füllwört, sondern eine Vergangenheitsform.

Hm, ich denke, Einwanderungsbehörde war doch besser.

Werde ich wieder umstellen.

LG SilberneDelfine
 
Das Licht war unbarmherzig grell.
Marc Meier schwitzte unter seinem grünen Operationskittel. Er war nervös; gleich würde sein erstes Kind das Licht der Welt erblicken. Aber musste es unbedingt so gleißend hell sein? Von Yvonne, seiner Frau, war natürlich kein Laut zu hören. Man hatte sie in Vollnarkose versetzt, trotz ihrer Proteste, dass sie wach bleiben wollte und lieber eine natürliche Geburt haben wollte.
„Es wird heutzutage nur noch Sectio gemacht", das hatte ihnen jeder Arzt gesagt. „So ist es viel einfacher, direkt die Fingerabdrücke zu nehmen. Und die Schreie früher bei der Entbindung waren schon sehr störend."
„Und warum Vollnarkose? Das ginge doch auch mit einem Lokalanaesthetikum. Früher gab es doch die PDA. Dann würde ich auch nicht schreien und wäre wenigstens wach", hatte Yvonne gesagt.
„Sie wissen nicht, wovon Sie reden", der Arzt hatte sie beide milde lächelnd angeblickt, „Glauben Sie mir, es ist einfacher so. Für Sie, für das Team, für mich, für alle."

Marc Meier wandte sich hilfesuchend an den Arzt. „Kann man das Licht nicht etwas dämpfen?" nuschelte er unter seinem Mundschutz hervor.
Der Arzt schüttelte den Kopf.
„Aber es ist doch so hell und das Kind kommt doch gerade aus dem Dunklen, das kriegt doch womöglich einen Schock!"
„Unsinn. Wir brauchen das Licht. Wir müssen ja auch fotografieren."
„Aber..."
„Wenn Sie sich nicht zusammennehmen, Herr Meier, muss ich Sie leider hinaus schicken. Soviel wir in den letzten fünfzig Jahren erreicht haben, das ist eine von den Sachen, die sich nie ändern werden. Wollen Sie das?"
Marc Meier schüttelte den Kopf. Der Arzt wandte sich wieder dem Fußende der Liege zu, hob das grüne Tuch hoch und werkelte fachmännisch darunter herum. Meier schwieg und war erleichtert, als endlich das Schreien des Neugeborenen zu hören war.
„Sie haben einen Jungen", verkündete der Arzt feierlich und Meier nahm die Glückwünsche vom Team entgegen. Seine Mutter hatte ihm erzählt, dass das schon immer so gewesen war, auch bei ihrer Mutter und deren Mutter. Von Mutter zu Mutter wurde diese Erzählung weitergegeben und Meier war gerührt, dass dieses Erlebnis noch so wie früher war. Glücklich grinste er vor sich hin und schaute zu, wie der Arzt das kräftig schreiende Neugeborene untersuchte und es der Schwester zum Waschen reichte. Dann gab die Schwester das Baby dem Arzt zurück. Jetzt kamen die Fingerabdrücke. Der Arzt drückte den linken Daumen des Babys auf das schwarze Kissen, dann auf ein Formular, anschließend verfuhr er genauso mit dem rechten Daumen.
„Jetzt ist es ja schon wieder dreckig", dachte Meier und war fast verärgert, doch der Arzt reichte das Kind wieder an die Schwester zurück, die ihm die kleinen Hände mit einem Tuch abwischte. Das Kind schrie immer noch.
„Da werden Sie aber viel Freude haben mit dem kleinen Schreihals", bemerkte der Arzt. Meier begriff das als Kompliment und nickte.
„Gleich kommt der Fotograf. Haben Sie den Personalausweis an der Pforte abgegeben?"
„Natürlich."
„Wie heißt das Kind?"
„Peter Meier."
„Gut". Der Arzt griff zum Telefon und sprach in die Muschel. „Sagen Sie dem Fotograf, er kann kommen. Peter Meier ist da. Und achten Sie darauf, dass er den Personalausweis mitbringt. Bei der letzten Geburt hat er ihn tatsächlich vergessen. Und sowas ist Fotograf." Der Arzt hängte ein.
„So, Herr Meier. Der Fotograf kommt gleich. Wenn die Passfotos fertig sind, können Sie sie und die erforderlichen Formulare mit den Fingerabdrücken sowie den Personalausweis mitnehmen und direkt zum Amt gehen. Dann ist alles in einer Stunde fix und fertig und Sie können das Kind mit nach Hause nehmen. Oder haben Sie das Rundumpaket gebucht?"
Meier nickte. „Es ist unser erstes Kind. Wir haben ja keine Erfahrung und ich dachte, es ist günstiger, wenn meine Frau noch ein paar Tage hierbleibt. Auch wegen dem Stillen, das möchte meine Frau so gerne."
„Ah, Sie gehören noch zur alten Schule. Dann sind Sie eine Ausnahme heutzutage. Sie wissen ja sicher, dass Stillen gar nicht mehr nötig ist? Die vorproduzierte Ersatzmuttermilch ist genauso gut, wenn nicht gar besser. Und vor allem geht das Füttern so sehr viel schneller. Aber ich will Ihnen natürlich in nichts hineinreden."
„Tust du doch gerade", dachte Meier. Der Arzt fing an, hm auf die Nerven zu gehen.
Es schellte. Der Arzt drückte auf einen Knopf, die Tür öffnete sich und ein Mann, beladen mit einem riesigen Fotoapparat, trat ein.
„Haben Sie diesmal den Personalausweis dabei?" fragte der Arzt.
„Natürlich." Der Fotograf kramte in seiner Hosentasche und hielt ihm ein Dokument hin.
„Peter Meier, Geburtsdatum 16. Mai 2078", las der Arzt halblaut vor und nickte, scheinbar zufrieden. „Und denken Sie bei den nächsten Geburten selbst daran. Ich habe wahrhaftig keine Zeit und auch keine Lust, Sie jedes Mal daran zu erinnern."
„Ja ja, schon gut. Wo ist das Kind?"
Die Schwester brachte es.

