15 (Kriminalnovelle) - 7. Tanzen

xavia

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7. Tanzen

Das Erfinden von Ausreden ist nicht Fraukes einzige Begabung: Als nächstes setzt sie Petra in Erstaunen, was sie mit einem Fön-Set und ihrem Schmink-Köfferchen alles erreichen kann. Petra hat vorausschauend ihre blauen Ballerinas angezogen, die sie sich hatte kaufen dürfen, weil sie im Sommer leichte Schuhe zu ihren Jeans haben wollte und Frauke hat dazu ein wunderschönes blau-gemustertes Kleid mit tiefem spitzen Ausschnitt, das mit einem Band um Oberkörper und Taille gerafft wird: Beim Blick in den Spiegel erkennt sich Petra nicht wieder. Ihr Traum ist wahr geworden: Sie sieht aus wie eine Frau! Frauke ist ein wenig neidisch darauf, wie es aussieht, wenn bei diesem Kleid tatsächlich etwas gerafft wird. Sie selbst hat das Band sonst eher locker gebunden, um ihre Fülle zu verbergen. Sie selbst trägt einen engen schwarzen Minirock und ein grünes Glitzertop: Ein wenig nuttig, aber durchaus passend für die Disco. Beide sind sehr zufrieden mit ihrem Aussehen, schießen daher mit Selbstauslöser noch ein Foto auf dem Balkon und machen sich dann auf den Weg. Nächste Herausforderung: Der Türsteher.
[ 5]Als sie in der Disco sind, wissen sie gar nicht, wie ihnen geschah. Frauke hätte einen Ausweis vorzeigen können, aber sie hatten keinen Plan, wie sie Petra hineinbringen sollten. Die hat dieselbe Strategie angewandt, die sie täglich in der Schule praktiziert und dem Türsteher den Eindruck vermittelt, dass es ihr völlig egal ist, ob sie reingelassen wird und irgendwie muss es ihn überzeugt haben. Jedenfalls hat er nicht nach Ausweisen gefragt.
[ 5]Die beiden Freundinnen warten ein Lied ab, um sich zu orientieren. Es sind nur zwei Paare auf der Tanzfläche. Frauke ist mutig, Petra auch, schon sind auch sie dabei. Petra staunt, was Frauke alles draufhat und versucht nun ihrerseits, interessante Bewegungen zu erfinden, die sie im Takt der Musik vollführt. Schon bald wird ein Spiel daraus und eine wiederholt die Bewegung der anderen, bevor sie eine Variation davon bringt oder manchmal auch etwas ganz Neues. Die Musik und die Freude steigern ihre Kreativität ins Unermessliche und für Frauke, die den Tanz mit einem Mädchen bisher nur als Wettbewerb um die herumstehenden Jungs erlebt hat, ist das eine ganz neue Erfahrung. Schon bald locken die wilden Tänze der beiden auch andere an, die fröhlich mitmachen. Ganz von allein ergibt es sich dabei, dass Petra zum Mittelpunkt des Geschehens wird, zur ›Disco-Queen‹. Sie, die zum ersten Mal öffentlich tanzt, ist allen anderen eine Inspiration und sie erleben ihre eigenen Körper auf eine ganz neue Weise. Petra, die das gar nicht merkt, ist einfach glücklich.
[ 5]Ganz in ihrer Nähe tanzt jetzt ein Mann allein. Er hat sich unmerklich zu ihr und Frauke gesellt und da die beiden sich nicht dagegen wehren, tanzen sie bald als Dreiergruppe und lächeln einander gelegentlich an. Er ist älter als sie beide, fast schon zu alt für eine Disco, sieht aber sehr gut aus. Dass er älter ist, merken sie an seinem selbstsicheren Auftreten, an seinen kraftvollen und bewussten Bewegungen, wo ihre Altersgenossen noch eher linkisch sind. Er wirkt wie ein altersloses Wesen aus einer anderen Welt und tanzt wie ein Gott.
[ 5]Als die beiden sich nach einem besonders wilden Song erschöpft an einen der Tische setzen wollen, begleitet er sie ganz selbstverständlich und fragt sie, was sie trinken wollen. »Cola«, antworten sie wie aus einem Mund, denn es ist für beide klar, dass Alkohol nicht in Frage kommt, wenn Carola abends die ›Schnupperprobe‹ macht.
[ 5]»Drei Cola mit Eis und Zitrone, kommt sofort«, hören sie ihn sagen, als er in Richtung Theke entschwindet. Er hat ein ziemliches Stück Weg durch die Menge zurückzulegen, also bleibt ihnen Zeit, sich zu besprechen, ohne dass sie erst gemeinsam die Toilette aufsuchen müssen. Schnell inspizieren sie gegenseitig ihr Make-up und ihre Frisuren: Alles noch perfekt, Frauke hat ganze Arbeit geleistet.
[ 5]»Voll der heiße Typ«, meint Frauke, »schade, dass er keinen Bruder dabeihat.«
[ 5]»Ja, einer davon für jede von uns, das wär' schon toll. Was machen wir denn nun? Ich könnte mich in den verlieben.«
[ 5]»Ist er nicht zu alt für uns? Irgendwie ist er doch wie der Vater, den du nie hattest, oder?« Beide prusten los und lachen immer noch, als er zurückkommt.
[ 5]»Na, darf ich mitlachen?«, fragt er gesellig, während er drei hohe Cola-Gläser abstellt, was eine weitere, längere Lach-Salve der beiden auslöst. Nun müssen sie doch zur Toilette, nach dieser Entgleisung sind sie sich ihres Aussehens nicht mehr sicher. Frauke nimmt ihm lachend und keuchend das Versprechen ab, hier zu warten, die Gläser zu bewachen und sich nicht von fremden Frauen ansprechen zu lassen.
[ 5]Auf der Toilette erholen sie sich von der Lacherei, atmen tief und richten dann ihre Gesichter wieder her. Sie sehen beide sehr glücklich aus. Frauke, die Erfahrene, sagt: »Wenn du willst, kannst du ihn haben. Er ist definitiv zu alt für mich. Wir können aber auch einfach heute abend unseren Spaß mit ihm haben und gut.«
[ 5]Petra ist erleichtert. Sie muss versprechen, heute abend nicht mit ihm abzuhauen und Frauke alleinzulassen. Da sie um 23:30 Uhr gemeinsam bei Frauke sein müssen, ist das ohnehin klar.
[ 5]Die schöne Zeit ist nur allzu schnell vorüber. Adrian, so heißt der Mann, der die Cola spendiert hat, nimmt Petra beim Abschied zur Seite und flüstert ihr ins Ohr, dass er sie morgen nachmittag zum Eisessen einladen möchte, gerne ohne Frauke. Er nennt ihr ein Eiscafé und eine Uhrzeit und sie schenkt ihm ein Lächeln und ein »Vielleicht …«
[ 5]Es gelingt ihnen tatsächlich, Carola davon zu überzeugen, dass sie den Film ›23‹ gesehen und einen ausgelassenen Mädelsabend mit Schmink- und Tanz-Übungen verlebt haben. So lassen sich auch die Make-up-Reste gut erklären und dass sie beide reichlich verschwitzt sind. Petra kann in dieser Nacht lange nicht einschlafen. Adrian, der geht ihr nicht aus dem Sinn. Sie hat wenig Gelegenheit gehabt, ihm näher zu kommen, aber seine Blicke … Es kommt ihr so vor, als wenn sie ihn schon ewig kennt. Da ist eine Vertrautheit, größer als bei Carola, mit der sie ihr ganzes Leben verbracht hat. Und gleichzeitig die Faszination des Geheimnisvollen. In seiner Nähe fühlt sie sich geborgen. – Ob das Liebe ist? Sie kann es kaum erwarten, ihn morgen nachmittag wiederzusehen. Es wird wieder nicht ohne Lügen gehen: Ihre Mütter würden niemals erlauben, dass sie einen erwachsenen Mann trifft. Wahrscheinlich würden sie auch bei einem Gleichaltrigen schon Einwände haben. Aber sie können sie ja wohl nicht am Sonntagnachmittag zu Hause einsperren, nur weil sie normalerweise Sonntagnachmittag zu Hause bleibt.
 

