Blumen

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petrasmiles

Mitglied
Liebe Maren,

ich bin von der Aussage Deines Gedichtes - diesem Ideensplitter - sehr eingenommen, aber die Umsetzung scheint mir zu holprig und die Wortwahl nicht immer geglückt, als dass ich ihn so strahlen sehen könnte wie meine Vorrednerin. Nun bin ich eine absolute Lyrik-Null und kann dabei nur auf mein Empfinden verweisen, ist also gar nicht maßgeblich.

Liebe Grüße
Petra
 

seefeldmaren

Mitglied
Hallo Petra,

ich danke Dir! Mit welchen Holperstellen hast du Probleme? Sonst kann ich es nicht nachvollziehen oder im schlimmsten Fall für den Leser auch nicht verbessern. Danke für die Sterne!

Mit freundlichen Grüßen Maren.
 

petrasmiles

Mitglied
Liebe Maren,

dann möchte ich die zwei Stellen nennen:

Das Holpern entsteht bei mir im letzten Vers, weil (mir) die Betonung nicht geschmeidig oder melodisch auf das 'weiterleben' gelingt und in der ersten Strophe empfinde ich das 'Liebe' als Reim auf 'bliebe' unbeholfen, weil kein wirklich weiterführendes Bild, es geheimnist nicht zurück in die Traumwelt, es baut keine Brücke zur Realität - ich sehe die 'Berechtigung' der Liebe hier nicht, auch nicht als 'verloren'.

Ich denke oft, dass der Autor es so gewollt hat - und halte mich mit 'handwerklichen' also konkreten Rückmeldungen oft zurück - zumal ich selbst nicht sehr 'bibelfest' bin. Aber Du bist ja so gut, dass Dir meine Krittelei nichts ausmacht. (Die Sterne waren übrigens nicht von mir).

Liebe Grüße
Petra
 

seefeldmaren

Mitglied
Hallo Petra,

da werde ich mal schauen, ob sich die Version noch optimieren lässt. Danke für das Feedback, jeder Eindruck zählt!
Ich wünsche Dir ein schönes Wochenende!

Mit freundlichen Grüßen Maren
 

James Blond

Mitglied
Liebe seefeldmaren,

deine Antwort in #7 gibt mir den Mut, mich etwas eingehender mit deinem kleinen Gedicht zu beschäftigen, denn so kann ich hoffen, dass meine Anregungen dazu von dir auch erwünscht sind.

Ein kurzes Gedicht, das mit einem interessanten Thema aufwartet, dabei formstabil und in den Worten einfach und verständlich gehalten ist. Kreuzgereimte Jamben, in denen sich die harte Kadenz von Vierhebern mit den klingenden Kadenzen der Dreiheber abwechselt. Das liest sich gut und flüssig, bis auf den letzten Reim, dessen metrisch erzwungene Betonung (aufheben) Petra in #6 bereits als Holpern empfand. Ich würde das (auch abseits von Spaßgedichten) nicht als schwerwiegend ansehen, sofern das betreffende Wort einen besonderen Schlüssel zum Verständnis liefert, den ich hier allerdings nicht entdecken kann, zumal "aufheben" in seiner Doppelbedeutung von "bewahren" und "neutralisieren" nicht genutzt wird. Man könnte es im letzteren Sinne leicht durch ein anderes Wort ersetzen, das besser ins Metrum passt. Aber das nur am Rande.

Was mir beim wiederholten Lesen einiges Kopfzerbrechen bereitete, sind semantische Probleme, die sich aus den Wortbezügen ergeben.

1. Beispiel
Ein Traum ist jene fremde Welt,
die nur im Innern bliebe,
Wenn du im Konjunktiv ('bliebe') schreibst, erwartet der Leser im Folgenden eine Bedingung, unter der die obige Möglichkeit eintritt. Folglich müsste ein 'wenn' (,'sofern', 'falls' ...) folgen, das so eine Bedingung einleitet.
doch kaum, dass Licht ins Dunkel fällt,
verliert sie ihre Liebe.
Mit dem hier folgenden 'doch', das als Konjunktion stets einen Gegensatz einleitet, überspringst du die erwartete Bedingung und machst das erste Verspaar zu einer sicheren Aussage (anstelle einer Möglichkeit). Dann aber stimmt der Konjunktiv ('bliebe') nicht mehr.