Meier schaute zu, wie sein Sohn von vorne und von allen Seiten fotografiert wurde. Pflichtschuldig lachte er über den blöden Witz des Fotografen „Bitte lächeln" und nahm schließlich nach einer gefühlten Ewigkeit sein Kind in Empfang und wiegte es in den Armen.
„Was für ein überwältigendes Gefühl", dachte er. „So müssen sich die Mütter früher selbst gefühlt haben, als sie das Kind zuerst halten durften.".
„So, Herr Meier. Geben Sie das Kind der Schwester. Da Sie ja das Rundumpaket gebucht haben, wird diese sich um es kümmern. Und Sie haben ja auch zu tun. Sie müssen zum Amt, die machen in einer Stunde zu. Sie wissen ja, dass Kinder am Tag ihrer Geburt gemeldet werden müssen. Ansonsten müssen Sie Gebühren für versäumtes Melden bezahlen."
„Ich weiß." Meier zögerte. Da war doch noch etwas.... Richtig! „Was ist eigentlich mit meiner Frau?"
„Sie wird jetzt zu den anderen Wöchnerinnen gebracht und wohl in einer Stunde aufwachen. Keine Sorge, es geht ihr gut."
„Dann komme ich nachher nochmal, wenn sie wach ist."
„Sicher. Aber nun bitte zum Amt."
Fast hätte Meier schnippisch „Jaja" gesagt, wie der Fotograf. Aber er wollte den Arzt, der seinen Sohn schließlich auf die Welt gebracht hatte, nicht verärgern und blieb stumm.
Als er aus der Tür war, hörte er, wie der Arzt zur Schwester sagte: „Besser als früher ist das auch nicht. Da haben die Mütter mit ihrem Geschnatter genervt und heute sind es die Väter."
„Aber die Väter können wenigstens direkt zum Amt gehen", sagte die Schwester.

Meier trat mit Schwung aus der Drehtür des Krankenhauses und bog dann in die Straße, die zum Amt führte, links ab. "Amtsgasse" las er und dann das Hinweisschild "Einwanderungsbehörde ".
Er folgte dem Schild und stürmte dann, vergnügt pfeifend, die wenigen Treppenstufen des Gebäudes hoch.
 
G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
Hallo SilberneDelfine,

wenn Du das Geheimnis dieser Kurzgeschichte noch nicht lüften möchtest, ist das in Ordnung. Vielleicht findet es ja noch ein anderer Leser heraus.

Was ich nicht in Ordnung finde, ist Dein Einwand
Es war auch nicht meine Absicht, einen detailgetreuen Kaiserschnitt darzustellen oder "richtig" zu beschreiben, wie es im OP zugeht.
Du musst ja keinen detailgetreuen Kaiserschnitt darstellen – aber wenn Du schon mehrere Sätze über Narkoseformen und die Vor- und Nachbereitungen dieser Geburt verlierst, solltest Du den eigentlichen Geburtsvorgang nicht mit
hob das grüne Tuch hoch und werkelte fachmännisch darunter herum
abtun. Das ist schlichtweg falsch – kein Operateur „werkelt“ unter einem Tuch herum. Soviel Detailtreue sollte schon sein.

Gruß Ciconia
 
Das Licht war unbarmherzig grell.
Marc Meier schwitzte unter seinem grünen Operationskittel. Er war nervös; gleich würde sein erstes Kind das Licht der Welt erblicken. Aber musste es unbedingt so gleißend hell sein? Von Yvonne, seiner Frau, war natürlich kein Laut zu hören. Man hatte sie in Vollnarkose versetzt, trotz ihrer Proteste, dass sie wach bleiben wollte und lieber eine natürliche Geburt haben wollte.
„Es wird heutzutage nur noch Sectio gemacht", das hatte ihnen jeder Arzt gesagt. „So ist es viel einfacher, direkt die Fingerabdrücke zu nehmen. Und die Schreie früher bei der Entbindung waren schon sehr störend."
„Und warum Vollnarkose? Das ginge doch auch mit einem Lokalanaesthetikum. Früher gab es doch die PDA. Dann würde ich auch nicht schreien und wäre wenigstens wach", hatte Yvonne gesagt.
„Sie wissen nicht, wovon Sie reden", der Arzt hatte sie beide milde lächelnd angeblickt, „Glauben Sie mir, es ist einfacher so. Für Sie, für das Team, für mich, für alle."

