Blutige Heilige Nacht - 7. In Lack und Leder auf Tour

4,00 Stern(e) 1 Stimme

ahorn

Mitglied
Zurück zu Gänsebraten mit Rotkohl


Bockwurst mit Senf

Von Sinnen

Herbert zupfte am zerrissenen Siegel.
Wie er am Morgen erwacht war, konnte er nicht glauben. Obwohl wie? Mit einem dicken Kater, eher in welchem Zustand.
Er lag in Unterwäsche nebst Socken auf dem verschlissenen Sofa in seiner Studierhöhle. Kellerverschlag war ein besseres Wort dafür.
Magda hatte ihm vor Jahren auf die Idee gebracht. Ihr war es leid, ihn andauernd aufzufordern, das Wohnzimmer von seinen Ermittlungsakten zu befreien. Daher hatte er sich ein Büro in der Wäschekammer eingerichtet. Dass er hin und wieder dort ruhte, zuweilen einen Rausch ausschlief, kam vor.
Bloß der Gegenstand, den er vor der Schlafstätte zwischen zwei leeren Flaschen Roten entdeckt hatte, bereitete ihm Sorgen. Ein erdbeerfarbenes Bandeaukleid glitt über seine Finger.
Herbert zwirbelte seinen Schnauzbart. Hatte er Ferigart mit zu sich genommen? An das Einzige, was er sich erinnerte, war, dass sie gleich einer Domina vor ihm stand.
Gelacht hatten sie. Er ist nach unten, seine Tasche holen, um ein Foto von ihr zu knipsen, zum Totlachen sah sie aus.
Warum war er in die Küche geeilt? Sein Magen hatte geknurrt. Mit der Aktentasche sowie einem Sekt bewaffnet, betrat er wieder das Schlafzimmer und ergötzte sich an ihrem neuen Kostüm.
Sie tranken Schampus aus der Flasche und er schüttete sich obendrein den zweiten Cognac in die Kehle. Punkt. Klappe zu. Licht aus! Nächste Szene, erwachen auf dem Sofa.

Er zwirbelte seinen Schnäuzer, riss die Reste des Polizeiziegels vom Türblatt. Logisch! In dem Zustand, in dem er von hier verschwunden war, hatte er nicht an ein neues Siegel gedacht, sinnierte er und öffnete die zugezogen, allerdings nicht abgeschlossen Tür.
Ohne sich umzusehen, hechtete er die Treppe herauf, betrat das Schlafgemach mit dem eindeutig, zweideutigen Interieur und sah sich um. Alles war aufgeräumt. Keine Spuren des nächtlichen Fauxpas fand er auf. Tief durchatmen, schritt er wieder in den Flur. Die Tür zum zweiten Schlafzimmer stand einen Spalt offen. Ein Schatten huschte über die Auslegeware. Er schlich sich an, drückte den rechten Zeigefinger gegen das Innenfutter seines Sakkos und stieß mit dem linken Fuß das Türblatt auf.
„Hände hoch!“, donnerte seine Stimme durch den Raum.

Die fremde Gestalt schlug die Tür des Kleiderschrankes zu und schaute ihn entgeistert an.
„Tamban!“
„Für Sie weiterhin Kriminaloberrat Tamban, Stetten!“
„Für Sie, Herr Oberstaatsanwalt von Stetten. So viel Zeit muss sein!“
„Was machen sie hier?“
„Ich leite die Ermittlungen“, schmetterte ihn von Stetten entgegen, dabei schob er demonstrativ seine Hornbrille gegen sein Milchbubengesicht.
Was der Emporkömmling sich erdreistete, ungefragt an einem Tatort herumzuschnüffeln. Nur, weil sein Herr Papa, Staatssekretär im Innenministerium, ferner die ganze Familie nach Geld stank, erboste sich Herbert. „Haben sie nie davon gehört, dass man immer geschützt und zu zweit nach Spuren sucht.“
„Wer ist denn noch hier?“
„Wie?“
Der Oberstaatsanwalt richte seinen Zeigefinger wie eine gezückte Waffe auf Tamban. „Ich bin allein!“, dabei flog ein Lachen, welches an Arroganz nicht zu übertreffen war über seine Lippe.
„Ich wollte nicht ins Haus“, log Tamban. „Mein Wagen steht um die Ecke.“ Er hatte keine Ahnung, wo der stand, zu Hause war er jedenfalls nicht. „Da sah ich das aufgebrochene Siegel. Der Täter kommt oft an den Tatort zurück. Was machen sie hier?“, verlangte er eine Antwort, wobei er seine Nase rümpfte.
Von Stetten drängelte sich an Herbert vorbei. „Polizeihauptkommissar Dünnbier hat mich begleitet.“ Er stürmte die Treppe herab. Herbert blieb ihm auf den Fersen. „Er ist bereits vorgefahren.“ Er verweilte vor der Haustür. „Ich muss im Übrigen ebenfalls. Besprechung mit Polizeidirektorin Maxima Bach.“
Herbert kratzte sich an der Wange. „Dann können sie mich gleich mitnehmen.“
„Erstrebten sie nicht, ihren Wagen zu holen.“
„Nein! Ich wollte zu ihm. Nicht mit ihm fahren.“
Von Stetten wedelte vor seinem Gesicht. „Würde ich Ihnen desgleichen nicht raten. Haben sie in Wein gebadet?“
„Es war die Heilige Nacht! Nehmen Sie mich jetzt mit? Ja oder nein?“
Tief einatmend hockte sich der Oberstaatsanwalt nieder, schlüpfte in sein italienisches Schuhwerk und hinterließ eine Lücke in einer Reihe Damenhausschuhe.

Auf der anderen Seite der Tür wartend, fragte von Stetten: „Halten Sie bitte kurz meine Mappe?“
Tamban kramte in seiner Aktentasche. „Vergessen sie das Siegel nicht!“
Von Stetten schloss ab, sodann befestigte er das Polizeisiegel, grüßte und wandte sich ab.



In Lack und Leder auf Tour

„Herr Tamban sind sie jetzt total verrückt geworden!“
Die Frau im mausgrauen Nadelstreifenkostüm schlug mit der flachen Hand auf ihren Schreibtisch. „Einen unbescholtenen Weihnachtsmann festzuhalten.“
Herbert öffnete seinen Mund.
„Hören Sie auf!“ Sie schnappt sich ein Papier, drückte ihre Lesebrille auf ihren Nasenrücken. „Jener“, sie schmunzelte, „Baumständer, der sich etwas nebenbei verdiente.“ Sie hielt Herbert das Dokument unter die Nase.
Er nahm die Zeugenaussage entgegen und überflog diese.
Dünnbier hatte gleich nach Dienstbeginn die Aussage aufgenommen. Nach diesem Pamphlet war Christ Baumständer ein Student, der, so gab er zu, nebenher an der Steuer vorbei in der Heiligen Nacht sich als Weihnachtsmann etwas dazuverdiente. In Erwartung eines Kindes hatte er den Tatort aufgesucht. Er, wie es ihm öfter geschah, zuerst läutete, dann durch die offene Haustür eintrat. Aber kein kleines Mädchen oder Jungen erwartete ihn, sondern er erblickte die Leichen.
„Das ist Schwachsinn!“

Die Polizeidirektorin setzte sich auf ihren Schreibtischstuhl. „Absurd! Aber möglich.“ Sie strich ihren Rock glatt. „Hättest ihn zumindest belehren müssen. Du kennst die Vorschriften. Dann ein Verhör ohne Kollegen. Wir hatten keine Wahl.“
„Wie Wahl?“
„Wir mussten ihn auf freien Fuß lassen. Tamara hat ihn nach Hause gefahren.“
„Warum ihn. Es war eine sie!“
Seine Vorgesetzte holte eine Puderdose aus ihrer Handtasche. Klappte diese, nachdem sie ihre Wangen gepudert hatte, zu. „Herbert, am besten du machst den Tag heute frei, Weihnachtsspaziergang mit Magda.“ Sie lehnte sich zu ihm vor. „Vorher solltest du duschen. Du stinkst, wie nach drei Tagen Zechgelage. Dünnbier vertritt dich. Ist ja ein einfacher Fall.“

Herbert schüttelte den Kopf. Dieser Dünnbier war knapp über dreißig und bereits Polizeihauptkommissar. Die Polizeiarbeit war dem wurst. Er hatte eine Triebfeder und diese hieß Karriere. Gut! Er, Herbert, war nie abgeneigt gegen eine Beförderung, hatte Pläne. Nach seiner Degradierung war es mit dem Vorwärtskommen vorbei, dennoch blieb sein Ziel, das Unrecht zu bekämpfen. Dienstvorgesetzter des Kriminaldauerdienstes war nicht übel, gleichwohl war Dezernatsleiter nicht zu verachten. Alle aus seinem Freundeskreis hüpften auf der Leiter nach oben.
Immer, wenn dieses Magda erfuhr, gab es Kaninchenbraten. Nicht, dass er die Speise verabscheute, ganz im Gegenteil. Er liebte ihren Braten. Genoss, wie das Fleisch vom Kochen glitt, auf seiner Zunge schmolz. Dazu servierte sie Apfelrotkohl, Weinbirne, Preiselbeergelee und flockig, lockere Klöße. Nein! Ein Kaninchen trug die Verantwortung für seine Herabstufung. Dies war aber eine andere Geschichte.