Vorschlag: Das zweite Verspaar zu einer Bedingung umwandeln:

Ein Traum ist jene fremde Welt,
die gern im Innern bliebe,
denn kaum, dass Licht ins Dunkel fällt,
verliert sie ihre Liebe.


2. Beispiel
Dann bleib ich lieber träumend blind,
wo Blumen weiterleben,
weil Augenblicke flüchtig sind
und wach sich selbst aufheben.
Mit dem ersten Verspaar der 2. Strophe wird der Wunsch aus der 1. Strophe abgeleitet, das Träumen nicht aufzugeben, um (je)den Augenblick festzuhalten. Durch das letzte Verspaar wird dessen Flüchtigkeit noch einmal bestätigt und das Gedicht zum Anfang hin schließend abgerundet.

Dieser Wunsch wird in den beiden Versen ausgedrückt:
1. Wie: Ich bleib lieber träumend blind
und
2. Wo: [Ich bleib lieber dort,] wo Blumen weiterleben.
Allerdings lassen sich die beiden Aussagen des wie und wo nur schlecht kombinieren, wie es hier durch den auf beide Verse bezogenen Anfang erfolgt: "Dann bleib ich lieber ...", weil "träumend blind" kein Ort ist, auf den das "wo" sich beziehen könnte.

Vorschlag:

Dann bleib ich lieber träumend blind,
weil Blumen weiterleben,
wenn Augenblicke magisch sind,
die nicht ins Helle streben.


Das sind natürlich nur Vorschläge, die dich anregen sollen, am eigenen Text zu arbeiten. Es ließe sich noch einiges aus diesem kurzen Gedicht herausholen. Mir gefällt die Deutlichkeit, mit der hier ein unkonventioneller Wunsch formuliert wird.
Allerdings sehe ich noch ein Problem bei den Blumen, die als Geschöpfe des Lichts sich nur schwer dazu in einen Gegensatz bringen lassen, bei Pilzen ginge das schon eher. Doch wer möchte schon gern von Pilzen träumen? ;)

Gern kommentiert
JB
 

seefeldmaren

Mitglied
Hallo James,

das sind nette Vorschläge, die ich so aber nicht übernehmen kann, es wäre dann nicht mehr mein Gedicht. Die Chance werde ich aber nutzen, um das Gedicht neu zu gestalten. Sollte sich etwas Schönes ergeben, werde ich es oben im Beitrag als Version 2 posten.
Ich danke Dir für Deine Mühe und Deine Gedanken! Das weiß ich zu schätzen. :)

Mit freundlichen Grüßen Maren
 

sufnus

Mitglied
Hey!
Jetzt geb ich auch noch Senf dazu und stimme Petra und James zu bei ihrem Unbehagen mit der ersten Strophe, insbesondere mit der bliebe/Liebe-Konstruktion.
Petra hat da ganz aus dem Bildzusammenhang heraus argumentiert ("es geheimnist nicht zurück") und James hat die Grammatik ins Feld geführt (Wechsel von Indikativ ["ein Traum ist"] zu relativisch angeschlossenem Konjunktiv ["im Innern bliebe"] und wieder zurück zu einem als Gegensatz mit "doch" eingeleiteten Indikativ ["ins Dunkel fällt"]).

Ich glaube, dass Petras und James' Argumente sich hier sehr gut ergänzen. Irgendwie wurde die Bedrohtheit der inneren Welt in diesem Gedicht nicht so recht "wesenhaft" und hat keinen schlüssigen Zugang zur sprachlichen Mitteilungsebene gefunden, so dass sich ein Platzhalterwort wie "Liebe" eingeschlichen hat, welches sich durch seinen Vielgebrauch einigermaßen zur Unkenntlichkeit abgeschliffen hat und somit für alles und nichts stehen kann. Das Gedicht hat sich dann sozusagen, wenn man das jetzt etwas "metaphysisch" überhöhen will, durch die grammatische Verkantung des nicht ganz passenden Konjunktivs "bliebe" gegen die "Liebe" zur Wehr gesetzt.