Marc Meier wandte sich hilfesuchend an den Arzt. „Kann man das Licht nicht etwas dämpfen?" nuschelte er unter seinem Mundschutz hervor.
Der Arzt schüttelte den Kopf.
„Aber es ist doch so hell und das Kind kommt doch gerade aus dem Dunklen, das kriegt doch womöglich einen Schock!"
„Unsinn. Wir brauchen das Licht. Wir müssen ja auch fotografieren."
„Aber..."
„Wenn Sie sich nicht zusammennehmen, Herr Meier, muss ich Sie leider hinaus schicken. Soviel wir in den letzten fünfzig Jahren erreicht haben, das ist eine von den Sachen, die sich nie ändern werden. Wollen Sie das?"
Marc Meier schüttelte den Kopf. Der Arzt wandte sich wieder dem Fußende der Liege zu, hob das grüne Tuch hoch und werkelte fachmännisch darunter herum. Meier schwieg und war erleichtert, als endlich das Schreien des Neugeborenen zu hören war.
„Sie haben einen Jungen", verkündete der Arzt feierlich und Meier nahm die Glückwünsche vom Team entgegen. Seine Mutter hatte ihm erzählt, das sei schon immer so gewesen, auch bei ihrer Mutter und deren Mutter. Von Mutter zu Mutter wurde diese Erzählung weitergegeben und Meier war gerührt, dass dieses Erlebnis noch so wie früher war. Glücklich grinste er vor sich hin und schaute zu, wie der Arzt das kräftig schreiende Neugeborene untersuchte und es der Schwester zum Waschen reichte. Dann gab die Schwester das Baby dem Arzt zurück. Jetzt kamen die Fingerabdrücke. Der Arzt drückte den linken Daumen des Babys auf das schwarze Kissen, dann auf ein Formular, anschließend verfuhr er genauso mit dem rechten Daumen.
„Jetzt ist es ja schon wieder dreckig", dachte Meier und war fast verärgert, doch der Arzt reichte das Kind wieder an die Schwester zurück, die ihm die kleinen Hände mit einem Tuch abwischte. Das Kind schrie immer noch.
„Da werden Sie aber viel Freude haben mit dem kleinen Schreihals", bemerkte der Arzt. Meier begriff das als Kompliment und nickte.
„Gleich kommt der Fotograf. Haben Sie den Personalausweis an der Pforte abgegeben?"
„Natürlich."
„Wie heißt das Kind?"
„Peter Meier."
„Gut". Der Arzt griff zum Telefon und sprach in die Muschel. „Sagen Sie dem Fotograf, er kann kommen. Peter Meier ist da. Und achten Sie darauf, dass er den Personalausweis mitbringt. Bei der letzten Geburt hat er ihn tatsächlich vergessen. Und sowas ist Fotograf." Der Arzt hängte ein.
„So, Herr Meier. Der Fotograf kommt gleich. Wenn die Passfotos fertig sind, können Sie sie und die erforderlichen Formulare mit den Fingerabdrücken sowie den Personalausweis mitnehmen und direkt zum Amt gehen. Dann ist alles in einer Stunde fix und fertig und Sie können das Kind mit nach Hause nehmen. Oder haben Sie das Rundumpaket gebucht?"
Meier nickte. „Es ist unser erstes Kind. Wir haben ja keine Erfahrung und ich dachte, es ist günstiger, wenn meine Frau noch ein paar Tage hierbleibt. Auch wegen dem Stillen, das möchte meine Frau so gerne."
„Ah, Sie gehören noch zur alten Schule. Dann sind Sie eine Ausnahme heutzutage. Sie wissen ja sicher, dass Stillen gar nicht mehr nötig ist? Die vorproduzierte Ersatzmuttermilch ist genauso gut, wenn nicht gar besser. Und vor allem geht das Füttern so sehr viel schneller. Aber ich will Ihnen natürlich in nichts hineinreden."
„Tust du doch gerade", dachte Meier. Der Arzt fing an, hm auf die Nerven zu gehen.
Es schellte. Der Arzt drückte auf einen Knopf, die Tür öffnete sich und ein Mann, beladen mit einem riesigen Fotoapparat, trat ein.
„Haben Sie diesmal den Personalausweis dabei?" fragte der Arzt.
„Natürlich." Der Fotograf kramte in seiner Hosentasche und hielt ihm ein Dokument hin.
„Peter Meier, Geburtsdatum 16. Mai 2078", las der Arzt halblaut vor und nickte, scheinbar zufrieden. „Und denken Sie bei den nächsten Geburten selbst daran. Ich habe wahrhaftig keine Zeit und auch keine Lust, Sie jedes Mal daran zu erinnern."
„Ja ja, schon gut. Wo ist das Kind?"
Die Schwester brachte es.

Meier schaute zu, wie sein Sohn von vorne und von allen Seiten fotografiert wurde. Pflichtschuldig lachte er über den blöden Witz des Fotografen „Bitte lächeln" und nahm schließlich nach einer gefühlten Ewigkeit sein Kind in Empfang und wiegte es in den Armen.
„Was für ein überwältigendes Gefühl", dachte er. „So müssen sich die Mütter früher selbst gefühlt haben, als sie das Kind zuerst halten durften.".
„So, Herr Meier. Geben Sie das Kind der Schwester. Da Sie ja das Rundumpaket gebucht haben, wird diese sich um es kümmern. Und Sie haben ja auch zu tun. Sie müssen zum Amt, die machen in einer Stunde zu. Sie wissen ja, dass Kinder am Tag ihrer Geburt gemeldet werden müssen. Ansonsten müssen Sie Gebühren für versäumtes Melden bezahlen."
„Ich weiß." Meier zögerte. Da war doch noch etwas.... Richtig! „Was ist eigentlich mit meiner Frau?"
„Sie wird jetzt zu den anderen Wöchnerinnen gebracht und wohl in einer Stunde aufwachen. Keine Sorge, es geht ihr gut."
„Dann komme ich nachher nochmal, wenn sie wach ist."
„Sicher. Aber nun bitte zum Amt."
Fast hätte Meier schnippisch „Jaja" gesagt, wie der Fotograf. Aber er wollte den Arzt, der seinen Sohn schließlich auf die Welt gebracht hatte, nicht verärgern und blieb stumm.
Als er aus der Tür war, hörte er, wie der Arzt zur Schwester sagte: „Besser als früher ist das auch nicht. Da haben die Mütter mit ihrem Geschnatter genervt und heute sind es die Väter."
„Aber die Väter können wenigstens direkt zum Amt gehen", sagte die Schwester.