„Herbert, ich fahr dann.“ Frau Bach stand auf, zerrte an ihrem Rock, wandte sich dabei wie eine Schlange. „Christian wartet auf mich. Ich will ihn meinen Eltern vorstellen. Weihnachten ist der richtige Moment.“ Den rechten Zeigefinger erhoben, stöckelte sie an Herbert vorbei. „Ein wenig jünger ist er. Warum sollen nur Männer – du weißt schon.“ Sie wandte sich um. „Herbert, soll ich dich mitnehmen?“
„Danke, Maxima, ich komm zurecht!“

Er verließ Maximas Büro und lief Ferigart in die Arme.
Monika blinzelte ihn an und strich, mit einem Lächeln auf den Lippen, über seinen Arm. „Herbert! Warum guckst du mürrisch? Ist nicht schlimm. Kann jedem Mann passieren.“ Sie zwinkerte ihm zu, winkte mit den Fingern und entschwand sodann in Dünnbiers Büro.
Herbert gesamter Vorrat von Luft entwich aus seinen Lungen. Zumindest war es nicht zum Äußersten gekommen. Dank des Alkohols war sicherlich seine Potenz eingeschränkt, somit war er nicht in sie eingedrungen. Monika war seine Mitarbeiterin, damit für ihn tabu.
Ihr Zutrauen, diese Ansprache mit dem Vornamen belegte ihm, dass sie sich mit Einvernahme nahegekommen waren und dieses zu allem Übel auf seinem Sofa, Magda ohne es zu wissen zwei Etagen über ihnen. Oder? Die Flucht nach vorn, der einzige Ausweg aus dem Schlamassel.
„Dienstbesprechung“, donnerte er Polizeioberkommissar Mattmann entgegen, der zu seinem Pech in dieser Sekunde, noch den Reißverschluss seiner Hose hochzog, die Toilette verließ, dabei jedoch mehr Interesse an einem Hintern fand, als der Anweisung.
Herbert folgte seinem Blick, studierte das Pendeln, bis die Frau im Fahrstuhl verschwand.
„Mattmann, in welcher Abteilung ist ...“
„Dieser geile Arsch zu finden?“
„Mattmann!“
„Ich glaube, in der Verwaltung.“
„Glauben?“
„Jedenfalls war sie auf der Weihnachtsfeier.“
„Los ab in den Besprechungsraum.“

Mattmann saß mit dem Kollegen Axel Malkus an der rechten Seite des Tisches und Herbert marschierte, wie ein aufgeschrecktes Huhn an der Fensterfront auf und ab, dabei zwirbelte er seinen Schnurrbart. Das Schlagen der Türklinke an einen Aktenschrank kündete das Betreten von Monika Ferigart an der Seite von Mike Dünnbier an. Dünnbier legte kollegial seinen Arm um Monikas Taille und starrte Herbert an.
Den Satz, was macht die Praktikantin hier, auf seiner Zunge parat, schluckte er diesen herunter. „Frau Ferigart schön, dass sie der Besprechung beiwohnen.“
Sie zwinkerte ihm zu. „Danke Herbert.“
Mattmann sowie Malkus tuschelten.
„Müssen sie nicht ihren Bericht fertig schreiben. Denn für ihre alte Abteilung. Den mit dem Betrug“, stotterte er, dabei konnte er kaum den Blick von ihr wenden. Obwohl sie dezent in Jeans sowie Pullover gekleidet war und an der Seite von Dünnbier stand.
„Alles gebongt Herbert.“
Wieder tuschelten seine Mitarbeiter. Schweiß trat auf Herberts Stirn. Hatte sie allen von der Entgleisung erzählt?
„Dann hocken sie sich hin.“

Herbert schloss seine Augen. Die gesamte Elite des Dauerdienstes war versammelt.
Malkus. Axel Malkus besaß einen Körperbau wie ein Schrank, eine Stimme, welche einem Berner-Sennenhund alle Ehre bereitete, sowie das Gehirn eines Haussperlings. Herbert hatte sich, seitdem er den Kriminaldauerdienst leitete, permanent gefragt, wie jener seine Prüfungen bestanden hatte. Die einzige Verwendung, die er für ihn hatte, war die eines Leibwächters, wenn er, Herbert, in Milieus eindrang, in die sich kein normaler Mensch ungeschützt begab.
Mattmann stand Malkus, absehen von seiner schmächtigen Gestalt, kaum nach. Obgleich er, Herbert, ihm einen höheren Intellekt zusprach. Es waren vielmehr seine Segelohren, welche prächtiger waren, als jene von Prinz Charles, die ihn ein dümmliches Aussehen verliehen.
Jedenfalls war es Herbert sofort klar, dass sich diese beiden schrägen Vögel in Dünnbiers Teams fügten. Zu einfach wollte er es diesem Emporkömmling nicht machen.

Dünnbier setzte sich Mattmann und Malkus Visavis an den Tisch. Monika platzierte sich an dessen rechte Seite. Dabei zerrte sie an ihrem Pullover, sodass ihr Ausschnitt nicht mehr ihre Brüste zu Gänze verdeckte, obgleich dieses sein Auftrag bei einer Dienstbesprechung war.

Tamban schritt zur Tafel. „Herr Mattmann haben sie Ergebnisse von der Rechtsmedizin?“
„Will gleich rüber!“
Herbert räusperte sich und trommelte auf den Tisch. „Dünnbier, warum gestatten sie Stetten, in Straßenkleidern am Tatort herumzuschnüffeln?“
Der Polizeihauptmeister schaute ihn entgeistert an. „Habe ich nicht! Er war da, wollte den Ort des Verbrechens besichtigen. Dann riefen die von der Dritten an, dass der“, er kicherte, „Christ Baumständer eine Aussage machen wollte. Bin danach zur Wache. Fragen sie Axel.“
Malkus nickte. „Der Oberstaatsanwalt wollte abschließen und den Schlüssel mit ins Dezernat nehmen.“
„Wo ist der überhaupt?“, grummelte Herbert. „Der Typ lässt sonst keinen Anlass aus, uns zu stören.“
„Zurück zum Tatort!“, gab Mattmann zum Besten.
„Wieso!“
„Er hat seine Mappe vergessen.“
Tamban rieb sich die Hände. „Dann stört er uns zumindest nicht.“ Er wandte sich erneut zu Dünnbier. „Warum haben sie die Frau freigelassen, obwohl sie sich als Mann ausgab.“
„Bitte!“ Dünnbier zeigte ihm einen Vogel. „Ich kann einen Mann von einer Frau unterscheiden.“
Herbert brüllte: „Es war ein Weib!“
„Dann waren es zwei“, warf Mattmann in die Runde.
„Davon geh’ ich sowieso aus!“, bestätigte Herbert die Annahme. „Wie um Herrgotts willen sollte sie? Sie war eingesperrt.“
Monika räusperte sich und blinzelte Herbert zu. „Können wir mal kurz.“ Sie zuckte mit dem Kopf.
Herbert kratzte sich am Genick. „Jetzt nicht.“
Die Arme gekreuzt, zupfte Monika an ihren Pullover. „Dann nicht!“
„Habt ihr die Adresse von dem Baumständer?“
Dünnbier verschränkte seine Unterarme hinter dem Schädel. „Müssen sie die Psychotante fragen!“
„Wieso Frau Seibot?“
„Sie hat ihn ins Hotel gefahren.“
„Ins Hotel! In welches?“
„Vier Jahreszeiten!“
Herbert schlug auf den Tisch. „Bin ich nur von Vollidioten umringt. Ein Student, der sich schwarz etwas dazuverdient, steigt in eins der teuersten Häuser ab. Wo ist die Seibot?“, schrie er.
„Die wollte zu ihren Eltern“, verkündete Mattmann. „Es ist Weihnachten.“

„Großfahndung“, donnerte Herbert, wobei er auf Dünnbier deutete. „Nach der Besprechung lassen sie und ich erst einmal ein Phantombild anfertigen. Mehr haben wir nicht.“
„Wieso zwei Täter?“
„Oh Malkus, wie soll eine Person zwei Menschen gleichzeitig erstechen“, harschte ihn Herbert an.
„Zur gleichen Zeit? Wissen wir nicht.“
„Herr Dünnbier wie sonst. Glauben sie etwa, ein Opfer wartete darauf, ermordete zu werden, während der Täter das andere abschlachtet.“
„Dann waren es zwei Tatorte“, kombinierte Mattmann.
„Wo?“ Die Hände auf dem Rücken stolzierte Herbert vor den Fenstern auf und ab. „Uns ist unbekannt, wer die Leichen sind.“
Mattmann stand auf. „Eine Beziehungstat! Der Mann, der Liebhaber der Frau! Der Ehemann, jener Baumständer, ertappt seine Gattin nackt im Schlafzimmer, ersticht sie, sucht den Geliebten, findet ihn schlafend im Wohnzimmer und bringt ihn um. Fertig!“
„Von einer Beziehungstat gehe ich ebenfalls aus. Wie kam ihre Leiche aufs Sofa?“
„Getragen!“, warf Malkus ein.
„Sie haben das Weib nicht gesehen. Sie war zierlich wie“, Herbert sah sich um, „wie Frau Ferigart.“
„Geschleift!“
„Fußabdrücke, keine Schleifspuren!“, konterte Herbert. „Außerdem waren die Betten penibel gemacht. Sie haben sie gesehen Dünnbier?“
„Ich wollte ins Haus. War nicht drin. Chef!“
„Dann bestätigt es Frau Ferigart.“
Die Lippen gepresst, nickte sie.
Mattmann fuchtelte mit den Händen herum. „Danach hat er das Bett frisch bezogen.“
„Ich sagte, akkurat gemacht. Kein Mann bezieht in der Art die Betten. Ich zumindest nicht. Denken sie daran, entsprechend ihrer Hypothese hat er kurz zuvor die Frau umgebracht.“ Herbert zwirbelte seinen Schnurrbart. „Außerdem ist nach ihrer Logik die Barbarei der Tat unplausible. Warum verstümmelt der Gehörnte die Genitalien seiner Gattin? Wäre es nicht logischer, wenn er den Schwanz des Liebhabers tranchiert?“
Mattmann erhob den Zeigefinger. „Dann war es umgekehrt. Die Frau ertappte ihn.“
„Wie gesagt, ich stimme Ihnen zu, dass es ein Beziehungsdelikt ist. Täter und Opfer kannten sich. Der männliche Verbrecher und das weibliche Opfer gingen zusammen zur Couch. Das männliche Opfer saß dort längst oder kam dazu. Ich bin eher für die zweite Variante. Sie saßen und er sprang über die Rückenlehne.“
„Nackt?“, warf Malkus ein.
„Höchstwahrscheinlich! Männerkleidung habe ich nicht gesehen. Einen Rock sowie eine Bluse habe ich aufgefunden. Keine Unterwäsche.“ Herbert zupfte an seinen Schnauzer. „Folgerung. Der Mörder war ihr Freund, nicht Ehemann, denn sie wohnten nicht zusammen. Sie ging nicht normalen Sexpraktiken nach. Frau Ferigart sie können dies bestätigen.“ Diese nickte. „Er schleicht sich heran, während das männliche Opfer zwischen den Schenkeln der Frau liegt. Ganz mit ihr ist und nichts wahrnimmt. Der Täter nimmt das Messer …“
Herbert erhob den Arm, schlug mit der Faust auf seinen Bauch.
Dünnbier zog seine Oberliebe herauf. „Und der andere schaut zu.“
„Kam vielleicht grad“, amüsierte sich Malkus.
Herbert schüttelte den Kopf. „Dazu hatte er keine Zeit. Denn der weibliche Täter stand längst hinter ihm.“
„Wer soll die Frau sein?“, erkundigte sich Dünnbier.
„Ihre Mitbewohnerin erstach sie.“ Tamban positionierte sich hinter Malkus und schmetterte seine Faust gegen Malkus Oberkörper. „Sie schlüpfte aus ihren hochhackigen Schuhen, schleuderte sie übers Sofa und sprang über die Rückenlehne. Dann nahm sie die Kleidung der Toten, warf sie über den Tisch. Anschließend schritt sie zur Terrassentür, versetzt den Hocker, der vor Tür stand, auf die Klamotten der Getöteten und ließ den Mann flüchten. Sie kniet nieder, schiebt unbeabsichtigt ihre Pumps unter den Wohnzimmertisch, sodann verstümmelt sie die Tote. Sie wird gestört, springt zurück über das Sofa, zieht sich das Weihnachtsmannkostüm an und setzt sich neben die Leichen.“
„Wo hatte sie das Kostüm her und von wem wurde sie gestört?“, harkte Dünnbier nach.
Herbert grinste. „Gestört von uns. Es war ein anonymer Anruf. Oder!“
„Ja!“, bestätigte Mattmann. „Sie meinen?“
„Genau! Ihr Freund rief uns an. Der Täter und die Täterin sind ein Paar.“ Herbert zwirbelte seinen Bart. „Das Kostüm hatten sie mitgebracht! Ein fast perfektes Verbrechen.“
„Das ist Blödsinn“, zürnte Dünnbier. „Sie haben die angebliche Frau festgenommen.“
„Das war ihr Plan!“
Dünnbier zeigte einen Vogel. „Wie sollten sie wissen, dass sie die Marotte haben, immer zuerst den Täter allein zu verhören, oder meinen sie“, er sah sich um, „wir haben einen Maulwurf?“
„Brauchten sie nicht, sie haben Kalle.“
Mattmann schüttelte den Kopf. „Kalle!“
„Wer ist Kalle?“, fragte Dünnbier.
„Mattmann klären sie ihn später auf!“

