Stilleben

4,70 Stern(e) 14 Bewertungen

Ralf Langer

Mitglied
Stilleben

Du siehst viel fern
In dem möblierten Zimmer
Zerkaust das Bilderflimmern
Mit den Augen
Und lässt die Sonnenstrahlen
Von Ost nach West
Ganz unerhört
Über das Dach und seine Schindeln
Trommeln

Es ist schon spät
Du sitzt im Eck
Auf deinem Bett
Das dich den Schlaf
Nicht finden lässt
Blickst auf das schiefe Bild von dir
Gegenüber an der Wand
Daneben steht der Schrank
Darin die Kluft
Die dich vom Leben
trennt

Und schließlich dann
Frühmorgens schon
Sitzt du am reinen Tisch
Ein fahler Mond kratzt
drohend über deine
Fensterscheibe
Du dämmerst leicht
Du nickst
Und kehrst am Ende
Diesen Tag mit zu den Anderen
Unter deinen Teppich
 

Vera-Lena

Mitglied
Traurig, traurig! Ich kann immer gar nicht glauben, dass es das gibt, aber wenn es so da steht, dann gibt es das auch.

Gekonnt die Formulierungen, die Gegensätzliches ausdrücken und deshalb den Inhalt aber nicht aufheben, sondern noch verstärken:

Unerhört trommeln die Sonnenstrahlen über das Dach

Das Bild, das man von sich selbst hat, ist schon von vornherein schief.

Morgens ist der Tisch rein, denn am Abend wurde ja wie immer alles unter den Teppich gekehrt.

Es fehlt Dir nicht an Mitteln, lieber Ralf, deutlich zu machen, dass man sich auch dem Leben verweigern kann oder dass man das Gefühl hat, dass sich das Leben einem selbst verweigert.

Da ist einer außen draußen, wie man es weiter nicht sein kann.

Ein gelungener Text!

Liebe Grüße
Vera-Lena
 

Ralf Langer

Mitglied
ja traurig,
aber wenn man nachts durch die strassen der stadt läuft
und das fernsehflimmern sieht wie es aus den fenstern hinaus quillt,
liegt der gedanke nahe...

hab dank für deine ausführliche kommentierung

lg
ralf
 
B

Beba

Gast
Düster! Berührt etwas ganz tief im Innern! Gefällt mir.

Ciao,
Bernd
 
R

Rose

Gast
Hallo Ralf,

dein Gedicht kann treffender nicht sein. Es hat mich sehr berührt.

Liebe Grüße
Rose
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo zusammen,
habt dank fuer eure kommentare.

ein versuch von mir ueber die einsamkeit in menschen. alles ist anseinem platz, alles ist falsch und die rufe von ausserhalb bleiben unerhoert oder sind bedrohlich.
wie oft verschlingt die zeit ein leben
ohne das es wirklich statt findet?
lg
ralf
 

Mistralgitter

Mitglied
Dieser Text mit seinen außergewöhnlichen, dicht gepackten und geradezu schmerzenden Bildern über ein vereinsamtes und misslingendes Leben beeindruckt mich sehr.
LG
Mistralgitter
 



 
Oben Unten