Meier trat mit Schwung aus der Drehtür des Krankenhauses und bog dann in die Straße, die zum Amt führte, links ab. "Amtsgasse" las er und dann das Hinweisschild "Einwanderungsbehörde ".
Er folgte dem Schild und stürmte dann, vergnügt pfeifend, die wenigen Treppenstufen des Gebäudes hoch.
 
[/quote].u musst ja keinen detailgetreuen Kaiserschnitt darstellen – aber wenn Du schon mehrere Sätze über Narkoseformen und die Vor- und Nachbereitungen dieser Geburt verlierst, solltest Du den eigentlichen Geburtsvorgang nicht mit
quote:
hob das grüne Tuch hoch und werkelte fachmännisch darunter herum
abtun. Das ist schlichtweg falsch – kein Operateur „werkelt“ unter einem Tuch herum. Soviel Detailtreue sollte schon sein.

Gruß Ciconia
[/quote]

Das ist deine Meinung. Meine nicht. Es ist ja aus Meiers Sicht erzählt - personale Perspektive. Und der sieht den Arzt aus seiner Sicht herumwerkeln.

Gruss SilberneDelfine
 
G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
Hallo SilberneDelfine,

ich glaube, es geht hier nicht um Deine oder meine Meinung, sondern um Logik: Auch wenn aus Meiers Perspektive erzählt wird, wird der Arzt nicht unter dem Tuch werkeln. Dann könnte der entweder die Patientin nicht sehen oder das Tuch befände sich oberhalb der Personen. Denk noch mal in Ruhe darüber nach und stell Dir die Konstellation vor.

Gruß Ciconia
 
Hallo Ciconia,

denk einfach mal an Krankenhausserien. Was bekommt der Fernsehzuschauer da zu sehen? Ein grünes Tuch über dem Patienten bzw. die Stelle, an der er operiert wird und irgendwo dahinter den Operateur. Seine Hände sieht man nicht.

Übrigens wäre es sogar falsch, aus Meiers Sicht eine detailgetreuen Kaiserschnitt zu erzählen denn woher soll Meier davon Ahnung haben? Er ist ja kein Arzt.

Davon abgesehen, finde ich persönlich detailgetreue Schilderungen grottenlangweilig. Wer sich fachkundig informieren will, soll ein Sachbuch lesen. Für die Geschichte spielt ein Bericht über den "richtigen" Kaiserschnitt keine Rolle. Deswegen werde ich jetzt auch nicht weiter darauf eingehen.

Gruss SilberneDelfine
 
G

Gelöschtes Mitglied 14278

Gast
Was bekommt der Fernsehzuschauer da zu sehen?
Weiß ich nicht, so etwas sehe ich nicht.

Nur ein Letztes: Es geht hier nicht um detailgetreue Schilderungen, sondern um die Glaubwürdigkeit einer Geschichte. Ich bin sicher, auch darüber gibt es ein Kapitel in Deiner Fachprosa.

Und damit bin ich hier raus.

Gruß Ciconia
 

molly

Mitglied
Hallo SilberneDelfin

""hob das grüne Tuch hoch und werkelte fachmännisch darunter herum ""

Wenn das Meiers Sicht ist, kann er doch nicht feststellen, ob der Arzt fachmännisch unterm Tuch "werkelt", hört sich eher so nach basteln an.

""Das ist schlichtweg falsch – kein Operateur „werkelt“ unter einem Tuch herum""


Da kann ich Ciconia nur zustimmen, unter einem Tuch kann keine Operation fachmännisch durchgeführt werden.

Warum schreibst Du denn nicht: ...zog das grüne Tuch zur Seite und begann mit seiner Arbeit.

Statt war nervöskönntest du auch schreiben, rieb sich nervös die Hände.

Viele Grüße

molly
 
Hallo molly,

weil es nicht so ist.

Er zieht das grüne Tuch eben nicht zur Seite.

Normalerweise ist es so, dass der Vater bei der Geburt am Kopfende des Bettes steht.

Von da aus ist bei einer Sectio nur das grüne Tuch zu sehen, das über dem zu operierenden Bereich des Patienten, hier des Unterleibes liegt. Der Arzt sagt nicht: "Hier guck mal" und zeigt dem Patienten bzw. dem Zuschauer, was er macht. Für den Zuschauer sieht es so aus, als arbeite er unter dem Tuch.

Und noch einmal: Genau darum geht es wie es für Meier aussieht. Hier geht es um die Perspektive, aus der erzählt wird. Auch wenn Ciconia und du das öffensichtlich nicht verstehen wollen.



Gruss SilberneDelfine
 
Hallo Ciconia,

Nur ein Letztes: Es geht hier nicht um detailgetreue Schilderungen, sondern um die Glaubwürdigkeit einer Geschichte. Ich bin sicher, auch darüber gibt es ein Kapitel in Deiner Fachprosa.
Glaubwürdigkeit bei einer Geschichte, die im Jahre 2078 spielt?

Hat zwar nichts mit der oben eingestellten Geschichte zu tun:
In meinen Kurzprosa-Fachbuechern oder Büchern mit Kurzprosa-Geschichten von verschiedenen Autoren (habe mittlerweile tolle Bücher mit einseitigen oder kürzeren Geschichten entdeckt):stehen auch Geschichten, in denen Dinge passieren, die nicht sein können, z. B, dass jemand mit einer Biene spricht.

