ausklang

4,50 Stern(e) 2 Bewertungen

Perry

Mitglied
ausklang

gerade noch loderte die sonne überm horizont
lockte eine meerjungfrau am klippenrand selbst
die grashaut auf den dünenbuckeln rötete sich

nun sitzen möwen auf den geeisten uferfelsen
die welt träumt sich ins weiß eines winterschlafs
hinter gardinen wechseln tango in fadoklänge

an der tür wo hände abschied nehmen bleibt
die stille zurück setzt sich ungebeten mit ans
feuer schreibt tiefe noten ins neujahrskonzert
 

Perry

Mitglied
Hallo Karl,
danke fürs Reflektieren!
Neben dem Vergehen des Sommers, soll der Text auch noch von einer Liebe erzählen, die den Sprung ins neue jahr nicht geschafft hat
LG
Manfred
 
G

Gelöschtes Mitglied 21589

Gast
Hallo Perry,

genau wie Karl Feldkamp finde ich, dass dein Gedicht sehr starke Bilder malt. Diese zeichnet eine gewisse Einfachheit aus, aber genau das macht sie für mich noch eindrücklicher. Gerade so konkrete Impressionen wie in den Versen 3 und 4 fallen mir dabei besonders positiv auf.

Vers 5 dagegen fällt für mich etwas ab, weil hier die Bildebene verlassen wird (die welt träumt sich) und diese Zeile in meinen Augen die Grenze zum Kitsch überschreitet.

Sehr gefallen hat mir dagegen wieder der Beginn von Strophe 3 (an der tür wo hände abschied nehmen)!

Insgesamt, wie ich finde, ein sehr starkes Gedicht, welches ich gern gelesen habe.

Herzliche Grüße
Frodomir
 

Perry

Mitglied
Hallo Frodomir,

erstmal danke für die insgesamt gute Bewertung.
Die Einschätzung
" Vers 5 dagegen fällt für mich etwas ab, weil hier die Bildebene verlassen wird (die welt träumt sich) und diese Zeile in meinen Augen die Grenze zum Kitsch überschreitet."
halte ich für überzogen, denn gerade Lyrik lebt u.a. davon das Außen und Innen aneinander zu reflektieren.
Die (Um)Welt, gehört genau so zum Außen wie die Sonne, der Horizont oder der Klippenrand und dass den Begriffen menschliches Verhalten angedichtet wird ist ebenfalls gängiger Stil. Bie den Türen hat es Dir gefallen, der (Winter)Welt dagegen unterstellst Du Kitsch.
Wenn etwas im Text nahe am "Kitsch" sein könnte, dann wohl eher die "Meerjungfrau", die hier als Metapher für eine Sommerliebe steht, die große Unterschiede der Protagonisten überbrückt und der vermutlich deshalb keinen jahresübergreifender Bestand beschieden war.
Vielleicht würde es helfen das "träumt" gegen "wiegt" zu tauschen.
LG
Manfred
 

MarieA.

Mitglied
Ich sehe es wie Frodomir, habe es schon bei der Bewertung geschrieben. Außerdem gefällt mir rein formal hier oft der Zeilenumbruch nicht. Beim "Ungereimten" unterliegt man doch keinem Zwang betreffs Silbenzahl oder Endreim. Deshalb würde ich die Gedanken/Sätze nicht so zerreißen. Oder ist es Absicht, ein Stilmittel?
LG
Marie
 

Perry

Mitglied
Hallo Marie,
klar ist das Brechen der Zeilen hier Stilmittel, denn sonst käme wohl optisch kaum die Terzettform zustande. ;)
Natürlich bin ich bestrebt die Umbrüche möglichst sinngebend (Betonung, Lesepause, Enjambement etc.) zu gestalten,
nur gelingt das nicht immer gleich gut.
LG
Manfred
 
G

Gelöschtes Mitglied 21589

Gast
Hallo Perry,

ich finde den ersten Vers der letzten Strophe besser als den von mir kritisierten, weil es durch das Substantiv tür ein konkretes Bild enthält, welches zudem aufgeladen ist mit Konnotationen von Willkommen und Abschied. Deshalb gelingt es mir in diesem Vers, eine Vorstellung von der Szenerie zu entwickeln. Das gelingt mir in Vers 5 jedoch nicht, weil das Nomen Welt meiner Meinung nach aus diesem Sprachmuster heraus fällt und im Vagen bleibt. Das Wort Kitsch sollte nicht in der Härte bei dir ankommen, wie es vielleicht geschehen ist, ich wollte damit vor allem den von mir empfundenen Kontrast zu der Qualität der anderen Zeilen deutlich machen.

Die Enjambements finde ich übrigens gut gesetzt, vor allem wieder bei Vers 7. Dort kann man das Verb bleibt sehr gut im Kontext der Tür-metapher lesen und sogar als Imperativ deuten, was dem Vers letztlich eine weitere Bedeutungsebene verleiht. So etwas mag ich gern.

Liebe Grüße
Frodomir
 



 
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