Herbert schlug auf den Tisch. „Los an die Arbeit. Herr Malkus sie bringen in Erfahrung, wer die Toten sind, gegebenenfalls bekommen wir, über sie heraus, wer die Täter sind. Mattmann, sie machen bei der Rechtsmedizin Druck und schicken eine Crew Spurensucher zum Tatort, lassen sie kein Stein auf den anderen.“
„Mit den Schnibblern geht in Ordnung, aber ein Team? Es ist Weihnachten! Soll ich mich halbieren?“
Herbert wies auf Dünnbier. „Wir zeichnen!“
Die Beamten verließen bis auf Ferigart und Tamban den Raum.
„Ich muss dir etwas gestehen“, druckste Monika.

Herbert trat an sie heran, senkte den Kopf. „Ich muss mich bei Ihnen entschuldigen. Ich bin Ihnen zu nahegetreten. Na ja! Untertrieben! Wenn der Fall abgeschlossen ist, reichen Sie bitte eine Dienstbeschwerde ein.“
Monika verdeckte ihren Mund und gluckste. „Herbert, bitte höre auf. Du hastest einen Filmriss. Du bist der Ansicht“, sie stieß mit dem Zeigefinger gegen seinen Bauch, daraufhin auf ihr Brustbein, „wir hätten gestern Nacht ...“
„Ja!“
„Eine Kneipentour haben wir gemacht. Dann habe ich dich nach Hause gefahren. Geglotzt haben die Leute. Ich in Lack und Leder“, sie schmunzelte, „Obwohl weihnachtlich sah ich aus, oder? Außerdem bin ich ...“
„Ist schon gut!“
Ein Stein fiel ihm von der Schulter. Herbert wandte sich zum Gehen.

„Wart! Ich bin schuld für die Verwechslung.“
„Bitte!“
„Ich bin ins Büro des Leitenden, wollte den Verdächtigen eindringlich Überzeugen den Schutzanzug anzuziehen. Musste ich aber nicht. Er war bereit. Er wollte sich nur nicht vor dir entkleiden. Mir ist bewusst, warum. Ich begleitete sie. Sie benahm sich komisch. Ich hatte gespürt, dass es eine Frau ist. Wir Frauen haben da einen Instinkt für, sagt man. Deshalb habe ich sie auf die Toilette vom Leitenden geführt.“
„Malte hat ein eigenes Klo! Wo?“
„Im Hausflur! In seinem Büro ist die alte Wohnungstür. Nach dem Umbau …“
„Ferigart! Sie haben Sie allein gehen lassen.“
„Natürlich nicht! Außerdem ist die Haustür immer abgeschlossen. Die Alte aus dem ersten Stock ...“
Herbert presste die Lippen, faltete seine Stirn.
„Sie überreichte mir ihre Sachen. Gestunken hat es wie verwest. Bin dann weg. Sie konnte nicht raus. Sorry! Aber ich habe die Kellertür vergessen.“
Herbert zwirbelte seinen Schnauzer. „Bleibt unter uns! Wir fahren nachher in die Wache. Eine Frage habe ich. Sie haben mich nach Hause gefahren. Wie kommt dann dieses schulterfreie Kleid …“
Dünnbier stürmte zurück. „Wie lange soll ich warten!“

Im Flur lief Monika an Herbert vorbei, bis sie Dünnbier erreichte. „Mike könnte ich für eine halbe Stunde weg?“ Dünnbier drehte sich zu Tamban um, welcher den Finger erhob und drohte. „Nicht länger, wir haben noch etwas zu klären.“



Zu zweit im Hotelzimmer

Christ schwang sein rechtes Bein nach vorn, bis es das Kopfkissen berührte, drückte sogleich die Zehenspitze des linken Fußes gegen das gegenüberliegende metallene Bettgestell. Den Oberkörper abwechselnd auf die Oberschenkel pressend, knüpfte Christ im Takt des quietschenden Bettes ein gestärktes, blütenweißes Hemd zu.
„Mit wem treibst du es denn?“, schallte eine Frauenstimme durch eine, eine handbreit geöffnete Tür.
„Ich mache Dehnungsübungen“, erklärte Christ und ergriff einen tiefschwarzen wolligen Ball.
„Irgendwann verknotest du dich.“
„Ein bisschen Sport würde dir guttun.“ Christ öffnete das Knäuel, steckte einen Strumpf zwischen die Zähne und schüttelte den Zweiten aus. Die Finger über dem Kopf berührend, beugte Christ sich vor und hüllte flugs den Fuß in den Stoff. „Hält gelenkig!“
„Bist du der Meinung, ich bin zu dick?“
Christ krümmte den Rücken. „Was sollte das eigentlich mit dem roten Minikleid?“, zürnte Christ und zerrte den zweiten Strumpf über den linken Fuß.
„Sahst bestimmt weihnachtlich aus?“
„Amüsieren kann ich mich selber.“
„Hat dir das Rot oder die Länge nicht gefallen?“

Christ ging in den Seitspagat, drückte nachfolgend die Knie gegeneinander und setzte sich auf die Bettkante. „Einen Anzug habe ich nicht erwartet, eine Jeans und einen Pullover hätten es ebenso getan, zumindest ein Paar Schuhe.“
„Upsi. Die konnte ich wirklich nicht auftreiben. Das Kleid hatte ich von der Weihnachtsfeier.“ – „Wieso Schuhe?“
Christ stand auf. „Was machst du die ganze Zeit im Bad? Du kennst. Scusi. Du kanntest Veronica. Als ich in ihr Haus kam, habe ich meine Stiefel ausgezogen.“
„Kacken! Die Spießige.“
„So lange?“
„Verstopfung! Warum hast du deine Stiefel nicht wieder angezogen?“
„Als die Bullen mich abgeführt haben, standen sie nicht mehr dort, wo ich sie abgestellt hatte. Jeden Morgen nach dem Aufstehen ein Löffel Leinsamen in Quark.“
„Wie?“
Christ schritt zu dem tageszeitungsgroßen Schreibtisch, unter dem die Minibar brummte. „Hat mir dieser Tamban empfohlen. Selten dämlicher Typ!“
„Ich hasse Quark, aber einfach zu beeindrucken. Denkt ... Er ist halt ein Kerl.“
„Wenn du das sagst. Du musst es ja wissen. Dann nimmst Joghurt, hilft bestimmt gleichfalls.“
„Hast du Verstopfung? Den wickel ich glatt um meine Finger.“
Christ setzte sich den linken Fuß unter das Gesäß schiebend auf einen Hocker. „Nö! Viel Spaß.“
„Er gibt dir Tipps, obwohl ...“ Blähgeräusche echoten an den Wänden der Toilette. „Warte es ab. Er wird für uns arbeiten.“ Sie kicherte. „Ohne, dass er es mitbekommt.“
„Musste Zeit gewinnen. Mich in der Wache umsehen.“
„Wie?“
„Die Verstopfung. Ich habe ihm gesagt, ich hätte eine. Trotzdem hättest du mir Schuhe besorgen können.“

„Sei froh, dass ich an deine Handtasche gedacht habe“, erklang es aus dem Bad. „Sonst hättest du barfuß auf der Straße übernachten müssen.“
„Du hättest mir nicht deine EC-Karte geliehen?“
„Bist blöd.“
Christ öffnete die altrosa Henkeltasche, die neben dem Telefon auf dem Schreibtisch ruhte. „Hatte Glück, im Hausflur standen ein paar mitternachtsblaue Stiefel.“
„Zu Rot? Das sieht ja verboten aus!“
„Eher eine Nummer zu klein“, konterte Christ, fischte eine Puderdose aus der Handtasche, klappte sie auf, stellte diese vor sich ab. Den Kopf von links nach rechts schwenkend, betrachtete Christ sein Spiegelbild. Mit der Rechten verdrehte der ehemalige Weihnachtsmann sein schulterlanges currygelbes Haar, drückte es auf den Hinterkopf, schnappte sich drei Haarnadeln aus der Tasche und befestigte das Kunstwerk. „In meinem alten Hotel hätten sie ganz gewiss blöd geguckt.“
„Wie gut, dass es diese Automatenhotels gibt, da fragt niemand. Du hast sie wirklich nicht erstochen?“
Christ stülpte sich ein Haarnetz über den Schädel. „Warum?“

„Immerhin hast du dich bei ihr eingenistet und ihre Identität geklaut.“
„Deswegen ersteche ich sie?“
„Vielleicht war sie dahintergekommen?“
Kopfschüttelnd beugte sich Christ nach links, ergriff eine Papiertüte und stellte diese vor die Handtasche.
„Blödsinn! Erstens hat sie mich rausgeschmissen, weil, wie sie sagte, eine alte Freundin eine Bleibe suche, und zweitens war es deine Idee.“
„Meine Schuld! Denkst du vielleicht, ich habe Veronica verstümmelt.“
Christ fischte eine schwarze Kurzhaarperücke aus der Tüte. „Eifersucht!“
„Auf Veronica?“
„Ich zusammen mit einer attraktiven Frau in einer Wohnung.“
„Sie war eine ...“
„Domina. Hab ich vorher nicht gewusst“, vervollständigte Christ und setzte sich die Perücke auf. „Ja du! Du hast mir erzählt, dass der Typ eine Mitarbeiterin sucht, und sie war perfekt. Als sie im Supermarkt den Zettel anpinnte Suche Mitbewohnerin habe ich es gleich gesehen. Alt, aber vom Gesicht erste Sahne.“ Mit einem Stielkamm zupfte Christ das Kunsthaar zurecht. „Apropos Alter! Wie hat er eigentlich die spontane Kündigung seiner besten Kraft aufgenommen?“
„Keine Ahnung. Er ist, wie ich hörte, bis einen Tag vor Silvester im Urlaub“, schallte es aus dem Bad.
„Wie?“
„Mit der Bahn! Er fährt immer mit der Bahn in den Skiurlaub. Der Staus wegen.“
„Schiet! Hast du einen Schlüssel?“
„Mehrere.“
„Witzig. Ich meine, von seinem Büro.“
„Nee! Warum?“
„Alle Spuren beseitigen, ohne, dass er davon Wind bekommt. Die Internetseite habe ich bearbeitet. Hatte in der Nacht genug Zeit. Ein Spaziergang konnte ich ja nicht machen.“
„Wieso? Ich dachte, Sascha hat dir den Koffer vorbeigebracht.“
„Erst heute Morgen und in dem Kleid ...“
„Wolltest nicht deine Beinchen zeigen?“
„Zu gefährlich.“
Sie kicherte. „Hattest Angst, dass dich ein Typ zum Drink einlädt?“
„Eher, dass mich eine Nutte verprügelt, weil ich in ihrem Revier flaniere.“
„Ich weiß nicht, was du hast. Das ist ein gewöhnliches Gewerbegebiet.“
„Sogar nachts! Erst recht in diesem hellhörigen Hotel.“

