xavia
Mitglied
7. Tanzen
Das Erfinden von Ausreden ist nicht Fraukes einzige Begabung: Als nächstes setzt sie Petra in Erstaunen, was sie mit einem Fön-Set und ihrem Schmink-Köfferchen alles erreichen kann. Petra hat vorausschauend ihre blauen Ballerinas angezogen, die sie sich hatte kaufen dürfen, weil sie im Sommer leichte Schuhe zu ihren Jeans haben wollte und Frauke hat dazu ein wunderschönes blau-gemustertes Kleid mit tiefem spitzen Ausschnitt, das mit einem Band um Oberkörper und Taille gerafft wird: Beim Blick in den Spiegel erkennt sich Petra nicht wieder. Ihr Traum ist wahr geworden: Sie sieht aus wie eine Frau! Frauke ist ein wenig neidisch darauf, wie es aussieht, wenn bei diesem Kleid tatsächlich etwas gerafft wird. Sie selbst hat das Band sonst eher locker gebunden, um ihre Fülle zu verbergen. Sie selbst trägt einen engen schwarzen Minirock und ein grünes Glitzertop: Ein wenig nuttig, aber durchaus passend für die Disco. Beide sind sehr zufrieden mit ihrem Aussehen, schießen daher mit Selbstauslöser noch ein Foto auf dem Balkon und machen sich dann auf den Weg. Nächste Herausforderung: Der Türsteher.
[ 5]Als sie in der Disco sind, wissen sie gar nicht, wie ihnen geschah. Frauke hätte einen Ausweis vorzeigen können, aber sie hatten keinen Plan, wie sie Petra hineinbringen sollten. Die hat dieselbe Strategie angewandt, die sie täglich in der Schule praktiziert und dem Türsteher den Eindruck vermittelt, dass es ihr völlig egal ist, ob sie reingelassen wird und irgendwie muss es ihn überzeugt haben. Jedenfalls hat er nicht nach Ausweisen gefragt.
[ 5]Die beiden Freundinnen warten ein Lied ab, um sich zu orientieren. Es sind nur zwei Paare auf der Tanzfläche. Frauke ist mutig, Petra auch, schon sind auch sie dabei. Petra staunt, was Frauke alles draufhat und versucht nun ihrerseits, interessante Bewegungen zu erfinden, die sie im Takt der Musik vollführt. Schon bald wird ein Spiel daraus und eine wiederholt die Bewegung der anderen, bevor sie eine Variation davon bringt oder manchmal auch etwas ganz Neues. Die Musik und die Freude steigern ihre Kreativität ins Unermessliche und für Frauke, die den Tanz mit einem Mädchen bisher nur als Wettbewerb um die herumstehenden Jungs erlebt hat, ist das eine ganz neue Erfahrung. Schon bald locken die wilden Tänze der beiden auch andere an, die fröhlich mitmachen. Ganz von allein ergibt es sich dabei, dass Petra zum Mittelpunkt des Geschehens wird, zur ›Disco-Queen‹. Sie, die zum ersten Mal öffentlich tanzt, ist allen anderen eine Inspiration und sie erleben ihre eigenen Körper auf eine ganz neue Weise. Petra, die das gar nicht merkt, ist einfach glücklich.
[ 5]Ganz in ihrer Nähe tanzt jetzt ein Mann allein. Er hat sich unmerklich zu ihr und Frauke gesellt und da die beiden sich nicht dagegen wehren, tanzen sie bald als Dreiergruppe und lächeln einander gelegentlich an. Er ist älter als sie beide, fast schon zu alt für eine Disco, sieht aber sehr gut aus. Dass er älter ist, merken sie an seinem selbstsicheren Auftreten, an seinen kraftvollen und bewussten Bewegungen, wo ihre Altersgenossen noch eher linkisch sind. Er wirkt wie ein altersloses Wesen aus einer anderen Welt und tanzt wie ein Gott.
[ 5]Als die beiden sich nach einem besonders wilden Song erschöpft an einen der Tische setzen wollen, begleitet er sie ganz selbstverständlich und fragt sie, was sie trinken wollen. »Cola«, antworten sie wie aus einem Mund, denn es ist für beide klar, dass Alkohol nicht in Frage kommt, wenn Carola abends die ›Schnupperprobe‹ macht.
