xavia
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6. List
Samstag Abend. Ein langweiliges Wochenende liegt vor ihr. Petra sitzt an ihrem PC und untersucht, was man mit der neuen Suchmaschine, so alles im Internet finden kann über die Rechte von Jugendlichen auf Taschengeld und die Möglichkeiten, sich der Bevormundung durch seine Eltern zu widersetzen. Sie erwartet nichts, als sie die Haustürklingel hört. Wahrscheinlich ist es eine Freundin der Mütter.
[ 5]»Petra, Besuch für dich!«, tönt es vom Hausflur her.
[ 5]Wer kann das sein?
[ 5]Da wird auch schon die Tür ihres Zimmers geöffnet – so etwas wie Privatsphäre gibt es hier im Hause nicht, zumindest nicht für sie – und Carola, eine ihrer Mütter, steckt ihren Kopf hindurch, um zu sehen, ob sie den ›Besuch‹ hineinlassen kann. Ein schneller missbilligender Blick über Fußboden und Bett, dann tritt Carola beiseite und lässt Frauke durch.
[ 5]Als die Tür wieder geschlossen ist, aber für Petras Geschmack deutlich zu früh, da sie sich denken kann, dass Carola noch auf dem Flur lauert, begrüßt Frauke sie:
[ 5]»Hallo Petra, hast du nicht Lust, heute Abend mit mir in die Disco zu gehen?«
[ 5]»Leise!«, ermahnt Petra sie flüsternd, »Wenn diese Aktion nicht schon im Vorfeld entschieden werden soll, dann darf Carola nichts davon erfahren.«
[ 5]»Meine Güte, so schlimm ist es bei dir?«, wundert sich Frauke. Dann muss sie allerdings zugeben, dass der Besuch der Disco, in die sie möchte, mit fünfzehn noch nicht erlaubt ist und dass sie am Eingang schon kontrolliert worden ist, obwohl sie mächtig ›auf erwachsen‹ macht. Manchmal wird sie auch einfach durchgewinkt. Es hängt immer davon ab, wie die Besucherlage ist und wie der Türsteher drauf ist. Einer kennt Frauke schon. Wenn der da ist, könnte es klappen, da er weiß, dass sie sechzehn ist.
[ 5]Petra hat große Lust, es auszuprobieren und keinerlei Skrupel, notfalls durch das Fenster zu klettern. Allerdings stellt ihr Kleiderschrank ein wichtiges Hindernis dar: »Ich habe nichts anzuziehen!« Und im Gegensatz zu vielen, die das behaupten, stimmt es bei ihr im wahrsten Sinne des Wortes.
[ 5]»Kein Problem, du kannst etwas von mir anziehen«, bietet Frauke großzügig an, und mit einem verschmitzten Grinsen: »Da ist bestimmt auch etwas dabei, das wir raffen können.«
[ 5]So beschließen die beiden, zu Frauke zu gehen, angeblich, um gemeinsam den Film ›23‹ auf Video zu sehen und danach noch ein wenig abzuhängen und Musik zu hören.
[ 5]Carola ist skeptisch. Sie weiß nichts über Fraukes Eltern, traut sich aber nicht, jetzt nachzufragen, welches deren Berufe sind und warum sie nie zu Elternsprechtagen kommen. Außerdem ist sie unsicher, weil ihre Partnerin nicht zu Hause ist und eine solche Situation bislang noch nicht vorgekommen ist. Schließlich lässt sie sich von Frauke hoch und heilig versprechen, dass jemand bei ihr zu Hause ist und fordert von Petra: »Um zehn musst du aber wieder zu Hause sein!«
[ 5]Es folgen zähe Verhandlungen und nach einigem Hin und Her haben die beiden sie überredet, dass Carola ihre Tochter um 23:30 Uhr bei Frauke abholt. Danach sind beide Seiten einigermaßen zufrieden und Carola geht wieder ins Wohnzimmer zu ihrem einsamen Fernseh-Abend. Ihre Frau hat Nachtdienst.
[ 5]Frauke meint, 23:30 Uhr sei immer noch schrecklich früh, eigentlich ginge es danach erst richtig los am Samstagabend, aber es sei besser als gar nichts. Sie haben alle Argumente aufgebraucht und mehr war einfach nicht herauszuholen, so lang ist der Film schließlich nicht und man kann ja auch nicht endlos darüber reden hinterher.
[ 5]Petra weiß, dass Carola heute Nacht noch Vorwürfe bekommen wird und dass sie Glück hatten, mit ihr und nicht mit der leiblichen Mutter zu verhandeln, die nicht vor 24 Uhr zu Hause sein wird. Bleibt zu hoffen, dass Carola nicht zu früh erscheint: »Was machen wir, wenn sie vor deiner Tür steht, bevor wir zurück sind?«
[ 5]»Kein Problem, dann behaupten wir einfach, wir hätten Musik mit Kopfhörern gehört und die Klingel nicht bemerkt. Wir können uns von hinten durch den Keller reinschleichen. Elf Uhr dreißig ist abgemacht und vorher machen wir die Tür nicht auf.« – Frauke klingt wie ein echter Eltern-Überlistungs-Profi, dabei hat sie es doch gar nicht nötig!
