Servus, zeitistsein!
Ein spannender Einstiegstext!
Mit dem Titel als Wegweiser hab ich ihn als positive Umdeutung einer Beschreibung von gewissen "Blüten" gelesen, die die Einsamkeit zu den Feiertagen so treiben kann. Hier eben die Flucht in den Weihnachtsputz, der so gründlich gemacht wird im Versuch, sich selbst zu spüren im Nachspüren der alten Stilmöbel, aber eben auch im Versuch, geliebtes Vergangenes zu ertasten in den Arabesken und Maserungen - inklusive der Ecken und Kanten!
Der Text ist also tatsächlich eine Anleitung zur Versöhnung mit der Vergangenheit und mit der Tatsache, dass von einem vielleicht einst großen Familienkreis nur noch einer übriggeblieben ist, der das Fest begeht.
Ich, die ich selbst umgeben von Stilmöbeln aufgewachsen bin, die meine Familie über die Generationen und Kriegsjahre retten konnte, aber auch solche, die sie sich später bei wachsendem Wohlstand leisten konnte, empfinde und lese daher die so liebevoll befühlten Stilmöbel im Text als Behältnisse von Erinnerungen an Weihnachten im Kreise der Lieben, die vermutlich inzwischen schon verstorben sind oder ihre eigenen Familien gegründet haben...Einsamkeit an Festtagen, allein mit den Erinnerungen an geliebte Menschen (mit Ecken und Kanten) - manchmal ist das alles, was jemand noch hat.
Schön finde ich vor allem, dass es hier nicht um das Leiden an der Einsamkeit geht. Es wurde eine Strategie gefunden, dem zu entfliehen, denn der Text legt am Schluss den Fokus auf die Freude am neuen Glanz des Inneren - also ist der Weihnachtsputz ein liebevolles Ritual, bei dem es darum geht, sich selbst eine Freude zu machen, indem man sehr bewusst nachspürt, was war und was noch ist. Und wofür man dankbar sein kann, wenn man nur möchte.
Viele schöne Metaphern lese ich hier....die Ecken, die von Staub befreit Verborgenes ans Licht bringen, die Ecken, Kanten, Arabesken der Staub weinenden alten Möbel - ein gelungener Text über Achtsamkeit, den Umgang von Verlust und das was wir in uns selbst finden.
Sehr gerne gelesen!
LG,
fee