Alpenschlossträumereien

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Peer, was is los?

Gerade sehe ich beim Mittagessen Peer Steinbrück auf Phoenix. Ist er krank oder alt oder beides? Ich bin bis Schröder über die Sozialdemokratie hereinbach, Zigarre im grinsenden Mundwinkel, und sich nach allerlei unsinnigen, der Wirtschaft aber sicher nicht unsympathischen Globalisierungsreformen zu
Putin geflüchtet hat, um sibirisches Gas für Deutschland zu sichern oder so, jetzt natürlich kein SPD-Wähler mehr.
Trotzdem bin ich schon menschlich bestürzt über den armen Herrn Steinbrück. Warum muss dieser arme Mann denn auf seine alten Tage noch Kanzler werden? Ganz im Ernst : alle MedizinerInnen (Ärzte, Krankenschwestern oder umgekehrt) sollten sich den Mann mal anschauen.Sieht er nicht sehr grau und eingefallen aus? Was er da sich von sich gibt, versteht doch sowieso kein normaler Mensch. Ist ja auch nicht wichtig. Ich glaube, Trittin ist der Einzige, aber auch verkniffenste, der sich selbst wirklich immer noch ernst nimmt. Schon fast komisch, aber doch erschreckend. Gestern war der Herr Brüderle im Fernsehen, aus welchen Gründen auch immer und er hat erstaunlich flüssig seinen weinseligen Singsang vorgetragen, sah auch sehr abgehärmt aus. Hoffentlich nicht die Prostata.
Das muss ich mir bei einem Fläschchen Rum noch mal durch den Kopf gehen lassen. Kommt davon, wenn man nicht dauernd Fernsehen guckt. Das verwirrt. Ist nicht gut. Ab heute mindestens 2 Stunden Dauerberieselung Pflicht. Alkohol,hin Alkohol her (Unsinn: geht natürlich nur mit Alkohol). Fühle mich schon beinahe wie ein Staatsfeind. Aber ihr nehmt die schon alle Ernst?
Naja, kann schon noch 7, 8 Fläschlein Pils drauf legen. Dann verstehe ich lustigerweise auch den Herrn Brüderle ohne Probleme.

Und bereits gestern wiederum auf Phoenix sagt der durchaus nicht unzufrieden wirkende Schulsenator von Hamburg, Herr Ties Rabe, dass wir unter dem (internationalen sogar?) Durchschnitt lägen, aber (und das ist wichtig) nur knapp. also: 4 = ausreichend. Na eben. Habe ich doch als Schüler schon immer so gesehen. Geht doch schon aus statistischen Gründen gar nicht anders. Irgendjemand muss doch schließlich schlechter als die Mehrheit sein. Warum also nicht wir? Und zum ersten Mal bin ich fast schon stolz, Deutscher zu sein.
Friedrich Schiller: am deutschen Wesen soll die Welt genesen. Der hat noch mehr getrunken als ich und vielleicht sogar ich und Her Brüderle zusammen. Na gut. Warum denn nicht schlechter sein als die Meisten, wenn auch nur knapp? Vielleicht beim nächsten Vorstellungsgespräch gleich mal als Zielvorgabe vorschlagen. Prost!
 
nochmal zu Rabes Statement

Huffington Post titelt heute so: slightly above zero; a slogan for our age of diminished expectations. http://www.huffingtonpost.com/arian...utm_content=FeatureTitle&utm_term=Daily Brief
Dabei geht es zwar um amerikanische Steuer - und nicht um deutsche Schulpolitik. Gleichwohl scheint er (Rabe) aber einen Nerv der Zeit zu treffen, zum ersten Mal schon von Mad TV formuliert (da ging es um datings): lowered expectations. Arianna Huffington wollte sich aber wohl nicht auf das stilistische Niveau von MAD herablassen. Reine Augenwischerei natürlich, aber die quintessentielle Erkenntnis, die sich auch als "Be prepared for the worst but wish for the best"* oder ähnlich formulieren läßt, steht doch in deutlichem Kontrast zum sonst üblichen Hochleistungs-Fetischismus und deckt sich mit meinen persönlichen Erfahrungen (nicht nur auf mich selbst bezogen). Habe mit Bernd vor einiger Zeit über wabisabi gesprochen, bei dem das Unperfekte zum ästhetischen Maßstab erhoben wird. Dabei geht es wohl auch um eine realistischere Abbildung der Realität durch Kunst.

