Bilder im Kopf

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Blumenberg

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Bilder im Kopf​


Nun hatten sie ihn doch gekriegt. Werner Fäßler saß wie zur Salzsäule erstarrt auf seinem standardisierten Bürostuhl und blickte auf das kleine Kofferradio, das in der Mitte der beiden aneinandergeschobenen Schreibtische stand. Außerstande sich zu rühren, lauschte er der Stimme, die ihn über die Einzelheiten der spektakulären Ergreifung in einem nüchtern-sachlichen Ton informiert hatte. Sie hatten ihn also gekriegt. Aber nicht irgendwie gekriegt, nicht über den offiziellen Dienstweg, über eine von Diplomaten in irgendeinem argentinischen Hinterzimmer arrangierte Vereinbarung zur Auslieferung, obwohl kein offizielles Auslieferungsabkommen bestand. Am 11. Mai war er in einem Stadtteil von Buenos Aires heimlich verhaftet und neun Tage später nach Israel verschleppt worden. An sich nichts Unerwartetes, war es doch ein offenes Geheimnis, dass sich ehemalige Nazi-Kader in Südamerika verbargen und Israel alles daran setzte, diese ausfindig zu machen. Am 3. Juni schrieb der israelische Premierminister Ben Gurion an den argentinischen Präsidenten. Keine Entschuldigung, sondern vielmehr eine Art Rechtfertigung. Man habe zwar argentinisches Recht verletzt, es handele sich aber schließlich um jenen Mann, der „den Massenmord in gigantischem und beispiellosem Maßstab über ganz Europa organsiert hat“. Sie hatten ihn sich einfach genommen und wer wäre auch nur auf den Gedanken gekommen, ihnen das Recht dazu abzusprechen. Bei jedem anderen der untergetauchten Parteimitglieder wäre Fäßlers Leben wohl in den geordneten Bahnen weiterverlaufen, die es nach dem plötzlichen Ende des tausendjährigen Reiches gerade einmal 12 Jahre nach seinem Beginn und der anschließenden Entnazifizierung eingeschlagen hatte. Doch als der Name Eichmann fiel, spürte Fäßler, dass etwas in seinem Inneren begann, an die Oberfläche zu drängen, etwas, das er zusammen mit diesen unrühmlichen Jahren durch die Weigerung, sich zu erinnern, mühsam ganz tief nach unten in sein Bewusstsein geschoben hatte.
„Ist dir nicht gut, Werner? Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen.“ Wie aus weiter Ferne drang die Stimme seines Bürokollegen zu ihm. Nur zögerlich breiteten sich die Worte in seinem auf einmal wie leergefegten Verstand aus. „Gehört!“, stieß er nach einem Moment der Stille hervor und ergänzte, als er das verdutzte Gesicht sah: „Ich habe von einem Geist gehört.“
„Ach, du meinst den Eichmann … War doch klar, dass sie den, sollte er den Krieg überlebt haben, irgendwann bekommen. Immerhin hat er es geschafft, sich fünfzehn Jahre lang dünne zu machen. Wenn du mich fragst, wird es Zeit, dass wir mit dem finsteren Kapitel abschließen. Sollen sie ihn doch ruhig vor Gericht stellen, dann wird man schon sehen, dass wir in der BRD dieses Kapitel endgültig überwunden haben und die alten Poltergeister nur noch in Südamerika herumspuken. Meinst du nicht auch?“ Fäßlers Kollege hatte nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass er während der NS-Zeit im niederen Beamtenrang im Verwaltungsarchiv des Ministeriums gearbeitet hatte. Natürlich hatte er ein Parteibuch gehabt, das hatte schließlich jeder in der Verwaltung. Nazi sei er aber nie gewesen.
Auch wenn er damit dem im Nachkriegsdeutschland so gängigen Klischee des Mitläufers ohne tiefere ideologische Bindung entsprach, glaubte Fäßler ihm seine Geschichte. Er hatte ihn in den letzten zehn Jahren gemeinsamer Arbeit als völlig desinteressiert gegenüber der Tätigkeit, die er verrichtete, kennengelernt, ebenso zeigte e sichr gegenüber dem politischen Tagesgeschehen vollständig interesselos.
Insgeheim hatte er ihn sich sogar zum Vorbild für seine eigene Rolle genommen, in die er mittlerweile so hineingewachsen war, dass sie wie eine zweite Haut seinen ursprünglichen Lebensgang überlagerte. Die Zeit zwischen dreiunddreißig und fünfundvierzig hatte er in den letzten Jahren dem Zugriff seines eigenen Bewusstseins entzogen. Er war vollständig zu Werner Fäßler, dem Archivar im Bundesministerium des Inneren, geworden, der an fünf Tagen in der Woche von acht bis siebzehn Uhr mit einer einstündigen Mittagspause seiner Arbeit nachging und in seiner eigenen Erinnerung nie etwas anderes als das gemacht hatte. Sonst gab es nur das Kind Fäßler, ein früheres, ihm fremd gewordenes Ich, das seine Kindheit und Jugend in der Weimarer Republik der 1920er-Jahre verlebt hatte. Was dazwischen lag, war eine Geschichte, die in seinen Erzählungen der seines Berufskollegen formal wie ein Ei dem anderen glich. Niedere Beamtenstelle ohne größere eigene Verantwortung und Mitglied der NSDAP. Als einer der letzten sei er, wie er damals auf Nachfrage den US-Beamten mitgeteilt hatte, in die Partei hineingerutscht. Er hatte darauf bestanden, dass ins Protokoll aufgenommen wurde, dass das Drängen seines Vorgesetzten und anderer Kollegen bei der Entscheidung eine Rolle gespielt habe, und daran glaubte er irgendwie auch. Freud hat dieses Phänomen in seinem Aufsatz zur Verneinung beschrieben. Im psychoanalytischen Verfahren wird die Verneinung als Methode der Verdrängung von traumatischen oder unliebsamen Ereignissen aus dem Bewusstsein erläutert; sie werden schlicht negiert. Er gibt uns dafür folgendes Beispiel: Ein Patient wird nach den in seinen Träumen auftauchenden Personen befragt und antwortet mit Nachdruck: „Bestimmt nicht die Mutter!“, womit er nichts anderes sagt als: „Natürlich ist es die Mutter.“ Bei dem klassischen Rechtfertigungsgang der ehemaligen NSDAP-Mitglieder ist in den meisten Fällen ein ähnliches Phänomen zu beobachten. Wenn man die Frage danach stellt, warum der Betreffende Mitglied in der Partei geworden ist, wird die Antwort lauten: „Bestimmt nicht, weil ich ein Nazi war!“ Was das eigentlich aussagen soll, wissen wir, Freud sei Dank, ja nun. Es besteht sogar Hoffnung auf Heilung in Form einer Negation der Negation. Davon wusste Werner Fäßler freilich nichts, aber er spürte sehr wohl, dass die oberflächliche Fassade des kleinen unwissenden Beamten einen Riss bekommen hatte, als der Name Eichmann so unvermittelt in den Raum hineingeklungen war. Ein Frösteln überlief ihn und gleichzeitig spürte er, dass er begann zu schwitzen.
„Werner! Verflucht! Was ist denn heute bloß los mit dir?“ Sein Arbeitskollege riss ihn wieder aus seinen Gedanken.
Fäßler sah ihn einen Augenblick lang gehetzt an, gewann aber schließlich seine Fassung wieder. „Entschuldige! … Ich … Ich weiß selbst nicht, was los ist.“
„Kanntest du den Eichmann etwa?“, hakte sein Kollege nach. „Den habe ich bestimmt nicht gekannt [s.o.]. Ein kleiner Beamter wie ich hatte doch mit den Oberen nichts zu tun“, sagte Fäßler und spürte zum ersten Mal seit Jahren wieder das Unbehagen, welches damit einherging, dass sich der Satz in seinen Ohren wieder wie eine Lüge anhörte.
„Ich frag ja bloß … und auch nur, weil du dich so sonderbar aufführst“, sagte Winkelmann und sah ihn etwas verlegen und entschuldigend an. Das Thema war gesellschaftlich dünnes Eis und Winkelmann achtete offensichtlich darauf, nicht gegen den bei seiner Generation allgemein geltenden Grundsatz zu verstoßen, nicht genauer nachzufragen, wenn das jeweilige Gegenüber nichts von sich aus über diese unselige Zeit preisgeben wollte.
„Ich meine, das ist doch jetzt sowieso Vergangenheit. Die wirklich Schuldigen haben sie erwischt und was wussten wir denn damals schon.“
„Ja, … da hast du wohl recht“, antwortete Fäßler ohne rechte Überzeugung und spürte, dass tief in ihm die verschütteten Erinnerungen ihre ganze Kraft zusammengenommen hatten und wütend danach verlangten, aus einem bloß schemenhaften Etwas auf dem Grund wieder zu einem scharfen Bild zu werden.
Er musste raus aus dem engen Büro und das möglichst, bevor die Bilder wieder über ihn hereinbrachen. Er kannte sie, aber ähnlich seinen Jugenderinnerungen waren es in den letzten Jahren die Gedanken eines früheren, anderen Ich geworden und in die Köpfe anderer Leute konnte - in Fäßlers Fall wollte - man bekanntlich nicht hineinsehen.
Fäßler sah auf die Uhr. Es war zwar erst halb fünf, aber er entschloss sich dennoch zu handeln. „Karl-Heinz, mir langt‘s für heute, ich geh heim!“, verkündete Fäßler und erhob sich von seinem Stuhl.
„Ist wohl besser so, du siehst grauenhaft aus!“, stellte sein Kollege nach einer kurzen visuellen Prüfung fest und zwinkerte ihm dann verschwörerisch zu. „Wenn mich bis fünf einer nach dir fragt, bist du irgendwo im Haus unterwegs.“
„Dank dir Karl-Heinz, du hast was gut bei mir.“ Kaum gesagt, war Fäßler auch schon zur Tür heraus und eine Minute später passierte er die Pforte des Verwaltungsarchivs. Die Erinnerungen brachen hervor, kaum dass er die Pforte passiert hatte. Ziellos lief er durch die Straßen Bonns, ohne wahrzunehmen, wo er sich gerade befand, bis er schließlich vor einer Polizeiwache stehenblieb. Er rang einen Augenblick mit sich, dann trat er durch die Tür in den Eingangsbereich der Wache ein. Ein Beamter in Uniform sah, als er eintrat, von seinen Papieren auf und bedachte ihn mit einem gelangweilten Blick. Zielstrebig marschierte er auf den Mann mittleren Alters zu. „Ich möchte mich selbst anzeigen“, kam Fäßler, ohne zu grüßen, direkt zu dem Anliegen, das ihn in die Wache hingetrieben hatte. Der Beamte musterte ihn einen Augenblick. „Wegen was für einem Delikt wollen Sie sich denn anzeigen?“, fragte er ohne sonderliches Interesse. „Beihilfe zum Völkermord“, entfuhr es Fäßler, „glaube ich“, fügte er dann kleinlaut an.
Von einem Augenblick auf den anderen wechselte der Gesichtsausdruck des Wachtmeisters von Desinteresse zu professioneller Aufmerksamkeit. „Dann schildern Sie mir doch einmal genauer, worum es geht“, forderte er Fäßler auf, der schon wieder in die plötzliche Bilderflut versunken war, die sich in sein Bewusstsein drängte.
„Es muss 1942 gewesen sein, kurz bevor wir nach Lemberg kamen, Eichmann und ich.“ Er sah sie vor sich, die Bahnhofshalle von Lemberg. Ein prachtvolles, großes Gebäude, erbaut zum sechzigjährigen Regierungsjubiläum des kaiserlich-königlichen Monarchen des Habsburgerreiches Franz Josef. Dies hatte ihm die neben ihm stehende, kleine und etwas unscheinbare Gestalt, deren Augen durch die dicken Gläser der Brille hindurch groß aussahen, ein paar Minuten zuvor erklärt. „Wir waren davor in Minsk gewesen zu einer Inspektion. Eichmann sollte einen Bericht schreiben.“ Fäßler beugte sich vor und bedeutete auch dem Beamten näherzukommen: „Über die Juden dort und wie sie erschossen werden. Wir wurden wegen irgendetwas aufgehalten und deshalb fuhr ich ihn direkt an den Platz, direkt an die Grube heran. Als wir ankamen, war die Sache schon vorbei, fast vorbei – worüber ich selbst heilfroh gewesen bin. Als ich hinkam, sah ich aber gerade noch, wie junge Schützen … mit dem Totenkopf auf den Spiegeln hier in die Grube schossen … Schossen hinein und ich sehe noch eine Frau. Arme rückwärts - und dann sind auch mir die Knie abgewankt und ich bin weg. Dann sind wir auf der Rückreise nach Lemberg gefahren und haben uns den Bahnhof angeschaut. Das Fürchterliche durch ein freundliches Bild vertreiben, hat Eichmann gesagt, also sind wir zum Bahnhof gegangen. Dann weiter zur örtlichen SS-Kommandantur und dabei gleich in die nächste Fürchterlichkeit gekommen. Obwohl man, wie der Kommandant Eichmann stolz versicherte, das Judenproblem bereits befriedigend gelöst hatte, habe ich eine andere, furchtbare Sache gesehen. Da war eine Grube gewesen, die war aber schon zu. Da quoll wie ein Geiser … ein Blutstrahl heraus. Eichmann hat‘s damit auch gereicht, also sind wir wieder nach Berlin zurückgefahren.“ Der Beamte hatte Fäßlers Schilderungen aufmerksam und staunend gelauscht. „Was haben Sie denn mit Eichmann zu tun gehabt?“, erkundigte er sich dann. „Ich war sein Fahrer bei dieser Reise“, gab Fäßler zu. „Haben Sie dort denn auch wen erschossen?“ fragte der Beamte streng und Fäßler erbleichte. „Um Himmels willen! Niemals! … Ich war doch bloß der Fahrer.“
„Sind Sie entnazifiziert worden?“, kam die nächste Frage des Wachtmeisters. „Ja, aber das hat doch nichts mit dem, was ich Ihnen erzählt habe, zu tun.“
„Doch, hat es, Sie sind entnazifiziert und damit in den Schoß der freiheitlich-demokratischen Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland zurückgekehrt. Alles andere geht mich nichts an. Sie haben ja niemanden umgebracht. Das müssen Sie dann schon mit Ihrem Gewissen ausmachen“, sagte der Wachtmeister und wies auf die Tür.
Grußlos ließ Werner Fäßler den Wachtmeister stehen und ging nach Hause.
 