Das Rauschen der Toilettenspülung hallte durch das Hotelzimmer.
„Bist fertig?“
„Nein! Du hast die Dokumente?“
Christ holte einen schwarzen Schnurrbart aus der Papiertüte.
„Wie denn?“ Christ tupfte Kleber auf die Rückseite des Schnauzers. „Malte war nackt und tot.“
Christ schluckte und drückte die falsche Haarpracht unter der Nase fest.

Sich vorbeugend warf Christ die Tasche um, kramte in ihr. „Ich habe dir gesagt, er kam nicht. Eine halbe Ewigkeit habe ich im Restaurant gewartet.“ Mit einem Pinzettengriff fasste Christ einen Augenbrauenstift, setzte sodann die schwarze Spitze neben dem Nasenrücken an. „Dann bin ich zu dir und du kamst mir entgegen.“
„Entgegen? Nach Hause wollte ich. Wenn du angerufen hättest?“
„Egal!“ Christ färbte seine Brauen ein. „Kamst gelegen. Konnte ich mich zumindest umziehen.“
„Und jetzt?“
„Mist! Ich bin doof. Scheiße, Scheiße, Scheiße.“
„Was?“
„Der Koffer! Ich muss direkt an den Anwalt ran.“
„Was hast du immer mit deinen Koffern, weißt doch ohnehin niemand, wer du bist. Nach Mailand?“
Christ stand auf, schritt zum Bett und ergriff eine schwarze Nadelstreifenhose. „Der Anwalt des Clans, hat einen Kollegen hier bei uns, mit dem er zusammenarbeitet und der trifft sich mit anderen Rechtsverdrehern an jedem ersten Weihnachtstag zum Essen.“ Christ verhüllte das zweite Bein.
„Da willst du Hallo sagen?“
Christ steckte den Knopf ins Loch, zog den Reißverschluss zu. „Fast! Der Rechtsanwalt hat einen neuen Mitarbeiter und der ist, war ein Freund“, Christ zuckte mit den Achseln, „Bekannter von Malte und der kennt ... na ja, werde es herausbekommen.“ Christ flanierte zurück zum Schreibtisch, erfasste eine Krawatte, die über einen Fernseher baumelte, und hing sich diese um den Hals. „Zufällig treffen wir uns im selben Restaurant.“
„Deshalb brauchtest du deinen Koffer?“
Christ bannte den Binder. „Auch!“
„Stimmt! Außer dem roten Minikleid hattest du ja nichts Anständiges zum Anziehen.“

Die Augen verdrehend, schlüpfte Christ in einen schwarzen Slipper, winkelte das rechte Bein nach hinten ab und zog das Leder über die Ferse. „Du musst unbedingt den anderen Koffer aus Veronicas Haus holen.“
„Hey, das ist Sperrgebiet!“
Der zweite Fuß flutschte in den linken Schuh. „Egal! Mach dir Gedanken! Der Flugschein für heute ist in ihm und ... vergiss es.“

Christ schlüpfte in eine zur Hose passende Anzugjacke, hockte sich nieder, verstaute ein Teil des Inhaltes der Handtasche in einen anthrazitfarbenen Schalenkoffer. Mit einem Ruck schloss Christ den Koffer, richtete sich auf, schritt erneut zum Bett, stopfte ein Laptop in einen Rucksack. Das Gepäckstück über der linken Ellenbeuge, stolzierte Christ abermals zum Koffer, hockte sich nieder, erfasste dessen Bügel und zog ihn beim Aufstehen in die Senkrechte.
„Kriegst du das hin? Ich fliege wie geplant morgen nach Rom.“
„Ich versteh’! Den Anwalt, den du zufällig treffen wirst, ist zwischen den Feiertagen zufällig in Mailand und da hast du vor ...“
Christ stellte das Gepäck vor der Badezimmertür ab, nahm einen Herrenwollmantel vom Haken und zog diesen über. „Tue einfach, was ich sage, obwohl, für ein Weib denkst du erstaunlich logisch.“
Zur Antwort erklang die Toilettenspülung.
„Ich dachte, du kommst mit zu meiner Mutter. Die würde sich bestimmt freuen.“
Christ verdrehte die Augen.

„Eine Frage habe ich?“, erklang es aus dem stillen Örtchen. „Wie hast du es geschafft, dass Tamban fluchtartig die Wache verließ?“
Christ schmunzelte. „Ich habe ihm einen geblasen.“



Scharfe Currywurst mit Pommes

Herbert marschierte, seine braune Lederaktentasche unter der rechten Achsel geklemmt, von einer Seite der Parkplatzeinfahrt des Dezernates zur anderen. Die Mundwinkel gesenkt, starrte er unentwegt auf seine goldene Armbanduhr.
Ein tiefergelegter tiefschwarzer Dreier schoss zuerst an ihm vorbei, stoppte, setzte zurück, bis der rechte Außenspiegel Herberts Becken tuschierte.
Die Scheibe der Fahrertür glitt herab. „Ferigart, wo bleiben Sie denn“, fuhr Tamban die Fahrerin an.
Sie jubelte: „Bin da!“
Herbert umrundete das Gefährt, öffnete die Beifahrertür und fiel in den schweren schwarzen Ledersitz.

Er legte seine Tasche vor seine Füße, schnallte sich an und verzog angewidert den Mund. „Das stinkt in ihrem Wagen, als hätte eine ganze Fußballmannschaft in die Ecke gegöbelt. Außerdem ist es warm, wie in einer Sauna.“
Monika schielte ihn über die Schulter an. „Das musst du sagen.“
„Wie?“
Sie schnallte sich ab, zog ihren Pullover aus und warf ihn auf die Rückbank. „Kannst, oder willst dich nicht erinnern.“

Herbert schob den Vorgesetzten beiseite. Er starrte auf ihre Brüste, welche ihm, bloß verdeckt von einem mit Spitze besetzten Büstenhalter, anlächelten. Den Blick weiterhin auf ihre Rundungen fixiert, ergriff er die Aktentasche und legte diese auf seinen Schoß.
„Kann?“, zischte er und zwirbelte seinen Schnauzer.
„Weißt du, wie lange ich heute Morgen ...“,
Das Hupkonzert einer silberfarbenen Limousine unterbrach ihren Satz. Monika legt den Gang ein und setzte in eine Parkbucht zurück, „deine Kotze beseitigt habe.“
„Bitte!“, entrüstete sich Tamban.
Sie beugte sich über Herbert Schoß. „Den halben Sitz hast du vollgereihert.“
Er hob sein rechtes Gesäßteil.
Sie fasste hinter den Beifahrersitz und fischte ein bordeauxfarbenes Langarmshirt aus einer Umhängetasche.
Die Lippen zu einem Lächeln geformt, strich sie über Herberts Knie. „Zum Glück hast du dir das meiste auf deine Hose sowie dein Hemd gespien.“ Sie zuckte mit den Achseln. „Deinen Magen möchte ich haben?“
Herbert zog seine buschigen Augenbrauen zusammen. „Wieso?“
„Wolltest gleich danach eine Currywurst mit Pommes.“
Das linke Auge zugekniffen, zupfte er an seinem Hemd. „Mit ...“
Monika streifte sich das Oberteil über. „Nee! Die dreckigen Sachen hast du ausgezogen, später in einen Müllkorb geschmissen.“
Herbert sinnierte, wie er in Unterwäsche bekleidet, neben oder gegenüber einer Domina saß und eine Currywurst verspeiste.
„Bitte!“
In den Rückspiegel schauend band sich Ferigart einen Pferdeschwanz. „Nein! Du hast dir das Bandeaukleid übergeworfen.“ Sie streichelte seinen Oberschenkel. „Na ja! Erdbeerrot ist nicht deine Farbe, aber ich laufe auch nicht jeden Tag in Lackbody und Peitsche über die Straße.“

Bei dem Gedanken daran, in einem Damenkleid mit Genuss an einer Wurst zu lecken, lief ihm zu seinem Erschauern kein Schweiß der Pein über den Rücken. Eher umspannte Herbert ein kindliches Verlangen, flehte ihn an, Grenzen zu überschreiten, anzuecken, wie Monika es vollführte. In der Art, wie sie sich ohne Scham in seinem Beisein umzog, obgleich ihn dieses Beispiel nicht überzeugte. Er hatte sie bereits nackt gesehen. Allerdings die Enge des Wagens hob das Geschehende auf eine andere Ebene. Blödsinn! Er war ihr Vorgesetzter. Punkt.
Ein Gefühl des Vertrauens keimte freilich in ihn auf, als sie ihn bat, einen Lippenstift aus dem Handschuhfach zu angeln. Sie sodann sich auffordernd, einladend ihre Lippen nachzeichnete, wobei ihre Schulter die seinige berührte. Er ihr nach Melone gleichermaßen Apfel duftendes Parfüm inhalierte, sowie ihren Atem auf seiner Wange vernahm.

„Danke!“
Instinktiv wischte er die rote Farbe von seiner Haut. „Dass ich“, Herbert strich über das Leder, „Ihren Sitz besudelt habe.“
„Nein!“ Sie sah verschämt zu Boden. „Weil ich dabei bin, obwohl ich mich gestern nicht vorschriftsmäßig benommen habe. Bin halt unerfahren.“
Herbert strich eine Strähne von ihrer Stirn. „Ich bin nicht ohne Schuld. Ich habe Sie überfordert. Mich danebenbenommen.“
Monika legte ihre Handflächen aneinander und klemmte diese zwischen ihre Schenkel. „Hab alles wieder aufgeräumt.“
„Ist gut.“ Er richtete sich auf und hob den rechten Zeigefinger. „Aber nennen Sie mich nicht beim Vornamen, wenn Kollegen dabei sind.“
Sie salutierte. „Jawohl Chef! Aber nur, wenn du dieses dämliche Sie lässt. Oder sind wir im Kindergarten.“
Herbert knuffte sie in die Seite. „Grauenvoll! Herr Tamban genügt. Okay!“
Zur Bestätigung zwinkert sie ihm zu.

