Aristoteles (gelöscht)

Rumpelsstilzchen

Foren-Redakteur
Teammitglied
„Kennst Du den...?“
„Jau!“ (schenkelklopfend)

So ist es mir ergangen beim Lesen dieser kleinen Geschichte.
Will sagen, der Pfad 'Penner ist verkappter Lebenskünstler/Philosoph/Weiser, der Antworten und/oder Fragen hinterlässt' ist schon ziemlich ausgetreten. Brauchte nicht einmal um die nächste Satzbiegung zu schauen, um zu wissen, wie es weiter geht und zu welchem Ziel er führt. Handwerklich völlig ok, ist – mir jedenfalls – Inhalt und Aussage banal.

Achseln gezückt und entrückt
 

Retep

Mitglied
Hallo Rumpelsstilzchen,

schön, dass du dich mit dem Text beschäftigt hast,
danke für das Lob, "Handwerklich völlig ok,"


Vielleicht banal, aber real, habe den Mann kennen gelernt.

Gruß

Retep
 

Rumpelsstilzchen

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ja, es ist tragisch: das echte Leben wird, niedergeschrieben, nur zu oft banal. Selbst Ereignisse, die uns als Beteiligte oder unmittelbare Beobachter im Innersten erschüttern, werden in den Augen des unbefangenen Lesers gewöhnlich. Und vice versa: entsprechend aufgehübscht, kann aus einer Banalität ein fesselndes Leseerlebnis werden. Die Crux mit persönlichen Erlebnissen liegt in den Assoziationen, die wir dann als Erzähler – oft ohne Wissen und Wollen – voraussetzen. Sie sind es, die 'das Besondere' ausmachen.

Mir hilft es manchmal, neben mich zu treten und die Situation von außen zu betrachten. Wenn's gut geht, bleiben die Merkwürdigkeiten erkennbar und ich muss sie nur noch in Worte fassen. Aber eben nur manchmal.

Wenn das nicht klappt, bleibt noch der Griff in die Phantasiekiste: hier ein wenig an der Erscheinung geschraubt, dort ein paar Worte im Munde verdreht und plötzlich bilden die 'Tatsachen' ab, was ich vermitteln möchte. Aus dem Passfoto wird ein Porträt, das den 'Charakter' des Plots wunderbar abbildet. Durch Überzeichnung vielleicht oder auch nur durch gezielte Beleuchtung.

Nur zu häufig wird es trotzdem nix, weshalb Du meine Anregungen nur unter Bedenkenvorbehalt aufnehmen solltest. So überhaupt verständlich ist, was ich schrieb. Mehr ist heute nicht drin; vor mir liegt noch eine unbearbeitete Gefährdungsanalyse und zwinkert nervös mit der Terminvorgabe.

Wieder in Arbeit versunken, nur eine Hand hat noch gewunken
 

Retep

Mitglied
Aristoteles

Hallo Rumpelsstilzchen,


[blue]Die Crux mit persönlichen Erlebnissen liegt in den Assoziationen, die wir dann als Erzähler – oft ohne Wissen und Wollen – voraussetzen. Sie sind es, die 'das Besondere' ausmachen[/blue]


So sehe ich das auch. Für mich war die Begegnung etwas "Besonderes", konnte ich wohl nicht rüberbringen.

Gruß

Retep
 
B

bluefin

Gast
entschuldigt, dass ich mich einmische, aber
Ja, es ist tragisch: das echte Leben wird, niedergeschrieben, nur zu oft banal. Selbst Ereignisse, die uns als Beteiligte oder unmittelbare Beobachter im Innersten erschüttern, werden in den Augen des unbefangenen Lesers gewöhnlich. Und vice versa: entsprechend aufgehübscht, kann aus einer Banalität ein fesselndes Leseerlebnis werden. Die Crux mit persönlichen Erlebnissen liegt in den Assoziationen, die wir dann als Erzähler – oft ohne Wissen und Wollen – voraussetzen. Sie sind es, die 'das Besondere' ausmachen.
kann natürlich so nicht stehenbleiben. wenn ereignisse dazu angetan sind, "beteiligte" zu erschüttern, dann liegt's ganz allein am unvermögen des autors, wenn diese erschütterung in der erzählung nicht erklärbar wird oder nicht rüberkommt: wer filmt, muss den deckel von der kamera nehmen, sonst bleibt's matt auf der scheibe.

und ebenso falsch ist die behauptung, man könne aus tinneff etwas tolles machen, indem man ihn schön verpackt. ein "monte christo" der lyrik, sozusagen? nö, nicht mal der hat nur luft eingepackt. bei dem war's ein ganzer reichstag, und der, so wissen wir alle, ist nachgerade nicht "nichts".