DocSchneider

Foren-Redakteur
Teammitglied
Hallo Blumenberg, herzlich Willkommen in der Leselupe!

Schön, dass Du den Weg zu uns gefunden hast. Wir sind gespannt auf Deine weiteren Werke und freuen uns auf einen konstruktiven Austausch mit Dir.

Um Dir den Einstieg zu erleichtern, haben wir im 'Forum Lupanum' (unsere Plauderecke) einen Beitrag eingestellt, der sich in besonderem Maße an neue Mitglieder richtet. http://www.leselupe.de/lw/titel-Leitfaden-fuer-neue-Mitglieder-119339.htm

Ganz besonders wollen wir Dir auch die Seite mit den häufig gestellten Fragen ans Herz legen. http://www.leselupe.de/lw/service.php?action=faq

Ein interessanter Text, der so viele Themen berührt, dass einem fast schwindelig wird. Trotzdem kommt für mich zum Ausdruck, dass die Naziverbrecher normale Menschen waren. Eichmann war kein Ungeheuer. Das war ja gerade das Fatale, was vieles andere erst ermöglichte. Und bis zum Schluss hat er bekräftigt, dass er nur die Züge bereit gestellt hat. Dein Prot haut in dieselbe Kerbe, ohne es zu begreifen.

Bei "Geiser" meintest Du "Geysir", bitte ändern.