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*nicht von mir, googleable
 
Anglosaxophony für Ralf Langer und den Cellisten

Anglosaxophony

(also for ralf langer and the cellist and Bernd of Dresden of course, cursemenot, too.)

with a trumpet blowin
up your ears

http://youtu.be/1JugXeGdXpA
Arturo Sandoval spellin out dizzy
gillespie's A Night in Tunisia.

Poshest of the Jazzes

spillin/spellin out to me


It is wonder to myself
Oh seltsam manchmal wunderbar
that sometimes
passierts dass ich mich frage


H(is it)e did the Bluessslippp
into my innermost realms?
How did he dare
and now I have to care
bout it.

Wie kam es dass der Blues
in mein Herzgehäuse
trat?


Wie kann das sein,
How can it be that

I read everthing you ever told me,

dass ich alles, was du jemals schriebst

ins dunkelste Blaue
zurück übersetze?

Retranslating
whatever you wrote to me.


And as a consequence:
Resultat:

Du hast versagt
You did not make it.
 
A tale of 4 tongues

Es gibt zu viele Sprachen hier, wo ich wohne, und komischerweise bin ich heute auf Vietnamesinnen und orthodoxe Griechinnen gestoßen. Diese Kombination ist selbst für mich etwas neu,

Macht ja aber nichts. Lese also noch mal nach bei Horrocks und Huffman und selbstverständlich Haudricourts seminal contribution to tonogenetics: De l'origine des tons en vietnamien. 1954 im Journal Asiatique. Kambodschanisch kann ich zwar, aber Vietnamesisch ist doch noch mal ein anderes Kaliber.
So viel also dazu und jetzt schnell zurück zur Katharevousa. Warum oder warum auch nicht sollte mich dieses hochgestochene Griechisch interessieren? Wegen Kavafis, wem sonst?
 
Unter dem Glasmonnd

Unter dem Glasmond

Rhapsodie für Joseph Roth

I. Mondscheinblau

(für Hipponax)


Im royal(blau)en Abglanz
hochprozentigen Mondscheins
torkelt, säuselt
mein eingetretenes Hirn
auf abfällige Zukunft zu:

Es holpert, es stolpert
in die zynisch-warmen
Fänge erzwungenen Seins
zu; hipponaktisch zuckt
der Versfuß
jetzt auf und dann
stampft er wieder
bösartig nieder:
stramm, wenn auch
schwank
(the) end.




II.

Verkratzte Damen und alternde Junker,
schlecht verkleidete Tschechinnen und
gekrümmte Rabbis und besoffene Somalier
erscheinen mir, während ich warte
ich weiß nicht auf was.

Wir schreiben das Jahr
zweitausendundvierzehn,
an Tagen alt: 2.

Das Jahr ist noch jung
und schon vergeben (dir)
die selben harten Fratzen,
die dir im Spiegel begegnen,
starren dich an,
während sie vorübern.

Es ist ein neuer verfickter zweiter Januar:
ich stelle mein Bier neben die frische Kotze,
die verspätete Sylvesterfrösche mir da ließen.

Die fauchenden Bestien, die selben,
die in Mexico City
Frieda Kahlo
ins Exil
der scheintoten Wortemaler
zwängten,
raunen um mich herum,
die Straßenbahnen,
no streetcars named desire.


Verwehtes
III. Gastronomia Veronese

Aus welcher Stadt, welcher Provinz sie sind:
Roma, Lazio, …

Wir wagen den Versuch:
Wir kommunizieren:

un cetriolo...
'ne Zucchini-Scheibe

sie waren in Berlin,
jetzt müssen sie weg.
Rom ruft. …

In Verona müssen sie umsteigen.