FrankK

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Hallo, Xavia
In nur vier Szenen bereitet sich Petra auf den Discobesuch vor und lernt dort einen vermeintlich netten Typen kennen.

Erzählperspektive:
Wie bisher, konstant „personal auktorial“ aus Petras Sicht.

Figuren:
Nur eine Figur (neben dem Türsteher der Disco) kommt hinzu, ein „heißer Typ“ namens Adrian.

Sprache:
Durchgängiger, jugendlicher Stil bei Petra und Frauke, erkennbar bemühter Stil bei dem Tänzer.
Erzählersprache immer noch recht knapp gehalten.

Spannungsbogen:
Gleichbleibend, der Konflikt am Eingang zur Disco wird zu unkompliziert aufgelöst, Petra geht zu schnell und direkt auf das Getränkeangebot ein. Keine Skepsis, keine Unsicherheit – ihre Mütter hatten sie doch „geimpft“, Männern (noch dazu fremden) nicht zu trauen.

Szenendetails:
+ Szene 1: Kriegsbemalung
Eine fesche Frisur (so kurze Haare können das dann wohl doch nicht gewesen sein), ein pfiffiges Kleid – inklusive einer notwendigen (und üblichen) „Kriegsbemalung“.

+ Szene 2: Eingang in die Disco
Etwas zu leicht und zu einfach. Nicht wenigstens ein bisschen Diskussion möglich?

+ Szene 3: Dancing Queen
Beide Mädchen tanzen, ein Typ wird auf sie aufmerksam und macht einfach mit.

+ Szene 4: Trennung
Der Abend ist gelaufen, Carola hat keinen Verdacht geschöpft.

Allgemeines:
Zumindest ein verbaler Schlagabtausch am Eingang zur Disco sowie einer zwischen Petra und Frauke im Angesicht der spendierten Getränke.

Erbsenzählerei:
Ganz, ganz wenig:
Als sie in der Disco sind, wissen sie gar nicht, wie ihnen [red]geschah[/red].
Zeitfehler.

Sie, die zum ersten Mal öffentlich tanzt, ist [blue]allen anderen[/blue] eine Inspiration und [blue]sie[/blue] erleben ihre eigenen Körper auf eine ganz neue Weise.
Bezugsfehler. Das „sie“ bezieht sich auf „alle anderen“, meint aber wohl nur Petra und Frauke.

Als die beiden sich nach einem besonders wilden Song erschöpft an einen der Tische setzen [blue]wollen[/blue], begleitet er sie ganz selbstverständlich und fragt [blue][strike]sie[/strike],[/blue] was sie trinken [blue]wollen[/blue].
Das zweite „sie“ lässt sich einfach streichen, das zweite „wollen“ ließe sich durch ein „möchten“ ersetzen.
Oder noch besser – schließlich ist er im Flirt-Modus:
... und fragt, was sie beide gerne trinken würden.

... heute abend ...
Wir können aber auch einfach [blue]heute abend[/blue] unseren Spaß mit ihm haben und gut.
...
Sie muss versprechen, [blue]heute abend[/blue] nicht mit ihm abzuhauen und Frauke alleinzulassen.
Duden behauptet hartnäckig: „... heute Abend ...“
Das zweite „heute Abend“ würde ich wegen der unmittelbaren Nähe zur ersten Floskel sogar streichen.

Adrian, so heißt der Mann, der die Cola spendiert hat ...
Im ersten Kapitel hast Du dir so herrlich viel Mühe gemacht, alles so schön zu erzählen, alles in eine Geschichte einzubetten. Hier habe ich den Eindruck – entschuldige bitte – als wäre Dir aufgefallen:
„Huch, ich muss ja noch seinen Namen erwähnen!“

... flüstert ihr ins Ohr, dass er sie [blue]morgen nachmittag[/blue] zum Eisessen einladen möchte ...
Duden behauptet hartnäckig: „...morgen Nachmittag ...“

Adrian[blue][strike], der[/strike][/blue] geht ihr nicht aus dem Sinn.
Erklärt sich, glaube ich, von selbst.

Sie kann es kaum erwarten, ihn [blue][strike]morgen nachmittag[/strike][/blue] wiederzusehen.
Würde ich wegen der relativen Nähe zur ersten Floskel streichen.