Viele Grüße von DocSchneider

Redakteur in diesem Forum
 

Blumenberg

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Nun hatten sie ihn doch gekriegt. Werner Fäßler saß wie zur Salzsäule erstarrt auf seinem standardisierten Bürostuhl und blickte auf das kleine Kofferradio, das in der Mitte der beiden aneinandergeschobenen Schreibtische stand. Außerstande sich zu rühren, lauschte er der Stimme, die ihn über die Einzelheiten der spektakulären Ergreifung in einem nüchtern-sachlichen Ton informierte. Sie hatten ihn also gekriegt. Aber nicht irgendwie gekriegt, nicht über den offiziellen Dienstweg, über eine von Diplomaten in irgendeinem argentinischen Hinterzimmer arrangierte Vereinbarung zur Auslieferung, obwohl kein offizielles Auslieferungsabkommen bestand. Am 11. Mai war er in einem Stadtteil von Buenos Aires heimlich verhaftet und neun Tage später nach Israel verschleppt worden. An sich nichts Unerwartetes, war es doch ein offenes Geheimnis, dass sich ehemalige Nazi-Kader in Südamerika verbargen und Israel alles daran setzte, diese ausfindig zu machen. Am 3. Juni schrieb der israelische Premierminister Ben Gurion an den argentinischen Präsidenten. Keine Entschuldigung, sondern vielmehr eine Art Rechtfertigung. Man habe zwar argentinisches Recht verletzt, es handele sich aber schließlich um jenen Mann, der „den Massenmord in gigantischem und beispiellosem Maßstab über ganz Europa organsiert hat“. Sie hatten ihn sich einfach genommen und wer wäre auch nur auf den Gedanken gekommen, ihnen das Recht dazu abzusprechen. Bei jedem anderen der untergetauchten Parteimitglieder wäre Fäßlers Leben wohl in den geordneten Bahnen weiterverlaufen, die es nach dem plötzlichen Ende des tausendjährigen Reiches gerade einmal 12 Jahre nach seinem Beginn und der anschließenden Entnazifizierung eingeschlagen hatte. Doch als der Name Eichmann fiel, spürte Fäßler, dass etwas in seinem Inneren begann, an die Oberfläche zu drängen, etwas, das er zusammen mit diesen unrühmlichen Jahren durch die Weigerung, sich zu erinnern, mühsam ganz tief nach unten in sein Bewusstsein geschoben hatte.
„Ist dir nicht gut, Werner? Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen.“ Wie aus weiter Ferne drang die Stimme seines Bürokollegen zu ihm. Nur zögerlich breiteten sich die Worte in seinem auf einmal wie leergefegten Verstand aus. „Gehört!“, stieß er nach einem Moment der Stille hervor und ergänzte, als er das verdutzte Gesicht sah: „Ich habe von einem Geist gehört.“
„Ach, du meinst den Eichmann … War doch klar, dass sie den, sollte er den Krieg überlebt haben, irgendwann bekommen. Immerhin hat er es geschafft, sich fünfzehn Jahre lang dünne zu machen. Wenn du mich fragst, wird es Zeit, dass wir mit dem finsteren Kapitel abschließen. Sollen sie ihn doch ruhig vor Gericht stellen, dann wird man schon sehen, dass wir in der BRD dieses Kapitel endgültig überwunden haben und die alten Poltergeister nur noch in Südamerika herumspuken. Meinst du nicht auch?“ Fäßlers Kollege hatte nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass er während der NS-Zeit im niederen Beamtenrang im Verwaltungsarchiv des Ministeriums gearbeitet hatte. Natürlich hatte er ein Parteibuch gehabt, das hatte schließlich jeder in der Verwaltung. Nazi sei er aber nie gewesen.
Auch wenn er damit dem im Nachkriegsdeutschland so gängigen Klischee des Mitläufers ohne tiefere ideologische Bindung entsprach, glaubte Fäßler ihm seine Geschichte. Er hatte ihn in den letzten zehn Jahren gemeinsamer Arbeit als völlig desinteressiert gegenüber der Tätigkeit, die er verrichtete, kennengelernt, ebenso zeigte er sich gegenüber dem politischen Tagesgeschehen vollständig interesselos.
Insgeheim hatte er ihn sich sogar zum Vorbild für seine eigene Rolle genommen, in die er mittlerweile so hineingewachsen war, dass sie wie eine zweite Haut seinen ursprünglichen Lebensgang überlagerte. Die Zeit zwischen dreiunddreißig und fünfundvierzig hatte er in den letzten Jahren dem Zugriff seines eigenen Bewusstseins entzogen. Er war vollständig zu Werner Fäßler, dem Archivar im Bundesministerium des Inneren, geworden, der an fünf Tagen in der Woche von acht bis siebzehn Uhr mit einer einstündigen Mittagspause seiner Arbeit nachging und in seiner eigenen Erinnerung nie etwas anderes als das gemacht hatte. Sonst gab es nur das Kind Fäßler, ein früheres, ihm fremd gewordenes Ich, das seine Kindheit und Jugend in der Weimarer Republik der 1920er-Jahre verlebt hatte. Was dazwischen lag, war eine Geschichte, die in seinen Erzählungen der seines Berufskollegen wie ein Ei dem anderen glich. Niedere Beamtenstelle ohne größere eigene Verantwortung und Mitglied der NSDAP. Als einer der letzten sei er, wie er damals auf Nachfrage den US-Beamten mitgeteilt hatte, in die Partei hineingerutscht. Er hatte darauf bestanden, dass ins Protokoll aufgenommen wurde, dass das Drängen seines Vorgesetzten und anderer Kollegen bei der Entscheidung eine Rolle gespielt habe, und daran glaubte er irgendwie auch. Freud hat dieses Phänomen in seinem Aufsatz zur Verneinung beschrieben. Im psychoanalytischen Verfahren wird die Verneinung als Methode der Verdrängung von traumatischen oder unliebsamen Ereignissen aus dem Bewusstsein erläutert; sie werden schlicht negiert. Er gibt uns dafür folgendes Beispiel: Ein Patient wird nach den in seinen Träumen auftauchenden Personen befragt und antwortet mit Nachdruck: „Bestimmt nicht die Mutter!“, womit er nichts anderes sagt als: „Natürlich ist es die Mutter.“ Bei dem klassischen Rechtfertigungsgang der ehemaligen NSDAP-Mitglieder war in den meisten Fällen ein ähnliches Phänomen zu beobachten. Wenn man die Frage danach stellt, warum der Betreffende Mitglied in der Partei geworden ist, wird die Antwort lauten: „Bestimmt nicht, weil ich ein Nazi war!“ Was das eigentlich aussagen soll, wissen wir, Freud sei Dank, ja nun. Es besteht sogar Hoffnung auf Heilung in Form einer Negation der Negation. Davon wusste Werner Fäßler freilich nichts, aber er spürte sehr wohl, dass die oberflächliche Fassade des kleinen unwissenden Beamten einen Riss bekommen hatte, als der Name Eichmann so unvermittelt in den Raum hineingeklungen war. Ein Frösteln überlief ihn und gleichzeitig spürte er, dass er begann zu schwitzen.
„Werner! Verflucht! Was ist denn heute bloß los mit dir?“ Sein Arbeitskollege riss ihn wieder aus seinen Gedanken.
Fäßler sah ihn einen Augenblick lang gehetzt an, gewann aber schließlich seine Fassung wieder. „Entschuldige! … Ich … Ich weiß selbst nicht, was los ist.“
„Kanntest du den Eichmann etwa?“, hakte sein Kollege nach. „Den habe ich bestimmt nicht gekannt [s.o.]. Ein kleiner Beamter wie ich hatte doch mit den Oberen nichts zu tun“, sagte Fäßler und spürte zum ersten Mal seit Jahren wieder das Unbehagen, welches damit einherging, dass sich der Satz in seinen Ohren wieder wie eine Lüge anhörte.
„Ich frag ja bloß … und auch nur, weil du dich so sonderbar aufführst“, sagte Winkelmann und sah ihn etwas verlegen und entschuldigend an. Das Thema war gesellschaftlich dünnes Eis und Winkelmann achtete offensichtlich darauf, nicht gegen den bei seiner Generation allgemein geltenden Grundsatz zu verstoßen, nicht genauer nachzufragen, wenn das jeweilige Gegenüber nichts von sich aus über diese unselige Zeit preisgeben wollte.
„Ich meine, das ist doch jetzt sowieso Vergangenheit. Die wirklich Schuldigen haben sie erwischt und was wussten wir denn damals schon.“
„Ja, … da hast du wohl recht“, antwortete Fäßler ohne rechte Überzeugung und spürte, dass tief in ihm die verschütteten Erinnerungen ihre ganze Kraft zusammengenommen hatten und wütend danach verlangten, aus einem bloß schemenhaften Etwas auf dem Grund wieder zu einem scharfen Bild zu werden.
Er musste raus aus dem engen Büro und das möglichst, bevor die Bilder wieder über ihn hereinbrachen. Er kannte sie, aber ähnlich seinen Jugenderinnerungen waren es in den letzten Jahren die Gedanken eines früheren, anderen Ich geworden und in die Köpfe anderer Leute konnte - in Fäßlers Fall wollte - man bekanntlich nicht hineinsehen.
Fäßler sah auf die Uhr. Es war zwar erst halb fünf, aber er entschloss sich dennoch zu handeln. „Karl-Heinz, mir langt‘s für heute, ich geh heim!“, verkündete Fäßler und erhob sich von seinem Stuhl.
„Ist wohl besser so, du siehst grauenhaft aus!“, stellte sein Kollege nach einer kurzen visuellen Prüfung fest und zwinkerte ihm dann verschwörerisch zu. „Wenn mich bis fünf einer nach dir fragt, bist du irgendwo im Haus unterwegs.“
„Dank dir Karl-Heinz, du hast was gut bei mir.“ Kaum gesagt, war Fäßler auch schon zur Tür heraus und eine Minute später passierte er die Pforte des Verwaltungsarchivs. Die Erinnerungen brachen hervor, kaum dass er die Pforte passiert hatte. Ziellos lief er durch die Straßen Bonns, ohne wahrzunehmen, wo er sich gerade befand, bis er schließlich vor einer Polizeiwache stehenblieb. Er rang einen Augenblick mit sich, dann trat er durch die Tür in den Eingangsbereich der Wache ein. Ein Beamter in Uniform sah, als er eintrat, von seinen Papieren auf und bedachte ihn mit einem gelangweilten Blick. Zielstrebig marschierte er auf den Mann mittleren Alters zu. „Ich möchte mich selbst anzeigen“, kam Fäßler, ohne zu grüßen, direkt zu dem Anliegen, das ihn in die Wache hingetrieben hatte. Der Beamte musterte ihn einen Augenblick. „Wegen was für einem Delikt wollen Sie sich denn anzeigen?“, fragte er ohne sonderliches Interesse. „Beihilfe zum Völkermord“, entfuhr es Fäßler, „glaube ich“, fügte er dann kleinlaut an.
Von einem Augenblick auf den anderen wechselte der Gesichtsausdruck des Wachtmeisters von Desinteresse zu professioneller Aufmerksamkeit. „Dann schildern Sie mir doch einmal genauer, worum es geht“, forderte er Fäßler auf, der schon wieder in die plötzliche Bilderflut versunken war, die sich in sein Bewusstsein drängte.
„Es muss 1942 gewesen sein, kurz bevor wir nach Lemberg kamen, Eichmann und ich.“ Er sah sie vor sich, die Bahnhofshalle von Lemberg. Ein prachtvolles, großes Gebäude, erbaut zum sechzigjährigen Regierungsjubiläum des kaiserlich-königlichen Monarchen des Habsburgerreiches Franz Josef. Dies hatte ihm die neben ihm stehende, kleine und etwas unscheinbare Gestalt, deren Augen durch die dicken Gläser der Brille hindurch groß aussahen, ein paar Minuten zuvor erklärt. „Wir waren davor in Minsk gewesen zu einer Inspektion. Eichmann sollte einen Bericht schreiben.“ Fäßler beugte sich vor und bedeutete auch dem Beamten näherzukommen: „Über die Juden dort und wie sie erschossen werden. Wir wurden wegen irgendetwas aufgehalten und deshalb fuhr ich ihn direkt an den Platz, direkt an die Grube heran. Als wir ankamen, war die Sache schon vorbei, fast vorbei – worüber ich selbst heilfroh gewesen bin. Als ich hinkam, sah ich aber gerade noch, wie junge Schützen … mit dem Totenkopf auf den Spiegeln hier in die Grube schossen … Schossen hinein und ich sehe noch eine Frau. Arme rückwärts - und dann sind auch mir die Knie abgewankt und ich bin weg. Dann sind wir auf der Rückreise nach Lemberg gefahren und haben uns den Bahnhof angeschaut. Das Fürchterliche durch ein freundliches Bild vertreiben, hat Eichmann gesagt, also sind wir zum Bahnhof gegangen. Dann weiter zur örtlichen SS-Kommandantur und dabei gleich in die nächste Fürchterlichkeit gekommen. Obwohl man, wie der Kommandant Eichmann stolz versicherte, das Judenproblem bereits befriedigend gelöst hatte, habe ich eine andere, furchtbare Sache gesehen. Da war eine Grube gewesen, die war aber schon zu. Da quoll wie ein Geiser … ein Blutstrahl heraus. Eichmann hat‘s damit auch gereicht, also sind wir wieder nach Berlin zurückgefahren.“ Der Beamte hatte Fäßlers Schilderungen aufmerksam und staunend gelauscht. „Was haben Sie denn mit Eichmann zu tun gehabt?“, erkundigte er sich dann. „Ich war sein Fahrer bei dieser Reise“, gab Fäßler zu. „Haben Sie dort denn auch wen erschossen?“ fragte der Beamte streng und Fäßler erbleichte. „Um Himmels willen! Niemals! … Ich war doch bloß der Fahrer.“
„Sind Sie entnazifiziert worden?“, kam die nächste Frage des Wachtmeisters. „Ja, aber das hat doch nichts mit dem, was ich Ihnen erzählt habe, zu tun.“
„Doch, hat es, Sie sind entnazifiziert und damit in den Schoß der freiheitlich-demokratischen Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland zurückgekehrt. Alles andere geht mich nichts an. Sie haben ja niemanden umgebracht. Das müssen Sie dann schon mit Ihrem Gewissen ausmachen“, sagte der Wachtmeister und wies auf die Tür.
Grußlos ließ Werner Fäßler den Wachtmeister stehen und ging nach Hause.
 