[ 5]»Drei Cola mit Eis und Zitrone, kommt sofort«, hören sie ihn sagen, als er in Richtung Theke entschwindet. Er hat ein ziemliches Stück Weg durch die Menge zurückzulegen, also bleibt ihnen Zeit, sich zu besprechen, ohne dass sie erst gemeinsam die Toilette aufsuchen müssen. Schnell inspizieren sie gegenseitig ihr Make-up und ihre Frisuren: Alles noch perfekt, Frauke hat ganze Arbeit geleistet.
[ 5]»Voll der heiße Typ«, meint Frauke, »schade, dass er keinen Bruder dabeihat.«
[ 5]»Ja, einer davon für jede von uns, das wär' schon toll. Was machen wir denn nun? Ich könnte mich in den verlieben.«
[ 5]»Ist er nicht zu alt für uns? Irgendwie ist er doch wie der Vater, den du nie hattest, oder?« Beide prusten los und lachen immer noch, als er zurückkommt.
[ 5]»Na, darf ich mitlachen?«, fragt er gesellig, während er drei hohe Cola-Gläser abstellt, was eine weitere, längere Lach-Salve der beiden auslöst. Nun müssen sie doch zur Toilette, nach dieser Entgleisung sind sie sich ihres Aussehens nicht mehr sicher. Frauke nimmt ihm lachend und keuchend das Versprechen ab, hier zu warten, die Gläser zu bewachen und sich nicht von fremden Frauen ansprechen zu lassen.
[ 5]Auf der Toilette erholen sie sich von der Lacherei, atmen tief und richten dann ihre Gesichter wieder her. Sie sehen beide sehr glücklich aus. Frauke, die Erfahrene, sagt: »Wenn du willst, kannst du ihn haben. Er ist definitiv zu alt für mich. Wir können aber auch einfach heute abend unseren Spaß mit ihm haben und gut.«
[ 5]Petra ist erleichtert. Sie muss versprechen, heute abend nicht mit ihm abzuhauen und Frauke alleinzulassen. Da sie um 23:30 Uhr gemeinsam bei Frauke sein müssen, ist das ohnehin klar.
[ 5]Die schöne Zeit ist nur allzu schnell vorüber. Adrian, so heißt der Mann, der die Cola spendiert hat, nimmt Petra beim Abschied zur Seite und flüstert ihr ins Ohr, dass er sie morgen nachmittag zum Eisessen einladen möchte, gerne ohne Frauke. Er nennt ihr ein Eiscafé und eine Uhrzeit und sie schenkt ihm ein Lächeln und ein »Vielleicht …«
[ 5]Es gelingt ihnen tatsächlich, Carola davon zu überzeugen, dass sie den Film ›23‹ gesehen und einen ausgelassenen Mädelsabend mit Schmink- und Tanz-Übungen verlebt haben. So lassen sich auch die Make-up-Reste gut erklären und dass sie beide reichlich verschwitzt sind. Petra kann in dieser Nacht lange nicht einschlafen. Adrian, der geht ihr nicht aus dem Sinn. Sie hat wenig Gelegenheit gehabt, ihm näher zu kommen, aber seine Blicke … Es kommt ihr so vor, als wenn sie ihn schon ewig kennt. Da ist eine Vertrautheit, größer als bei Carola, mit der sie ihr ganzes Leben verbracht hat. Und gleichzeitig die Faszination des Geheimnisvollen. In seiner Nähe fühlt sie sich geborgen. – Ob das Liebe ist? Sie kann es kaum erwarten, ihn morgen nachmittag wiederzusehen. Es wird wieder nicht ohne Lügen gehen: Ihre Mütter würden niemals erlauben, dass sie einen erwachsenen Mann trifft. Wahrscheinlich würden sie auch bei einem Gleichaltrigen schon Einwände haben. Aber sie können sie ja wohl nicht am Sonntagnachmittag zu Hause einsperren, nur weil sie normalerweise Sonntagnachmittag zu Hause bleibt.