Grüßend
Frank
 

xavia

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7. Tanzen

Das Erfinden von Ausreden ist nicht Fraukes einzige Begabung: Als nächstes setzt sie Petra in Erstaunen, was sie mit einem Fön-Set und ihrem Schmink-Köfferchen alles erreichen kann. Petra hat vorausschauend ihre blauen Ballerinas angezogen, die sie sich hatte kaufen dürfen, weil sie im Sommer leichte Schuhe zu ihren Jeans haben wollte und Frauke hat dazu ein wunderschönes blau-gemustertes Kleid mit tiefem spitzen Ausschnitt, das mit einem Band um Oberkörper und Taille gerafft wird: Beim Blick in den Spiegel erkennt sich Petra nicht wieder. Ihr Traum ist wahr geworden: Sie sieht aus wie eine Frau, trotz der Kurzhaarfrisur! Frauke ist ein wenig neidisch darauf, wie es aussieht, wenn bei diesem Kleid tatsächlich etwas gerafft wird. Sie selbst hat das Band sonst eher locker gebunden, um ihre Fülle zu verbergen. Sie selbst trägt einen engen schwarzen Minirock und ein grünes Glitzertop: Ein wenig nuttig, aber durchaus passend für die Disco. Beide sind sehr zufrieden mit ihrem Aussehen, schießen daher mit Selbstauslöser noch ein Foto auf dem Balkon und machen sich dann auf den Weg.

Nächste Herausforderung: Der Türsteher. Er sieht Petra skeptisch an und sie schaut abweisend zurück. »Na, ihr beiden Hübschen, dürft ihr denn schon allein tanzen gehen?«
[ 5]Frauke seufzt: »Ja, ja, das dürfen wir. Wir sind ja schon groß.«
[ 5]»Ausweise?«
[ 5]Frauke kramt in ihrer Handtasche und findet in einem der zahllosen Reißverschlussfächer schließlich ihren Personalausweis. Petra tut so, als ginge sie das alles gar nichts an, betrachtet die Leute, die hinter ihr in der Schlange stehen und langsam ungeduldig werden.
[ 5]Der Türsteher prüft den Ausweis. »Und die andere?«
[ 5]Petra, die keine Handtasche dabeihat, sagt zu Frauke: »Dann zeig' ihm doch auch meinen.«
[ 5]Frauke kramt wieder in den vielen Fächern ihrer Tasche, zieht jeden Reißverschluss auf und macht ihn wieder zu. »Ich finde ihn nicht. Wo hast du ihn hingesteckt?«
[ 5]Petra sagt mit gleichgültig-gelangweiltem Tonfall: »Ich hatte ihn auf den Tisch gelegt, hast du ihn nicht einpackt?« und zum Türsteher: »Ist Randy da? Der hat uns früher immer kontrolliert, der weiß, dass wir sechzehn sind.«
[ 5]Der Kontrolleur wirft einen unsicheren Blick auf die Wartenden. »Randy ist heute nicht da. – Ach, egal, geht mal so durch.«
[ 5]Erleichtert und voller Vorfreude betreten die beiden den Saal. Sie wollen gleich tanzen, warten aber erst einmal ein Lied ab, um sich zu orientieren. Es sind nur zwei Paare auf der Tanzfläche. Frauke ist mutig, Petra auch, schon sind auch sie dabei. Petra staunt, was Frauke alles draufhat und versucht nun ihrerseits, interessante Bewegungen zu erfinden, die sie im Takt der Musik vollführt. Schon bald wird ein Spiel daraus und eine wiederholt die Bewegung der anderen, bevor sie eine Variation davon bringt oder manchmal auch etwas ganz Neues. Die Musik und die Freude steigern ihre Kreativität ins Unermessliche und für Frauke, die den Tanz mit einem Mädchen bisher nur als Wettbewerb um die herumstehenden Jungs erlebt hat, ist das eine ganz neue Erfahrung. Schon bald locken die wilden Tänze der beiden auch andere an, die fröhlich mitmachen. Ganz von allein ergibt es sich dabei, dass Petra zum Mittelpunkt des Geschehens wird, zur ›Disco-Queen‹. Sie, die zum ersten Mal öffentlich tanzt, ist allen anderen eine Inspiration und sie erleben ihre eigenen Körper auf eine ganz neue Weise. Petra, die das gar nicht merkt, ist einfach glücklich.
[ 5]Ganz in ihrer Nähe tanzt jetzt ein Mann allein. Er hat sich unmerklich zu ihr und Frauke gesellt und da die beiden sich nicht dagegen wehren, tanzen sie bald als Dreiergruppe und lächeln einander gelegentlich an. Er ist älter als sie beide, fast schon zu alt für eine Disco, sieht aber sehr gut aus. Dass er älter ist, merken sie an seinem selbstsicheren Auftreten, an seinen kraftvollen und bewussten Bewegungen, wo ihre Altersgenossen noch eher linkisch sind. Er wirkt wie ein altersloses Wesen aus einer anderen Welt und tanzt wie ein Gott.
[ 5]Als die beiden sich nach einem besonders wilden Song erschöpft an einen der Tische setzen wollen, begleitet er sie ganz selbstverständlich und fragt sie, was sie trinken wollen. »Cola«, antworten sie wie aus einem Mund, denn es ist für beide klar, dass Alkohol nicht in Frage kommt, wenn Carola abends die ›Schnupperprobe‹ macht.
[ 5]»Drei Cola mit Eis und Zitrone, kommt sofort«, hören sie ihn sagen, als er in Richtung Theke entschwindet. Er hat ein ziemliches Stück Weg durch die Menge zurückzulegen, also bleibt ihnen Zeit, sich zu besprechen, ohne dass sie erst gemeinsam die Toilette aufsuchen müssen. Schnell inspizieren sie gegenseitig ihr Make-up und ihre Frisuren: Alles noch perfekt, Frauke hat ganze Arbeit geleistet.
[ 5]»Voll der heiße Typ«, meint Frauke, »schade, dass er keinen Bruder dabeihat.«
[ 5]»Ja, einer davon für jede von uns, das wär' schon toll. Was machen wir denn nun? Ich könnte mich in den verlieben.«
[ 5]»Ist er nicht zu alt für uns? Irgendwie ist er doch wie der Vater, den du nie hattest, oder?« Beide prusten los und lachen immer noch, als er zurückkommt.
[ 5]»Na, darf ich mitlachen?«, fragt er gesellig, während er drei hohe Cola-Gläser abstellt, was eine weitere, längere Lach-Salve der beiden auslöst. Nun müssen sie doch zur Toilette, nach dieser Entgleisung sind sie sich ihres Aussehens nicht mehr sicher. Frauke nimmt ihm lachend und keuchend das Versprechen ab, hier zu warten, die Gläser zu bewachen und sich nicht von fremden Frauen ansprechen zu lassen.
[ 5]Auf der Toilette erholen sie sich von der Lacherei, atmen tief und richten dann ihre Gesichter wieder her. Sie sehen beide sehr glücklich aus. Frauke, die Erfahrene, sagt: »Wenn du willst, kannst du ihn haben. Er ist definitiv zu alt für mich. Wir können aber auch einfach heute abend unseren Spaß mit ihm haben und gut.«
[ 5]Petra ist erleichtert. Sie muss versprechen, heute abend nicht mit ihm abzuhauen und Frauke alleinzulassen. Da sie um 23:30 Uhr gemeinsam bei Frauke sein müssen, ist das ohnehin klar.
[ 5]Die schöne Zeit ist nur allzu schnell vorüber. Adrian, so heißt der Mann, der die Cola spendiert hat, nimmt Petra beim Abschied zur Seite und flüstert ihr ins Ohr, dass er sie morgen nachmittag zum Eisessen einladen möchte, gerne ohne Frauke. Er nennt ihr ein Eiscafé und eine Uhrzeit und sie schenkt ihm ein Lächeln und ein »Vielleicht …«
[ 5]Es gelingt ihnen tatsächlich, Carola davon zu überzeugen, dass sie den Film ›23‹ gesehen und einen ausgelassenen Mädelsabend mit Schmink- und Tanz-Übungen verlebt haben. So lassen sich auch die Make-up-Reste gut erklären und dass sie beide reichlich verschwitzt sind. Petra kann in dieser Nacht lange nicht einschlafen. Adrian, der geht ihr nicht aus dem Sinn. Sie hat wenig Gelegenheit gehabt, ihm näher zu kommen, aber seine Blicke … Es kommt ihr so vor, als wenn sie ihn schon ewig kennt. Da ist eine Vertrautheit, größer als bei Carola, mit der sie fast ihr ganzes Leben verbracht hat. Und gleichzeitig die Faszination des Geheimnisvollen. In seiner Nähe fühlt sie sich geborgen. – Ob das Liebe ist? Sie kann es kaum erwarten, ihn morgen nachmittag wiederzusehen. Es wird wieder nicht ohne Lügen gehen: Ihre Mütter würden niemals erlauben, dass sie einen erwachsenen Mann trifft. Wahrscheinlich würden sie auch bei einem Gleichaltrigen schon Einwände haben. Aber sie können sie ja wohl nicht am Sonntagnachmittag zu Hause einsperren, nur weil sie normalerweise Sonntagnachmittag zu Hause bleibt.
 

