Bei dir im Schatten

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KaGe

Mitglied
Dein Atem liegt im Sand begraben.
Die Wellen schmatzen mit Genuss,
weil sie dich nicht vergessen haben:
An ihren Lippen klebt dein Kuss.

Du hast gelacht und ich gewühlt,
Die Ladung wippte auf der Haut,
Vom Sand gekitzelt und gekühlt,
bald warst du still, das Meer so laut.

Nun wär ich gern bei dir im Schatten
mit Schultern krebsrot und verschwitzt.
Ein Haufen schiffsbrüchiger Ratten,
der aufgebläht im Magen sitzt,

zerkaut dein Bild zu feuchten Spänen,
hat sich ein Nest in mir gebaut.
Der Himmel schenkt uns Sommertränen,
Bevor die Südsee dich verdaut.
 

Trist

Mitglied
Das ist toll geschrieben, KaGe.
Und irgendwie bekomme ich Sehnsucht nach dem sonnenwarmen Strand ...

Liebe Grüße
Trist
 

Outymier

Mitglied
mal eine Frage an die Bewerter: ich habe jedesmal eine draufbekommen wann ich in meinen Texten das Verb ans Ende der Zeile setzte.
 

Trist

Mitglied
KaGe - ich sehe du starrst ständig nur auf dein tolles Gedicht!
Oder bist du eingeschlafen?;)
Misch doch etwas mit - hier stehen noch andere tolle Texte!

Liebe Grüße dir
Trist
 

KaGe

Mitglied
Hahaha, ich freue mich vor allem an euren Reaktionen :D Aber du hast schon recht, Trist, die Tage wird mal kommentiert. Gestöbert habe ich heute schon ein wenig.

L'étranger, das Meer kommt die Rolle eines vampirischen Akteurs zu. Allerdings stimmt es, dass man am Ende nicht mehr mit ihm rechnet. Vielen Dank für die Rückmeldung!

Auch besten Dank an Ludwig, Didi und Trist. Ihr motiviert mich, hier im Forum aktiver zu werden :)

Allerbeste Grüße
KaGe
 

Tula

Mitglied
Hallo Outy

mal eine Frage an die Bewerter: ich habe jedesmal eine draufbekommen wann ich in meinen Texten das Verb ans Ende der Zeile setzte.

Du meinst gewiss die Umkehrung der deutschen Satzstruktur, die manche mit lyrischer Sprache verwechseln. Davon findest du hier alllerdings keine Spur, d.h. der Text ist "perfekt".

LG
Tula
 

Mimi

Mitglied
Ich kann mich der allgemeinen Begeisterung nicht anschließen...wobei ich die erste Strophe für durchaus gelungen halte.

Das liegt hauptsächlich an den beiden letzten Strophen.
Hier wird der Reimzwang mMn am deutlichsten.
Nun wär ich gern bei dir im Schatten
mit Schultern krebsrot und verschwitzt.
Ein Haufen schiffsbrüchiger Ratten,
der aufgebläht im Magen sitzt,

zerkaut dein Bild zu feuchten Spänen,
hat sich ein Nest in mir gebaut.
Der Himmel schenkt uns Sommertränen,
Bevor die Südsee dich verdaut.
Im aufgeblähten Magen sitzen schiffsbrüchige Ratten, die ein Bild zu feuchter ( am/im Wasser dürfte es ohnehin nass sein) Späne zerkauen und sich ein Nest im Inneren des LyrIch gebaut haben?
Noch mehr Drama geht wohl nicht.
Sorry, für mich klingt das too much...

Der Himmel schenkt uns Sommertränen,
Bevor die Südsee dich verdaut.
Auch in der Schlusszeile, ein Reimzwang, der jeglicher Logik entbehrt und mich als Leser etwas ratlos dafür aber unbegeistert zurücklässt.

Gruß
Mimi
 

Trist

Mitglied
Manchmal ist es einfach die Sprache die einen festhält,
der Inhalt einiger Gedichte erschließt sich mir eh nicht immer.
Aber man kann - wie hier - sich etwas in den Zeilen suchen, was zwar nicht lupenrein zu erkennen ist,
aber irgendwie zusammenpasst.
Meist liege ich dann daneben.

Vielleicht wird hier jemand am Strand eingebuddelt,
(der vermögende und gut versicherte, aber langweilig gewordene Ehemann?:D)
Und dann der Flut überlassen. Das ist natürlich herzlos. Aber Tod durch Ertrinken - dat kommt nun mal vor, im Urlaub.
Nun fängt es natürlich auch noch an zu regnen ...

"Der Himmel schenkt uns Sommertränen
bevor die Südsee dich verdaut"

Ach was solls - mir gefällt die Sprache - vielleicht taucht ja die oder der geheimnisvolle Schreiberling mal
aus der Versenkung auf und lässt uns an seinen Gedanken teilhaben.