Blumenberg

Mitglied
Doc Schneider

Hallöchen,

vielen Dank für das nette Willkommen!

Der Geiser ist Absicht, da ich diesen Satz meinem Protagonisten in den Mund gelegt habe. Das Original ist eine Aussage Eichmanns aus dem Prozess in Israel und dort heißt es Geiser.
Ich freue mich auf weitere Anmerkungen und Kommentare.

Beste Grüße!
 

Blumenberg

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Bilder im Kopf​


Nun hatten sie ihn doch gekriegt. Werner Fäßler saß wie zur Salzsäule erstarrt auf seinem standardisierten Bürostuhl und blickte auf das kleine Kofferradio, das in der Mitte der beiden aneinandergeschobenen Schreibtische stand. Außerstande sich zu rühren, lauschte er der Stimme, die ihn über die Einzelheiten der spektakulären Ergreifung in einem nüchtern-sachlichen Ton informierte. Sie hatten ihn also gekriegt. Aber nicht irgendwie gekriegt, nicht über den offiziellen Dienstweg, über eine von Diplomaten in irgendeinem argentinischen Hinterzimmer arrangierte Vereinbarung zur Auslieferung, obwohl kein offizielles Auslieferungsabkommen bestand. Am 11. Mai war er in einem Stadtteil von Buenos Aires heimlich verhaftet und neun Tage später nach Israel verschleppt worden. An sich nichts Unerwartetes, war es doch ein offenes Geheimnis, dass sich ehemalige Nazi-Kader in Südamerika verbargen und Israel alles daran setzte, diese ausfindig zu machen. Am 3. Juni schrieb der israelische Premierminister Ben Gurion an den argentinischen Präsidenten. Keine Entschuldigung, sondern vielmehr eine Art Rechtfertigung. Man habe zwar argentinisches Recht verletzt, es handele sich aber schließlich um jenen Mann, der „den Massenmord in gigantischem und beispiellosem Maßstab über ganz Europa organsiert hat“. So hatten sie ihn sich einfach genommen und wer wäre auch nur auf den Gedanken gekommen, ihnen das Recht dazu abzusprechen. Bei jedem anderen der untergetauchten Parteimitglieder wäre Fäßlers Leben wohl in den geordneten Bahnen weiterverlaufen, die es nach dem plötzlichen Ende des tausendjährigen Reiches gerade einmal 12 Jahre nach seinem Beginn und der anschließenden Entnazifizierung eingeschlagen hatte. Doch als der Name Eichmann fiel, spürte Fäßler, dass etwas in seinem Inneren begann, an die Oberfläche zu drängen, etwas, das er zusammen mit diesen unrühmlichen Jahren durch die Weigerung, sich zu erinnern, mühsam ganz tief nach unten in sein Bewusstsein geschoben hatte.
„Ist dir nicht gut, Werner? Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen.“ Wie aus weiter Ferne drang die Stimme seines Bürokollegen zu ihm. Nur zögerlich breiteten sich die Worte in seinem auf einmal wie leergefegten Verstand aus. „Gehört!“, stieß er nach einem Moment der Stille hervor und ergänzte, als er das verdutzte Gesicht sah: „Ich habe von einem Geist gehört.“
„Ach, du meinst den Eichmann … War doch klar, dass sie den, sollte er den Krieg überlebt haben, irgendwann bekommen. Immerhin hat er es geschafft, sich fünfzehn Jahre lang dünne zu machen. Wenn du mich fragst, wird es Zeit, dass wir mit dem finsteren Kapitel abschließen. Sollen sie ihn doch ruhig vor Gericht stellen, dann wird man schon sehen, dass wir in der BRD dieses Kapitel endgültig überwunden haben und die alten Poltergeister nur noch in Südamerika herumspuken. Meinst du nicht auch?“ Fäßlers Kollege hatte nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass er während der NS-Zeit im niederen Beamtenrang im Verwaltungsarchiv des Ministeriums gearbeitet hatte. Natürlich hatte er ein Parteibuch gehabt, das hatte schließlich jeder in der Verwaltung. Nazi sei er aber nie gewesen.
Auch wenn er damit dem im Nachkriegsdeutschland so gängigen Klischee des Mitläufers ohne tiefere ideologische Bindung entsprach, glaubte Fäßler ihm seine Geschichte. Er hatte ihn in den letzten zehn Jahren gemeinsamer Arbeit als völlig desinteressiert gegenüber der Tätigkeit, die er verrichtete, kennengelernt, ebenso zeigte er sich gegenüber dem politischen Tagesgeschehen vollständig interesselos.
Insgeheim hatte er ihn sich sogar zum Vorbild für seine eigene Rolle genommen, in die er mittlerweile so hineingewachsen war, dass sie wie eine zweite Haut seinen ursprünglichen Lebensgang überlagerte. Die Zeit zwischen dreiunddreißig und fünfundvierzig hatte er auf diese Weise in den letzten Jahren dem Zugriff seines eigenen Bewusstseins entzogen. Er war vollständig zu Werner Fäßler, dem Archivar im Bundesministerium des Inneren, geworden, der an fünf Tagen in der Woche von acht bis siebzehn Uhr mit einer einstündigen Mittagspause seiner Arbeit nachging und in seiner eigenen Erinnerung nie etwas anderes als das gemacht hatte. Sonst gab es nur das Kind Fäßler, ein früheres, ihm fremd gewordenes Ich, das seine Kindheit und Jugend in der Weimarer Republik der 1920er-Jahre verlebt hatte. Was dazwischen lag, war eine Geschichte, die in seinen Erzählungen der seines Berufskollegen wie ein Ei dem anderen glich. Niedere Beamtenstelle ohne größere eigene Verantwortung und Mitglied der NSDAP. Als einer der letzten sei er, wie er damals auf Nachfrage den US-Beamten mitgeteilt hatte, in die Partei hineingerutscht. Er hatte darauf bestanden, dass ins Protokoll aufgenommen wurde, dass das Drängen seines Vorgesetzten und anderer Kollegen bei der Entscheidung eine Rolle gespielt habe, und daran glaubte er irgendwie auch. Freud hat dieses Phänomen in seinem Aufsatz zur Verneinung beschrieben. Im psychoanalytischen Verfahren wird die Verneinung als Methode der Verdrängung von traumatischen oder unliebsamen Ereignissen aus dem Bewusstsein erläutert; sie werden schlicht negiert. Er gibt uns dafür folgendes Beispiel: Ein Patient wird nach den in seinen Träumen auftauchenden Personen befragt und antwortet mit Nachdruck: „Bestimmt nicht die Mutter!“, womit er nichts anderes sagt als: „Natürlich ist es die Mutter.“ Bei dem klassischen Rechtfertigungsgang der ehemaligen NSDAP-Mitglieder war in den meisten Fällen ein ähnliches Phänomen zu beobachten. Wenn man die Frage danach stellt, warum der Betreffende Mitglied in der Partei geworden ist, wird die Antwort lauten: „Bestimmt nicht, weil ich ein Nazi war!“ Was das eigentlich aussagen soll, wissen wir, Freud sei Dank, ja nun. Es besteht sogar Hoffnung auf Heilung in Form einer Negation der Negation. Davon wusste Werner Fäßler freilich nichts, aber er spürte sehr wohl, dass die oberflächliche Fassade des kleinen unwissenden Beamten einen Riss bekommen hatte, als der Name Eichmann so unvermittelt in den Raum hineingeklungen war. Ein Frösteln überlief ihn und gleichzeitig spürte er, dass er begann zu schwitzen.
„Werner! Verflucht! Was ist denn heute bloß los mit dir?“ Sein Arbeitskollege riss ihn wieder aus seinen Gedanken.
Fäßler sah ihn einen Augenblick lang gehetzt an, gewann aber schließlich seine Fassung wieder. „Entschuldige! … Ich … Ich weiß selbst nicht, was los ist.“
„Kanntest du den Eichmann etwa?“, hakte sein Kollege nach. „Den habe ich bestimmt nicht gekannt [s.o.]. Ein kleiner Beamter wie ich hatte doch mit den Oberen nichts zu tun“, sagte Fäßler und spürte zum ersten Mal seit Jahren wieder das Unbehagen, welches damit einherging, dass sich der Satz in seinen Ohren wieder wie eine Lüge anhörte.
„Ich frag ja bloß … und auch nur, weil du dich so sonderbar aufführst“, sagte Winkelmann und sah ihn etwas verlegen und entschuldigend an. Das Thema war gesellschaftlich dünnes Eis und Winkelmann achtete offensichtlich darauf, nicht gegen den bei seiner Generation allgemein geltenden Grundsatz zu verstoßen, nicht genauer nachzufragen, wenn das jeweilige Gegenüber nichts von sich aus über diese unselige Zeit preisgeben wollte.