xavia

Mitglied
7. Tanzen

Das Erfinden von Ausreden ist nicht Fraukes einzige Begabung: Als nächstes setzt sie Petra in Erstaunen, was sie mit einem Fön-Set und ihrem Schmink-Köfferchen alles erreichen kann. Petra hat vorausschauend ihre blauen Ballerinas angezogen, die sie sich hatte kaufen dürfen, weil sie im Sommer leichte Schuhe zu ihren Jeans haben wollte und Frauke hat dazu ein wunderschönes blau-gemustertes Kleid mit tiefem spitzen Ausschnitt, das mit einem Band um Oberkörper und Taille gerafft wird: Beim Blick in den Spiegel erkennt sich Petra nicht wieder. Ihr Traum ist wahr geworden: Sie sieht aus wie eine Frau, trotz der Kurzhaarfrisur! Frauke ist ein wenig neidisch darauf, wie es aussieht, wenn bei diesem Kleid tatsächlich etwas gerafft wird. Sie selbst hat das Band sonst eher locker gebunden, um ihre Fülle zu verbergen. Sie selbst trägt einen engen schwarzen Minirock und ein grünes Glitzertop: Ein wenig nuttig, aber durchaus passend für die Disco. Beide sind sehr zufrieden mit ihrem Aussehen, schießen daher mit Selbstauslöser noch ein Foto auf dem Balkon und machen sich dann auf den Weg.