Das Erfinden von Ausreden ist nicht Fraukes einzige Begabung: Als nächstes setzt sie Petra in Erstaunen, was sie mit einem Fön-Set und ihrem Schmink-Köfferchen alles erreichen kann. Petra hat vorausschauend ihre blauen Ballerinas angezogen, die sie sich hatte kaufen dürfen, weil sie im Sommer leichte Schuhe zu ihren Jeans haben wollte und Frauke hat dazu ein wunderschönes blau-gemustertes Kleid mit tiefem spitzen Ausschnitt, das mit einem Band um Oberkörper und Taille gerafft wird: Beim Blick in den Spiegel erkennt sich Petra nicht wieder. Ihr Traum ist wahr geworden: Sie sieht aus wie eine Frau! Frauke ist ein wenig neidisch darauf, wie es aussieht, wenn bei diesem Kleid tatsächlich etwas gerafft wird. Sie selbst hat das Band sonst eher locker gebunden, um ihre Fülle zu verbergen. Sie selbst trägt einen engen schwarzen Minirock und ein grünes Glitzertop: Ein wenig nuttig, aber durchaus passend für die Disco. Beide sind sehr zufrieden mit ihrem Aussehen, schießen daher mit Selbstauslöser noch ein Foto auf dem Balkon und machen sich dann auf den Weg. Nächste Herausforderung: Der Türsteher.
[ 5]Als sie in der Disco sind, wissen sie gar nicht, wie ihnen geschah. Frauke hätte einen Ausweis vorzeigen können, aber sie hatten keinen Plan, wie sie Petra hineinbringen sollten. Die hat dieselbe Strategie angewandt, die sie täglich in der Schule praktiziert und dem Türsteher den Eindruck vermittelt, dass es ihr völlig egal ist, ob sie reingelassen wird und irgendwie muss es ihn überzeugt haben. Jedenfalls hat er nicht nach Ausweisen gefragt.
[ 5]Die beiden Freundinnen warten ein Lied ab, um sich zu orientieren. Es sind nur zwei Paare auf der Tanzfläche. Frauke ist mutig, Petra auch, schon sind auch sie dabei. Petra staunt, was Frauke alles draufhat und versucht nun ihrerseits, interessante Bewegungen zu erfinden, die sie im Takt der Musik vollführt. Schon bald wird ein Spiel daraus und eine wiederholt die Bewegung der anderen, bevor sie eine Variation davon bringt oder manchmal auch etwas ganz Neues. Die Musik und die Freude steigern ihre Kreativität ins Unermessliche und für Frauke, die den Tanz mit einem Mädchen bisher nur als Wettbewerb um die herumstehenden Jungs erlebt hat, ist das eine ganz neue Erfahrung. Schon bald locken die wilden Tänze der beiden auch andere an, die fröhlich mitmachen. Ganz von allein ergibt es sich dabei, dass Petra zum Mittelpunkt des Geschehens wird, zur ›Disco-Queen‹. Sie, die zum ersten Mal öffentlich tanzt, ist allen anderen eine Inspiration und sie erleben ihre eigenen Körper auf eine ganz neue Weise. Petra, die das gar nicht merkt, ist einfach glücklich.
[ 5]Ganz in ihrer Nähe tanzt jetzt ein Mann allein. Er hat sich unmerklich zu ihr und Frauke gesellt und da die beiden sich nicht dagegen wehren, tanzen sie bald als Dreiergruppe und lächeln einander gelegentlich an. Er ist älter als sie beide, fast schon zu alt für eine Disco, sieht aber sehr gut aus. Dass er älter ist, merken sie an seinem selbstsicheren Auftreten, an seinen kraftvollen und bewussten Bewegungen, wo ihre Altersgenossen noch eher linkisch sind. Er wirkt wie ein altersloses Wesen aus einer anderen Welt und tanzt wie ein Gott.
[ 5]Als die beiden sich nach einem besonders wilden Song erschöpft an einen der Tische setzen wollen, begleitet er sie ganz selbstverständlich und fragt sie, was sie trinken wollen. »Cola«, antworten sie wie aus einem Mund, denn es ist für beide klar, dass Alkohol nicht in Frage kommt, wenn Carola abends die ›Schnupperprobe‹ macht.