„Ich meine, das ist doch jetzt sowieso Vergangenheit. Die wirklich Schuldigen haben sie erwischt und was wussten wir denn damals schon.“
„Ja, … da hast du wohl recht“, antwortete Fäßler ohne Überzeugung und spürte, dass tief in ihm die verschütteten Erinnerungen ihre ganze Kraft zusammengenommen hatten und wütend danach verlangten, aus einem bloß schemenhaften Etwas auf dem Grund wieder zu einem scharfen Bild zu werden.
Er musste raus aus dem engen Büro und das möglichst, bevor die Bilder wieder über ihn hereinbrachen. Er kannte sie, aber ähnlich seinen Jugenderinnerungen waren es in den letzten Jahren die Gedanken eines früheren, anderen Ich geworden und in die Köpfe anderer Leute konnte - in Fäßlers Fall wollte - man bekanntlich nicht hineinsehen.
Fäßler sah auf die Uhr. Es war zwar erst halb fünf, aber er entschloss sich dennoch zu handeln. „Karl-Heinz, mir langt‘s für heute, ich geh heim!“, verkündete Fäßler und erhob sich von seinem Stuhl.
„Ist wohl besser so, du siehst grauenhaft aus!“, stellte sein Kollege nach einer kurzen visuellen Prüfung fest und zwinkerte ihm dann verschwörerisch zu. „Wenn mich bis fünf einer nach dir fragt, bist du irgendwo im Haus unterwegs.“
„Dank dir Karl-Heinz, du hast was gut bei mir.“ Kaum gesagt, war Fäßler auch schon zur Tür heraus und eine Minute später passierte er die Pforte des Verwaltungsarchivs. Die Erinnerungen brachen hervor, kaum dass er die Pforte passiert hatte. Ziellos lief er durch die Straßen Bonns, ohne wahrzunehmen, wo er sich gerade befand, bis er schließlich vor einer Polizeiwache stehenblieb. Er rang einen Augenblick mit sich, dann trat er durch die Tür in den Eingangsbereich der Wache ein. Ein Beamter in Uniform sah, als er eintrat, von seinen Papieren auf und bedachte ihn mit einem gelangweilten Blick. Zielstrebig marschierte er auf den Mann mittleren Alters zu. „Ich möchte mich selbst anzeigen“, kam Fäßler, ohne zu grüßen, direkt zu dem Anliegen, das ihn in die Wache hingetrieben hatte. Der Beamte musterte ihn einen Augenblick. „Wegen was für einem Delikt wollen Sie sich denn anzeigen?“, fragte er ohne sonderliches Interesse. „Beihilfe zum Völkermord“, entfuhr es Fäßler, „glaube ich“, fügte er dann kleinlaut an.
Von einem Augenblick auf den anderen wechselte der Gesichtsausdruck des Wachtmeisters von Desinteresse zu professioneller Aufmerksamkeit. „Dann schildern Sie mir doch einmal genauer, worum es geht“, forderte er Fäßler auf, der schon wieder in die plötzliche Bilderflut versunken war, die sich in sein Bewusstsein drängte.
„Es muss 1942 gewesen sein, kurz bevor wir nach Lemberg kamen, Eichmann und ich.“ Er sah sie vor sich, die Bahnhofshalle von Lemberg. Ein prachtvolles, großes Gebäude, erbaut zum sechzigjährigen Regierungsjubiläum des kaiserlich-königlichen Monarchen des Habsburgerreiches Franz Josef. Dies hatte ihm die neben ihm stehende, kleine und etwas unscheinbare Gestalt, deren Augen durch die dicken Gläser der Brille hindurch groß aussahen, ein paar Minuten zuvor erklärt. „Wir waren davor in Minsk gewesen zu einer Inspektion. Eichmann sollte einen Bericht schreiben.“ Fäßler beugte sich vor und bedeutete auch dem Beamten näherzukommen: „Über die Juden dort und wie sie erschossen werden. Wir wurden wegen irgendetwas aufgehalten und deshalb fuhr ich ihn direkt an den Platz, direkt an die Grube heran. Als wir ankamen, war die Sache schon vorbei, fast vorbei – worüber ich selbst heilfroh gewesen bin. Als ich hinkam, sah ich aber gerade noch, wie junge Schützen … mit dem Totenkopf auf den Spiegeln hier in die Grube schossen … Schossen hinein und ich sehe noch eine Frau. Arme rückwärts - und dann sind auch mir die Knie abgewankt und ich bin weg. Dann sind wir auf der Rückreise nach Lemberg gefahren und haben uns den Bahnhof angeschaut. Das Fürchterliche durch ein freundliches Bild vertreiben, hat Eichmann gesagt, also sind wir zum Bahnhof gegangen. Dann weiter zur örtlichen SS-Kommandantur und dabei gleich in die nächste Fürchterlichkeit gekommen. Obwohl man, wie der Kommandant Eichmann stolz versicherte, das Judenproblem bereits befriedigend gelöst hatte, habe ich eine andere, furchtbare Sache gesehen. Da war eine Grube gewesen, die war aber schon zu. Da quoll wie ein Geiser … ein Blutstrahl heraus. Eichmann hat‘s damit auch gereicht, also sind wir wieder nach Berlin zurückgefahren.“ Der Beamte hatte Fäßlers Schilderungen aufmerksam und staunend gelauscht. „Was haben Sie denn mit Eichmann zu tun gehabt?“, erkundigte er sich dann. „Ich war sein Fahrer bei dieser Reise“, gab Fäßler zu. „Haben Sie dort denn auch wen erschossen?“ fragte der Beamte streng und Fäßler erbleichte. „Um Himmels willen! Niemals! … Ich war doch bloß der Fahrer.“
„Sind Sie entnazifiziert worden?“, kam die nächste Frage des Wachtmeisters. „Ja, aber das hat doch nichts mit dem, was ich Ihnen erzählt habe, zu tun.“
„Doch, hat es, Sie sind entnazifiziert und damit in den Schoß der freiheitlich-demokratischen Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland zurückgekehrt. Alles andere geht mich nichts an. Sie haben ja niemanden umgebracht. Das müssen Sie dann schon mit Ihrem Gewissen ausmachen“, sagte der Wachtmeister und wies auf die Tür.
Grußlos ließ Werner Fäßler den Wachtmeister stehen und ging nach Hause.
 

onivido

Mitglied
Vor ein paar Tagen sah ich im Fernsehen eine Szene eines Films. ( natuerlich amerikanischer) Ein deutsches U-boot mit Motorenausfall sichtet ein Rettungsboot voller feindlicher Solaten. Der Kapitaen gibt den Befehl die Schiffbruechigen zu erschiessen. Der Soldat am Maschinengewaehr zoegert, er will den Befehl nicht ausfuehren,aber letztendlich schiesst er. Ich versetze mich in seine Lage. Wuerde ich schiessen oder nicht. Bei ihm koennte ich Gewissensbisse verstehen. Beim Fahrer des Monsters nicht. Alles was der sich vorwerfen koennte ist, dass er den Eichmann nicht ermordet hat, aber dann mit dem Leben davon zu kommen waere schwierig gewesen.
Auch wenn ich den Protagonisten nicht verstehe, finde ich die Geschichte sehr , sehr gut geschrieben und gut zu lesen.
Beste Gruesse///Onivido
 

Blumenberg

Mitglied
Hallo Onivido,

vielen Dank für die Rückmeldung!
was du schilderst ist ein akuter Gewissenskonflikt in (Hollywood lässt grüßen!) melodramatischer Zuspitzung, mir ging es in diesem Text eher um die Verdrängung eines Traumas und dessen plötzliche Wiederkehr durch einen zufälligen Auslöser. Außerdem: Wer kann sagen ob es sich nicht auch um mehr als eines handelt, dass der Protagonist mit sich herumträgt?
Da sich über Deutung ja bekanntlich trefflich streiten lässt, freue ich mich um so mehr, dass dir mein Text auch von der handwerklichen Seite her gefallen zu haben scheint.

Beste Grüße

Blumenberg
 

Ji Rina

Mitglied
Oha, das ist für mich schon die “Höhere Schreibkategorie”, Blumenfeld. Beim lesen solcher Texte schäme ich mich immer über mein Geschreibsel und mir wird bewusst, dass ich in diese Etage nicht mehr kommen werde (aber vielleicht im nächsten Leben? :D ) So dicht und profihaft erzählt! Zum Inhalt kann ich nichts sagen (habe erstmal “entnazifizierung” googeln müssen... Es ist mir peinlich, solch gut geschriebene Texte an irgendeiner Stelle anzuzweifeln, aber ich frag jetzt doch mal:
Wäre der Letzte Satz, mit dieser Änderung, nicht angebrachter?