ohne gute idee gibt's kein gutes drehbuch, lieber @retep. deine idee mit dem belesenen penner (oder dein erlebnis mit ihm) wär an sich nicht schlecht, denn das benehmen dieser person ist alles andere als gewöhnlich: säuft nicht, redet klug, versifft die angebotene wohnung nicht sofort, geht sogar arbeiten. und der hund hat die gardinen übrig gelassen (wo war der eigentlich, während die helden auf maloche waren?)! bei dem satz
Meine Frau war gerade mit einem Mann abgehauen.
hab ich herzlich gelacht. cool!

tipp, retep: lass den penner was anstellen, was schlimmes, und lass dein lyrich keinen literaturfreak, sondern einen altruistischen borussenanhänger sein, der sich am ende an dem filosofen rächt, weil ihm dessen erklärungen über den verlust der ehefrau nicht wirklich hinweghelfen.

und schon haben wir ein drama, das auch den versiertesten literaturkenner vom hocker haut.

liebe grüße aus münchen

bluefin
 

Retep

Mitglied
Hallo bluefin,

- [blue]wenn ereignisse dazu angetan sind, "beteiligte" zu erschüttern, dann liegt's ganz allein am unvermögen des autors, wenn diese erschütterung in der erzählung nicht erklärbar wird oder nicht rüberkommt:[/blue]

Das mag zwar bei meinem Schreibversuch der Fall sein, glaube aber nicht, dass das immer zutrifft!



Gute Idee, was du da vorschlägst, wollte egentlich etwas ganz anderes schreiben. So ausgeführt, entsteht sicher eine bessere Wirkung auf Leser.Vielleicht versuche ich mal, deine Idee zu verwirklichen.

(Oder noch besser: Mach du das doch mal!)


Gruß

Retep

P.S.: Vielleicht war der Mann ja froh, dass seine Ehefrau abgehauen ist.
 

Rumpelsstilzchen

Foren-Redakteur
Teammitglied
Trau' mich kaum zu widersprechen.

Immerhin unterweist uns hier eine Literaturautorität in die ehernen Gesetze des Schreiben, die sie sicher selbst vor undenklichen Zeiten in Stein meißelte, knapp ehe unbedarfte Autoren sie zu rotbraunem Staub zerfallen ließen. War auch schon richtig ehrfürchtig erstarrt vor so absolutistischer Weisheit.

Da haut mir einer einen Wälzer in das Kreuz.

Stolpere proustend vorwärts, dann haut's mi nieder.
„Wirst Du wohl!“ tönt es von hinten.
Ich rappel mich immerhin wieder auf die Knie und rutsche in hochroter Pein vor dem hohen Thron des Leviathan zwischen lauter Banalitäten herum.
„Was suchst Du dort?“
Fast breche ich erneut nieder unter Seiner furchtbar sanften Stimme.
„Tinneff!“ Wie ein Windstoß fährt sein dröhnendes Lachen unter die beschriebenen Seiten um mich her. Er bricht ab. „Alles Tinneff.“ Sein untrügliches Kritikerauge ruht auf mir. Es ist mir furchtbar, es anzuschauen: diese milchige Trübe, die von dem unerträglichen Glanz zeugt, von dem es geblendet wurde (die ehernen Gesetze waren vormals blank).
„Ich...“
„Jaaa?“
„Ich, äh...“
„Na los doch, sag's ihm!“
Jetzt erkenne ich die Stimme. Marcel!
„Zeit.“
Ich höre, wie er näher tritt.
„Er ist auf der Suche nach Zeit.“
Ich nehme all meine Wichtigkeit zusammen und erhebe mich. „Genau! Ich bin auf der Suche nach der verlorenen Zeit. Und weißt Du was?“ Zwar bin ich ganz erschrocken über meine Tollkühnheit, aber jetzt gibt es kein Zurück mehr. Trotzig schaue ich zu dem Hüter der Literaturgesetze auf. „Ich habe Literatur gefunden!“
Marcel tritt neben mich und greift meine Hand. Ich zwinkere ihm zu. „Auf hunderten von Seiten – vollgeschrieben mit lauter Banalitäten.“
(Vorhang)

Eitel aufpoliert ist er abstolziert
 
B

bluefin

Gast
offensichtlich verkraftet hier einer begründeten widerspruch nicht und muss deshalb ausfallend werden. meintehalben.

was deine suada, lieber @rumpelstilz, mit meiner wohlmeinenden kritik an reteps text zu tun habe soll, weiß ich allerdings nicht.

tipp: blend sie aus wg. themaverfehlung.

liebe grüße aus münchen

bluefin
 
K

Karl-Hubert Hase

Gast
@Retep,

die Geschichte ist vom Thema und der Message gut. Sie hat was. Ich denke, hier etwas anpassen, dort etwas kürzen...
Wenn du sie noch einmal überarbeitest, könnte ewas draus werden, was dauerhaften Bestand hat. Stimmt mich irgendwie etwas nachdenklich, dieses Thema...

