am rand

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Rachel

Mitglied
Hei Mimi, mir gefällt, was dein Gedicht erzählt. Andererseits hatte ich sofort Lust Veränderungen und Erweiterungen vorzunehmen. Das hat nur zwei, drei Minuten gedauert, ist also mit einer Menge Stirnrunzeln anzusehen ... :)


am rand

ich träumte nicht
war nur kurz an deinem rande

nur kurz zu nah an deinem blick
da war alles

still in mir so still

ich glaubte
zwei lidschlägen

du hättest
irgendwo dazwischen

mich

(oder sogar uns?)
gemeint
 

Mimi

Mitglied
Liebe Rachel,
freut mich, dass mein Gedicht Dich zu einer Erweiterung/Veränderung anregen konnte ...

Das Gedicht schrieb ich ursprünglich in spanischer Sprache mit dem Titel "al borde" und habe dann eine deutsche Version oder Entsprechung verfasst.
Ich glaube die deutsche Version hinkt der Originalfassung noch etwas hinterher ...

Ich hatte im Schlussvers auch erst überlegt, ob

"du hättest uns gemeint"

nicht besser funktionieren würde.
Ich habe mich dann anders entschieden, vielleicht weil es so offener oder eine tiefere Mehrdeutigkeit in der Aussage mitschwingt.

Gruß
Mimi
 

Agnete

Mitglied
nee, es sollte sobleiben wie es ist. Eine Aussage vom Inhalt her, die sich nicht nur auf Liebesbeziehungen übertragen lässt. lG von Agnete
 

Mimi

Mitglied
"nee, es sollte sobleiben wie es ist. Eine Aussage vom Inhalt her, die sich nicht nur auf Liebesbeziehungen übertragen lässt."

... so ähnlich sehe ich das auch, liebe Agnete.
Dankeschön für Deine Rückmeldung und Bewertung!

Gruß in den Mai
Mimi
 
Liebe Mimi,

das Gedicht hat mich sofort total angesprochen. Ich finde sowohl die "Sehnsucht", wie auch die ungläubige (und erschreckende) Vorstellung wirklich erkannt worden zu sein für mich wieder. Es passt gerade wunderbar zu dem Estrella, zu Strauss und dem Zarathustra und dem Blick in das sich öffnende Blumenmeer...

mes compliments

Dio
 

anbas

Mitglied
Hallo Mimi,
da hast du eine Situation, die wohl viele kennen, in schöne Zeilen gepackt.
Wirklich gerne gelesen.
Liebe Grüße
Andreas
 

mondnein

Mitglied
Ich hatte im Schlussvers auch erst überlegt, ob

"du hättest uns gemeint"

nicht besser funktionieren würde.
nein, das "mich" ist treffgenau

zumal der Blick sich wohl weniger auf ein umfassendes "uns"verbreitet hat, sondern das lyrische Ich unmittelbar trifft

grusz, hansz
 

Rachel

Mitglied
Hei Mimi, ich las "Am Rand" zeitnah zu deinem Gedicht "Küchendialog" und verknüpfte beide, naja, ein ungefähres Stück weit, miteinander. Küchendialog als Frühstück (mit Trantüte) und Am Rand dann als das "innere" Nachstück ... womöglich beim Geschirrspülen.

Du hättest mich gemeint

gefällt mir mittlerweile besser, u. a. weil mir einfiel, wie ich letztes Jahr vor einem blühenden Sonnenblumenfeld stand - die Sonne im Rücken!

Gruß, Rachel
 

Mimi

Mitglied
Ihr Lieben,
wenn auch ein etwas verspätetes (ich musste mich erstmal akklimatisieren:)), aber dennoch herzliches Dankeschön für die vielen Rückmeldungen zu meinem Gedicht.
Hat mich sehr gefreut!

@Rachel mein Küchendialog ist wahrscheinlich eher Frühstück und inners Nachstück in einem ... nicht ganz unamüsiert versteht sich.

Gruß
Mimi
 

sufnus

Mitglied
Hey!

Ich wollte schon vor etlichen Tagen meine Begeisterung über diese schönen Zeilen kundtun - und diese Begeisterung ist auch zwischenzeitlich nicht gewichen. Also: Große Freude!