Nächste Herausforderung: Der Türsteher. Er sieht Petra skeptisch an und sie schaut abweisend zurück. »Na, ihr beiden Hübschen, dürft ihr denn schon allein tanzen gehen?«
[ 5]Frauke seufzt: »Ja, ja, das dürfen wir. Wir sind ja schon groß.«
[ 5]»Ausweise?«
[ 5]Frauke kramt in ihrer Handtasche und findet in einem der zahllosen Reißverschlussfächer schließlich ihren Personalausweis. Petra tut so, als ginge sie das alles gar nichts an, betrachtet die Leute, die hinter ihr in der Schlange stehen und langsam ungeduldig werden.
[ 5]Der Türsteher prüft den Ausweis. »Und die andere?«
[ 5]Petra, die keine Handtasche dabeihat, sagt zu Frauke: »Dann zeig' ihm doch auch meinen.«
[ 5]Frauke kramt wieder in den vielen Fächern ihrer Tasche, zieht jeden Reißverschluss auf und macht ihn wieder zu. »Ich finde ihn nicht. Wo hast du ihn hingesteckt?«
[ 5]Petra sagt mit gleichgültig-gelangweiltem Tonfall: »Ich hatte ihn auf den Tisch gelegt, hast du ihn nicht einpackt?« und zum Türsteher: »Ist Randy da? Der hat uns früher immer kontrolliert, der weiß, dass wir sechzehn sind.«
[ 5]Der Kontrolleur wirft einen unsicheren Blick auf die Wartenden. »Randy ist heute nicht da. – Ach, egal, geht mal so durch.«
[ 5]Erleichtert und voller Vorfreude betreten die beiden den Saal. Sie wollen gleich tanzen, warten aber erst einmal ein Lied ab, um sich zu orientieren. Es sind nur zwei Paare auf der Tanzfläche. Frauke ist mutig, Petra auch, schon sind auch sie dabei. Petra staunt, was Frauke alles draufhat und versucht nun ihrerseits, interessante Bewegungen zu erfinden, die sie im Takt der Musik vollführt. Schon bald wird ein Spiel daraus und eine wiederholt die Bewegung der anderen, bevor sie eine Variation davon bringt oder manchmal auch etwas ganz Neues. Die Musik und die Freude steigern ihre Kreativität ins Unermessliche und für Frauke, die den Tanz mit einem Mädchen bisher nur als Wettbewerb um die herumstehenden Jungs erlebt hat, ist das eine ganz neue Erfahrung. Schon bald locken die wilden Tänze der beiden auch andere an, die fröhlich mitmachen. Ganz von allein ergibt es sich dabei, dass Petra zum Mittelpunkt des Geschehens wird, zur ›Disco-Queen‹. Sie, die zum ersten Mal öffentlich tanzt, ist allen anderen eine Inspiration und viele erleben durch sie ihre eigenen Körper auf eine ganz neue Weise. Petra, die das gar nicht merkt, ist einfach glücklich.
[ 5]Ganz in ihrer Nähe tanzt jetzt ein Mann allein. Er hat sich unmerklich zu ihr und Frauke gesellt und da die beiden sich nicht dagegen wehren, tanzen sie bald als Dreiergruppe und lächeln einander gelegentlich an. Er ist älter als sie beide, fast schon zu alt für eine Disco, sieht aber sehr gut aus. Dass er älter ist, merken sie an seinem selbstsicheren Auftreten, an seinen kraftvollen und bewussten Bewegungen, wo ihre Altersgenossen noch eher linkisch sind. Er wirkt wie ein altersloses Wesen aus einer anderen Welt und tanzt wie ein Gott.
[ 5]Als die beiden sich nach einem besonders wilden Song erschöpft an einen der Tische setzen wollen, begleitet er sie ganz selbstverständlich und fragt, was sie beide gerne trinken würden. »Cola«, antworten sie wie aus einem Mund. Selbst in ihrer fröhlichen Ausgelassenheit ist ihnen klar, dass Alkohol nicht in Frage kommt, wenn Carola abends die ›Schnupperprobe‹ macht.
[ 5]»Drei Cola mit Eis und Zitrone, kommt sofort«, hören sie ihn sagen, als er in Richtung Theke entschwindet. Er hat ein ziemliches Stück Weg durch die Menge zurückzulegen, also bleibt ihnen Zeit, sich zu besprechen, ohne dass sie erst gemeinsam die Toilette aufsuchen müssen. Schnell inspizieren sie gegenseitig ihr Make-up und ihre Frisuren: Alles noch perfekt, Frauke hat ganze Arbeit geleistet.
[ 5]»Voll der heiße Typ«, meint Frauke, »schade, dass er keinen Bruder dabeihat.«
[ 5]»Ja, einer davon für jede von uns, das wär' schon toll. Was machen wir denn nun? Ich könnte mich in den verlieben.«
[ 5]»Ist er nicht zu alt für uns? Irgendwie ist er doch wie der Vater, den du nie hattest, oder?« Beide prusten los und lachen immer noch, als er zurückkommt.
[ 5]»Na, darf ich mitlachen?«, fragt er gesellig, während er drei hohe Cola-Gläser abstellt, was eine weitere, längere Lach-Salve der beiden auslöst. Nun müssen sie doch zur Toilette, nach dieser Entgleisung sind sie sich ihres Aussehens nicht mehr sicher. Frauke nimmt ihm lachend und keuchend das Versprechen ab, hier zu warten, die Gläser zu bewachen und sich nicht von fremden Frauen ansprechen zu lassen.
[ 5]Auf der Toilette erholen sie sich von der Lacherei, atmen tief und richten dann ihre Gesichter wieder her. Sie sehen beide sehr glücklich aus. Frauke, die Erfahrene, sagt: »Wenn du willst, kannst du ihn haben. Er ist definitiv zu alt für mich. Wir können aber auch einfach heute Abend unseren Spaß mit ihm haben und gut.« Petra ist erleichtert. Sie muss versprechen, nicht mit ihm abzuhauen und Frauke alleinzulassen. Da sie um 23:30 Uhr gemeinsam bei Frauke sein müssen, ist das ohnehin klar.
[ 5]Zurück am Tisch erfrischen sie sich mit der Cola und tauschen ein paar Informationen aus. Genau genommen informieren die beiden und ihr Begleiter, Adrian, berichtet von seinen Träumen und Visionen. Damit ist er allerdings so unterhaltsam, dass sie fast vergessen, dass sie zum Tanzen hergekommen sind. Als es dann viel zu früh Zeit ist, Abschied zu nehmen, nimmt er Petra unauffällig zur Seite und flüstert ihr ins Ohr, dass er sie morgen Nachmittag zum Eisessen einladen möchte, gerne ohne Frauke. Er nennt ihr ein Eiscafé und eine Uhrzeit und sie schenkt ihm ein Lächeln und ein »Vielleicht …«
[ 5]Es gelingt ihnen tatsächlich, Carola davon zu überzeugen, dass sie den Film ›23‹ gesehen und einen ausgelassenen Mädelsabend mit Schmink- und Tanz-Übungen verlebt haben. So lassen sich auch die Make-up-Reste gut erklären und dass sie beide reichlich verschwitzt sind. Petra kann in dieser Nacht lange nicht einschlafen. Adrian geht ihr nicht aus dem Sinn. Sie hat wenig Gelegenheit gehabt, ihm näher zu kommen, aber seine Blicke … Es kommt ihr so vor, als wenn sie ihn schon ewig kennt. Da ist eine Vertrautheit, größer als bei Carola, mit der sie fast ihr ganzes Leben verbracht hat. Und gleichzeitig die Faszination des Geheimnisvollen. In seiner Nähe fühlt sie sich geborgen. – Ob das Liebe ist? Sie kann es kaum erwarten, ihn wiederzusehen. Auch das wird nicht ohne Lügen gehen: Ihre Mütter würden niemals erlauben, dass sie einen erwachsenen Mann trifft. Wahrscheinlich würden sie auch bei einem Gleichaltrigen schon Einwände haben. Aber sie können sie ja wohl nicht am Sonntagnachmittag zu Hause einsperren, nur weil sie normalerweise Sonntagnachmittag zu Hause bleibt.
 

xavia

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Hallo Frank,

wieder bin ich weithin einverstanden und habe deine Vorschläge eingebaut. Die Szene mit dem Türsteher habe ich neu geschrieben. – Ich wusste schon, warum ich die so ungewiss gehalten habe. Hoffe, dass ich überzeugen kann mit dieser Version.

Auch (und gerade) kurze Haare können durch einen Fön sehr gewinnen :)

Misstrauen dem Cola-Mann gegenüber finde ich unwahrscheinlich: Sie sind fröhlich, er ist fröhlich, Mütter sind vergessen und weit weg. Entspannung und Misstrauen schließen einander doch weitgehend aus, oder?