IV. Die mangelnde Einsicht


Es ist ein Skandal, dass
sowas passiert: umgekippt
ist ein Döslein:
aus trat Schaum
den billigen Steinboden
benetzend.
Flüssigkeit trat aus,
trachtete abgestellte Koffer
zu tränken,

aber dann

war die mir zur Linken
schnell genug,
den Schaden abzuwenden,
und wandte sich rechts seitlich ab.

Jetz dämmern wir
nehmen ein weiteres
Bier,



V. Wie spät ist es?

Quel heure est-il?

C'est l'après-midi
de cet faune:


Nous commençons le danse comme ça:


Ich bin draußen,
es regnet nicht,
Die Koffer machen sich
wichtig, si important!
Sie rollen das Katzenkopfsteinpflaster
in die Stadt.

Sie rollen Rotunden,
in neues Leben;
der berstende “Marmor”
klippt/spricht uns
ein neues Märchen:
(post-39)


Wie wäre es, wenn
plötzlich ein Mädchen
lebenversprühend
mir erschiene,
mich umsorgte, mich hegte,
mich herausrisse
aus meiner
öden Nacht?

Ins Licht mich trüge?


Mich wichtig und bedeutsam fände,
jenseits des Deutens
mich so empfänd'
als wäre ich's wert.



VI. Vaihinger Close-up

Als ob also ich liebens – und lebenswert wäre,
kurz: als ob ich ein Liebender sei,
träumend süße Spiele spielend,
das Wagnis gewagt und
gesprungen ins Ungeheuere,

tänzte ich dann
zurück in ein anderes,
meinödiges Leben?


Un rêve! Seulement un rêve!
Ein Traum, nur ein Traum,
oder ein schäbiges Kalkül.
Nicht von ungefähr
bin ich deshalb
ein Konstruktivist.




VII. Dock of my bay

sittin on the dock of the bay,
watchin the time rollin away …*


Konstruktiv ist es die Dinge sich entwickeln lassen,
ad-hoc agieren, und Spontaneität
als einziges, als non plus ultra
das Jetzt zu praktizieren
und also zu zelebrieren.
Man könnte auch sagen,
ich lebe in den Tag hinein
und er in mich.

To put it possibly Chomskyish:
I and my day manufacture consent.

Ein unruhiges Paar,
sie Amerikanerin, er Deutscher,
wahrscheinlich bei Siemens in Richmond, Va
überbeschäftigt und nur über
Weihnachten / Neujahr
in die schneelose Heimat
hineingeschneit.

Wegen des massiven Sturmtiefs
in den Staaten verzögert sich der
Rückflug unabsehbar.
Deshalb die Rastlosigkeit
während der Rast.

Vielleicht - perhaps we can make it
via Frankfurt? - über Frankfurt?

Was das bringen soll, fragt sie leicht verblüfft;
sie ist nicht so maschinengläubig wie er.



VIII. Milchkaffee oder die Jochen Situation oder die Rubenbauer-Empörung

Es ist leichter Frost, die nasse Kälte zieht in die steifen Glieder.
Über Ab- oder besser -Entwertung ist zu berichten,
aber zuerst von Anderem, wie zum Beispiel von
den drei verrückten Polen, mit denen ich den
Bourbon – golden brown! - zusammensoff
und zwar letzte Nacht. Mein
otiec, der aus
Gdansk kam
Das N mit accent d'aigu (ń )
man stelle sich bitte, proszem, Folgendes vor:

Ich, movimu po polsku, parliere
mit den werten Herren, Bojaren
hätte ich bein-nah gesagt, aber
unter ihnen war immerhin ein echter Wojwode:
Graf soundso, man sah es am
Blick.
Er aber soff den Whiskey ganz
genauso wie sein herrlich verlottertes
Fußvolk.

Es ist zu erwarten, dass
ich Tomek und Konsorten
heute am Hauptbahnhof wiedersehe.