Liebe Grüße
Karl-Hubert
 

Rumpelsstilzchen

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ne, Bluefin.
Ausfallen werde ich erst, wenn ich umgefallen bin, bis dahin gieße ich höchstens ein wenig Spott aus. Zum Beispiel über Mitlupinen, die ihre Meinung stets als unverrückbare Wahrheiten verkünden. Dann juckt mich die Spottlust einfach unwiderstehlich. Charakterschwäche, ich weiß ;-)

Was aber nichts an der Fragwürdigkeit Deines Statements ändert, aus Banalitäten ließe sich kein lesenswerter Schrieb basteln. Siehe das von mir angeführte Beispiel 'Auf der Suche nach der verlorenen Zeit' von Marcel Proust:
Dieses Werk lebt geradezu über weite Strecken von der akribischen Schilderung des Gewöhnlichen. Detailverliebt lässt Proust sich seitenweise über das Kleid einer Cousine, die Inneneinrichtung des Salons oder die gähnend langweilige Konversation beim Landausflug aus. Das Verblüffende ist, wenn man sich darauf einlässt, beginnt es irgendwo zwischen der einhundertfünfzigsten und zweihundertsten Seite tatsächlich zu interessieren. So ging es mir jedenfalls.

Das Proustsche Hauptwerk ist nur ein Beispiel, wie aus Banalitäten sehr wohl ein literarisch wertvolles Werk gebacken werden kann. Wobei ich die Latte in meinem ursprünglichen Kommentar gar nicht einmal so hoch gehängt habe:
...entsprechend aufgehübscht, kann aus einer Banalität ein fesselndes Leseerlebnis werden.
Das kann auch durchaus ein humoriger Ansatz sein, der einfach angenehm unterhält und im besten Fall das Zwerchfell erschüttert. Oder ein ungewöhnlicher Blickwinkel, der dem Leser unerwartet neue Einsichten verschafft. Oder, oder, oder.

Jetzt geht’s allerdings wirklich vom Besonderen des Retepschen Werkes in das Grundsätzliche. Wenn Du es austragen magst, trenne ich die Diskussion hier ab und wir – und wer sonst noch mitspielen will – fechten im Lupanum weiter.

Aber bitte nicht mit dem Beidhandschwert des allwissenden Welterklärers; erstens wird mir die Sache dann zu blutig und zweitens bin ich dem nicht gewachsen. Als LeichtgeWicht, bevorzuge ich die schmale Klinge der persönlichen Ansicht. Die darf dann auch spitz sein, so lange sie mit Witz geschärft ist.

Lud mit Grinseblitzen zum Schmisseritzen
 
Hallo Retep,

mir hat deine Geschichte gut gefallen. Sie ist ruhig, ohne Aufsehens - sie "plätschert"; allerdings ist das keinesfalls negativ zu bewerten! Eine gute Geschichte muss nicht unbedingt mit "Action" gespickt sein. Gerne gelesen.

Ich möchte dich auf zwei Dinge aufmerksam machen, die mich ein bißchen störten.

Meine Frau war gerade mit einem Mann abgehauen. Ich konnte ihr das eigentlich nicht übel nehmen.
Das ist witzig. Aber mit unbewiesenen Behauptungen habe ich so meine Schwierigkeiten: Warum denn? Hat er jede Woche einen anderen Penner mit nach Hause gebracht? Für mich fehlt, warum er ihr das nicht übel nehmen konnte.

Zum anderen behältst du in deiner wörtlichen Rede haargenau die Sprache deines Erzählers bei. Darum geht sie ein wenig unter. Durch Eigenarten in der wörtlichen Rede könntest du viel besser Besonderheiten eines Menschen herausarbeiten. Du könntest ihn lebendiger machen.

Viele Grüße

Huck
 

Retep

Mitglied
Hallo Huck,

Das ist witzig. Aber mit unbewiesenen Behauptungen habe ich so meine Schwierigkeiten: Warum denn? Hat er jede Woche einen anderen Penner mit nach Hause gebracht? Für mich fehlt, warum er ihr das nicht übel nehmen konnte.
- Ich meine, eine Rolle für die Geschichte spielt nur, dass seine Frau abgehauen ist. Das Warum halte ich für unwichtig. (für die Geschichte)



Zum anderen behältst du in deiner wörtlichen Rede haargenau die Sprache deines Erzählers bei. Darum geht sie ein wenig unter. Durch Eigenarten in der wörtlichen Rede könntest du viel besser Besonderheiten eines Menschen herausarbeiten. Du könntest ihn lebendiger machen
.

Das sehe ich jetzt auch wie du, werde es irgendwann ändern.

Danke für deinen hilfreichen Kommentar.

Gruß

Retep
 



 
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