Damit will ich jetzt natürlich kein generelles Verbotsschild für das Wort "Liebe" in Gedichten aufstellen. Mir scheint nur, dass dieses Wort Unterstützung durch ein paar drumherum arrangierte, unverbrauchte Wörter-Kumpels (und Kumpelinnen natürlich!) braucht, um sich wieder mit seiner alten Schönheit aufzuladen. Das Wort "Liebe" kann also nicht alleine die Arbeit der Sinnstiftung in einem Text leisten, sie braucht einfach ein bisschen Hilfe. :) Ob man insofern mit dem Wort "Liebe" als Endreim noch ein wirklich gültiges Gedicht schreiben kann, das bliebe m. E. tatsächlich bis auf Weiteres zu beweisen. Wörter, die einen Endreim bilden, stehen halt ziemlich nackt im Scheinwerferlicht - eine sehr heikle Situation.

Eine Anmerkung übrigens noch zu dem „bleiben“ (bliebe) in Strophe 1: Das ist hier offensichtlich nicht im gebräuchlichen Sinn von „an einem Zustand nichts ändern“ verwendet worden, sondern im Sinne von „überdauern“. Gefällt mir sehr!

Und noch ein Mini-Punkt zu Strophe 2: Da kommt mir die Aussage, dass Augenblicke flüchtig sind ein bisschen zu tautologisch-allgemeinplatzhaftig vor.

Abschließend: Es muss natürlich auch nicht jedes Gedicht mit einem Bedeutungsbooster auf Fluchtgeschwindigkeit beschleunigt werden. Es dürfen, finde ich, auch sehr gerne einmal ein paar leichthin verstreute Zeilen ohne Anspruchstamtam auf die Erzielung "angenehmer Gefühle" beim Publikum aus sein.

LG!

S.

PS:
Hier mal noch eine Umspielung zwecks argumentativer Verklarung:


Ein fremder Traum, die Anderwelt,
bleibt ganz im Klandestinen,
kaum, dass ein Licht ins Dunkel fällt,
meint da sein, sich entdienen.

Dann bin ich lieber träumend blind,
wo Blumen weiterleben
und Augenblicke wirklich sind,
die wach sich selbst aufheben.
 

seefeldmaren

Mitglied
Ach, ihr seid ja wirklich nett, danke @sufnus! Dabei rechnete ich überhaupt nicht damit, dass das Werkchen Aufmerksamkeit erhält, sollte es doch nur der Freischaltung im Forum dienen. Aber, ich habe jetzt die Chance genutzt und versucht es zu verbessern und möchte gern zwei weitere Varianten präsentieren, wer weiß, vielleicht gefallen beide besser!


I
Ein Traum lief fort mit mir, ich fragte nicht,
ließ los und wurde Wasser, wurde Licht,
ich schlief im Sand, Salz klebte an der Haut,
ein Schloss am Meer, und niemand hats gebaut.

Ich schlief, war tiefer als die Zeit erlaubt,
rief Blumen auf, ihr Dasein war vertraut,
ein Augenblick, durch tausend Flüsse wach -
Ich bin gewesen, mehr als nur gedacht.

II
Ein Traum, der mit mir in die Fremde lief,
nahm mich an meinen Händen und ich floss
wie Licht und Wasser durch Kristall, ich schlief
am Ufer. Sonne, Meersalz um ein Schloss,

ich schlief, war frei und dachte nicht, ich rief
die Blumen auf der Wiese, wie sie lebten,
ein Augenblick, gar tausend Bäche tief,
ja, wachen, wacher sein, in dem Erlebten.

Danke nochmal @James Blond @petrasmiles @sufnus @Ubertas
 

James Blond

Mitglied
Liebe seefeldmaren,

so schön es ist, dass wir dich zu weiterem lyrischen Schaffen motivieren konnten, so wenig kann ich darin noch Varianten des Ursprungsgedichtes erkennen. Das macht zwar gar nichts, nur würde ich dafür ein neues Thema eröffnen - und das Spiel kann von neuem beginnen.
Sicher, das Thema ist geblieben, nur wurde es jetzt in Form eines kleinen Traumerlebnisses behandelt, während im ersten Gedicht eine (allgemeine) Einsicht im Vordergrund stand. Beides hat natürlich seinen Reiz, nur sollte bei einer Arbeit am Text nicht gleich das gesamte Material verworfen werden. Dir wurden von mehreren Seiten einige problematische Details genannt, die sich noch verbessern ließen. Unsere Vorschläge sollten dabei aber nur verdeutlichen, was gemeint war.

Grüße
JB
 

seefeldmaren

Mitglied
Hallo @James Blond

sollte jetzt passen. Das lyrische Ich bevorzugt klar die "dunkle" Traumwelt gegenüber der "Realität". Alle Dinge, die "wach" erlebt werden, lösen sich unmittelbar auf. So bleibt im Kern die Sehnsucht nach einem inneren Schutzraum bestehen.