Grüßend und dankend
Xavia.
 

xavia

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7. Tanzen

Das Erfinden von Ausreden ist nicht Fraukes einzige Begabung: Als nächstes setzt sie Petra in Erstaunen, was sie mit einem Fön-Set und ihrem Schmink-Köfferchen alles erreichen kann. Petra hat vorausschauend ihre blauen Ballerinas angezogen, die sie sich hatte kaufen dürfen, weil sie im Sommer leichte Schuhe zu ihren Jeans haben wollte und Frauke hat dazu ein wunderschönes blau-gemustertes Kleid mit tiefem spitzen Ausschnitt, das mit einem Band um Oberkörper und Taille gerafft wird: Beim Blick in den Spiegel erkennt sich Petra nicht wieder. Ihr Traum ist wahr geworden: Sie sieht aus wie eine Frau, trotz der Kurzhaarfrisur! Frauke ist ein wenig neidisch darauf, wie es aussieht, wenn bei diesem Kleid tatsächlich etwas gerafft wird. Sie selbst hat das Band sonst eher locker gebunden, um ihre Fülle zu verbergen. Sie selbst trägt einen engen schwarzen Minirock und ein grünes Glitzertop: Ein wenig nuttig, aber durchaus passend für die Disco. Beide sind sehr zufrieden mit ihrem Aussehen, schießen daher mit Selbstauslöser noch ein Foto auf dem Balkon und machen sich dann auf den Weg.

Nächste Herausforderung: Der Türsteher. Er sieht Petra skeptisch an und sie schaut abweisend zurück. »Na, ihr beiden Hübschen, dürft ihr denn schon allein tanzen gehen?«
[ 5]Frauke seufzt: »Ja, ja, das dürfen wir. Wir sind ja schon groß.«
[ 5]»Ausweise?«
[ 5]Frauke kramt in ihrer Handtasche und findet in einem der zahllosen Reißverschlussfächer schließlich ihren Personalausweis. Petra tut so, als ginge sie das alles gar nichts an, betrachtet die Leute, die hinter ihr in der Schlange stehen und langsam ungeduldig werden.
[ 5]Der Türsteher prüft den Ausweis. »Und die andere?«
[ 5]Petra, die keine Handtasche dabeihat, sagt zu Frauke: »Dann zeig' ihm doch auch meinen.«
[ 5]Frauke kramt wieder in den vielen Fächern ihrer Tasche, zieht jeden Reißverschluss auf und macht ihn wieder zu. »Ich finde ihn nicht. Wo hast du ihn hingesteckt?«
[ 5]Petra sagt mit gleichgültig-gelangweiltem Tonfall: »Ich hatte ihn auf den Tisch gelegt, hast du ihn nicht einpackt?« und zum Türsteher: »Ist Randy da? Der hat uns früher immer kontrolliert, der weiß, dass wir sechzehn sind.«
[ 5]Der Kontrolleur wirft einen unsicheren Blick auf die Wartenden. »Randy ist heute nicht da. – Ach, egal, geht mal so durch. Aber nächstes Mal will ich beide Ausweise sehen.«
[ 5]Erleichtert und voller Vorfreude betreten die beiden den Saal. Sie wollen gleich tanzen, warten aber erst einmal ein Lied ab, um sich zu orientieren. Es sind nur zwei Paare auf der Tanzfläche. Frauke ist mutig, Petra auch, schon sind auch sie dabei. Petra staunt, was Frauke alles draufhat und versucht nun ihrerseits, interessante Bewegungen zu erfinden, die sie im Takt der Musik vollführt. Schon bald wird ein Spiel daraus und eine wiederholt die Bewegung der anderen, bevor sie eine Variation davon bringt oder manchmal auch etwas ganz Neues. Die Musik und die Freude steigern ihre Kreativität ins Unermessliche und für Frauke, die den Tanz mit einem Mädchen bisher nur als Wettbewerb um die herumstehenden Jungs erlebt hat, ist das eine ganz neue Erfahrung. Schon bald locken die wilden Tänze der beiden auch andere an, die fröhlich mitmachen. Ganz von allein ergibt es sich dabei, dass Petra zum Mittelpunkt des Geschehens wird, zur ›Disco-Queen‹. Sie, die zum ersten Mal öffentlich tanzt, ist allen anderen eine Inspiration und viele erleben durch sie ihre eigenen Körper auf eine ganz neue Weise. Petra, die das gar nicht merkt, ist einfach glücklich.
[ 5]Ganz in ihrer Nähe tanzt jetzt ein Mann allein. Er hat sich unmerklich zu ihr und Frauke gesellt und da die beiden sich nicht dagegen wehren, tanzen sie bald als Dreiergruppe und lächeln einander gelegentlich an. Er ist älter als sie beide, fast schon zu alt für eine Disco, sieht aber sehr gut aus. Dass er älter ist, merken sie an seinem selbstsicheren Auftreten, an seinen kraftvollen und bewussten Bewegungen, wo ihre Altersgenossen noch eher linkisch sind. Er wirkt wie ein altersloses Wesen aus einer anderen Welt und tanzt wie ein Gott.
[ 5]Als die beiden sich nach einem besonders wilden Song erschöpft an einen der Tische setzen wollen, begleitet er sie ganz selbstverständlich und fragt, was sie beide gerne trinken würden. »Cola«, antworten sie wie aus einem Mund. Selbst in ihrer fröhlichen Ausgelassenheit ist ihnen klar, dass Alkohol nicht in Frage kommt, wenn Carola abends die ›Schnupperprobe‹ macht.
[ 5]»Drei Cola mit Eis und Zitrone, kommt sofort«, hören sie ihn sagen, als er in Richtung Theke entschwindet. Er hat ein ziemliches Stück Weg durch die Menge zurückzulegen, also bleibt ihnen Zeit, sich zu besprechen, ohne dass sie erst gemeinsam die Toilette aufsuchen müssen. Schnell inspizieren sie gegenseitig ihr Make-up und ihre Frisuren: Alles noch perfekt, Frauke hat ganze Arbeit geleistet.
[ 5]»Voll der heiße Typ«, meint Frauke, »schade, dass er keinen Bruder dabeihat.«
[ 5]»Ja, einer davon für jede von uns, das wär' schon toll. Was machen wir denn nun? Ich könnte mich in den verlieben.«
[ 5]»Ist er nicht zu alt für uns? Irgendwie ist er doch wie der Vater, den du nie hattest, oder?« Beide prusten los und lachen immer noch, als er zurückkommt.
[ 5]»Na, darf ich mitlachen?«, fragt er gesellig, während er drei hohe Cola-Gläser abstellt, was eine weitere, längere Lach-Salve der beiden auslöst. Nun müssen sie doch zur Toilette, nach dieser Entgleisung sind sie sich ihres Aussehens nicht mehr sicher. Frauke nimmt ihm lachend und keuchend das Versprechen ab, hier zu warten, die Gläser zu bewachen und sich nicht von fremden Frauen ansprechen zu lassen.
[ 5]Auf der Toilette erholen sie sich von der Lacherei, atmen tief und richten dann ihre Gesichter wieder her. Sie sehen beide sehr glücklich aus. Frauke, die Erfahrene, sagt: »Wenn du willst, kannst du ihn haben. Er ist definitiv zu alt für mich. Wir können aber auch einfach heute Abend unseren Spaß mit ihm haben und gut.« Petra ist erleichtert. Sie muss versprechen, nicht mit ihm abzuhauen und Frauke alleinzulassen. Da sie um 23:30 Uhr gemeinsam bei Frauke sein müssen, ist das ohnehin klar.
[ 5]Zurück am Tisch erfrischen sie sich mit der Cola und tauschen ein paar Informationen aus. Genau genommen informieren die beiden und ihr Begleiter, Adrian, berichtet von seinen Träumen und Visionen. Damit ist er allerdings so unterhaltsam, dass sie fast vergessen, dass sie zum Tanzen hergekommen sind. Als es dann viel zu früh Zeit ist, Abschied zu nehmen, nimmt er Petra unauffällig zur Seite und flüstert ihr ins Ohr, dass er sie morgen Nachmittag zum Eisessen einladen möchte, gerne ohne Frauke. Er nennt ihr ein Eiscafé und eine Uhrzeit und sie schenkt ihm ein Lächeln und ein »Vielleicht …«
[ 5]Es gelingt ihnen tatsächlich, Carola davon zu überzeugen, dass sie den Film ›23‹ gesehen und einen ausgelassenen Mädelsabend mit Schmink- und Tanz-Übungen verlebt haben. So lassen sich auch die Make-up-Reste gut erklären und dass sie beide reichlich verschwitzt sind. Petra kann in dieser Nacht lange nicht einschlafen. Adrian geht ihr nicht aus dem Sinn. Sie hat wenig Gelegenheit gehabt, ihm näher zu kommen, aber seine Blicke … Es kommt ihr so vor, als wenn sie ihn schon ewig kennt. Da ist eine Vertrautheit, größer als bei Carola, mit der sie fast ihr ganzes Leben verbracht hat. Und gleichzeitig die Faszination des Geheimnisvollen. In seiner Nähe fühlt sie sich geborgen. – Ob das Liebe ist? Sie kann es kaum erwarten, ihn wiederzusehen. Auch das wird nicht ohne Lügen gehen: Ihre Mütter würden niemals erlauben, dass sie einen erwachsenen Mann trifft. Wahrscheinlich würden sie auch bei einem Gleichaltrigen schon Einwände haben. Aber sie können sie ja wohl nicht am Sonntagnachmittag zu Hause einsperren, nur weil sie normalerweise Sonntagnachmittag zu Hause bleibt.
 