„Kommen wir mit den Phantombildern weiter?“
Ihr Wechsel ins Dienstliche entspannte seine Lenden. Er öffnete die Aktentasche, zog zwei Blätter heraus und überreichte ihr diese.
Sie tippte auf das Erste. „Den kenne ich nicht?“
Herbert entnahm der Tasche einen Bleistift, kritzelte einen Vollbart auf das Gesicht.
„Der Weihnachtsmann!“
„Volltreffer! Kalle. Dünnbier hat Kalle entlassen.“ Er zog das zweite Blatt unter dem Ersten hervor. „Die ist Christ Baum-Ständer!“
Monika verdeckte ihren Mund. „Dann hab ich dem Mörder zur Flucht verholfen?“
Herberts Hand glitt über ihren rechten Unterarm, berührte ihre Handgelenke. Sie spreizte die Schenkel, woraufhin seine Finger die Naht ihrer Hose ertasteten. Monikas presste ihre Knie zusammen, während ihre Hände die Region verließen.

Die Frau machte ihn rasend. Keinen Monat würde er es ungestraft mit ihr aushalten. Er zwirbelte seine Schnauzer. Ob sie es darauf anlegte? War es ihr Ziel, ihn zu kompromittieren? Welche Gründe sollte sie haben. Herbert kannte eine Menge Frauen. Er war mit ihnen ein Verhältnis eingegangen oder blieb auf Distanz, da die Etikette es ihm verbat. Nie käme er auf die Idee seiner Vorgesetzten Maxima den Hof zu machen, obwohl sie in sein Beuteschema passte.

„Wir machen Fehler“, beruhigte er sie und wandte das Gesicht seiner linken Hand zu. „Später“, flüsterte er, wobei er für einen Moment die Berührung genoss.
Monika strich sich eine Strähne von ihrem Gesicht, entließ Herberts Hand aus ihrem Gefängnis und zwinkerte ihm zu. „Feierabend?“
„Fahr los!“
Sie drehte ihren Kopf nach links, wobei sie schmunzelte.
„Zum Tatort“, murmelte Herbert und wies nach vorn.
Sie legte den ersten Gang ein, drückte auf das Gaspedal, woraufhin Herbert sich mit beiden Händen am Türgriff festklammerte.



Melonen, Kirschen und Apfelkuchen

Herbert schritt, verpackt in einem Schutzanzug durch das Wohnzimmer, hielt die Rechte an seinem Magen. Die Fahrt zum Tatort hatte ihm bewiesen, weshalb er den Mageninhalt am Vortag verloren hatte. Monika fuhr, wie sie sich gab.
Er schlug eine durchsichtige Plastiktüte auf, trippelte um das Sofa, um den Wohnzimmertisch und wandte sein Gesicht. „Den Rock, die Bluse“, befahl er Ferigart und schob den Mundschutz herab.
Sie tat es ihm gleich. „Die Kleider der Toten?“
„Vorstellbar? Würden dir die Sachen passen?“
Monika begutachtete die Fundstücke. „Ja!“
„Waren diese, na ja“, er zupfte an ihrem Shirt, „Sachen gestern bequem?“
„Ja!“
„Was folgerst du daraus?“
„Es sind ihre?“. Sie biss auf ihre Unterlippe. „Könnten die Ihrigen sein.“
„Was fällt dir weiterhin auf? Beschreibe die Kleidung? Du bist eine Frau.“
Sie verkniff die Lippen. „Bleistiftrock“, sie verzog erneut ihr Gesicht, „Rosa. Rüschenbluse weiß.“
„Zu welchem Anlass würdest du die Sachen tragen?“
„Nie!“
„Wenn?“
„Beim Besuch der Großmutter meines Verlobten“, wetterte sie.
„Du bist verlobt?“
„Nein! Wenn ich einen hätte?“
„Was fällt dir sonst auf?“
„Blutspritzer.“
„Schau hin?“
„Eher Flecke?“
„Wo?“
Monika strich über ihren Bauch. „Am Bund des Rockes, unten an der Bluse und im Brustbereich.“
Herbert hielt die Tüte auf. „Einpacken!“ Er stellte die Tasche ab, setzte sich auf das Sofa und spreizte die Beine. „Ich bin die Tote. Beugt dich über mich!“

Sie trat an ihn heran, ging in die Hocke und neigte sich vor.
„Weiter vor!“
„Dann falle ich um.“
„Stütze dich an der Rückenlehne ab. Versuch, meinen Atem zu spüren, ohne meinen Körper zu berühren. Denke daran, ich bin blutüberströmt.“
Ihr Gesicht näherte sich. Er sah in ihre Augen, auf ihren Mund, spürte ihren Atem, ihr Becken an seinem Oberschenkel. Er genoss für einen Sekundenbruchteil zuerst den Geruch, dann den Geschmack ihres Lippenstiftes. Bevor es über ihn kam, drückte er sie weg.
„Und?“
Sie strich sich ihr Haar zurück, fasste an ihren Hosenbund, sodann an ihre rechte Brust. „Mit dem Busen habe ich dich nicht berührt.“
Tamban setzte sich aufrecht hin. „Weil ich keinen habe.“
„Wenn sie sich über den Mann gebeugt hat?“
Monika drückte Herberts Körper gegen die Rückenlehne, ging auf die Knie, quetschte ihren Oberkörper zwischen seine Schenkel, wobei ihre Brüste seinen Bauch streichelten. Mit einem Ruck schnellte ihre rechte Hand über ihre Schulter, streckte sodann ihren Oberkörper und schlug auf Herberts Brustkorb. Sie erhob sich, kniete sich, die Beine gespreizt, auf die Sitzfläche, rieb sie sich an Herberts Schoß.
Er legte seine Hände auf ihre Oberschenkel. „Du bist der Ansicht, sie hat ihn zuerst erstochen?“
„Ja!“
Die Finger seiner Rechten glitten über ihr Shirt, über ihre Brust. „Vorstellbar! Hinterher hat die Baumständer sie verstümmelt.“
„Rache“, konstatierte Monika.
„Ihre Unterwäsche?“
„Sie hatte keine an.“
„Es ist Winter!“
„Und?“
„Monika!“
Sie zwinkerte. „Kommt auf den Anlass an.“
„Hast du nicht gesagt, dass die Sachen“, er wies auf die Plastiktüte, „eher nobel, exquisit, festlich sind.“
„Dann hat sie sich im Schlafzimmer ausgezogen.“
Er zeigte ihr einen Vogel, rollte sich unter ihren Schenkeln weg und beugte sich herab. „Im Anschluss trägt sie die Oberwäsche wieder ins Wohnzimmer, legt sie ab und“, er holte die orangeroten Pumps unter dem Sofatisch hervor, „wirft ihre Schuhe unter den Tisch.“
Monika erhaschte das Schuhwerk. „Das sind nicht ihre.“ Sie schüttelte den Kopf. „Keine Frau zieht orange Schuhe zu einem rosa Rock an, außerdem sind sie ihr zu groß.“

Herbert zwirbelte seinen Schnauzer. „Du bringst mich auf eine Idee.“
Das Verwechslungsspiel der Verdächtigten brachte ihn darauf.
Er stand auf, erfasste ihre Hand, zog sie hoch und zerrte sie zur Haustür.
Herbert tippte Monika an die Schulter. „Du bist die Baumständer und ich“, er wies die Treppe herauf, „die Unbekannte.“ Er postierte Monika an die Tür, stellte sich daneben. „Wir kommen nach Hause. Ich wohne hier – bin Untermieter. Du der Besuch.“ Erneut wies er die Stufen herauf. „Geh voraus.“ Gedankenversunken zupfte er an seiner Unterlippe. „Sind wir ein Paar – nein! Busenfreundinnen? Ne! Wir sind ineinander verliebt ein Paar. Ich komme gleich nach.“
Monika wandte sich zum Gehen.
„Halt! Es ist ein ordentlicher Haushalt. Du der Gast.“
„Wie?“
„Schuhe aus!“
Monika fasste an die Überzieher an ihren Füßen.
„Nur so tun.“
Herbert sah sich um. Auf der einen Seite die Hausschuhe in Reihe und Glied, auf der anderen ein Schuhschrank und links daneben an der Scharnierseite der Tür ein Paar weiße, hochhackige Stiefel. „Bingo!“
Lächelnd nahm er die Schuhe auf. „Passen diese zu einem rosa Rock?“
„Ja.“
„Schlüpfe in ein paar Pantoffeln, damit du dich nicht erkältest.“
„In welche?“
Herbert wies auf das Arrangement. „Die in der Lücke standen.“
Monika lehnte den Kopf auf ihre Schulter, runzelte die Stirn und zischte: „Wie?“
„So tun oder kannst du nicht schauspielern?“
„Herbert! Ich bin eine Frau.“
Er drückte die Klinke der Tür herab, die sich links neben den Hausschuhen befand. „Ich gehe für kleine Mädchen“, murmelte er, stieß das Türblatt auf und blickte ins Gäste-WC. „Du verschwindest“, gab er preis, trat ein, kam wieder heraus und legte die rechte Hand an sein Ohr. „Ich vernehme Geräusche aus dem Wohnzimmer – eindeutige Laute.“

Den rechten Zeigefinger an der Nasenspitze schlich Herbert ins Wohnzimmer. „Entdecke sie in Flagrante.“ Er deutete auf den Esstisch. „Der Tisch nicht abgeräumt. Ergreife das Messer.“ Den rechten Arm erhoben, pirschte sich Herbert an die Couch, blieb an der Kante zum Teppich stehen. „Ich steche zu. Sie hatte mich betrogen, dabei hatte sie mir versprochen, nie wieder ihrem Geschäft nachzugehen. Ihr Freier schreckt auf. Erfasst das Messer, will es mir entreißen.“ Herberts Faust saust auf seinen Bauch. „Sticht zu. Fängt mich auf.“
Monika ließ ihren Zeigefinger an ihrer Schläfe kreisen. „Der Tote ist ein Mann. Keine Frau!“
„Woher willst du wissen, inwieweit die Fremde eine Frau war. Denk nach! Der Kleiderschrank!“ Herbert verschränkte die Arme. „Ich bin keine, aber meine Holde. Sie trägt Röcke, Kleider, trotzdem Hosen.“
Die Lippen gepresst, strich Monika über Herberts Rücken. „Stimmt! Merkwürdig. Dennoch. Wer ist der Mörder? Der andere?“