Ein Traum ist diese zweite Welt,
die nur im Innern bliebe,
wenn nicht das Licht ins Zimmer fällt
und stört, was ich so liebe.

Dann bleib ich hier und träume blind,
lass Blumen dunkel blühen,
weil Dinge flüchtig draußen sind
und wach ins Leere ziehen.


Mit freundlichen Grüße Maren
 

mondnein

Mitglied
Hallo Mareen!

ist jene fremde Welt,
die nur im Innern bliebe,
Verb im Hauptsatz Indikativ, Relativsatz Konjunktiv. Warum?

weil Augenblicke flüchtig sind
das ist eine hübsche Paradoxie, daß die Begründung mit der Flüchtigkeit in einem Vers steht, der dadurch überrascht, daß er länger als der vorige ist, nicht eigentlich "flüchtig".

grusz, hansz

P.S.:
Hallo, Mareen,
ich bin auf dieses Gedicht gesteßen, als ich mal nachgeschaut habe, was Du geschrieben hast und in der Leselupe gelandet ist. Das war dieses, und ich schrieb ganz frei drauflos, was mir beim zweiten und dritten Lesen auffiel.
Dann las ich die Kommentare, - aber hallo! so genaue, treffend argumentierende und ausführliche Kommentare! Und so viele, die das Modusproblem der ersten Strophe hatten. Tschuldigung, daß ich das redundant verdoppelt habe, aber so beginnt nun ein thread, ein neuer.

grusz, hansz

und freute mich im Nachhinein,
 
Zuletzt bearbeitet:

seefeldmaren

Mitglied
Hallo Hansz,

"bliebe" erfordert eigentlich "fiele", ich dachte lange darüber nach.

Ich weiß nicht, die Mischung sorgt dafür, jedenfalls in meinen Gedankengängen, dass ich nicht genau weiß, was echt ist und was nicht:
Erst fühlt sich diese „zweite Welt“ real an („ist“), aber dann kommt das Wort „bliebe“ und macht klar, dass das vielleicht doch alles nur geträumt oder vorgestellt sein könnte. Gleichzeitig ist das Licht, das ins Zimmer fällt und alles stört, eindeutig real und greifbar („fällt“, „stört“). Ich fühle Unsicherheit als Resultat... Das gefällt mir. Irgendwie möchte ich gern, dass das Absicht ist, um zu zeigen, wie wacklig und zerbrechlich diese innere Traumwelt ist, aber auch wie fragil das Äußere.
Das ist jedenfalls meine Antwort auf das "warum". Besser kann ich es nicht zum Ausdruck bringen.
Danke für Deinen Beitrag und Deine Gedanken; weiß ich zu schätzen!

Mit freundlichen Grüßen
Maren
 

Ubertas

Mitglied
Irgendwie möchte ich gern, dass das Absicht ist, um zu zeigen, wie wacklig und zerbrechlich diese innere Traumwelt ist, aber auch wie fragil das Äußere.
Genau das ist es, was mir an deinem Gedicht so sehr gefällt, liebe Maren!
Ob Version 1 oder 2.
Auch der Indikativ ist fragil. Er spricht von "Tatsachen". Mir gefällt es, wie du ihm den wesentlich ehrlicheren Konjunktiv zur Seite stellst, ohne wenn und aber;-)
Liebe Grüße ubertas
 

James Blond

Mitglied
Liebe Maren,
mir gefällt es gut, wie du an dem Text dran bleibst, denn diese Art von Textarbeit gefällt mir sehr. Zwar kann man im Flow manches Großartige dahinrotzen, doch erst, wenn es nachfolgende kühlere Betrachtungen und Bearbeitungen übersteht, wird etwas Ganzgutes daraus.
Ein Traum ist diese zweite Welt,
die nur im Innern bliebe,
wenn nicht das Licht ins Zimmer fällt
Ich denke, du hast hier das Indikativ-Konjunktiv-Problem klug umschifft, denn es geht in der Lyrik nicht allein um den korrekten Gebrauch der Grammatik, sondern vor allem um die Aussagekraft, die sich damit erzeugen lässt. Und die wird hier ersichtlich, auch wenn ein Deutschlehrer '... ist ..., ... bliebe, ... fällt' vermutlich ankreiden würde.