xavia

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7. Tanzen

Das Erfinden von Ausreden ist nicht Fraukes einzige Begabung: Als nächstes setzt sie Petra in Erstaunen, was sie mit einem Fön-Set und ihrem Schmink-Köfferchen alles erreichen kann. Petra hat vorausschauend ihre blauen Ballerinas angezogen, die sie sich hatte kaufen dürfen, weil sie im Sommer leichte Schuhe zu ihren Jeans haben wollte und Frauke hat dazu ein wunderschönes blau-gemustertes Kleid mit tiefem spitzen Ausschnitt, das mit einem Band um Oberkörper und Taille gerafft wird: Beim Blick in den Spiegel erkennt sich Petra nicht wieder. Ihr Traum ist wahr geworden: Sie sieht aus wie eine Frau, trotz der Kurzhaarfrisur! Frauke ist ein wenig neidisch darauf, wie es aussieht, wenn bei diesem Kleid tatsächlich etwas gerafft wird. Sie selbst hat das Band sonst eher locker gebunden, um ihre Fülle zu verbergen. Sie selbst trägt einen engen schwarzen Minirock und ein grünes Glitzertop: Ein wenig nuttig, aber durchaus passend für die Disco. Beide sind sehr zufrieden mit ihrem Aussehen, schießen daher mit Selbstauslöser noch ein Foto auf dem Balkon und machen sich dann auf den Weg.