„Doch, hat es, Sie sind entnazifiziert und damit in den Schoß der freiheitlich-demokratischen Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland zurückgekehrt. Alles andere geht mich nichts an. Sie haben ja niemanden umgebracht. Das müssen Sie dann schon mit Ihrem Gewissen ausmachen“, sagte der Wachtmeister und wies auf die Tür.
„Doch, hat es, Sie sind entnazifiziert und damit in den Schoß der freiheitlich-demokratischen Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland zurückgekehrt. Mich geht das nichts an. Sie haben ja niemanden umgebracht. Alles andere, müssen Sie dann schon mit Ihrem Gewissen ausmachen“, sagte der Wachtmeister und wies auf die Tür.
 

petrasmiles

Mitglied
Lieber Blumenberg,

ich fand die historische Einführung eigentlich zu lang - und dann lese ich, dass jemand 'Entnazifizierung' googeln musste und muss meine Meinung ändern. Besser so als wenn Fragen kommen, weil man zuviel vorausgesetzt hat.

Auf jeden Fall gefällt mir die Geschichte gut und der Titel 'Bilder im Kopf' bezeichnet sehr gut, worum es Dir geht. So ein bisschen ist Deine Geschichte gegen den Strich der Geschichte gebürstet, weil man eher von Leuten liest, die sich der Strafverfolgung entziehen wollten und auch keine moralische Verantwortung übernehmen wollten und da steht ein armer Tropf vor der Polizei und ist 'unschuldig', obwohl er sich nicht so fühlt.
Schöne Idee.

Liebe Grüße
Petra
 

Blumenberg

Mitglied
Hallo Ji Rina, Hallo Petra(smiles),

vielen Dank, dass ihr euch die Mühe gemacht habt nach dem Lesen sogar noch ein paar hilfreiche Anmerkungen dazulassen. Ich freue mich, dass mein Text scheinbar gut angekommen ist.

@Ji Rina: Bezüglich des letzten Abschnittes hast du mit deiner Anmerkung recht, er kommt mir bei nochmaligem Lesen ein wenig gestelzt daher.

@petrasmiles: Die historische Einführung habe ich bewusst so lange gehalten. Vielleicht ging da ein wenig zu sehr der Didaktiker mit mir durch, da ich auch Leuten, die sich in der Thematik nicht gut auskennen (und wer tut das heute noch...schnief)einen verständlichen Denkanstoss geben wollte.


Beste Grüße

Blumenberg
 

Ji Rina

Mitglied
@Blumenberg
Bezüglich des letzten Abschnittes hast du mit deiner Anmerkung recht, er kommt mir bei nochmaligem Lesen ein wenig gestelzt daher.
Beinahe klang es mir wie: Du hast ja niemanden umgelegt, das musst Du mit Deinem Gewissen ausmachen.

@Blumenberg
da ich auch Leuten, die sich in der Thematik nicht gut auskennen (und wer tut das heute noch...schnief)einen verständlichen Denkanstoss geben wollte.
Die Ausführungen der Entnazifizierung sind mir nicht unbekannt. Ich kannte den Ausdruck Entnazifizierung nicht. Jetzt doch!
 

Blumenberg

Mitglied
Hallo Ji Rina,

jetzt lerne ich warum ihr hier immer ein Quote anhängt (ich bin was die Bedienung hier angeht noch reiflich unbedarft).

Bezüglich des letzten Abschnittes hast du mit deiner Anmerkung recht, er kommt mir bei nochmaligem Lesen ein wenig gestelzt daher.
das bezog sich auf den von mir verfassten Teil, dein Vorschlag hat mir wesentlich besser gefallen als das was ich geschrieben hatte.

da ich auch Leuten, die sich in der Thematik nicht gut auskennen (und wer tut das heute noch...schnief)einen verständlichen Denkanstoss geben wollte.
das meinte mitnichten deine Anmerkung zur Entnazifizierung! Man kann nicht alles wissen und ich käme nie auf den Gedanken über so etwas zu spotten, schließlich habe ich auf anderen Gebieten (wie die richtige Bedienung dieses Forum zum Beispiel)selbst reichlich große Wissenslücken. Die Anmerkung bezieht sich auf den allersten Teil der die Ergreifung Eichmanns schildert, ich habe an der Uni mal eine Arbeit darüber verfasst und fand es ein spannendes Thema, das aber meines Erachtens nach ein wenig in Vergessenheit geraten ist.

Beste Grüße

Blumenberg
 
G

Gelöschtes Mitglied 17359

Gast
Hallo Blumenberg!

Ich habe deinen Text aufmerksam gelesen, und ich muss sagen, ich bin zwiespältig, sowohl was die Form als auch was den Inhalt betrifft.
Zum Inhalt: Du hast dir für deinen Einstand bei der LL ein schweres Thema ausgesucht, von dem du einen bestimmten Aspekt beleuchtest: Die nach dem Ende des sog. 3. Reiches einsetzende Verdrängung des Schrecklichen bei vielen Deutschen, für die dein Protagonist ein Beispiel ist. Das ist mutig und interessant. Nicht ganz überzeugend finde ich Fäßlers plötzlichen Entschluss, sich der Justiz zu stellen, wobei die Festnahme Eichmanns als Auslöser dient. Dazu ist der Verdrängungsprozess, der ja schon über fünfzehn Jahre anhielt, zu tiefgreifend.
Zur Form: Du gestaltest deinen Text im Wesentlichen in der personalen Erzählweise in der dritten Person, also aus der subjektiven Perspektive des Wenrer Fäßler. Das gibt dem Leser die Möglichkeit, mitzudenken und mitzufühlen. Dazu passt aber nicht die distanzierte Reflexion des Begriffs der Verdrängung (nach Freud); dein Protagonist kennt diesen Prozess ja, wie du schreibst, gar nicht. Auch die geschichtlichen Daten wollen nicht so recht passen zur personalen Erzählweise.

Gruß, Hyazinthe
 

Blumenberg

Mitglied
Liebe Hyazinthe,

nun finde ich endlich die Muße dir zu antworten. Zunächst einmal vielen Dank, dass dich die "schwere Kost" des Themas nicht abgeschreckt hat.
Deine Textkritik ist für mich sehr hilfreich und gerade bei deinem zweiten Punkt, dem Wechsel der personalen Erzählweise und der distanzierten Reflexion, hast du absolut Recht. Ich versuche bereits eine Lösung zu finden, die den Text auf dieser Ebene ein wenig runder macht.
Den inhaltlichen Punkt sehe ich etwas anders. Bei einem längeren Text würde ich dir recht geben, dort müsste der Übergang zurück zu den verdrängten Erlebnissen tatsächlich ausführlicher und kleinteiliger gestaltet werden. Mir ging es darum in aller Kürze zu zeigen, dass ein gründlicher Verdrängungsprozess, auch über einen langen Zeitraum, immer für eine brüchige Sache darstellt und dass die errichtete Schutzmauer um eine traumatische Erinnerung auch bei einem kleinen unscheinbar wirkenden Auslöser zu brechen vermag. Fäßlers Gang zur Justiz habe ich gewält, weil in unserer Gesellschaft die Justiz die Instanz darstellt, die Fehlverhalten und Schuld letztlich feststellen und betrafen soll. In einer Zeit, in der die eigene Vergangenheit einen tabuisierten Bereich darstellt über den zwischen Kollegen, aber auch zwischen Freunden und innerhalb der Familie nicht geredet wird, erschien mir für Fäßlers inneres Bedürfnis nach einem Zuhörer und letztlich auch nach Strafe und Absolution der neugegründete Staat als die richtige Instanz. Vor allem um ein Schlaglicht auf den Unterschied zwischen dem eigenem subjektiven Schuldempfinden und jurstistisch sanktionierbarer Schuld zu werfen. Gleichzeitig ging es mir darum zu zeigen, dass auch innerhalb der staatlichen Ordnung der Wunsch nach einem endgültigen Abschließen mit der Vergangenheit zu einer Tabuisierung führen kann und damit dazu, dass sich der Staat bzw. die Behörden einer weiteren Aufarbeitung entziehen. (Hier ließe sich beispielsweise auch das Nichtreagieren der BRD auf Hinweise zu Eichmanns Aufenthaltsort in Argentinien denken.)

Da aber auch diese Antwort wieder in den Bereich "schwerer Kost" abzudriften droht, schließe ich noch einmal mit einem ehrlich empfundenen Dank für die hilfreichen Anmerkungen.

Beste Grüße,

Blumenberg
 

jon

Mitglied
Teammitglied
Klasse Text: Plot & Struktur, Stil, Thema - eine echt runde Sache.

Vielleicht alles in allem ein wenig schwer zu lesen – vor allem „optisch“ könnte so mancher Absatz die Sache auflockern. Sprachlich ist es zwar auch nicht unbedingt süffig, aber das stört mich persönlich - insbesondere mit Blick auf den Protagonisten - fast gar nicht. (Ich kann mir aber vorstellen, dass es anderen, vor allem jüngeren Leser „verstaubt“ vorkommt.)

Die Wiedergabe des Festnahme Eichmanns erscheint mir etwas zu breitgeräumt. Die Fakten an sich sollten schon so drin sein, aber die Darbietung ist einen Tick(!) zu betulich. Vielleicht hilt aber auch hier schon, den laaaangen Absatz kleinteiliger zu strukturieren. So vielleicht (wobei man da merkt, dass an den Übergangsstellen der Klang noch optimiert werden kann.)