Doch verstehe ich hier die Indikative als (subjektive) Gewissheiten (von 'Tatsachen' mag ich hier nicht reden), den Konjunktiv ('bliebe') hingegen als Ausdruck von Wunsch und Hoffnung. Damit wird hier der Wunsch ein 'Traum vom Traum': Wir wünschen uns, dass es immer so weiter ginge, aber es kommt meist anders. Somit leistet die Grammatik hier eine großartige Hilfestellung.

Hiermit
weil Dinge flüchtig draußen sind
und wach ins Leere ziehen.
wäre ich nicht ganz zufrieden. Aus dem gleichen Grund: Die Grammatik sorgt für etwas, das hier allerdings nicht so gut die Aussage unterstützt, denn 'flüchtig draußen sein' meint (oder betont) etwas anderes als 'draußen flüchtig sein'.

- flüchtig draußen sein heißt für mich, einen Raum fluchtartig verlassen, allerdings in recht umgangssprachlicher Qualität
- draußen flüchtig sein heißt für mich, außerhalb einer Schutzzone gefährdet zu sein

Der letzte Vers bezieht sich durch seine Ellipse ebenfalls auf die 'Dinge', lautet also sinngemäß:
[weil Dinge] wach ins Leere ziehen.

Damit ist 'wach' (bzw. 'erwacht') nicht länger eine Eigenschaft des Lyrichs, sondern wird den Traumdingen selbst zugeschrieben. Außerdem paraphrasiert der Abschlussvers nur, was unmittelbar im vorletzten bereits gesagt wurde.

Es ist alles nicht so einfach, wie es scheint. :)
Aber man lernt durch Variationen eine Menge, selbst wenn es zu von außen angeregten Verschlimmbesserungen führt, kann doch das Draußen zuweilen auch eine Lehre sein ... ;)
Ich würde das Gedicht zunächst etwas ruhen lassen, um es in einer späteren Rückbesinnung nochmals zu überarbeiten.

Gern kommentiert.
JB
 

seefeldmaren

Mitglied
wäre ich nicht ganz zufrieden. Aus dem gleichen Grund: Die Grammatik sorgt für etwas, das hier allerdings nicht so gut die Aussage unterstützt, denn 'flüchtig draußen sein' meint (oder betont) etwas anderes als 'draußen flüchtig sein'.

- flüchtig draußen sein heißt für mich, einen Raum fluchtartig verlassen, allerdings in recht umgangssprachlicher Qualität
- draußen flüchtig sein heißt für mich, außerhalb einer Schutzzone gefährdet zu sein

Der letzte Vers bezieht sich durch seine Ellipse ebenfalls auf die 'Dinge', lautet also sinngemäß:
[weil Dinge] wach ins Leere ziehen.
Hallo James Blond :),

ich finde deine Differenzierung zwischen „flüchtig draußen sein“ und „draußen flüchtig sein“ wirklich spannend und aus linguistischer Perspektive nachvollziehbar. Vielen Dank dafür erstmal oder Vielen Dank erstmal dafür! :))

Klar gibt es sprachlich betrachtet kleine, feine Unterschiede, die tatsächlich nachweisbar sind und sich durch die Wortstellung ergeben können. Die Reihenfolge von Adverb und Verb kann hier und da schon mal semantische Akzente verschieben - wobei gerade in einem Gedicht, das zwischen Traum und Realität herumwandert und vice versa, natürlich besonders der Kontext entscheidend ist.

Ganz ehrlich: Beim Lesen musste ich aber doch ein bisschen schmunzeln, weil deine Analyse für mich schon extrem granular daherkommt - fast wie eine kleine „mikroanalytische Hermeneutik“-Show, die mir als unbedarfte Hobbylyrikerin etwas too-much sein könnte. Ich denke, wir sind hier gerade ganz tief in der Untersuchung von Implikaturen und Informationsstruktur (Fokus, Topikalisierung, Betonung) unterwegs, was definitiv spannend ist und unter Umständen vielleicht einem akademischen Selbstzweck dient als der praktischen Klärung dessen, was die Autorin poetisch eigentlich sagen wollte. Und bei tiefenpsychologischer Linguistik ;) suche ich sehr schnell den Windschatten des Exits, weil Lyrik für mich bedeutet, dass ich meine mentalen und emotionalen Innereien Figur gebe. Und dazu braucht es - für mich - Raum.