Glaubwürdigkeit spielt für mich keine große Rolle in einer Geschichte. Und gefallen muss die Geschichte auch nicht jedem.

Gruss SilberneDelfine
 
Hallo molly,

ich habe etwas übersehen.

Wenn das Meiers Sicht ist, kann er doch nicht feststellen, ob der Arzt fachmännisch unterm Tuch "werkelt"
Da hast du mich erwischt... :) einerseits hast du recht. Andererseits kann der Arzt auf Meier durchaus den Eindruck gemacht haben, dass er "fachmännisch" vorgeht. Schwierig. Ich lasse es erstmal so stehen.

Statt war nervös könntest du auch schreiben, rieb sich nervös die Hände.
Ja, wäre eine Möglichkeit.

LG SilberneDelfine
 
Das Licht war unbarmherzig grell.
Marc Meier schwitzte unter seinem grünen Operationskittel. Er war nervös; gleich würde sein erstes Kind das Licht der Welt erblicken. Aber musste es unbedingt so gleißend hell sein? Von Yvonne, seiner Frau, war natürlich kein Laut zu hören. Man hatte sie in Vollnarkose versetzt, trotz ihrer Proteste, dass sie wach bleiben wollte und lieber eine natürliche Geburt haben wollte.
„Es wird heutzutage nur noch Sectio gemacht", das hatte ihnen jeder Arzt gesagt. „So ist es viel einfacher, direkt die Fingerabdrücke zu nehmen. Und die Schreie früher bei der Entbindung waren schon sehr störend."
„Und warum Vollnarkose? Das ginge doch auch mit einem Lokalanaesthetikum. Früher gab es doch die PDA. Dann würde ich auch nicht schreien und wäre wenigstens wach", hatte Yvonne gesagt.
„Sie wissen nicht, wovon Sie reden", der Arzt hatte sie beide milde lächelnd angeblickt, „Glauben Sie mir, es ist einfacher so. Für Sie, für das Team, für mich, für alle."

Marc Meier wandte sich hilfesuchend an den Arzt. „Kann man das Licht nicht etwas dämpfen?" nuschelte er unter seinem Mundschutz hervor.
Der Arzt schüttelte den Kopf.
„Aber es ist doch so hell und das Kind kommt doch gerade aus dem Dunklen, das kriegt doch womöglich einen Schock!"
„Unsinn. Wir brauchen das Licht. Wir müssen ja auch fotografieren."
„Aber..."
„Wenn Sie sich nicht zusammennehmen, Herr Meier, muss ich Sie leider hinaus schicken. Soviel wir in den letzten fünfzig Jahren erreicht haben, das ist eine von den Sachen, die sich nie ändern werden. Wollen Sie das?"
Marc Meier schüttelte den Kopf. Der Arzt wandte sich wieder dem Fußende der Liege zu, hob das grüne Tuch hoch und werkelte darunter herum. Meier schwieg und war erleichtert, als endlich das Schreien des Neugeborenen zu hören war.
„Sie haben einen Jungen", verkündete der Arzt feierlich und Meier nahm die Glückwünsche vom Team entgegen. Seine Mutter hatte ihm erzählt, das sei schon immer so gewesen, auch bei ihrer Mutter und deren Mutter. Von Mutter zu Mutter wurde diese Erzählung weitergegeben und Meier war gerührt, dass dieses Erlebnis noch so wie früher war. Glücklich grinste er vor sich hin und schaute zu, wie der Arzt das kräftig schreiende Neugeborene untersuchte und es der Schwester zum Waschen reichte. Dann gab die Schwester das Baby dem Arzt zurück. Jetzt kamen die Fingerabdrücke. Der Arzt drückte den linken Daumen des Babys auf das schwarze Kissen, dann auf ein Formular, anschließend verfuhr er genauso mit dem rechten Daumen.
„Jetzt ist es ja schon wieder dreckig", dachte Meier und war fast verärgert, doch der Arzt reichte das Kind wieder an die Schwester zurück, die ihm die kleinen Hände mit einem Tuch abwischte. Das Kind schrie immer noch.
„Da werden Sie aber viel Freude haben mit dem kleinen Schreihals", bemerkte der Arzt. Meier begriff das als Kompliment und nickte.
„Gleich kommt der Fotograf. Haben Sie den Personalausweis an der Pforte abgegeben?"
„Natürlich."
„Wie heißt das Kind?"
„Peter Meier."
„Gut". Der Arzt griff zum Telefon und sprach in die Muschel. „Sagen Sie dem Fotograf, er kann kommen. Peter Meier ist da. Und achten Sie darauf, dass er den Personalausweis mitbringt. Bei der letzten Geburt hat er ihn tatsächlich vergessen. Und sowas ist Fotograf." Der Arzt hängte ein.
„So, Herr Meier. Der Fotograf kommt gleich. Wenn die Passfotos fertig sind, können Sie sie und die erforderlichen Formulare mit den Fingerabdrücken sowie den Personalausweis mitnehmen und direkt zum Amt gehen. Dann ist alles in einer Stunde fix und fertig und Sie können das Kind mit nach Hause nehmen. Oder haben Sie das Rundumpaket gebucht?"
Meier nickte. „Es ist unser erstes Kind. Wir haben ja keine Erfahrung und ich dachte, es ist günstiger, wenn meine Frau noch ein paar Tage hierbleibt. Auch wegen dem Stillen, das möchte meine Frau so gerne."
„Ah, Sie gehören noch zur alten Schule. Dann sind Sie eine Ausnahme heutzutage. Sie wissen ja sicher, dass Stillen gar nicht mehr nötig ist? Die vorproduzierte Ersatzmuttermilch ist genauso gut, wenn nicht gar besser. Und vor allem geht das Füttern so sehr viel schneller. Aber ich will Ihnen natürlich in nichts hineinreden."
„Tust du doch gerade", dachte Meier. Der Arzt fing an, hm auf die Nerven zu gehen.
Es schellte. Der Arzt drückte auf einen Knopf, die Tür öffnete sich und ein Mann, beladen mit einem riesigen Fotoapparat, trat ein.
„Haben Sie diesmal den Personalausweis dabei?" fragte der Arzt.
„Natürlich." Der Fotograf kramte in seiner Hosentasche und hielt ihm ein Dokument hin.
„Peter Meier, Geburtsdatum 16. Mai 2078", las der Arzt halblaut vor und nickte, scheinbar zufrieden. „Und denken Sie bei den nächsten Geburten selbst daran. Ich habe wahrhaftig keine Zeit und auch keine Lust, Sie jedes Mal daran zu erinnern."
„Ja ja, schon gut. Wo ist das Kind?"
Die Schwester brachte es.