Nun hatten sie ihn doch gekriegt. Werner Fäßler saß wie zur Salzsäule erstarrt auf seinem standardisierten Bürostuhl und blickte auf das kleine Kofferradio, das in der Mitte der beiden aneinandergeschobenen Schreibtische stand. Außerstande sich zu rühren, lauschte er der Stimme, die ihn über die Einzelheiten der spektakulären Ergreifung in einem nüchtern-sachlichen Ton informierte.
Sie hatten ihn also gekriegt. Aber nicht irgendwie gekriegt, nicht über den offiziellen Dienstweg, über eine von Diplomaten in irgendeinem argentinischen Hinterzimmer arrangierte Vereinbarung zur Auslieferung, obwohl kein offizielles Auslieferungsabkommen bestand. Am 11. Mai war er in einem Stadtteil von Buenos Aires heimlich verhaftet und neun Tage später nach Israel verschleppt worden. An sich nichts Unerwartetes, war es doch ein offenes Geheimnis, dass sich ehemalige Nazi-Kader in Südamerika verbargen und Israel alles daran setzte, diese ausfindig zu machen.
Am 3. Juni schrieb der israelische Premierminister Ben Gurion an den argentinischen Präsidenten. Keine Entschuldigung, sondern vielmehr eine Art Rechtfertigung. Man habe zwar argentinisches Recht verletzt, es handele sich aber schließlich um jenen Mann, der „den Massenmord in gigantischem und beispiellosem Maßstab über ganz Europa organsiert hat“. So hatten sie ihn sich einfach genommen und wer wäre auch nur auf den Gedanken gekommen, ihnen das Recht dazu abzusprechen.
Bei jedem anderen der untergetauchten Parteimitglieder wäre Fäßlers Leben wohl in den geordneten Bahnen weiterverlaufen, die es nach dem plötzlichen Ende des tausendjährigen Reiches gerade einmal 12 Jahre nach seinem Beginn und der anschließenden Entnazifizierung eingeschlagen hatte. Doch als der Name Eichmann fiel, spürte Fäßler, dass etwas in seinem Inneren begann, an die Oberfläche zu drängen, etwas, das er zusammen mit diesen unrühmlichen Jahren durch die Weigerung, sich zu erinnern, mühsam ganz tief nach unten in sein Bewusstsein geschoben hatte.



… während ich das hier mache, merke ich, dass diese Passage im Rahmen der Story eigentlich überflüssig ist. Politikgeschichtlich mag das ein interessanter Aspekt sein, aber für Fäßlers Flashback ist das in höchstem Maße unerheblich.
Das fett Markierte ist auch überflüssig. Die Wertung kannst du dem Leser überlassen (so wie die Wertung der ganzen Fäßler-Story). Außerdem ist im Rahmen der Geshcichte nicht ganz klar, wer diese Wertung vornimmt. Fäßler? Der ist viel zu „geschockt“, zu sehr mit sich beschäftigt, um in der Situation sowas zu denken.
 

