Acqua alta

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Walther

Mitglied
Acqua alta


Er hat sein haus auf triftigen
gründen gebaut & die gründen
tief in der wässrigen stille

auf sand am hang rutschend
die risse in seiner fassade
mäandern wie seine falten

altern ist schwerstarbeit &
unter bezahlt man schichtet
ein leben lang rund um die

uhr & wird zum zeit zeugen
der sein gedächtnis ab legt
auf schwankendem grunde

fundamente gepfählt die
wasser steigen nicht nur in
der lagune wenn die flut drückt
 

HerbertH

Mitglied
eine ganz andere lagunenstätte als die am morgen-meer.
gut gefällen mir vor allem erste strophe mit den
triftigen gründen sowie die gepfählten fundamente.

Liebe Grüße

Herbert
 
A

Architheutis

Gast
Werter Walther,

einige

Um
brü
che

mog isch hia ned, aber das Teil hier kann alles:

unter bezahlt man schichtet
ein leben lang rund um die
Viele brechen sich hier einen ab mit lyrischer Sozialkritik, Du hast mal eben die Richtschnur dafür gelegt. Bravo! ;-)

Gruß,
Archi
 

Pola Lilith

Mitglied
ein interessantes Poem

ja, das gefällt mir mal wieder, lieber Walther

auch wenn manchmal die Brüche mir ein wenig noch zu angestrengt erscheinen, i.d. philosophischen Sichtweise jedoch kann ich sie akzeptieren.

Ein Poem, das zum Nachdenken zwingt - und das ist gut so.

Besonders gefällt mir

"....die
wasser steigen nicht nur in
der lagune wenn die flut drückt"

und es ist ja so still, so wässrig, so triftig im sinn verloren, vergeblich also - ich hoffe nur für dich, dass du auch mal wieder die kraft spürst, die in allem liegt und der es sich nur zuzuwenden gilt, da deine zeilen nach dieser langen zeit, die ich mal wieder hier reingeschaut habe, mir schon sehr deprimiert erscheinen (ich glaube, früher war es nicht so). Also, lieber Walther, älter zu werden bedeutet auch, über vielem zu stehen, sich freuen zu können, wo der Jüngere verständnislos bleibt. lb gruß, pola
 

Pola Lilith

Mitglied
noch e. kleiner Nachtrag zu meinem Kommentar

das habe ich gerade in meiner Kladde gefunden, aus 1992:



Der dich nicht zurückruft


Welch ein Aberglaube, mit zunehmenden Jahren würde sich
die Rasantheit der Gedanken, der Herzschlag des Lebens

abschwächen. - Jetzt erst recht

gesellt sich zu der Angst
die Gier nach der letzten großen Freude.

Und so durchwanderst du eine gedachte Zukunft,
die sich mehr und mehr entfernt,
je größer deine Schritte werden

vor dem, der dich nicht zurückruft...

Pola Lilith
 
A

Architheutis

Gast
@Pola Lilith

ich weiß nicht, in welcher Welt Du lebst, aber in unserer haben wir gerade "Acqua alta" = Hochwasser.

und es ist ja so still, so wässrig, so triftig im sinn verloren, vergeblich also - ich hoffe nur für dich, dass du auch mal wieder die kraft spürst,

(Rebel Without a Cause)
 

Walther

Mitglied
hi herbert,

du hast den finger wie immer in die wunde gelegt! :)

danke und lg w.


lb pola, lb archi,

in der tat ist acqua alta - und die lagune ist unser aller venedig. aber das ist sicherlich dem interessierten beobachter sofort aufgefallen.

der text ist voll solcher offensichtlichkeiten, deren erkennen transzendieren erfordert - und das zulassen von assoziativem lesen, was langsamkeit voraussetzt und durch die schreibung befördert wird. ich saß einige zeit an diesem stück sprache. es war mühevoller als vieles, was ich sonst schreibe.

man kann den text aus vielen blickwinkeln betrachten. das ist seine absicht. er ist glasklare kritik und gehört in meinen zyklus "hinter das wort (ge)kommen".

es ist viel zu sagen, fangen wir damit an, etwas zu tun.

danke, ihr lieben, für eure begleitung auf dieser strecke.

lg w.
 
Früher, lieber Walther, habe ich deine Lyrik sehr geschätzt.
Heute kann ich nicht viel damit anfangen. Folgendes registriere ich als Rechtschreibfehler:
& / unter bezahlt/ zeit zeugen/ ab legt

Doch du hast ja so viele Verehrer und „Begreifer“, dass meine Meinung nicht viel zählt.