Meier schaute zu, wie sein Sohn von vorne und von allen Seiten fotografiert wurde. Pflichtschuldig lachte er über den blöden Witz des Fotografen „Bitte lächeln" und nahm schließlich nach einer gefühlten Ewigkeit sein Kind in Empfang und wiegte es in den Armen.
„Was für ein überwältigendes Gefühl", dachte er. „So müssen sich die Mütter früher selbst gefühlt haben, als sie das Kind zuerst halten durften.".
„So, Herr Meier. Geben Sie das Kind der Schwester. Da Sie ja das Rundumpaket gebucht haben, wird diese sich um es kümmern. Und Sie haben ja auch zu tun. Sie müssen zum Amt, die machen in einer Stunde zu. Sie wissen ja, dass Kinder am Tag ihrer Geburt gemeldet werden müssen. Ansonsten müssen Sie Gebühren für versäumtes Melden bezahlen."
„Ich weiß." Meier zögerte. Da war doch noch etwas.... Richtig! „Was ist eigentlich mit meiner Frau?"
„Sie wird jetzt zu den anderen Wöchnerinnen gebracht und wohl in einer Stunde aufwachen. Keine Sorge, es geht ihr gut."
„Dann komme ich nachher nochmal, wenn sie wach ist."
„Sicher. Aber nun bitte zum Amt."
Fast hätte Meier schnippisch „Jaja" gesagt, wie der Fotograf. Aber er wollte den Arzt, der seinen Sohn schließlich auf die Welt gebracht hatte, nicht verärgern und blieb stumm.
Als er aus der Tür war, hörte er, wie der Arzt zur Schwester sagte: „Besser als früher ist das auch nicht. Da haben die Mütter mit ihrem Geschnatter genervt und heute sind es die Väter."
„Aber die Väter können wenigstens direkt zum Amt gehen", sagte die Schwester.

Meier trat mit Schwung aus der Drehtür des Krankenhauses und bog dann in die Straße, die zum Amt führte, links ab. "Amtsgasse" las er und dann das Hinweisschild "Einwanderungsbehörde ".
Er folgte dem Schild und stürmte dann, vergnügt pfeifend, die wenigen Treppenstufen des Gebäudes hoch.
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Silberne Delfine,

die Geschichte ist gar nicht so übel. Die Idee, wie Geburten 2078 ablaufen könnten, gefällt mir. Es sind aber m.E. ein paar logische Fehler vorhanden.

1.
„Es wird heutzutage nur noch Sectio gemacht", das hatte ihnen jeder Arzt gesagt. „So ist es viel einfacher, direkt die Fingerabdrücke zu nehmen.
Auch nach einer spontanen Entbindung könnten sofort Fingerabdrücke genommen werden!


2.
Der Arzt wandte sich wieder dem Fußende der Liege zu, hob das grüne Tuch hoch und werkelte darunter herum
Herr Meier müsste eigentlich am Kopf seiner Frau stehen. Ein Tuch wäre als Sichtschutz horizontal gespannt und nur das würde er sehen - nicht, was der Arzt unter einem Tuch macht. Darunter wird bei einer Sectio sowieso nichts gemacht. Der Bauch liegt frei!


3.
Der Arzt drückte den linken Daumen des Babys auf das schwarze Kissen, dann auf ein Formular, anschließend verfuhr er genauso mit dem rechten Daumen.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass 2078 noch so Fingerabdrücke genommen werden. Schlüssiger wäre eine digitale Abnahme.


4.
Der Arzt griff zum Telefon und sprach in die Muschel.
Auch zu veraltet. Der Arzt hat eher ein Headset.


5.
Der Arzt fing an, hm auf die Nerven zu gehen.
Hier fehlt ein i.


6. „Besser als früher ist das auch nicht. Da haben die Mütter mit ihrem Geschnatter genervt und heute sind es die Väter."

Das gefällt mir. Wenigstens das ist gleich geblieben. :)


Sonst interessante Gedankengänge und deshalb gibt es eine Sieben.


Viele Grüße,

DS
 
.Herr Meier müsste eigentlich am Kopf seiner Frau stehen
Ich habe nichts anderes geschrieben, wenn auch nicht überdeutlich. Der Arzt steht am Fußende :) Schau kurz noch mal in dein Zitat.