„Kalle!“
„Herbert. Ich habe ihn zwar nur kurz, dennoch habe ich ihn gesehen.“ Den rechten Arm gestreckt, drehte sie sich. „Ob das seine Preisklasse ist. Für einen Zehner machte sie, wenn sie eine Prostituierte war, es nicht.“
Tamban leckte sich die Oberlippe. „Zufall! Sie hatte einen anderen Kunden.“ Er zwirbelte seinen Bart. „Genau! Die Baum-Ständer trug, als ich sie verließ, ein rotes Kleid wie eine Weihnachtsfrau. Sie hatten sich verabredet. Kalle erschien zu früh. Unsere Tote dachte, dass ihr Kunde zurück wäre. Sie öffnete die Tür.“
„Nackt?“
„Gehe davon aus. Sie kannte Kalle. Sie bietet ihm etwas zu trinken an. Es ist die Heilige Nacht. Sie macht ihm eine Freude.“
„Freude?“
„Sie bläst ihm einen – mehr nicht.“
Monika verzog angewidert das Gesicht. „Was ihr Kerle daran toll findet.“
„Unwichtig! Deswegen war Frau Baum-Ständer hier. Sie wollte sich umziehen, hörte vielleicht einen Schrei, rennt herab, beugt sich über die Leiche, entkleidet sich und lässt Kalle über die Terrasse entschwinden.“
„Warum? War doch Notwehr!“
„Der menschliche Geist meist verwirrt. Sie zieht ihr Kostüm an und das von Kalle darüber. Um uns zu verwirren, wie ich es mir bereits gedacht habe.“

Zwinkernd legte Monika ihre flache rechte Hand auf Herberts Brust. „Du bist genial! Von dir kann ich viel lernen.“
Sein Puls fing an zu rasten. Täuschte er sich, oder war es ein Annäherungsversuch. Er schlang seinen Arm um ihre Taille, schaute ihr in die Augen, senkte den Kopf, näherte sich ihren vollen kirschroten Lippen, roch ihr Parfüm und dachte an, schmeckte Apfelkuchen.



Herrensocke und Seidenstrumpf

„Seh dich um!“
Monika hob die Schultern. „Seit gestern hat sich hier“, sie drehte sich um ihre eigene Achse und wies an die Wände, „nichts geändert.“
Wie beglückt war Herbert über seinen nervösen Magen, obwohl Pein in ihm aufkam. Monika ins Gesicht zu rülpsen ohne Zweifel war minder verhängnisvoll, als seinen Trieben nachzugehen.
Ihre vollen Lippen, ihre prallen Brüste, der knackige Hintern in ihrer Jeans, jene, die gleich einer zweiten Haut sie hüllte. Die Hose ihr schmeichelte, ihr Schritt lockte, machten es jedem Mann schwer, ihr zu widerstehen. Dabei steckte ihr liebreizender Körper in dem Schutzanzug. Er war ihr Vorgesetzter, nicht der buhlende Hengst. Obschon es ihr nichts auszumachen schien, wenn er sich ihr näherte. Ihr, der Trieb plagte, Grenzen zu überschreiten. Eine Tugend, die Herbert bei Frauen schätzte und im Privaten gerne freien Lauf ließ. Wie verlangte es ihm. Verlangte es ihm, ihr ihre Kleider vom Leib zu reißen, in Ekstase seinen an ihren Körper zu reiben. Sich mit ihr zu vereinigen, bis sie ihm gelobte, nur eine zu lieben, ihm hörig zu sein, alles zu tun, was er von ihr forderte.
„Weil Mattmann nicht die Spurensicherung durchs Haus gejagt hat“, erboste er sich.
Für seine Zwecke war es hingegen nachhaltiger, sie zu modellieren, ihre Neugier, ihren Wissenshunger auf Neues zu prägen, sie in die richtige Form zu pressen.

„Es ist Weihnachten“, nahm Monika ihren Kollegen in Schutz.
Herbert hob den rechten Zeigefinger. „Was kein Nachteil ist. Die von der Kriminaltechnik sind Techniker, wie der Name beschreibt, nüchtern, wissenschaftlich, unbestreitbar unverzichtbar, um einen Fall zu lösen. Nur!“ Er ballte eine Faust. „Sie stehlen die Aura.“ Er fächerte sich Luft zu. „Was riechst du?“
Monika schnupperte, zuckte mit den Achseln. „Nichts.“
„Genauer? Nichts gibts nicht!“
Monika machte einen Schritt zum Bett, rümpfte ihre Nasenflügel und beugte sich vor. „Waschmittel. Lavendel!“ Sie richtete den Oberkörper um neunzig Grad nach rechts, sodann ging sie drei Schritte vor, bis ein zylinderförmiger, mit Kunstleder überzogenen mausgrauer Hocker ihr den Weg versperrte. Mit dem linken Fuß schob sie diesen zur Seite, beugte ihren Rumpf, bis ihre Nasenspitze die Platte des ebenfalls tageszeitungsgroßen grauen Tischs berührte. „Haushaltsreiniger! Zitrone.“
Herbert winkte sie heran. Sie trat auf ihn zu, legte ihre Wange an seinen Oberkörper. „Achselschweiß!“
Er senkte den Kopf, schloss die Augen und atmete durch die Nase ein. „Apfel und Melone.“
Monika stieß sich von seiner Brust ab. „Was soll das?“
„Denken!“
Sie kniff ihr linkes Auge zu.

„Hast du eine Garderobe?“, fragte Herbert.
Monika zog ihren rechten Mundwinkel empor und richtete ihren Blick gen Zimmerdecke. „Ja! Nein!“
„Wie nun?“
„Ein Kleiderhaken und ein Schuhschrank“, antwortete sie und schlug mit der Handkante an ihre Hüfte. „Wenn du das so bezeichnest.“
„Was liegt auf diesem Schrank?“
Sie kratzte sich im Genick. „Eine Bürste, Haargummis“, sie grinste, „ferner eine“, sie spreizte Daumen und Zeigefinger ab, „eine Blumenvase mit vertrockneten, na ja.“
„Lippenstift, Puder“, vervollständigte er ihre Aufzählung.
„Ne, Puder nicht! Hab keinen Spiegel.“
„Deo, Parfüm“, setzte Tamban fort, ohne auf ihren Einwand einzugehen.
Sie stemmte die Fäuste in ihre Taille. „Woher weißt du das?“
Herbert verdrehte die Augen. „Dein Handschuhfach! Make-up, Lippenstift, Deodorant, alles, was Frau braucht. Eine gepflegte Dame für ihr Äußeres benötigt. Schau dich um?“
Monika drehte sich um ihre Achse.
„Nichts!“, antwortet Herbert für sie.
„Vielleicht schminkt er sich nicht.“
„Er?“

Ein Lächeln auf den Lippen lehnte sie ihren Kopf zur Seite. „Du hast gesagt, vermutet, dass unser Tote eine Transe war.“
„Vergiss es!“ Er zwirbelte seinen Schnauzer. „Indizien – Annahme falsch!“
„Somit lebt in diesem Zimmer eine Frau.“
„Nein!“
„Du verwirrst mich.“
„Öffne die Kleiderschränke!“
Monika kam seiner Aufforderung nach. Sie stellte sich, die Beine gekreuzt, die Hüfte zur Linken, die Arme verschränkt vor die zwei geöffneten Schränke.

Herbert schob sich an ihr vorbei, glitt mit dem Zeigefinger über die Kleiderstange des linken zweiflügligen Schranks. „Kleider!“ Er hockte sich nieder, klopfte gegen Absätze. „Damenschuhe!“ Dann drehte er sich nach rechts, riss die unterste Schublade auf, fasste hinein und entnahm eine Verpackung. „Damenstrümpfe. Neu!“, murmelte er.
„Strumpfhose“, verbesserte Monika ihn.
Herbert warf den Umschlag Monika vor die Füße. „Damenstrumpfhose. Neu!“, revidierte er seine Aussage. Sogleich zog er eine weitere Schublade auf, schielte herein. „Damenslips weiß, schwarz. Mit Spitze!“ Ohne hinzusehen, öffnete er die Nächste. „Büstenhalter. Neu!“
Er stand auf, widmete sich dem letzten Schubfach. Die Lippen gepresst, fasste er hinein, ergriff einen seidigen Stoff. Er grinste derweil, hielt er sich diesen vor den Bauch. „Damennachthemd.“ Er klappte ein Papieretikett herum. „Neu!“
Herbert widmete sich dem zweiten, einflügeligen Schrank, tippte auf die Bügel, welche auf der unteren Stange hingen. „Röcke. Zehn!“

Monika schubste Herbert beiseite. „Zehn Blusen.“ Sie streckte ihre geballten Hände zur Decke. „Von mir aus neu. Was soll der Blödsinn?“ Sie drehte sich auf ihrem Schuhabsatz um, verschränkte die Arme. Sodann starrte sie ihn an, wobei sie ihre Stirn runzelte. „Eine normale Garderobe einer von mir aus eleganten Damen.“
Ohne eine Miene zu verziehen, griff Herbert in den Kleiderschrank und schnappte sich einen Kleiderbügel von der oberen Stange, jener, der einsam inmitten seiner behangenen Leidensgenossen ruhte. „Neun Blusen!“ Grinsend strich er über den Bügel. „Eine fehlte. Sowie“, er zupfte an den Ärmeln, „zwei Blazer.“

Monika trat an Herbert heran.
Sie legte sogleich ihren Arm um seine Taille. „Ja, neu! Du bist ein brillanter Ermittler, aber wir haben unten einen Tatort und du“, sie sah zu ihm auf, „interessierst dich für dieses Zimmer.“
Er nahm ihre Hand zwischen die seinigen. „Weil es von Belang ist.“ Er drehte sich um, strich über einen der Röcke. „Wie würdest du die Sachen beschreiben?“
Sie verdrehte die Augen. „Elegant. Business Outfit!“
„Erneut meine Frage. Schminkt sie sich, pflegt ihr Äußeres?“
„Bestimmt!“
„Wo sind ihre Toilettenartikel?“
„Im Bad?“
„Dort zieht sie sich an?“
„Wieso?“
„Ich bin seit Langem verheiratet, hatte viele Frauen, aber keine, die sich im Bad …“ Er schritt zur Zimmertür. „Körperpflege klar! Danach in Unterwäsche, oder“, er umfasste den Oberkörper, „mit einem Badetuch bedeckt zurück. Die Haare nass, shampooniert, mit einer Haarkur behandelt, eingewickelt in ein Handtuch, in ihre Kleider zu schlüpfen.“
„Ich verstehe dich nicht?“
Herbert schnüffelte. „Wo ist ihr Geruch? Hat sie ihn im Bad versteckt?“ Er stürmte erneut zum Kleiderschrank. „Schau hin. Sehe nicht nach, was da ist, sondern was fehlt?“
„Das hatten wir bereits. Keine Hosen, keine Pullover. Dann trägt sie keine.“
„Ich weiß nicht, wie der Inhalt deines Kleiderschrankes aussieht. Der meiner Frau quillt über. Kein bequemer Rock, kein schnörkelloses Kleid. Läuft sie jeden Tag, jede Stunde aufgetakelt herum? Ja. Die Frage ist wichtig, dennoch von Belang?“ Herbert ging zum Fenster.
„Herbert?“
„Tod. Alles ist tot. Somit gibt es eine, eine sinnige Konsequenz. Hier wohnt niemand!“ Er kehrte um. „Was machen die Sachen hier? Der Toten gehörten sie nicht. Wie du hergeleitet hast.“
Monika leckte sich über die Oberlippe. „Vielleicht ist der Tote doch eine Transe?“
„Ich habe dir gesagt, dies war eine Fehlinterpretation.“ Er wandte ihr sein Gesicht zu. „Ich dachte, ich fände hier etwas.“ Herbert zwirbelte seinen Schnauzer. „Nackt, barfuß, nur in einem Weihnachtsmannkostüm erschien er bestimmt nicht.“ Erneut erfasste er den leeren Kleiderbügel. „Zog sich eine Bluse …“

