Advent, Advent (Zinnober im Oktober)

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Gerd Geiser

Mitglied
Das Jesukind kommt, denn Maria kommt nieder
zum Ende des Jahres, wie jedes Jahr wieder.
Zwar ist sie im siebenten Monat erst trächtig
und damit Klein Jesus im Bauch noch sehr schmächtig,
bei Karstadt und KiK in der Dekoration
war trotzdem Entbindung, hier weihnachtet´s schon.

Der Säugling in Windeln auf Stroh fest fixiert
liegt rücklings im Fenster und scheint irritiert.
Denn drinnen im Kaufhaus auf silbrigem Schnee
singt lauthals ein Chor von der Engelsarmee.
"Ihr Kinderlein kommet, hier gibt es Rabatt",
so war schon zu lesen im Nachrichtenblatt.

Und hell strahlt der Tempel in glimmerndem Glanze,
am Christbaum aus Kunststoff hängt Firle und Fanze.
Viel chemischer Kampfstoff, als Naschwerk kaschiert,
wird trunken von Kindern zum Korb apportiert.
Es weihnachtet heftig und kontinuierlich
greift jeder ins Volle weil´s äußerst pläsierlich.

Besuche zum Fest sind nun nicht mehr erbeten,
in diesem Jahr kauft man Geschenkeraketen.
Jetzt schaltet man um auf den Autopilot,
Zu Hause ist´s dunkel, Elektrik tut not.
Und abends dann flutet auf seine Weise
ein jeder die Siedlung zur Einflugschneise.
 
A

AchterZwerg

Gast
Ach, wie nett:
Und hell strahlt der Tempel in glimmerndem Glanze,
am Christbaum aus Kunststoff hängt Firle und Fanze.
Viel chemischer Kampfstoff, als Naschwerk kaschiert,
wird trunken von Kindern zum Korb apportiert.
Es weihnachtet heftig und kontinuierlich
greift jeder ins Volle weil´s äußerst pläsierlich
Leider bleibst du auch diesmal wieder unverstanden; denn dein Vorstoß zeitigt bereits erste Nachkömmlinge.
Nicht einzeln, wie das Jesuskind, nein, massenhaft und bei Weitem nicht so schön wie dein Zinnober ... *seufz.
Obwohl: Wenn ich alle Kik-Christkindel aufaddiere, kommen schon eine Menge zusammen.
Das rechtfertigt aba nix. Höchstens im Vollrausch, durch die Fa. Ferrero verursacht:
Das Weihnachtsfest wirkt meist verblaut,
wenn stets man Cognacbohnen kaut!
Oda so.
Vorweihnachtliche Grüße
der8.
 
K

KaGeb

Gast
Sehr lustig, sehr bildhaft und sehr angenehm reimend gelesen :)
Ich bin kein Lyriker, aber ich fühlte mich als solcher fantastisch unterhalten.

LG kageb
 

Gerd Geiser

Mitglied
Liebster Leselupen Achter,

Damit ich wenigstens ein mal richtig verstanden werde tue ich folgendes kund:
Die frühzeitige Einleitung der Geburt von Maria und Josef Zimmermanns Sohn zur Umsatzsteigerung des Einzelhandels prangere ich entschieden an.
Begründung: Der perinatale Einsatz von Oxytocin wirkt sich ungünstig auf die anfängliche Mutter-Kind-Beziehung aus, führt zu Schwierigkeiten beim Stillen und nicht zuletzt zu exzessivem Schreien im Säuglingsalter (wobei die Studie offen lässt, wer mehr schreit: der Säugling oder die Mutter).
Gerade in Anbetracht der horrenden Aufgaben, denen sich ein Kind - und Jesus im Besonderen - während des weiteren Lebens ausgesetzt sieht, darf die zur Verfügung stehende Tragezeit von 9 Monaten nicht beschnitten werden. Psychische Auffälligkeiten wie z.B. die Vorstellung, direkt von Gott abzustammen oder die absichtliche Herbeiführung des eigenen gewaltsamen Todes können die Folgen sein.

Von daher fordere ich:
Rezeptpflicht für hormonelle Geburtseinleitungsbeschleuniger
ein Mitspracherecht des Partners auch bei ungeklärter Vaterschaft
Verbot einer Ausstellung der entbundenen Mutterfrucht in öffentlichen Gebäuden wie Kaufhausschaufenstern, Sparkassenfoyers, Parkhausvitrinen o.ä.
(weitere Forderungen überlege ich mir noch)

Ein "zu früh ist nie zu spät" lehne ich ab. So weit darf es nicht gekommen sein.