Hallo DocSchneider,

danke für die Bewertung und den Kommentar.

Im Moment habe ich keine Zeit, auf alle Punkte einzugehen, das mache ich später aber noch.

LG SilberneDelfine
 
Hallo DocSchneider,

hier nun die ausführliche Antwort.

Auch nach einer spontanen Entbindung könnten sofort Fingerabdrücke genommen werden!
Möglich, aber es ist ja nicht gesagt, dass das der wahre Grund dafür ist, dass nur noch Sectio gemacht wird :) man hat das Meier und seiner Frau nur so erzählt, als ob das der Grund wäre und die haben das nicht hinterfragt. Vielleicht gibt es also auch einen ganz anderen Grund dafür ....

Herr Meier müsste eigentlich am Kopf seiner Frau stehen. Ein Tuch wäre als Sichtschutz horizontal gespannt und nur das würde er sehen - nicht, was der Arzt unter einem Tuch macht. Darunter wird bei einer Sectio sowieso nichts gemacht. Der Bauch liegt frei!
Allmählich bin ich versucht, einen Frauenarzt zu fragen :D. Also ich selbst hatte nur Spontangeburten und kann da aus Erfahrung nichts erzählen, aber eine Freundin, die zu gleicher Zeit damals eine Sectio hatte, erzählte mir, dass ihr Mann dabei war und zusah, aber O-Ton: "Unter dem grünen Tuch hat man nichts gesehen".
Aber da jetzt dreimal die gleiche Sache bemängelt wurde, werde ich kapitulieren und den Satz ein wenig umschreiben (z. B. "Seine Hände verschwanden unter dem Tuch und Müller dachte, dass er da wohl rumwerkelte" oder so ähnlich.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass 2078 noch so Fingerabdrücke genommen werden. Schlüssiger wäre eine digitale Abnahme.
Ja. Hier war ich etwas zu faul, um da mir was Modernes auszudenken.

Auch zu veraltet. Der Arzt hat eher ein Headset.
Ja, du hast auch hier recht.

Der Arzt fing an, hm auf die Nerven zu gehen.
Hier fehlt ein i.
Stimmt.

Nochmals vielen Dank für deine freundlichen Hinweise!

LG SilberneDelfine
 

molly

Mitglied
Hallo SilberneDelfine,

bitte suche auf jeden Fall ein besseres Wort für "rumwerkelte".

Es ist so, wie Doc beschrieb, durch den Sichtschutz kann weder Meier, noch seine Frau etwas von der Arbeit des Doktors sehen.

Mir gefällt die "Einwanderungsbehörde".

Viele Grüße und einen schönen Sonntag

molly
 
Das Licht war unbarmherzig grell.
Marc Meier schwitzte unter seinem grünen Operationskittel. Er war nervös; gleich würde sein erstes Kind das Licht der Welt erblicken. Aber musste es unbedingt so gleißend hell sein? Von Yvonne, seiner Frau, war natürlich kein Laut zu hören. Man hatte sie in Vollnarkose versetzt, trotz ihrer Proteste, dass sie wach bleiben wollte und lieber eine natürliche Geburt haben wollte.
„Es wird heutzutage nur noch Sectio gemacht", das hatte ihnen jeder Arzt gesagt. „So ist es viel einfacher, direkt die Fingerabdrücke zu nehmen. Und die Schreie früher bei der Entbindung waren schon sehr störend." Marc Meier hatte überlegt, ob das wirklich der wahre Grund war. Fingerabdrücke könnte man doch eigentlich auch bei einer Spontangeburt nehmen? Aber sie hatten dann nicht weiter nachgefragt.
„Und warum Vollnarkose? Das ginge doch auch mit einem Lokalanaesthetikum. Früher gab es doch die PDA. Dann würde ich auch nicht schreien und wäre wenigstens wach", hatte Yvonne gesagt.
„Sie wissen nicht, wovon Sie reden", der Arzt hatte sie beide milde lächelnd angeblickt, „Glauben Sie mir, es ist einfacher so. Für Sie, für das Team, für mich, für alle."