Herbert stockte. Er war öfter daran vorbeigelaufen, aber er hatte es nicht beachtet. Den Bügel zwischen den Fingern, schritt er zu einem Papierkorb, der versteckt unter dem Tisch stand. Er beugte sich nieder und fischte eine Plastikverpackung heraus. „Eine Strumpfhose über.“
„Bitte!“ Monika ging zu ihm, schnappte sich die Verpackung. „Halterlose, 60Den schwarz.“ Sie schmunzelte. „Welche Frau zieht Derartiges über?“
„Wie?“
„Männer! Ihr habt keinen Schimmer.“ Monika tippte auf ihr Brustbein. „Ich für mein Teil schlüpfe in Strümpfe, damit ich“, sie hob ihr rechtes Bein, „sexy ausseh, aber blickdicht! Strumpfhosen im Winter, sodass ich nicht friere, aber …“
„Es ist Winter“, konterte Herbert.
„Männer! Sag’ ich doch! Zieh dir einen Rock an, stecke deine Beine in Halterlose und laufe draußen herum. Deine Waden sind warm und dein Arsch ist eiskalt. Hat das mit Erotik zu tun?“
Herbert grinste und umarmte sie. „Ich könnte dich küssen.“

Monika legte ihre Arme um seinen Hals und schloss die Augen.
Sein Herz klopfte. Hormone schossen ihm ins Blut. Er verspürte die Unruhe zwischen seinen Beinen. Sie wehrte sich nicht, als er ihren Hintern betatschte, ihr Gesäß knetete. Dafür strich ihr rechter Oberschenkel über seinen Linken. Herberts Finger berührten ihre Taille, ihren Bauch, bis die Fingerspitzen Monikas Busen ertasteten. Das Bett lockte ihn, schrie danach, seinem Zweck nachzugehen. Ein Schritt nach vorn beim Bund ihrer Lippen genügte, um ihren Körper in die Waagerechte zu bringen. Sein rechter Arm spannte sich.
Er roch Apfel und Melone, spürte ihren Atem auf seinen Lippen, den Wachs ihres Lippenstiftes, den sanften, jedoch einfangenden Druck. Entspannen.
Monika zuckte mit den Achseln und starrte zur Zimmerdecke. „Ist dir der Himmel auf den Kopf gefallen?“

Herbert räusperte. „Ein Mann hat die Textilien gekauft“, seine Hand zielte auf den Schrank, „hier verwahrt.“
Monika torkelte, fing sich. „Also doch!“
„Nein!“
Ein größeres Spiel, als ein abscheuliches Meucheln bot ihm die Tat. Ein ähnliches Schauspiel hatte man mit ihm bereits gespielt. Von oben gedeckt, war die Tat im Archiv verschwunden. Damals hatte er nicht exakt ermittelt. Die Fehler nicht wiedergutgemacht.
„Wir müssen einhundert Prozentig ausschließen, inwiefern die Sachen von einer Frau … einziges Indiz.“ Herbert prügelte auf seine Stirn ein. „Der Koffer!“
Monika zuckte mit den Achseln. „Welcher Koffer?“
Grinsend schlug er, als begrüße er einen alten Kumpel, ihr auf die Schulter. „Über den du gestern gestolpert bist.“
Herbert rannte in den Flur, wandte sich zuerst nach rechts, dann nach links. „Wo hast du ihn hingestellt?“
Monika folgte ihm, deutete auf einen Wandschrank. „Dort hinein.“
Hektisch öffnete er die Tür, zerrte den Koffer heraus, stellte ihn ihr vor die Füße und tippte das Gepäckstück an. „Wenn Damengarderobe in der Größe, wie die Sachen im Schrank drin sind, dann liege ich falsch, wenn nicht …“

„Bingo!“ Herbert zerrte eine zusammengeknüllte Jeans aus dem Koffer. „Passt die dir?“
Monika nahm das Fundstück entgegen, schüttelte es aus und hielt es mit den Gesäßtaschen nach vorn vor ihren Leib. „Ja!“ Sie schwang ihren Kopf. „Könnte meine Größe sein.“
Dann faltete sie die Hose zusammen, legte diese zurück, während Herbert ein Paar korallenrote Ballerina entnahm. „Deine Schuhgröße“, er glotzte in das Schuhwerk, „achtunddreißig oder neununddreißig. Die Neun könnte eine Acht sein.“
Er schnalzte, stand auf, marschierte zur Tür des zweiten Schlafzimmers, dort angekommen, wandte er sich um. „Den Koffer nehmen wir mit.“
Monika salutierte, schloss den Deckel, ergriff den Bügel, während Herbert das Zimmer betrat.

Tamban riss den Kleiderschrank auf, kniete nieder und verglich das zum überwiegenden Teil erotische Schuhwerk mit dem seines Fundes. „Treffer!“, murmelte er und sah auf.
Es war das erste Mal, dass er den Inhalt des Schranks begutachtete. An den Türen Gerätschaften, die einer Folterkammer sehr wohl zu Gesicht standen, sowie auf den zwei Kleiderstangen eindeutige Kleidungsstücke.
Er war ein Idiot. Nein! Fahrlässig hatte er gehandelt. Der Schrank, abgesehen von einem hüfthohen Schubladenschrank, der einzige seiner Art.
Die Ballerinas unter die linke Achsel gesteckt, wandte er sich gen rechts, riss ein Schubfach nach dem anderen auf. Dessous sowie Damenstrümpfe, wie Herrensocken gerollt, erblickte er.
Herbert brauchte eine Minute zum Denken. Er schritt zum Fenster, verriegelte diese, während er seine die Nase an das Glas presste.
Die Fensterscheibe beschlug durch seinen Atem. Der Himmel war pastellblau. Im Schatten der Bäume des wenige Schritte breiten Gartens des Reihenhauses lag Reif auf dem Rasen. Zügig schob eine Frau in bodenlangem Mantel, die Hände in steingrauen Handschuhen gesteckt, ihre Haare, ihren Schopf unter einer mausgrauen Wollmütze versteckt, einen Kinderwagen auf einem, dem Garten angrenzenden Weg.

Ein Schmunzeln auf den Lippen wandte sich Herbert um, lief zur Tür und stieß dabei gegen einen Stuhl, der mit einem Poltern zu Boden stürzte. Er stellte diesen wieder auf, nahm einen cremeweißen Bademantel auf, welcher zuvor auf der Sitzfläche gelegen hatte. Ein schwarzes Stück Stoff fiel aus ihm heraus, landete auf einem hölzernen Hausschuh. Was Damen an derartigen Schuhen als bequem empfanden, war ihm ein Mysterium. Der Schuh war an der Ferse durch einen fingerdicken Lederriemen gehalten und der Absatz glich dem Griff eines Rundpinsels.

„Monika!“ Die aufgefundenen Sachen gegriffen, eilte Herbert in den Flur. „Monika!“ Er sah ins Gästezimmer, dann hetzte er die Treppe herunter. „Was machst du hier?“
Sie klopfte mit der Linken gegen den Koffer, während die Finger ihrer Rechten den Zipper des Reißverschlusses ihres Schutzanzuges umfassten. „Die Sachen ins Auto bringen?“
„Nicht jetzt. Noch sind wir nicht fertig. Ich hab's!“
„Was?“
„Wo ist dein Mantel?“
Monika senkte ihre Arme. „Welcher Mantel?“
„Dein Wintermantel?“
„Ich habe keinen.“
„Es ist Winter.“
„Ich mag die Dinger nicht. Sind etwas für alte Frauen. Meine Großmutter trug diese.“
Monika wurde ihm immer sympathischer. Wie oft hatte Magda ihm in den Ohren gelegen, sich einen Wintermantel zu kaufen. Einen von diesen Kamelhaarfarbenden, wie von Stetten ihn am Morgen getragen hatte. Ekelerregend!
„Wenn es bitterkalt ist?“
„Dicke Jacke oder wenn es windstill ist einen dicken Pullover. Was hat dieses mit unserm Fall zu tun?“
„Eine ganze Menge.“ Herbert klopfte gegen die Tür des Gästebades. „Hier wohnt niemand. Es ist eher eine Betriebsstätte.“
Monika lehnte den Kopf auf ihre Schulter.
Herbert erhob seine rechte Hand. „Ein Puff, ein Bordell!“
„Wir wissen zurzeit nicht, wer hier wohnt. Vielleicht die Tote, möglicherweise der Tote“, sie grinste, „jedenfalls, wenn er auf Frauenkleider steht.“
„Du hast in dem Schrank mit der - na ja - erotischen Kleidung gestöbert.“
„Was dir gefallen hat?“
„Ist dir irgendetwas aufgefallen?“ Er wartete ihre Antwort nicht ab. „Wie im grauen Zimmer, keine normale Straßenkleidung.“ Er trommelte auf den Koffer. „Nur hier drin. Im ganzen Haus nichts Persönliches.“
„Deswegen ist das hier ein Puff?“
„Oder etwas Gleichartiges.“
Monika schüttelte den Kopf.
Herbert zwirbelte seinen Bart. „Denke an eine Stewardess?“
Ein besseres Beispiel fiel ihm auf die Schnelle nicht ein, dafür runzelte sie ihre Stirn.
„Auf Langstrecke! Hat sie einen Kleiderschrank im Flieger. Nein! Ihre persönlichen Klamotten hat sie in einem Koffer.“
„Warum soll ich deshalb einen Mantel anziehen?“
„Das Kostüm dieser Baum-Ständer ist keins, einfach ein langer roter Mantel mit Kapuze.“
„Der weiße Bart, die falschen Augenbrauen?“
„Ein Haken in meiner Theorie, aber erklärbar.“