Samstag Abend. Ein langweiliges Wochenende liegt vor ihr. Petra sitzt an ihrem PC und untersucht, was man mit der neuen Suchmaschine, so alles im Internet finden kann über die Rechte von Jugendlichen auf Taschengeld und die Möglichkeiten, sich der Bevormundung durch seine Eltern zu widersetzen. Sie erwartet nichts, als sie die Haustürklingel hört. Wahrscheinlich ist es eine Freundin der Mütter.
[ 5]»Petra, Besuch für dich!«, tönt es vom Hausflur her.
[ 5]Wer kann das sein?
[ 5]Da wird auch schon die Tür ihres Zimmers geöffnet – so etwas wie Privatsphäre gibt es hier im Hause nicht, zumindest nicht für sie – und Carola, eine ihrer Mütter, steckt ihren Kopf hindurch, um zu sehen, ob sie den ›Besuch‹ hineinlassen kann. Ein schneller missbilligender Blick über Fußboden und Bett, dann tritt Carola beiseite und lässt Frauke durch.
[ 5]Als die Tür wieder geschlossen ist, aber für Petras Geschmack deutlich zu früh, da sie sich denken kann, dass Carola noch auf dem Flur lauert, begrüßt Frauke sie:
[ 5]»Hallo Petra, hast du nicht Lust, heute Abend mit mir in die Disco zu gehen?«
[ 5]»Leise!«, ermahnt Petra sie flüsternd, »Wenn diese Aktion nicht schon im Vorfeld entschieden werden soll, dann darf Carola nichts davon erfahren.«
[ 5]»Meine Güte, so schlimm ist es bei dir?«, wundert sich Frauke. Dann muss sie allerdings zugeben, dass der Besuch der Disco, in die sie möchte, mit fünfzehn noch nicht erlaubt ist und dass sie am Eingang schon kontrolliert worden ist, obwohl sie mächtig ›auf erwachsen‹ macht. Manchmal wird sie auch einfach durchgewinkt. Es hängt immer davon ab, wie die Besucherlage ist und wie der Türsteher drauf ist. Einer kennt Frauke schon. Wenn der da ist, könnte es klappen, da er weiß, dass sie sechzehn ist.
[ 5]Petra hat große Lust, es auszuprobieren und keinerlei Skrupel, notfalls durch das Fenster zu klettern. Allerdings stellt ihr Kleiderschrank ein wichtiges Hindernis dar: »Ich habe nichts anzuziehen!« Und im Gegensatz zu vielen, die das behaupten, stimmt es bei ihr im wahrsten Sinne des Wortes.
[ 5]»Kein Problem, du kannst etwas von mir anziehen«, bietet Frauke großzügig an, und mit einem verschmitzten Grinsen: »Da ist bestimmt auch etwas dabei, das wir raffen können.«
[ 5]So beschließen die beiden, zu Frauke zu gehen, angeblich, um gemeinsam den Film ›23‹ auf Video zu sehen und danach noch ein wenig abzuhängen und Musik zu hören.
[ 5]Carola ist skeptisch. Sie weiß nichts über Fraukes Eltern, traut sich aber nicht, jetzt nachzufragen, welches deren Berufe sind und warum sie nie zu Elternsprechtagen kommen. Außerdem ist sie unsicher, weil ihre Partnerin nicht zu Hause ist und eine solche Situation bislang noch nicht vorgekommen ist. Schließlich lässt sie sich von Frauke hoch und heilig versprechen, dass jemand bei ihr zu Hause ist und fordert von Petra: »Um zehn musst du aber wieder zu Hause sein!«
[ 5]Es folgen zähe Verhandlungen und nach einigem Hin und Her haben die beiden sie überredet, dass Carola ihre Tochter um 23:30 Uhr bei Frauke abholt. Danach sind beide Seiten einigermaßen zufrieden und Carola geht wieder ins Wohnzimmer zu ihrem einsamen Fernseh-Abend. Ihre Frau hat Nachtdienst.
[ 5]Frauke meint, 23:30 Uhr sei immer noch schrecklich früh, eigentlich ginge es danach erst richtig los am Samstagabend, aber es sei besser als gar nichts. Sie haben alle Argumente aufgebraucht und mehr war einfach nicht herauszuholen, so lang ist der Film schließlich nicht und man kann ja auch nicht endlos darüber reden hinterher.
[ 5]Petra weiß, dass Carola heute Nacht noch Vorwürfe bekommen wird und dass sie Glück hatten, mit ihr und nicht mit der leiblichen Mutter zu verhandeln, die nicht vor 24 Uhr zu Hause sein wird. Bleibt zu hoffen, dass Carola nicht zu früh erscheint: »Was machen wir, wenn sie vor deiner Tür steht, bevor wir zurück sind?«
[ 5]»Kein Problem, dann behaupten wir einfach, wir hätten Musik mit Kopfhörern gehört und die Klingel nicht bemerkt. Wir können uns von hinten durch den Keller reinschleichen. Elf Uhr dreißig ist abgemacht und vorher machen wir die Tür nicht auf.« – Frauke klingt wie ein echter Eltern-Überlistungs-Profi, dabei hat sie es doch gar nicht nötig!