[ 5]»Drei Cola mit Eis und Zitrone, kommt sofort«, hören sie ihn sagen, als er in Richtung Theke entschwindet. Er hat ein ziemliches Stück Weg durch die Menge zurückzulegen, also bleibt ihnen Zeit, sich zu besprechen, ohne dass sie erst gemeinsam die Toilette aufsuchen müssen. Schnell inspizieren sie gegenseitig ihr Make-up und ihre Frisuren: Alles noch perfekt, Frauke hat ganze Arbeit geleistet.
[ 5]»Voll der heiße Typ«, meint Frauke, »schade, dass er keinen Bruder dabeihat.«
[ 5]»Ja, einer davon für jede von uns, das wär' schon toll. Was machen wir denn nun? Ich könnte mich in den verlieben.«
[ 5]»Ist er nicht zu alt für uns? Irgendwie ist er doch wie der Vater, den du nie hattest, oder?« Beide prusten los und lachen immer noch, als er zurückkommt.
[ 5]»Na, darf ich mitlachen?«, fragt er gesellig, während er drei hohe Cola-Gläser abstellt, was eine weitere, längere Lach-Salve der beiden auslöst. Nun müssen sie doch zur Toilette, nach dieser Entgleisung sind sie sich ihres Aussehens nicht mehr sicher. Frauke nimmt ihm lachend und keuchend das Versprechen ab, hier zu warten, die Gläser zu bewachen und sich nicht von fremden Frauen ansprechen zu lassen.
[ 5]Auf der Toilette erholen sie sich von der Lacherei, atmen tief und richten dann ihre Gesichter wieder her. Sie sehen beide sehr glücklich aus. Frauke, die Erfahrene, sagt: »Wenn du willst, kannst du ihn haben. Er ist definitiv zu alt für mich. Wir können aber auch einfach heute abend unseren Spaß mit ihm haben und gut.«
[ 5]Petra ist erleichtert. Sie muss versprechen, heute abend nicht mit ihm abzuhauen und Frauke alleinzulassen. Da sie um 23:30 Uhr gemeinsam bei Frauke sein müssen, ist das ohnehin klar.
[ 5]Die schöne Zeit ist nur allzu schnell vorüber. Adrian, so heißt der Mann, der die Cola spendiert hat, nimmt Petra beim Abschied zur Seite und flüstert ihr ins Ohr, dass er sie morgen nachmittag zum Eisessen einladen möchte, gerne ohne Frauke. Er nennt ihr ein Eiscafé und eine Uhrzeit und sie schenkt ihm ein Lächeln und ein »Vielleicht …«
[ 5]Es gelingt ihnen tatsächlich, Carola davon zu überzeugen, dass sie den Film ›23‹ gesehen und einen ausgelassenen Mädelsabend mit Schmink- und Tanz-Übungen verlebt haben. So lassen sich auch die Make-up-Reste gut erklären und dass sie beide reichlich verschwitzt sind. Petra kann in dieser Nacht lange nicht einschlafen. Adrian, der geht ihr nicht aus dem Sinn. Sie hat wenig Gelegenheit gehabt, ihm näher zu kommen, aber seine Blicke … Es kommt ihr so vor, als wenn sie ihn schon ewig kennt. Da ist eine Vertrautheit, größer als bei Carola, mit der sie ihr ganzes Leben verbracht hat. Und gleichzeitig die Faszination des Geheimnisvollen. In seiner Nähe fühlt sie sich geborgen. – Ob das Liebe ist? Sie kann es kaum erwarten, ihn morgen nachmittag wiederzusehen. Es wird wieder nicht ohne Lügen gehen: Ihre Mütter würden niemals erlauben, dass sie einen erwachsenen Mann trifft. Wahrscheinlich würden sie auch bei einem Gleichaltrigen schon Einwände haben. Aber sie können sie ja wohl nicht am Sonntagnachmittag zu Hause einsperren, nur weil sie normalerweise Sonntagnachmittag zu Hause bleibt.