Lieber Walther,
die korrekte Einhaltung von Versmaß und Sprachmelodie haben dich veranlasst, einigen Formulierungen zu verwenden, gegen die sich aber mein Sprachempfinden sträubt.
Ich versuche, deinen Text zu analysieren und Änderungsvorschläge zu unterbreiten.
Die Liebe, der Sex und die Leiche, das Geld:
So dreht sich um immer das Gleiche die Welt.
Sie dreht sich und dreht sich – es nimmt gar kein Ende,
Die Welt um die Sonne – und nichts geht behände.
Das So im zweiten Vers impliziert, dass vorher gesagt wird, auf welche Weise etwas geschieht, wie in „Recht und billig, so soll es sein.“ Das Gedicht lebt von den Aufzählungen im Nominativ. Somit lässt sich am ersten Vers nicht leicht etwas ändern, also solltest du den zweiten Vers etwas umbauen.
Das Sie im dritten Vers bezieht sich klarerweise auf die vorher genannte Welt. Denke ich mir die Einschübe nach den Gedankenstrichen einmal weg, erhalte ich den Satz: „Sie dreht sich und dreht sich die Welt um die Sonne.“ Klingt komisch. Das Problem ist leicht zu lösen, wenn man das Sie durch Es ersetzt.
Verworren geschrien – als ob sich dies lohnte,
Das dauernde Keifen – das keinen verschonte.
In „als ob sich dies lohnte“ ist lohnte der Konjunktiv in der Bedeutung von „als ob sich das lohnen würde“.
Im nächsten Vers gibt der Konjunktiv keinen Sinn: „– das keinen verschonen würde“? Es verschont ja keinen. Auch als Imperfekt passt es nicht so richtig. Eigentlich müsste dort das Präsens stehen, was aber wegen Reim und Metrik nicht geht. Mein Änderungsvorschlag (Mit dem noch macht das Imperfekt jetzt Sinn.):
Verworren geschrien – als ob sich das lohnte,
[blue]Der[/blue] dauernde [blue]Zank[/blue] – [blue]der noch[/blue] keinen verschonte.
Das Hadern, das Morden, das Neiden und Stehlen:
So rast durch die Zeiten ein Leiden und Quälen.
Sie dreht sich und dreht sich – ach ging es zu Ende -
Die Welt um die Sonne – ach wär eine Wende.
Auch hier würde ich das So im zweiten Vers durch eine Umstellung beseitigen. Das Sie im dritten Vers hängt überhaupt in der Luft. Auch hier hilft der Ersatz mit Es, die Welt kommt dann im vierten Vers nach.
„ach wär eine Wende.“ Ist für mich keine sinnvolle Form. Vielleicht einfach: „das wär eine Wende“.
Und hier der ganze Text mit meinen Änderungsvorschlägen:
Die Liebe, der Sex und die Leiche, das Geld:
[blue]Um immer das Gleiche dreht sich doch[/blue] die Welt.
[blue]Es[/blue] dreht sich und dreht sich – es nimmt gar kein Ende,
Die Welt um die Sonne – und nichts geht behände.
Das Bruddeln, das Streiten, die Wut und der Zorn:
Das Hassen ist Lust, voller Glut und verworrn.
Verworren geschrien – als ob sich dies lohnte,
[blue]Der[/blue] dauernde [blue]Zank[/blue] – [blue]der noch[/blue] keinen verschonte.
Das Hadern, das Morden, das Neiden und Stehlen:
[blue]Und quer durch die Zeit rasen[/blue] Leiden und Quälen.
[blue]Es[/blue] dreht sich und dreht sich – ach ging es zu Ende -
Die Welt um die Sonne – [blue]das[/blue] wär eine Wende.
MfG Rudolph