Kurz gesagt: Ich sehe den linguistischen Punkt total und empfinde diesen als super spannend und freue mich auch, dass das mal hervorgekramt wird und ich frage mich gleichzeitig (mit einem kleinen Augenzwinkern), ob diese Detailtiefe noch zur tatsächlichen Rezeptionsrealität passt oder ob das nicht vielleicht doch ein bisschen zu viel des Guten ist.
Sowas würde sich vermutlich bei einem Steffen Popp mehr lohnen, als bei einer Userin, die Lyrik nur zum Spaß macht. Und ein ganz wichtiger Punkt noch: Sprache ist regional. Wird mir immer bei "Der Kommentar" "Das Kommentar" bewusst. Eigentlich schon irre wie vielgestaltig Sprache im deutschen Sprachraum ist.

Ich danke Dir für Deine Mühe und für Deine Zeit und danke an alle, die hier waren und es weiterverfolgen.

Danke auch an @Ubertas!

Mit freundlichen Grüßen zur Nacht Maren :)
 

James Blond

Mitglied
Liebe Maren,

vielen Dank für deine fruchtbare und freundliche Erwiderung zu meinen grammatisch-semantischen Spitzfindigkeiten. Und ich stimme dir gern zu, dass diese für den lyrischen Schaffensprozess nicht von unmittelbarer Bedeutung sind. Der 'Raum', den du dafür einforderst, ergibt sich aus dem Sprachvermögen, das dir als Autorin zur Verfügung steht. Und dieses Vermögen ist an vielerlei Dinge gebunden, zu denen auch Regionalität und Individualität gehören.

Aber dieser lustvolle Schaffenspaß endet ja nicht an der Feder des Autors, der Leser lässt ihn in eigener Sphäre aufleben und das macht die Sache wirklich interessant.

Hat man erst einmal erlebt, wie komplex und subtil sich hier zwei Sphären zu durchdringen und zu beeinflussen beginnen, dann wird das Medium der Sprache als das gefeiert und respektiert, was es ist: Ein unerschöpfliches Reservoir einer gemeinsam erschaffenen Welt. Ob Hobby oder mehr: Die Qualität guter Lyrik bedarf stets der intensiven Auseinandersetzung auf beiden Seiten, die auch hier leider zu selten stattfindet.

Meinen Dank für deine positive Aufnahme meiner teilweise recht kritischen Anmerkungen. Auch das ist hier leider eher die Seltenheit. :)

Grüße
JB
 

seefeldmaren

Mitglied
Sehr gern, lieber James Blond!

Sprache ist sehr dehnbar, darüber brauchen wir, glaube ich, nicht zu diskutieren. Das reicht von Kästner zu Celan und stoppte auch keinen Watriquet Brassenel de Couvin oder Guillaume IX. Auch in der zeitgenössischen Lyrik gibt es solche Vertreter, was ich ziemlich cool finde. Allerdings! Möchte man gute Strukturlyrik in 2025 in den Markt schießen, bedarf so einiger Kniffe und Besonderheiten, sonst landet man direkt auf dem Komposthaufen.

Ansonsten ist das klassische Reimgedicht in einem geordneten Versmaß quasi nahezu ausgestorben.
Im Moment lese ich Literatur von Sabine Sho und ich bin einerseits erstaunt wie Lyrik mittlerweile auf intellektueller Ebene instrumentalisiert wird und enttäuscht andererseits, dass vielen Werken die "Musik" abhanden zu kommen scheint. Hmpf. Und knirsch.

Vielleicht ist es der Zeitgeist und vielleicht ist die Romantik auch vorbei. Aber was weiß ich schon?! :)

In dem Sinne, James. Übrigens! Ich glaube nicht an schlechte Gedichte! Ich glaube, dass jedes Werk, so schlecht es handwerklich sein möge, mindestens ein Fragment der Schönheit in sich trägt. Als Autor und Kritiker (oft ist man ja beides, wobei der Kritiker in der Lyrik nochmal sein eigenes Randgruppenstanding hat) tut man gut daran, die Augen, für scheinbar Schlechtes, nicht zu verschließen (Damit meine ich nicht mein Gedicht!). Weswegen ich für respektvolle und konstruktive Kritik immer offen bin. Was hier zwischen uns ja der Fall war.

Ich hoffe, wir lesen uns im Faden wieder mal! (oder mal wieder! hehe) :) :)

Maren
 



 
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