… aber unabhängig von selbiger (der Freude) hat sich noch ein Grammatikknoten in meinem Kopf gebildet, den ich tatsächlich gerade nicht so recht entwirrt bekomme. Zu hülf! :)

Nämlich: Der letzte, abhängige Satz steht im Konjunktiv, soweitsoklar. :) Aber ist das jetzt ein Konjunktiv I im Plusquamperfekt oder ein Konjunktiv II in einfacher Vergangenheit? Und welche Konjunktivform bei einer gleichzeitigen Vergangenheitsform benötigt man eigentlich korrekterweise nach der Einleitung mit "glaubte"?

Ich glaubte
Du hättest mich gemeint

Das könnte bei einer Konjunktiv I Plusquamperfektform bedeuten, dass das "meinen" noch früher erfolgt ist als das "glauben". Aber ergibt das überhaupt Sinn?

Alternativ - im Falle eines Konjunktiv II im Perfekt (gibt's das überhaupt?) - könnte der Satz bedeuten, dass das "meinen" und das "glauben" beide zeitgleich in der Vergangenheit erfolgt sind und das "meinen" auf einer irrealen Ansicht beruhte. Ist aber diese Irrealität, die durch den Konjunktiv II ggf. vermittelt wird, nicht irgendwie doppeltgemoppelt, weil ja bereits das einleitende "glauben" darauf hinweist, dass wir nicht in der Sphäre der Fakten unterwegs sind (oder ist genau aus dem Grund der Konjunktiv II gerade zwingend?). (Zur Veranschaulichung ein Beispiel in dem die Zeitenabfolge mal untern Tisch fällt und es nur um Indikativ vs. Konjunktiv I vs. Konjunktiv II geht: "Ich glaubte damals fest, die Erde ist eine Scheibe" vs. "Ich glaubte damals fest, die Erde sei eine Scheibe" vs. "Ich glaubte damals fest, die Erde wäre eine Scheibe").

Zurück zum Vorliegenden. Kann (soll) man da auch schreiben:

Ich glaubte
Du habest mich gemeint (Konjunktiv I - Perfekt)

oder

Ich glaubte
Du meintest mich (Konjunktiv II - Präsens oder Indikativ - Präteritum)

Ich bin verwirrt. Kann jemand aufdröseln?

LG!

S.
 

Mimi

Mitglied
Freut mich natürlich, lieber sufnus, dass Dich diese Zeilen beeindrucken konnte – ein herzliches Dankeschön dafür!

Mir ging es in diesem Gedicht darum, einen flüchtigen Moment zwischen Wirklichkeit und Wunsch(denken) in einem poetischen Rahmen einzufangen.
Ich behauptete mal, solche Momente aus dem Leben kennt eigentlich jeder von uns, mehr oder weniger...

Der Konjunktiv II Plusquamperfekt drückt hier eine leise Unsicherheit oder Hoffnung aus – eine subjektive Vorstellung, die nicht Wirklichkeit geworden ist. Genau das spiegelt für mein Verständnis den flüchtigen Moment zwischen zwei Lidschlägen, in dem das LyriIch kurz glaubte (oder hoffte), gemeint gewesen zu sein.
Die Form unterstreicht das Zarte, Beiläufige und Ungewisse der Szene und wirkt für mein Sprachgefühl deutlich idiomatischer und stimmungsvoller als etwa „du meintest mich“ oder „du habest mich gemeint“.


Zu Charlottes Frage:
Ich glaube, das wäre Stoff für ein weiteres Gedicht ...
Aber manchmal bleibt die Vorstellung schöner als die Realität ...


Gruß
Mimi
 

sufnus

Mitglied
Hey Mimi!
Lieben Dank für die Erklärungen!

Der Konjunktiv II Plusquamperfekt drückt hier eine leise Unsicherheit oder Hoffnung aus – eine subjektive Vorstellung, die nicht Wirklichkeit geworden ist.
[…]
Die Form unterstreicht das Zarte, Beiläufige und Ungewisse der Szene und wirkt für mein Sprachgefühl deutlich idiomatischer und stimmungsvoller als etwa „du meintest mich“ oder „du habest mich gemeint“.
Dein Hinweis, dass die gewählte Form idiomatischer sei ;) (nee: ist! :) ) als meine gedankenexperimentellen Formulierungen, ist natürlich das entscheidende Argument, wenn Du Dich (nachvollziehbarerweise) in dem Text eher an eine mündliche Sprachschicht anlehnen möchtest. :)

Was die deutsche "Schriftsprachengrammatik" angeht, gestehe ich, dass die verschiedenen nicht präsentischen Zeitformen der Konjunktive bei mir durchaus eine Schwachstelle sind.
Nach meinem (gut möglicherweise: falschen) Verständnis ist "du hättest mich gemeint" entweder ein Konjunktiv 1 (sic) im Plusquamperfekt oder ein Konjunktiv 2 im Perfekt. Einen Konjunktiv 2 im Plusquamperfekt stelle ich mir (falsch???) so vor: Du hättest mich gemeint gehabt.