Nächste Herausforderung: Der Türsteher. Erst auf dem Weg zur Disco erzählt Frauke ihr, dass man mit fünfzehn noch nicht hineindarf. »Mit Glück ist Randy da, der weiß, dass ich sechzehn bin. Der winkt uns bestimmt einfach durch.«
[ 5]Petra blickt gen Himmel und betet insgeheim, dass Randy da sein möge. Es darf jetzt nicht im letzten Augenblick noch schief gehen!
[ 5]Randy ist nicht da. Sein Ersatzmann sieht gar nicht nach Türsteher aus. Er ist selbst noch ziemlich jung, sieht Petra skeptisch an und sie schaut abweisend zurück. »Na, ihr beiden Hübschen, dürft ihr denn schon allein tanzen gehen?«
[ 5]Frauke seufzt: »Ja, ja, das dürfen wir. Wir sind ja schon groß.«
[ 5]»Ausweise?«
[ 5]Frauke kramt in ihrer Handtasche und findet in einem der zahllosen Reißverschlussfächer schließlich ihren Personalausweis. Petra tut so, als ginge sie das alles gar nichts an, betrachtet die Leute, die hinter ihr in der Schlange stehen und langsam ungeduldig werden.
[ 5]Der Türsteher prüft den Ausweis. »Und die andere?«
[ 5]Petra, die keine Handtasche dabeihat, sagt zu Frauke: »Dann zeig' ihm doch auch meinen.«
[ 5]Frauke kramt wieder in den vielen Fächern ihrer Tasche, zieht jeden Reißverschluss auf und macht ihn wieder zu. »Ich finde ihn nicht. Wo hast du ihn hingesteckt?«
[ 5]Petra sagt mit gleichgültig-gelangweiltem Tonfall: »Ich hatte ihn auf den Tisch gelegt, hast du ihn nicht einpackt?« und zum Türsteher: »Ist Randy da? Der hat uns früher immer kontrolliert, der weiß, dass wir sechzehn sind.«
[ 5]Der Kontrolleur wirft einen unsicheren Blick auf die Wartenden. »Randy ist heute nicht da. – Ach, egal, geht mal so durch. Aber nächstes Mal will ich beide Ausweise sehen!«
[ 5]Erleichtert und voller Vorfreude betreten die beiden den Saal. Sie wollen gleich tanzen, warten aber erst einmal ein Lied ab, um sich zu orientieren. Es sind nur zwei Paare auf der Tanzfläche. Frauke ist mutig, Petra auch, schon sind auch sie dabei. Petra staunt, was Frauke alles draufhat und versucht nun ihrerseits, interessante Bewegungen zu erfinden, die sie im Takt der Musik vollführt. Schon bald wird ein Spiel daraus und eine wiederholt die Bewegung der anderen, bevor sie eine Variation davon bringt oder manchmal auch etwas ganz Neues. Die Musik und die Freude steigern ihre Kreativität ins Unermessliche und für Frauke, die den Tanz mit einem Mädchen bisher nur als Wettbewerb um die herumstehenden Jungs erlebt hat, ist das eine ganz neue Erfahrung. Schon bald locken die wilden Tänze der beiden auch andere an, die fröhlich mitmachen. Ganz von allein ergibt es sich dabei, dass Petra zum Mittelpunkt des Geschehens wird, zur ›Disco-Queen‹. Sie, die zum ersten Mal öffentlich tanzt, ist allen anderen eine Inspiration und viele erleben durch sie ihre eigenen Körper auf eine ganz neue Weise. Petra, die das gar nicht merkt, ist einfach glücklich.
[ 5]Ganz in ihrer Nähe tanzt jetzt ein Mann allein. Er hat sich unmerklich zu ihr und Frauke gesellt und da die beiden sich nicht dagegen wehren, tanzen sie bald als Dreiergruppe und lächeln einander gelegentlich an. Er ist älter als sie beide, fast schon zu alt für eine Disco, sieht aber sehr gut aus. Dass er älter ist, merken sie an seinem selbstsicheren Auftreten, an seinen kraftvollen und bewussten Bewegungen, wo ihre Altersgenossen noch eher linkisch sind. Er wirkt wie ein altersloses Wesen aus einer anderen Welt und tanzt wie ein Gott.
[ 5]Als die beiden sich nach einem besonders wilden Song erschöpft an einen der Tische setzen wollen, begleitet er sie ganz selbstverständlich und fragt, was sie beide gerne trinken würden. »Cola«, antworten sie wie aus einem Mund. Selbst in ihrer fröhlichen Ausgelassenheit ist ihnen klar, dass Alkohol nicht in Frage kommt, wenn Carola abends die ›Schnupperprobe‹ macht.
[ 5]»Drei Cola mit Eis und Zitrone, kommt sofort«, hören sie ihn sagen, als er in Richtung Theke entschwindet. Er hat ein ziemliches Stück Weg durch die Menge zurückzulegen, also bleibt ihnen Zeit, sich zu besprechen, ohne dass sie erst gemeinsam die Toilette aufsuchen müssen. Schnell inspizieren sie gegenseitig ihr Make-up und ihre Frisuren: Alles noch perfekt, Frauke hat ganze Arbeit geleistet.
[ 5]»Voll der heiße Typ«, meint Frauke, »schade, dass er keinen Bruder dabeihat.«
[ 5]»Ja, einer davon für jede von uns, das wär' schon toll. Was machen wir denn nun? Ich könnte mich in den verlieben.«
[ 5]»Ist er nicht zu alt für uns? Irgendwie ist er doch wie der Vater, den du nie hattest, oder?« Beide prusten los und lachen immer noch, als er zurückkommt.
[ 5]»Na, darf ich mitlachen?«, fragt er gesellig, während er drei hohe Cola-Gläser abstellt, was eine weitere, längere Lach-Salve der beiden auslöst. Nun müssen sie doch zur Toilette, nach dieser Entgleisung sind sie sich ihres Aussehens nicht mehr sicher. Frauke nimmt ihm lachend und keuchend das Versprechen ab, hier zu warten, die Gläser zu bewachen und sich nicht von fremden Frauen ansprechen zu lassen.
[ 5]Auf der Toilette erholen sie sich von der Lacherei, atmen tief und richten dann ihre Gesichter wieder her. Sie sehen beide sehr glücklich aus. Frauke, die Erfahrene, sagt: »Wenn du willst, kannst du ihn haben. Er ist definitiv zu alt für mich. Wir können aber auch einfach heute Abend unseren Spaß mit ihm haben und gut.« Petra ist erleichtert. Sie muss versprechen, nicht mit ihm abzuhauen und Frauke alleinzulassen. Da sie um 23:30 Uhr gemeinsam bei Frauke sein müssen, ist das ohnehin klar.
[ 5]Zurück am Tisch erfrischen sie sich mit der Cola und tauschen ein paar Informationen aus. Genau genommen informieren die beiden und ihr Begleiter, Adrian, berichtet von seinen Träumen und Visionen. Damit ist er allerdings so unterhaltsam, dass sie fast vergessen, dass sie zum Tanzen hergekommen sind. Als es dann viel zu früh Zeit ist, Abschied zu nehmen, nimmt er Petra unauffällig zur Seite und flüstert ihr ins Ohr, dass er sie morgen Nachmittag zum Eisessen einladen möchte, gerne ohne Frauke. Er nennt ihr ein Eiscafé und eine Uhrzeit und sie schenkt ihm ein Lächeln und ein »Vielleicht …«
[ 5]Es gelingt ihnen tatsächlich, Carola davon zu überzeugen, dass sie den Film ›23‹ gesehen und einen ausgelassenen Mädelsabend mit Schmink- und Tanz-Übungen verlebt haben. So lassen sich auch die Make-up-Reste gut erklären und dass sie beide reichlich verschwitzt sind. Petra kann in dieser Nacht lange nicht einschlafen. Adrian geht ihr nicht aus dem Sinn. Sie hat wenig Gelegenheit gehabt, ihm näher zu kommen, aber seine Blicke … Es kommt ihr so vor, als wenn sie ihn schon ewig kennt. Da ist eine Vertrautheit, größer als bei Carola, mit der sie fast ihr ganzes Leben verbracht hat. Und gleichzeitig die Faszination des Geheimnisvollen. In seiner Nähe fühlt sie sich geborgen. – Ob das Liebe ist? Sie kann es kaum erwarten, ihn wiederzusehen. Auch das wird nicht ohne Lügen gehen: Ihre Mütter würden niemals erlauben, dass sie einen erwachsenen Mann trifft. Wahrscheinlich würden sie auch bei einem Gleichaltrigen schon Einwände haben. Aber sie können sie ja wohl nicht am Sonntagnachmittag zu Hause einsperren, nur weil sie normalerweise Sonntagnachmittag zu Hause bleibt.
 



 
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