Trist
 

KaGe

Mitglied
Noch mehr Drama geht wohl nicht.
Sorry, für mich klingt das too much...
Hey Mimi, danke für deine Rückmeldung. Ja, das lyrische Ich hat nicht alle Tassen im Schrank, das steht außer Frage. Ich finde das Drama hier allerdings nicht deplatziert. Es ist aber immer gut zu wissen, wenn etwas aufgesetzt und nicht organisch wirkt.

Das mit dem Reimzwang sehe ich anders. Warum sollte ein Meer, das küssen und genüsslich schmatzen kann, nicht auch verdauen? Dass die emotionale Sprunghaftigkeit des Sprechers allerdings auch als Willkür des Schreibers gelesen werden kann, ist gut zu wissen.



Gruß
KG
 

James Blond

Mitglied
Man mag das vielleicht als kleinkariert verachten, aber mich stört zunächst die inkonsistente Großschreibung. Die Verse 2 und 3 in S2, Vers 4 in S4 müssten nach meinem Dafürhalten mit kleinen Lettern beginnen.

Ich schreibe das, weil viele Autoren auf eine regelabweichende Groß- und/oder Kleinschreibung Wert legen, mit Großbuchstaben am Versanfang oder durchgehender Kleinschrift oder Kleinschrift mit Ausnahmen. Hier nun bin ich unsicher, ob dem eine besondere künstlerische Absicht zugrunde liegt oder nur die Flüchtigkeit, wie es für mich den Anschein hat.

Der Text allerdings wirkt geschliffen, kreuzgereimt in 4-hebigen Jamben metrisch sauber konventionell aufgebaut. Dabei fällt mir auf, dass in den Reimen durchgehend Verb auf Verb fällt und Substantiv auf Substantiv, was recht brav und bieder wirkt.

Im Gegensatz dazu steht der Inhalt. Das Bild, das er beschreibt, lässt mich zweifeln: Südseedrama oder Strandurlaubsidylle? Oder Strandurlaubsidylle mit Südseedrama? Alles will nicht so recht passen und ich lasse die Worte sprechen: Atem - Wellen - begraben - schmatzen - kitzeln - kühlen. Das klingt nach einer heißen Nummer am Strand.

Im der 3. Strophe wendet sich der Blick vom Du zum Ich, vom Vergangenen zu den gegenwärtigen Schattenseiten. Vom Du getrennt leidet das Ich an seinen Erinnerungen, um schließlich in der 4. Strophe einen Ausblick auf eine Lösung zu geben.

Das ist soweit verständlich. Ladung und Schiffsbruch umschreiben das Desaster, geblähter Magen die Folgen und Verdauung die Hoffnung auf Besserung. Dem gegenüber steht allerdings das Bild der nagenden Ratten, die sich eingenistet haben. Ratten sind allgemein zäh und destruktiv. Hier jedoch scheinen sie zugleich zu den Erlösern zu gehören, die das Ich von den Erinnerungen befreien, ein recht widersprüchliches Bild, das durch den abschließenden Bezug auf ein Uns noch verkompliziert wird.

Hmmmm – für mich wirkt der Text leider etwas unausgegoren, als stecke der Autor selbst noch tief in der ambivalenten Gefühlswelt seines Lyrischen Ichs. Das führt mich zu der Frage, ob ein guter Text lediglich das Symptom wiedergeben soll, um dem Leser die Diagnose zu überlassen. Man kann es so sehen, aber ich erwarte vom Autor mehr als nur das Abspielen seines inneren Aufnahmegerätes, mehr Verdeutlichung, Gestaltung.

Gern kommentiert.

Grüße
JB
 

KaGe

Mitglied
Man mag das vielleicht als kleinkariert verachten, aber mich stört zunächst die inkonsistente Großschreibung. Die Verse 2 und 3 in S2, Vers 4 in S4 müssten nach meinem Dafürhalten mit kleinen Lettern beginnen.

Ich schreibe das, weil viele Autoren auf eine regelabweichende Groß- und/oder Kleinschreibung Wert legen, mit Großbuchstaben am Versanfang oder durchgehender Kleinschrift oder Kleinschrift mit Ausnahmen. Hier nun bin ich unsicher, ob dem eine besondere künstlerische Absicht zugrunde liegt oder nur die Flüchtigkeit, wie es für mich den Anschein hat.
Aaah, vielen Dank für diesen Hinweis! Nein, das ist keine Absicht. Ich habe seit jeher meine Verse groß angefangen und versuche mich zurzeit umzugewöhnen. Jedes Mal, wenn ich einen Vers ausbessere oder umschreibe, falle ich in alte Muster zurück.


Hier jedoch scheinen sie zugleich zu den Erlösern zu gehören, die das Ich von den Erinnerungen befreien, ein recht widersprüchliches Bild, das durch den abschließenden Bezug auf ein Uns noch verkompliziert wird.
Da hast du recht. Diese Paradoxie mutet dem Leser viel zu. Ich könnte mich jetzt hinter den Schild der dichterischen Intention ducken, aber wenn jemand, der das Gedicht so gut durchdringt, an dieser Stelle stolpert, wird das seine Gründe haben.

Beste Grüße und danke fürs Kommentieren
KaGe
 



 
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