Das Warten überhaupt
ist über Heidegger hinaus und
Beckett einer eingehend eingängigen
Betrachtung
wert.


Voll bin ich und daran soll sich nichts ändern,
solange ich noch
(sitzen, sogar stehen)
kann.

'ner Rothaarigen, wem auch sonst,
schenke ich fünfzig Cent
für den günstigsten Kaffee.

Mira heißt sie und ist total
durchverknallt; dann nähert
sich Polypei, investigiert
ob sie, Mira, etwa heute
vernehmungsfähig und – willig wäre.

Die Polizistin, une brunette, ist
wirklich hübsch und ich
verkneife mir den schalkhaften Kommentar,
dass endlich auch
unsere braven bayerischen Ordnungshüter
jetzt
dieses trenchcoatige Blau tragen,
das Burschikose, aber ich
habe natürlich gut Lachen,
weiß ich doch, dass
die blauen Uniformen
zuerst in Baden-Württtemberg
und vielleicht noch in der Pfalz
und dem Saarland eingeführt wurden.

Im sonnigen Südwesten Deutschlands.


Warum weiß ich solche Sachen?
Weil ich mit Stuttgarter und Schwäbisch Gmünder
Polizisten in Therapie war.
Eine – und um das Vorurteil weiter zu hegen und zu pflegen -
Rothaarige, die sich rück – ge – fälligst
daneben benahm, indem sie
nachts ausbüchste und wieder eingefangen werden musste,
blieb mir in Erinnerung.
Sie trug aber, die Frivole, Zivil.


Das Rubenbauer-Trauma ereignete
sich so: Gleichgültig in welcher
wohlduftenden (Douglas-Tester)
Gewandung du auftrittst,
du bist sofort durchschaut:
es muss wohl der Underdog-Blick
sein, der dem Kassierer signalisiert,
dass du zwar als Kunde durchaus
erwünscht, aber als Penner eben nicht
bist.
Auf solcherart Verletzung,
je sublimer desto kränkender,
folgt vergebliche Wut,
die nieder gesoffen werden muss:

circulus vitiosus, n'est-ce pas?

Es gibt aber manchmal bemerkens – und berichtenswerte
Ausnahmen, wie die nette Sushi-Verkäuferin,
von der ich gratis Servietten erhielt,
oder der Serbe, der mir um acht Uhr morgends
am Totensonntag fünf Euro schenkte,
als er mich im Großstadtmühl
nach Futter suchen sah.

Nach dem zugrundeliegenden Glaubenssystem
habe ich nicht gefragt: Warum?

Ich war zu ausgehungert, um Atheist zu sein.

Quintessenz des paradigmatischen Rubenbauer- Traumas
ist das Nichtwahrgenommenwerden.

Wer masochistisch genug ist, sich solchen Situationen
auszusetzen, lese doch bitte
George Orwells “Down and out in Paris and London”.


IX. Das Sopransaxophon


Strauchelte auf der Sonnenstraße rum,
war zum Musizieren aufgelegt,
vergnügte mich mit einem argentinischen Guitaristen,
stolperte dann in ein Pianohaus,
in dem das Anspielen der Instrumente verboten war,
spielte trotzdem ungestört einen Kawasaki-Flügel an,
weder Blüthner noch Bösendorfer
waren verfügbar,
nahm danach Platz zwischen Karlsplatz und Hauptbahnhof
vis à vis eines bluesig tremolierenden
Saxophonisten, dessen Improvisationen
zwischen Stan Getz, Benny Goodman und
Eddie Harris changierten.
Ich überließ ihm meinen Schal
und er ließ es sich nicht nehmen,
mir eine Flasche Bordeaux zu spendieren,
weil ihm gefiel, was mir gefiel, was ihm einfiel.
L'Enthousiasme hieß der Wein.

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*Otis Redding singing Dock Of The Bay
 
K

kal

Gast
2 Münzen

Im Alpenschloss
träume ich mit
Serge knapp vorbei



RIP
 



 
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