Von daher ist mein "Advent" auch weniger zur Erheiterung gedacht (lieber KaGeb), sondern schlicht ein Mahnmal.

Ich weiß wovon ich rede.
 

Gerd Geiser

Mitglied
Liebe Marie-Luise,
Dein Einwand ist berechtigt. Der Begriff "trächtig" führt zwangsläufig zu Irritationen.
Seine Verwendung ist dem Umstand geschuldet, dass sich auf schwanger nichts reimt und ich an der Stelle mangels Fähigkeit lange nicht weiter kam.
Anders lägen die Dinge, wenn auch für die Fauna der Begriff "Schwangerschaft" üblich wäre. Soweit ist es aber noch nicht. Doch könnte dies dazu beitragen, auch dem Tier mit Respekt und Achtung zu begegnen.
Das Reimproblem wäre aber damit auch noch nicht gelöst. Ich denke darüber nach.

Dir einen lieben Gruß,
Gerd
 
Bitte nicht ganz ernst nehmen:D

Zwar ist sie im siebenten Monat erst schwanger
Und damit Klein Jesus im Bauch noch kein langer.


Zwar setzen die Wehen zu früh bei ihr ein
Und somit ist Jesus im Bauch noch sehr klein.
 
S

suzah

Gast
hallo gerd,
sehr richtig beschrieben!
und wenn maria weiterhin in diesem jährlichen rhythmus niederkommt, so fällt bereits im übernächsten jahr weihnachten und ostern auf denselben tag.
ich kann zwar nicht so gut reimen wie du, aber so ähnlich könnte es weitergehen:

dank christkind-frühchen ist's so weit,
weihnachtszeit gleich osterzeit,
ob osterhasen, weihnachtsmänner
an der alufolie siehts der kenner,
innen die standard schokoform
nennt die industrie weihase-norm.

liebe grüße suzah
 

Gerd Geiser

Mitglied
Herrlich, suzah,
deine Weihasen-Norm. Alternativ wäre vielleicht auch "Ostermann-Norm" denkbar.
Und wenn, aus welchen Gründen auch immer, Ostern und Pfingsten auf den gleichen Tag fallen, dann feiern wir Pfosten. Und dann gibt es den Vollpfosten aus Schokolade mit Kognakfüllung und der heilige Geist fährt in die Eier ein und dann geht die P(f)ost ab.
Ich freu mich schon drauf.
 

Gerd Geiser

Mitglied
Doch, Marie-Luise, das nehme ich ernst.
Deine Vorschläge zeigen, dass an der Stelle noch was möglich ist. Ich fühle mich animiert, vielleicht noch was Eigenes zu finden.
Danke und einen lieben Gruß,
Gerd
 

Gerd Geiser

Mitglied
Wobei ich nicht so ganz weiß, bei welchem Thema wir jetzt sind, lieber Helmut.
"Zwar trägt sie ihr Kind erst im 7.ten Monat,
und noch ist ihr Bauch nicht so rund wie ein Donat,
..."
war gerade mein Thema.
Aber vielleicht ist das Überthema die Vorfreude, die Vorfreude aufs Kaufen. Denn nicht der Besitz, sondern der Erwerb bereitet den Kick. Sonst könnten wir uns ja über Jesus freuen. Aber ihn haben wir ja schon seit zweitausend Jahren.
 
A

AchterZwerg

Gast
Lieber Gerd,
ich verstehe, dass für manche das Wort "trächtig" blasphemisch oder gar frauenfeindlich klingen mag. Das wäre es in anderem Zusammenhang auch.
Hier finde ich es passend.
Die Gottesmutter wird ja durch das alljährliche Weihnachtsbrimborium mit all seinen Konsumzwängen, ekelerregenden Fressorgien, EndeSeptemberKrippen etc., gewissermaßen erst durch ihre vermeintlichen Anhänger zur Trächtigen g e m a c h t, die in "schöner" Wiederkehr ihr Frühchen austragen muss.
Darin liegt für mich die eigentliche Geschmacklosigkeit des Weihnachtsfestes selbst und der tragikomische Knalleffekt deiner Verse.
Änderungsbedarf sehe ich persönlich deshalb nicht.
Der8.