Blumenberg

Mitglied
Bilder im Kopf​


Nun hatten sie ihn doch gekriegt. Werner Fäßler saß wie zur Salzsäule erstarrt auf seinem standardisierten Bürostuhl und blickte auf das kleine Kofferradio, das in der Mitte der beiden aneinandergeschobenen Schreibtische stand. Außerstande sich zu rühren, lauschte er der Stimme, die ihn über die Einzelheiten der spektakulären Ergreifung in einem nüchtern-sachlichen Ton informierte.
Sie hatten ihn also gekriegt. Aber nicht irgendwie gekriegt, nicht über den offiziellen Dienstweg, über eine von Diplomaten in irgendeinem argentinischen Hinterzimmer arrangierte Vereinbarung zur Auslieferung, obwohl kein offizielles Auslieferungsabkommen bestand. Am 11. Mai war er in einem Stadtteil von Buenos Aires heimlich verhaftet und neun Tage später nach Israel verschleppt worden. An sich nichts Unerwartetes, war es doch ein offenes Geheimnis, dass sich ehemalige Nazi-Kader in Südamerika verbargen und Israel alles daran setzte, diese ausfindig zu machen. Am 3. Juni schrieb der israelische Premierminister Ben Gurion an den argentinischen Präsidenten. Keine Entschuldigung, sondern eine Rechtfertigung. Man habe zwar argentinisches Recht verletzt, es handele sich aber schließlich um jenen Mann, der „den Massenmord in gigantischem und beispiellosem Maßstab über ganz Europa organsiert hat“.
Bei jedem anderen der untergetauchten Parteimitglieder wäre Fäßlers Leben wohl in den geordneten Bahnen weiterverlaufen, die es nach dem plötzlichen Ende des tausendjährigen Reiches gerade einmal 12 Jahre nach seinem Beginn und der anschließenden Entnazifizierung eingeschlagen hatte. Doch als der Name Eichmann fiel, spürte Fäßler, dass etwas in seinem Inneren begann, an die Oberfläche zu drängen, etwas, das er zusammen mit diesen unrühmlichen Jahren durch die Weigerung, sich zu erinnern, mühsam ganz tief nach unten in sein Bewusstsein geschoben hatte.
„Ist dir nicht gut, Werner? Du siehst aus, als hättest du einen Geist gesehen.“ Wie aus weiter Ferne drang die Stimme seines Bürokollegen zu ihm. Nur zögerlich breiteten sich die Worte in seinem auf einmal wie leergefegten Verstand aus. „Gehört!“, stieß er nach einem Moment der Stille hervor und ergänzte, als er das verdutzte Gesicht sah: „Ich habe von einem Geist gehört.“
„Ach, du meinst den Eichmann … War doch klar, dass sie den, sollte er den Krieg überlebt haben, irgendwann bekommen. Immerhin hat er es geschafft, sich fünfzehn Jahre lang dünne zu machen. Wenn du mich fragst, wird es Zeit, dass wir mit dem finsteren Kapitel abschließen. Sollen sie ihn doch ruhig vor Gericht stellen, dann wird man schon sehen, dass wir in der BRD dieses Kapitel endgültig überwunden haben und die alten Poltergeister nur noch in Südamerika herumspuken. Meinst du nicht auch?“ Fäßlers Kollege hatte nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass er während der NS-Zeit im niederen Beamtenrang im Verwaltungsarchiv des Ministeriums gearbeitet hatte. Natürlich hatte er ein Parteibuch gehabt, das hatte schließlich jeder in der Verwaltung. Nazi sei er aber nie gewesen.
Auch wenn er damit dem im Nachkriegsdeutschland so gängigen Klischee des Mitläufers ohne tiefere ideologische Bindung entsprach, glaubte Fäßler ihm seine Geschichte. Er hatte ihn in den letzten zehn Jahren gemeinsamer Arbeit als völlig desinteressiert gegenüber der Tätigkeit, die er verrichtete, kennengelernt, ebenso zeigte er sich gegenüber dem politischen Tagesgeschehen vollständig interesselos.
Insgeheim hatte er ihn sich sogar zum Vorbild für seine eigene Rolle genommen, in die er mittlerweile so hineingewachsen war, dass sie wie eine zweite Haut seinen ursprünglichen Lebensgang überlagerte. Die Zeit zwischen dreiunddreißig und fünfundvierzig hatte er auf diese Weise in den letzten Jahren dem Zugriff seines eigenen Bewusstseins entzogen. Er war vollständig zu Werner Fäßler, dem Archivar im Bundesministerium des Inneren, geworden, der an fünf Tagen in der Woche von acht bis siebzehn Uhr mit einer einstündigen Mittagspause seiner Arbeit nachging und in seiner eigenen Erinnerung nie etwas anderes als das gemacht hatte. Sonst gab es nur das Kind Fäßler, ein früheres, ihm fremd gewordenes Ich, das seine Kindheit und Jugend in der Weimarer Republik der 1920er-Jahre verlebt hatte. Was dazwischen lag, war eine Geschichte, die in seinen Erzählungen der seines Berufskollegen wie ein Ei dem anderen glich. Niedere Beamtenstelle ohne größere eigene Verantwortung und Mitglied der NSDAP. Als einer der letzten sei er, wie er damals auf Nachfrage den US-Beamten mitgeteilt hatte, in die Partei hineingerutscht. Er hatte darauf bestanden, dass ins Protokoll aufgenommen wurde, dass das Drängen seines Vorgesetzten und anderer Kollegen bei der Entscheidung eine Rolle gespielt habe, und daran glaubte er irgendwie auch. Freud hat dieses Phänomen in seinem Aufsatz zur Verneinung beschrieben. Im psychoanalytischen Verfahren wird die Verneinung als Methode der Verdrängung von traumatischen oder unliebsamen Ereignissen aus dem Bewusstsein erläutert; sie werden schlicht negiert. Er gibt uns dafür folgendes Beispiel: Ein Patient wird nach den in seinen Träumen auftauchenden Personen befragt und antwortet mit Nachdruck: „Bestimmt nicht die Mutter!“, womit er nichts anderes sagt als: „Natürlich ist es die Mutter.“ Bei dem klassischen Rechtfertigungsgang der ehemaligen NSDAP-Mitglieder war in den meisten Fällen ein ähnliches Phänomen zu beobachten. Wenn man die Frage danach stellt, warum der Betreffende Mitglied in der Partei geworden ist, wird die Antwort lauten: „Bestimmt nicht, weil ich ein Nazi war!“ Was das eigentlich aussagen soll, wissen wir, Freud sei Dank, ja nun. Es besteht sogar Hoffnung auf Heilung in Form einer Negation der Negation. Davon wusste Werner Fäßler freilich nichts, aber er spürte sehr wohl, dass die oberflächliche Fassade des kleinen unwissenden Beamten einen Riss bekommen hatte, als der Name Eichmann so unvermittelt in den Raum hineingeklungen war. Ein Frösteln überlief ihn und gleichzeitig spürte er, dass er begann zu schwitzen.
„Werner! Verflucht! Was ist denn heute bloß los mit dir?“ Sein Arbeitskollege riss ihn wieder aus seinen Gedanken.
Fäßler sah ihn einen Augenblick lang gehetzt an, gewann aber schließlich seine Fassung wieder. „Entschuldige! … Ich … Ich weiß selbst nicht, was los ist.“
„Kanntest du den Eichmann etwa?“, hakte sein Kollege nach. „Den habe ich bestimmt nicht gekannt [s.o.]. Ein kleiner Beamter wie ich hatte doch mit den Oberen nichts zu tun“, sagte Fäßler und spürte zum ersten Mal seit Jahren wieder das Unbehagen, welches damit einherging, dass sich der Satz in seinen Ohren wieder wie eine Lüge anhörte.
„Ich frag ja bloß … und auch nur, weil du dich so sonderbar aufführst“, sagte Winkelmann und sah ihn etwas verlegen und entschuldigend an. Das Thema war gesellschaftlich dünnes Eis und Winkelmann achtete offensichtlich darauf, nicht gegen den bei seiner Generation allgemein geltenden Grundsatz zu verstoßen, nicht genauer nachzufragen, wenn das jeweilige Gegenüber nichts von sich aus über diese unselige Zeit preisgeben wollte.
„Ich meine, das ist doch jetzt sowieso Vergangenheit. Die wirklich Schuldigen haben sie erwischt und was wussten wir denn damals schon.“
„Ja, … da hast du wohl recht“, antwortete Fäßler ohne Überzeugung und spürte, dass tief in ihm die verschütteten Erinnerungen ihre ganze Kraft zusammengenommen hatten und wütend danach verlangten, aus einem bloß schemenhaften Etwas auf dem Grund wieder zu einem scharfen Bild zu werden.
Er musste raus aus dem engen Büro und das möglichst, bevor die Bilder wieder über ihn hereinbrachen. Er kannte sie, aber ähnlich seinen Jugenderinnerungen waren es in den letzten Jahren die Gedanken eines früheren, anderen Ich geworden und in die Köpfe anderer Leute konnte - in Fäßlers Fall wollte - man bekanntlich nicht hineinsehen.
Fäßler sah auf die Uhr. Es war zwar erst halb fünf, aber er entschloss sich dennoch zu handeln. „Karl-Heinz, mir langt‘s für heute, ich geh heim!“, verkündete Fäßler und erhob sich von seinem Stuhl.
„Ist wohl besser so, du siehst grauenhaft aus!“, stellte sein Kollege nach einer kurzen visuellen Prüfung fest und zwinkerte ihm dann verschwörerisch zu. „Wenn mich bis fünf einer nach dir fragt, bist du irgendwo im Haus unterwegs.“
„Dank dir Karl-Heinz, du hast was gut bei mir.“ Kaum gesagt, war Fäßler auch schon zur Tür heraus und eine Minute später passierte er die Pforte des Verwaltungsarchivs. Die Erinnerungen brachen hervor, kaum dass er die Pforte passiert hatte. Ziellos lief er durch die Straßen Bonns, ohne wahrzunehmen, wo er sich gerade befand, bis er schließlich vor einer Polizeiwache stehenblieb. Er rang einen Augenblick mit sich, dann trat er durch die Tür in den Eingangsbereich der Wache ein. Ein Beamter in Uniform sah, als er eintrat, von seinen Papieren auf und bedachte ihn mit einem gelangweilten Blick. Zielstrebig marschierte er auf den Mann mittleren Alters zu. „Ich möchte mich selbst anzeigen“, kam Fäßler, ohne zu grüßen, direkt zu dem Anliegen, das ihn in die Wache hingetrieben hatte. Der Beamte musterte ihn einen Augenblick. „Wegen was für einem Delikt wollen Sie sich denn anzeigen?“, fragte er ohne sonderliches Interesse. „Beihilfe zum Völkermord“, entfuhr es Fäßler, „glaube ich“, fügte er dann kleinlaut an.
Von einem Augenblick auf den anderen wechselte der Gesichtsausdruck des Wachtmeisters von Desinteresse zu professioneller Aufmerksamkeit. „Dann schildern Sie mir doch einmal genauer, worum es geht“, forderte er Fäßler auf, der schon wieder in die plötzliche Bilderflut versunken war, die sich in sein Bewusstsein drängte.
„Es muss 1942 gewesen sein, kurz bevor wir nach Lemberg kamen, Eichmann und ich.“ Er sah sie vor sich, die Bahnhofshalle von Lemberg. Ein prachtvolles, großes Gebäude, erbaut zum sechzigjährigen Regierungsjubiläum des kaiserlich-königlichen Monarchen des Habsburgerreiches Franz Josef. Dies hatte ihm die neben ihm stehende, kleine und etwas unscheinbare Gestalt, deren Augen durch die dicken Gläser der Brille hindurch groß aussahen, ein paar Minuten zuvor erklärt. „Wir waren davor in Minsk gewesen zu einer Inspektion. Eichmann sollte einen Bericht schreiben.“ Fäßler beugte sich vor und bedeutete auch dem Beamten näherzukommen: „Über die Juden dort und wie sie erschossen werden. Wir wurden wegen irgendetwas aufgehalten und deshalb fuhr ich ihn direkt an den Platz, direkt an die Grube heran. Als wir ankamen, war die Sache schon vorbei, fast vorbei – worüber ich selbst heilfroh gewesen bin. Als ich hinkam, sah ich aber gerade noch, wie junge Schützen … mit dem Totenkopf auf den Spiegeln hier in die Grube schossen … Schossen hinein und ich sehe noch eine Frau. Arme rückwärts - und dann sind auch mir die Knie abgewankt und ich bin weg. Dann sind wir auf der Rückreise nach Lemberg gefahren und haben uns den Bahnhof angeschaut. Das Fürchterliche durch ein freundliches Bild vertreiben, hat Eichmann gesagt, also sind wir zum Bahnhof gegangen. Dann weiter zur örtlichen SS-Kommandantur und dabei gleich in die nächste Fürchterlichkeit gekommen. Obwohl man, wie der Kommandant Eichmann stolz versicherte, das Judenproblem bereits befriedigend gelöst hatte, habe ich eine andere, furchtbare Sache gesehen. Da war eine Grube gewesen, die war aber schon zu. Da quoll wie ein Geiser … ein Blutstrahl heraus. Eichmann hat‘s damit auch gereicht, also sind wir wieder nach Berlin zurückgefahren.“ Der Beamte hatte Fäßlers Schilderungen aufmerksam und staunend gelauscht. „Was haben Sie denn mit Eichmann zu tun gehabt?“, erkundigte er sich dann. „Ich war sein Fahrer bei dieser Reise“, gab Fäßler zu. „Haben Sie dort denn auch wen erschossen?“ fragte der Beamte streng und Fäßler erbleichte. „Um Himmels willen! Niemals! … Ich war doch bloß der Fahrer.“
„Sind Sie entnazifiziert worden?“, kam die nächste Frage des Wachtmeisters. „Ja, aber das hat doch nichts mit dem, was ich Ihnen erzählt habe, zu tun.“
„Doch, hat es, Sie sind entnazifiziert und damit in den Schoß der freiheitlich-demokratischen Gesellschaft der Bundesrepublik Deutschland zurückgekehrt. Alles andere geht mich nichts an. Sie haben ja niemanden umgebracht. Das müssen Sie dann schon mit Ihrem Gewissen ausmachen“, sagte der Wachtmeister und wies auf die Tür.
Grußlos ließ Werner Fäßler den Wachtmeister stehen und ging nach Hause.
 

Blumenberg

Mitglied
Lieber Jon(Ulrike),

vielen Dank für deine äußerst hilfreichen Anmerkungen!

Ich habe deine Vorschläge zu den Absätzen übernommen, so ist der Text tatsächlich besser strukturiert und gewinnt an Lesbarkeit.
Was die Ergreifung Eichmanns angeht, habe ich mich bemüht auch diese Passage ein wenig zu straffen. Allerdings wollte ich nicht auf die gesamte Passage verzichten, da mir diese durchaus für den Textverlauf nicht unwichtig erscheint.

Sprachlich ist es zwar auch nicht unbedingt süffig, aber das stört mich persönlich - insbesondere mit Blick auf den Protagonisten - fast gar nicht. (Ich kann mir aber vorstellen, dass es anderen, vor allem jüngeren Leser „verstaubt“ vorkommt.)
Das Tragische ist, dass ich mich mit 32 Jahren selbst noch zu den Jüngeren zählen würde. Aber vielleicht hast du Recht und es fallen bei mir sprachliches und körperliches Alter ein wenig auseinander.

Beste Grüße

Blumenberg
 
A

alskardinal

Gast
xxx

Ein Fragment der Nachkriegsgeschichte glaubhaft aus ungewohnter Perspektive erzählt, denn beim Namen Eichmann hat wohl jeder sofort und vordergründig die Filmaufnahmen des Angeklagten bei seinem Prozess in Israel vor Augen.
 



 
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