Marc Meier wandte sich hilfesuchend an den Arzt. „Kann man das Licht nicht etwas dämpfen?" nuschelte er unter seinem Mundschutz hervor.
Der Arzt schüttelte den Kopf.
„Aber es ist doch so hell und das Kind kommt doch gerade aus dem Dunklen, das kriegt doch womöglich einen Schock!"
„Unsinn. Wir brauchen das Licht. Wir müssen ja auch fotografieren."
„Aber..."
„Wenn Sie sich nicht zusammennehmen, Herr Meier, muss ich Sie leider hinaus schicken. Soviel wir in den letzten fünfzig Jahren erreicht haben, das ist eine von den Sachen, die sich nie ändern werden. Wollen Sie das?"
Marc Meier schüttelte den Kopf. Der Arzt wandte sich wieder dem Fußende der Liege zu. Seine Hände verschwanden unter dem grünen OP-Tuch, und Meier, der am Kopfende der Liege neben seiner Frau stand, konnte nicht sehen, was der Arzt da herumwerkelte, hoffte aber, dass er es schon richtig machen würde. Deswegen schwieg er und war erleichtert, als endlich das Schreien des Neugeborenen zu hören war.
„Sie haben einen Jungen", verkündete der Arzt feierlich und Meier nahm die Glückwünsche vom Team entgegen. Seine Mutter hatte ihm erzählt, das sei schon immer so gewesen, auch bei ihrer Mutter und deren Mutter. Von Mutter zu Mutter wurde diese Erzählung weitergegeben und Meier war gerührt, dass dieses Erlebnis noch so wie früher war. Glücklich grinste er vor sich hin und schaute zu, wie der Arzt das kräftig schreiende Neugeborene untersuchte und es der Schwester zum Waschen reichte. Dann gab die Schwester das Baby dem Arzt zurück. Jetzt kamen die Fingerabdrücke. Der Arzt drückte den linken Daumen des Babys auf das schwarze Kissen, dann auf ein Formular, anschließend verfuhr er genauso mit dem rechten Daumen.
„Jetzt ist es ja schon wieder dreckig", dachte Meier und war fast verärgert, doch der Arzt reichte das Kind wieder an die Schwester zurück, die ihm die kleinen Hände mit einem Tuch abwischte. Das Kind schrie immer noch.
„Da werden Sie aber viel Freude haben mit dem kleinen Schreihals", bemerkte der Arzt. Meier begriff das als Kompliment und nickte.
„Gleich kommt der Fotograf. Haben Sie den Personalausweis an der Pforte abgegeben?"
„Natürlich."
„Wie heißt das Kind?"
„Peter Meier."
„Gut". Der Arzt griff zum Telefon und sprach in die Muschel. „Sagen Sie dem Fotograf, er kann kommen. Peter Meier ist da. Und achten Sie darauf, dass er den Personalausweis mitbringt. Bei der letzten Geburt hat er ihn tatsächlich vergessen. Und sowas ist Fotograf." Der Arzt hängte ein.
„So, Herr Meier. Der Fotograf kommt gleich. Wenn die Passfotos fertig sind, können Sie sie und die erforderlichen Formulare mit den Fingerabdrücken sowie den Personalausweis mitnehmen und direkt zum Amt gehen. Dann ist alles in einer Stunde fix und fertig und Sie können das Kind mit nach Hause nehmen. Oder haben Sie das Rundumpaket gebucht?"
Meier nickte. „Es ist unser erstes Kind. Wir haben ja keine Erfahrung und ich dachte, es ist günstiger, wenn meine Frau noch ein paar Tage hierbleibt. Auch wegen dem Stillen, das möchte meine Frau so gerne."
„Ah, Sie gehören noch zur alten Schule. Dann sind Sie eine Ausnahme heutzutage. Sie wissen ja sicher, dass Stillen gar nicht mehr nötig ist? Die vorproduzierte Ersatzmuttermilch ist genauso gut, wenn nicht gar besser. Und vor allem geht das Füttern so sehr viel schneller. Aber ich will Ihnen natürlich in nichts hineinreden."
„Tust du doch gerade", dachte Meier. Der Arzt fing an, hm auf die Nerven zu gehen.
Es schellte. Der Arzt drückte auf einen Knopf, die Tür öffnete sich und ein Mann, beladen mit einem riesigen Fotoapparat, trat ein.
„Haben Sie diesmal den Personalausweis dabei?" fragte der Arzt.
„Natürlich." Der Fotograf kramte in seiner Hosentasche und hielt ihm ein Dokument hin.
„Peter Meier, Geburtsdatum 16. Mai 2078", las der Arzt halblaut vor und nickte, scheinbar zufrieden. „Und denken Sie bei den nächsten Geburten selbst daran. Ich habe wahrhaftig keine Zeit und auch keine Lust, Sie jedes Mal daran zu erinnern."
„Ja ja, schon gut. Wo ist das Kind?"
Die Schwester brachte es.

Meier schaute zu, wie sein Sohn von vorne und von allen Seiten fotografiert wurde. Pflichtschuldig lachte er über den blöden Witz des Fotografen „Bitte lächeln" und nahm schließlich nach einer gefühlten Ewigkeit sein Kind in Empfang und wiegte es in den Armen.
„Was für ein überwältigendes Gefühl", dachte er. „So müssen sich die Mütter früher selbst gefühlt haben, als sie das Kind zuerst halten durften.".
„So, Herr Meier. Geben Sie das Kind der Schwester. Da Sie ja das Rundumpaket gebucht haben, wird diese sich um es kümmern. Und Sie haben ja auch zu tun. Sie müssen zum Amt, die machen in einer Stunde zu. Sie wissen ja, dass Kinder am Tag ihrer Geburt gemeldet werden müssen. Ansonsten müssen Sie Gebühren für versäumtes Melden bezahlen."
„Ich weiß." Meier zögerte. Da war doch noch etwas.... Richtig! „Was ist eigentlich mit meiner Frau?"
„Sie wird jetzt zu den anderen Wöchnerinnen gebracht und wohl in einer Stunde aufwachen. Keine Sorge, es geht ihr gut."
„Dann komme ich nachher nochmal, wenn sie wach ist."
„Sicher. Aber nun bitte zum Amt."
Fast hätte Meier schnippisch „Jaja" gesagt, wie der Fotograf. Aber er wollte den Arzt, der seinen Sohn schließlich auf die Welt gebracht hatte, nicht verärgern und blieb stumm.
Als er aus der Tür war, hörte er, wie der Arzt zur Schwester sagte: „Besser als früher ist das auch nicht. Da haben die Mütter mit ihrem Geschnatter genervt und heute sind es die Väter."
„Aber die Väter können wenigstens direkt zum Amt gehen", sagte die Schwester.

Meier trat mit Schwung aus der Drehtür des Krankenhauses und bog dann in die Straße, die zum Amt führte, links ab. "Amtsgasse" las er und dann das Hinweisschild "Einwanderungsbehörde ".
Er folgte dem Schild und stürmte dann, vergnügt pfeifend, die wenigen Treppenstufen des Gebäudes hoch.
 



 
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