Andererseits: Zwischen einer LL-Änderung und dem Gedichtsvortrag auf deiner Kleinkunstbühne sind Variablen denkbar ... ;)
 
Mit Interesse und auch mit einem gewissen Respekt lese ich immer die Kommentare von Heidrun.
Hier kann ich ihr aber nicht zustimmen.
Trächtig auf den Menschen bezogen finde ich einfach nicht gut.
Auf die Gottesmutter bezogen ist es eine Blasphemie, die einen gläubigen Katholiken, der meistens Maria sehr verehrt, schockiert.
Doch ich habe festgestellt, dass das unselige, unpassende Wort, bis auf Thylda und mich, niemanden stört.
Also, lieber Gerd, kannst du es auch so lassen.

Man hört, dass im siebten Monat sie niederkam.
Sie nahm dann ein schmächtiges Kind in den Arm.
 
S

suzah

Gast
hallo marie-luise,

ich denke, das gedicht ist nicht so ernst gemeint, sondern sollte nur in der art eines "julklapp"-gedichtes (wie in manchen gegenden in der vorweihnachtszeit zusammen mit kleinen geschenken üblich) die jedes jahr früher einsetzende weihnachtsdeko in den geschäften, das schon im herbst erhältliche weihnachtsgebäck und den werbegesteuerten vorweihnachtlichen konsumrausch auf die schippe nehmen. ein eventuell etwas humorloser gläubiger katholik würde sich wahrscheinlich eher daran stoßen, dass maria in diesem zusammenhang überhaupt erwähnt wird als lediglich an dem wort trächtig.
witzige äußerungen im zusammenhang mit religion sind ja bekanntermaßen problematisch.

liebe grüße suzah
 

Gerd Geiser

Mitglied
Das Jesukind kommt, denn Maria kommt nieder
zum Ende des Jahres, wie jedes Jahr wieder.
Zwar ist es bis Weihnachten noch etwas hin,
doch geht das auch schneller dank Oxytocin.
Bei Karstadt und KiK in der Dekoration
war jetzt schon Entbindung. - Es wurde ein Sohn.

Der Säugling in Windeln auf Stroh fest fixiert
liegt rücklings im Fenster und scheint irritiert.
Denn drinnen im Kaufhaus auf silbrigem Schnee
singt lauthals ein Chor von der Engelsarmee.
"Ihr Kinderlein kommet, heut´ gibt es Rabatt",
so war schon zu lesen im Nachrichtenblatt.

Und hell strahlt der Tempel in glimmerndem Glanze,
am Christbaum aus Kunststoff hängt Firle und Fanze.
Viel chemischer Kampfstoff, als Naschwerk kaschiert,
wird trunken von Kindern zum Korb apportiert.
Es weihnachtet heftig und kontinuierlich
greift jeder ins Volle weil´s äußerst pläsierlich.

Besuche zum Fest sind nun nicht mehr erbeten,
der Renner sind diesmal Geschenkeraketen.
Jetzt schaltet man um auf den Autopilot,
zu Hause ist´s dunkel, Elektrik tut not.
Und abends dann flutet auf seine Weise
ein jeder die Siedlung zur Einflugschneise.
 

Gerd Geiser

Mitglied
Ich habe mir alle Eintragungen noch einmal durchgelesen und den Begriff "trächtig" jetzt rausgenommen.
Die besagte Niederkunft muss vor allem zum Kaufanreiz herhalten. Denkbar wäre ja auch ein beschränktes Zeitfenster für Weihnachtseinkäufe, wie es das für den Kauf von Sylvesterböllern schon gibt. Aber da macht die Konsumindustrie lieber aus der Schwangeren eine Trächtige, denn bei Trächtigen lässt sich ohne große Skrupel der Entbindungstermin vorverlegen. Und wir nicken es ab und freuen uns, dass wir jetzt schon kaufen dürfen.
Andererseits muss sich der Autor vor Augen halten, dass er selbst durch die Wahl dieses Begriffes der Geringschätzung von werdendem Leben bzw. schwangeren Frauen - und hier im Besonderen der Mutter Maria - bezichtigt werden kann. Das will er auch nicht.
Wie dem aus sei: der Begriff wird vielfach als geschmacklos wahrgenommen und da kann ich ihn auch rausnehmen.
Danke
und eine frohe Voradventszeit wünscht
Gerd
 
Lieber Gerd,
ich freue mich sehr über die Änderung.
Es wäre mir eine „9“ wert, doch da mein Korrekturwert so hoch ist, möchte ich deinen Notendurchschnitt nicht durcheinander bringen.
Viele Grüße
Marie-Luise
 



 
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