Es grüßt Marie-Luise
 
Lieber Walther,
ich hoffe nicht, dass du glaubst, ich hätte dir die 4 gegeben.
Ich würde nie anonym voten.
Ich gebe auch nie eine schlechte Note für das, was ich nicht richtig verstehe.

Es grüßt dich
Marie-Luise
 

Walther

Mitglied
lb marie-luise,

wie du weißt, nehme ich mir die freiheit, gedichte traditionell http://www.leselupe.de/lw/titel-Nachtwandelnd-113022.htm und nicht traditionell zu schreiben. ich arbeite parallel an 4 zyklen, von denen einer wohl im herbst erscheinen wird. :)

davon sind je zwei traditionell und zwei "neuartig" geschrieben.

mir ist bewußt, daß ich mit beiden formen der lyrik unterschiedliche menschen anspreche, und bitte um verzeihung und verständnis bei beiden lesergruppen, daß ich mir die freiheit nehme, beides zu tun. acu wenn ich sie damit vielleicht enttäusche.

danke dafür!

lg w.

ps: jeder hat das recht, einen text nicht gut - also unterdurchschnittlich - zu finden. schön wäre es, zu erfahren, warum das so ist. dann würde ich mich auch nicht nur unterdurchschnittlich freuen, sondern wirklich. jeder braucht kritik, um weiterzukommen.
 

Label

Mitglied
Lieber Walther

ich mag deine gewaltherten kernsinnigen Perspektiven so wie dieses hier (ich weiß das war ein ziemlicher mundvoll - aus meiner Sicht aber eine präzisierende Beschreibung deiner Gedichte).

Was mir daran gefällt ist: der eine rote Faden der zwar ungenannt bleibt, sich aber durch Bilder mit wechselnder Perspektive erschließt. Das gibt diesem Gedicht nach meiner Meinung eine Tiefe ohne auszuufern, gibt indirekt (so von hinten durch die Brust ins Auge) ein Areal vor, das es auszuloten gilt.

mir gefällt es gut.

Ich könnte mir aber vorstellen, dass dein Gedicht mit diesen Änderungen etwas einfacher zu lesen und zu verarbeiten ist:

Er hat sein haus auf triftigen
gründen gebaut & die gründen
tief in der wässrigen stille

auf sand im[blue][/blue] hang rutschen[red][strike]d[/strike][/red]
die risse in seiner fassade
mäandern wie seine falten

altern ist schwerstarbeit &
unter bezahlt man schichtet
ein leben lang rund um die

uhr & wird zum zeit zeugen
der sein gedächtnis ab legt
auf schwankendem grunde

fundamente [blue]pfählend[/blue] [blue](da/während/indes[/blue])die
wasser steigen nicht nur in
der lagune wenn die flut drückt


mit einem lieben Gruß
Label
 

MarenS

Mitglied
kurz und bündig: gut und interessant

Ich denke es wird je nach Gemütsverfassung und Typ gelesen, von deprimierend über anstrengend bis "spritzig, witzig" wie revilo schrieb.

Ich mag die Umbrüche durchaus.

Eine feine Art Dinge aufzuzeigen ohne den Zeigefinger zu benutzen.

die Maren
 

Walther

Mitglied
lb label

deine eintragung erfreut mich sehr.

deine vorschläge sind verständlich, treffen aber nicht die idee des textes. wenn man die schnippsel richtig ordnet, stimmt zum einen die grammatik und ist zum zweiten das einfügen von da/während/indes nicht erforderlich. die reduzierung auf das wesentliche ist das, was diese texte trägt. sie sollen eine unschärfe lassen, die der leser nach und nach auffüllt und scharf stellt.

lg w.


hi revilo,

danke für nachempfingen, weiterspinnen und werten!!!

lg w.


hi marens,

danke für die freundliche einschätzung!

lg w.
 

Lord-Barde

Mitglied
sehr gut

jedoch; unterbezahlt und zeitzeugen würde die lesart erleichtern. Sicherlich ist es aber so gewollt. Deswegen; Sehr gut
 

Walther

Mitglied
hi lord-barde,

danke für deinen freundlichen eintrag. da die schreibung eine gewisse methodik hat, verstehe ich zwar deinen hinweis, kann ihn aber leider nicht umsetzen.

es freut mich natürlich sehr, daß der text dir dennoch zusagt!

lg w.
 



 
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