Ich weiß genau: Du meinst mich. (Indikativ Präsens)
Ich weiß genau: Du hast mich gemeint. (Indikativ Perfekt)
Ich weiß genau: Du meintest mich. (Indikativ Präteritum)
Ich wusste bereits gestern genau: Im vergangenen Jahr hattest Du mich gemeint. (Indikativ Plusquamperfekt)

Ich erkläre Lutz-Ferdinand gerade, Du meinest mich (Konjunktiv 1 Präsens).
Lutz-Ferdindand nimmt gerade fälschlicherweise an, Du meintest jetzt mich (Konjunktiv 2 Präsens - vgl. die identische indikativische Präteritumform weiter oben).
Ich erklärte Lutz-Ferdinand, Du habest mich gemeint (Konjunktiv 1 Perfekt)
Lutz-Ferdinand nimmt gerade fälschlicherweise an, Du hättest gestern mich gemeint (Konjunktiv 2 Perfekt)
*Beim Konjunktiv 1 & 2 Präteritum streikt mein Hirn grad - ich tendiere dazu, dass es das nicht gibt*
Ich erklärte Lutz-Ferdinand gestern, Du hättest im vergangenen Jahr mich gemeint. (Konjunktiv 1 Plusquamperfekt - vgl. die identische Form bei Konjuktiv 2 Perfekt - ist das richtig so?! Oder muss es gar heißen: … Du habest mich gemeint gehabt (???) ).
Lutz-Ferdinand nahm gestern fälschlicherweise an, Du hättest im vergangenen Jahr mich gemeint gehabt (???? Öh?! Konkunktiv 2 Plusquamperfekt ????)

Sagt mir bitte, dass Ihr da auch nicht so aus dem Stand heraus in allen grammatischen Verästelungen durchblickt! o_O

LG!

S.
 

anbas

Mitglied
Können wir uns vielleicht darauf einigen, dass ein "gefühltes Sprachverständnis" manchmal ausreicht? :cool:
Liebe Grüße
Andreas
 

Mimi

Mitglied
Vielen Dank für deine detaillierte Rückmeldung, und ja, Du bist definitiv nicht allein damit, dass die Konjunktivformen außerhalb des Präsens ganz schön verzwickt sind/ seien können.
Ich versuche mal, das terminologisch und funktional zu entwirren:
Ich glaube, Deinen Hinweis, sufnus, verstanden zu haben ... Du hast ja schon irgendwie recht, und ich möchte meinen vorigen Kommentar gerne noch etwas präzisieren (hoffentlich nicht zum Leidwesen von Andreas :p)

Grammatikalisch korrekt heißt die Form „du hättest gemeint“ tatsächlich Konjunktiv II Perfekt.

Der Begriff „Konjunktiv II Plusquamperfekt“ wird zwar umgangssprachlich oder funktional manchmal verwendet – z. B. auf Websites wie verbformen.de – ist aber kein offizieller grammatischer Terminus in der deutschen Standardgrammatik.

Man kann also sagen:
• die Form „du hättest gemeint“ ist formal Konjunktiv II Perfekt, (gebildet aus dem Konjunktiv II von haben/sein plus Partizip Perfekt des Hauptverbs)
• sie erfüllt aber in vielen Kontexten die funktionale Rolle eines Plusquamperfekts, also Vorvergangenheit im Irrealen.

Mein erster Ausdruck war also aus funktionaler Sicht nachvollziehbar, aber nicht terminologisch exakt.

Dein Instinkt, dass sich manche der „perfekten“ Formen irgendwie doppelt oder übertrieben anfühlen (z. B. „hättest gemeint gehabt“), ist absolut berechtigt. Sie entstehen oft aus dem Versuch, zeitliche Feinheiten nachzubilden, für die das Deutsche im Konjunktiv II eigentlich keine eigene, separate Form mehr bereitstellt.

Und ja: Auch viele Linguistikstudenten (und Lehrkräfte!) kommen da nicht auf Anhieb fehlerfrei durch. Also: sehr berechtigte Fragen, und schön auf den Punkt gebracht, wie ich finde!


Nochmals Danke fürs genaue Hinsehen und Diskutieren!

Gruß
Mimi
 



 
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