Ein Knurren, wie dem einer Katze, erschallte, woraufhin Monika eine Hand auf ihren Bauch presste. „Ich habe heute noch nichts gegessen.“
Er stellte die hölzernen Hausschuhe auf dem Koffer ab, warf den Bademantel über seine Schulter, trat dicht an Monika heran und strich mit den Fingerspitzen, als wäre es selbstverständlich über ihr Dekolleté.
„Was hältst du von Eisbein?“ Seine Finger glitten zwischen ihre Brüste. „Zartrosa.“
„Mag ich nicht!“
Monika schlang ihren Arm um seinen Hals. Woraufhin seine Fingerkuppen mit ihrer Brustwarze spielte. „Bratwurst – knackig. Eine Spezialität im Nürnberger Stübl.“
Sie schloss die Augen und leckte über ihre Oberlippe. „Bockwurst. Die mag ich.“
Das Bild, welches sich in seinem Gehirn manifestierte, entrüstete ihn. Räuspernd zog er die Hand heraus, schloss ihren Reißverschluss und klopfte ihr auf die Schulter. „Du wunderst dich bestimmt über die Hausschuhe, den Bademantel.“ Er fasste ihre Hand und zerrte sie zur Wohnzimmertür. „Ich erkläre es dir. Einfach zuhören.“

Herbert blieb vor dem Esstisch stehen. „Das alte Spie: Liebe und Intrigen. Ein Mann liebt eine Frau. Eine Dame, sie zu beschützen, war sein Ziel. Sie wird verfolgt. Von wem, weiß ich nicht. Sie musste untertauchen.“ Er schwang seinen Arm. „Dieser Ort, ein sicherer, denkt der Mann. Er kauft ihr Sachen zum Anziehen, elegant, wie er, da sie nicht alles mitnehmen kann in ihr Versteck.“
Er tippte mit dem Zeigefinger an seine Nase. „Am Heiligen Abend, er nimmt sich Zeit mit. Er reinigt gründlich das Zimmer, macht das Bett, wie er es gewohnt ist, räumt den Schrank ein.“ Herbert presste seine Lippen zusammen. „Die Tote geht ihren Diensten nach.“
Monika kniff ihr linkes Auge zu. „Du meinst“, sie wies zur Treppe, „während er putzt.“ Sie schwang ihr Becken vor und zurück, derweil ihre Arme entgegengesetzt pendelten.
„Wegen der Türklingel.“
„Der Klingel?“
„Wart ab! Sie erledigt ihr Geschäft“, er strich über den Morgenrock, „zieht sich etwas über, bringt ihren Kunden zur Tür. Da steht er!“
„Wer?“ Sie kicherte. „Der Weihnachtmann.“
Herbert tippte an seine Schläfe. „Bleibe ernst. Der Ermordete!“
Sie runzelte ihre Stirn.
„Da lebt er noch. Der Kunde geht. Sie will den anderen nicht hereinlassen. Sie weiß, wer er ist.“
„Wer?“
„Der Grund, warum sie hier Unterschlupf sucht.“
„Wer?“
Herbert ballte seine Hände zur Faust. „Die andere. Die Frau, für die die Kleider bestimmt waren. Er ist ihr Ehemann, ihr Geliebter oder Stalker. Was weiß ich. Jedenfalls nach oben kann sie ihn nicht führen. Sie gehen ins Wohnzimmer.“ Herbert schloss die Wohnzimmertür. „Sie schließt die Tür. Bittet ihn, auf dem Sofa, platz zu nehmen.“
Monika schmiegte sich an ihn. „Das ist unlogisch. Wenn sie weiß, oder er ein Kunde von ihr ist, dann gewährt sie der ominösen Frau keinen Unterschlupf.“
„Sie wusste es nicht. Sie hatte es gegebenenfalls erst gestern erfahren.“
„Spekulativ!“
„Gewiss im Rahmen des Möglichen. Nichtsdestotrotz wollte sie die beiden Männer auseinanderhalten. Denkbar wäre, dass einer jähzornig, gewalttätig war und sie ein Blutbad verhindern wollte.“
Monika lachte. „Was ihr ausgezeichnet gelungen ist.“
„Denk nicht aus ihrer Warte. Denk als Mann. Denk wie der Mann, der das Zimmer hergerichtet hat.“
„Ich bin eine Frau!“
Eine Aufreizende dachte sich Herbert. Er quetschte sich den Bademantel unter die Achsel, drückte einen Hausschuh in Monikas Hand. Danach schritt er zum Sofa, kniete sich nieder und stellte den Zweiten auf den Schuhabdruck hinter der Rückenlehne.

„Bingo!“
Herbert erhob sich. „Sie entblößt sich.“ Er ließ den Bademantel hinter dem Schuh fallen. „Sie schreitet um die Couch herum, stellt sich vor die Vitrine, bietet ihm etwas zu trinken an.“
„Auf dem Tisch stand kein Glas, kein Getränk.“
„Sie bat es ihm an! Er lehnte ab und nebenbei schau hin, in der Vitrine steht eine Flasche Whiskey.“
„Was du alles siehst?“
Herbert pustete den Inhalt seiner Lunge heraus. „Sie zieht ihm die Hose herab.“
„Warum?“
„Sie ist eine Nutte. Ihn schnell zu befrieden, damit er verschwindet.“
Monika zog die Schulter herauf. „Mache ich täglich, wenn ich einen Typen flott loswerden will, blass ich ihm einen“, gab sie ihm zu verstehen, strich dabei über Herberts Hüfte bis zwischen seine Beine.
Er machte einen Ausfallschritt. „Bleib ernst! Ihm nicht genug. Er will mehr. Daher entkleidete er sich. Sie setzt sich auf ihn; geht ihrem Geschäft nach.“
„Ist das wichtig?“
„Sehr wichtig. Wegen der fehlenden Blutflecke. Auf der Rückenlehne sind kaum Blutflecken.“
„Ah ja!“, warf Monika ein.
„Jetzt kommt unser Freund von oben ins Spiel“, fuhr er unbeeindruckt fort. „Er sucht irgendetwas, will etwas fragen, sich verabschieden, dann seinen Schützling holen. Egal! Der Mann schreitet ins Wohnzimmer. Die beiden auf dem Sofa beim Akt. Unser Tote, auf dem die Tote reitet, wendet den Kopf. Sie erkennen einander.“ Herbert ging zum Tisch, legt seine Hand auf die Tischplatte. „Er schnappt sich das Messer ...“
„Welches Messer?“
Herbert verdrehte die Augen. „Die Tatwaffe! Er wird bestimmt nicht in die Küche gelaufen sein, um ein Messer zu holen. Somit muss er es auf dem Weg ergriffen haben.“
„Toll! Bei mir liegt immer ein Tranchiermesser auf dem Esstisch.“ Monika grunzte. „Ist praktisch!“
„Bitte?“
Sie winkte ab. „Ich habe keinen Esstisch. Futtere in der Küche.“
„Gestern, Heiliger Abend, der Tisch war gedeckt. Sie wollten speisen, er und seine Freundin, jener, welcher er den sicheren Hafen gebaut hatte.“

Herberts Herz raste. Die Sache mit dem Essen hatte er von der Baum-Ständer erfahren. Wie alles bei ihr eine Fantasiegeschichte. Nichts hatte sich bestätigt. Gleichwohl hoffte er, dass seine Spekulation hier mit ihrer Erzählung zumindest zum Teil übereinstimmte. Daher faste er Monika an der Hand, und zerrte sie in die Küche.

„Sieh rein!“
Herbert hielt die Kühlschranktür auf, wagte es nicht, hineinzuschauen.
„Eine Gans, Gemüse und braune Dinger.“
Er wandte das Gesicht, lächelte erleichtert. „Das sind Maronen. Für die Füllung.“ Er atmete aus, sodann schloss er die Tür, machte einen Schritt gen Fenster und wies auf die Arbeitsplatte. „Rotkohl in der Dose und igitt, Kartoffelklöße aus der Tüte.“
„Mir schmecken die. Der Geschirrspüler ist fertig.“
„Wie bitte?“
Monika zog an der Klappe.
Er schob den Geschirrwagen heraus und ergriff eine Glasschale. „Wer schaltet einen Geschirrspüler für zwei Puddingschalen an?“ Er zuckte mit den Achseln, stellte die Schale zurück, schloss das Gerät.

Die rechte Faust über der gleichseitigen Schulter lief er zurück ins Wohnzimmer. Sie eilte hinterher.
„Er rammt ihr das Messer in die Brust. Ihr Blut spritz auf das Hemd des Mannes. Deswegen kleine Blutflecken auf dem Sofa. Damit ein Paradoxon gelöst. Wie ersticht eine Person zwei Menschen ohne Gegenwehr?“
Herbert stürmte zum Esstisch, zog, wie am Vortag, die Tischdecke vom Tisch. Er rannte zur Couch, legte sodann die Decke auf diese. Jene glatt streichend, setzte er sich. „Komm! Ich bin der Freier, du die Prostituierte.“
Monika streifte die Kapuze ab, schüttelte ihr Haar aus und öffnete den Reißverschluss.
„Was machst du?“
„Ich ziehe mich aus, angezogen können wir nicht miteinander Sex haben.“
Seine Kinnlade traf seinen Hals. Dass er auf Frauen wirkte, und erst recht auf diese, war ihm bewusst, aber Dienst war Dienst. Obwohl! Nein! Dabei brauchte er sich nur zu entkleiden, seinen Spaß haben. Wenn sie es darauf anlegte?
„Wir spielen, machen es nicht.“
„Ach so“, kam es über ihre Lippen, als wäre sie ein Kind, welches die Spielregel nicht verstanden hatte.
Sie kletterte auf seinen Schoß, spreizte die Schenkel, umschlang seinen Hals, schwang ihr Becken und stöhnte ihm ins Ohr.
„Geht das leiser?“
Monika richtete sich auf, strich mit den Fingernägeln über seine Oberkörper. „Ich kann dir einen Orgasmus vortäuschen. Soll ich es vormachen?“
Er verstand. Sie machte sich lustig über ihn.
„Er kommt, sticht dir in die Brust“, wechselte er ins Dienstliche.
Sie sah ihn an.
„Du bist schwer verletzt, vielleicht schon tot, brichst zusammen.“
Ihr Körper fiel auf den seinigen. Seine Nase steckte zwischen ihren Brüsten. Er versuchte, ihren Leib wegzurollen.
„Bist du zu schwach? Keine Muckis!“
„Ich tue nur so. Mein erregtes Glied steckt in dir.“
Herbert hebelte sie herum. „Der Täter hatte genug Zeit, auf mich einzustechen, ohne dass ich mich wehren konnte.“

Monika schmiegte sich an ihn. „Dann?“
„Er verstümmelte sie, um aus der Tat ein Sexualdelikt zu machen. Dummerweise merkte er nicht, inwieweit er seine Kleidung mit Blut verschmierte. Er zog seine Hose aus, jene des Toten an. Damit er unerkannt fliehen konnte.“
„Sein Hemd!“
„Einfach! Denk an die fehlende Bluse. Sie war womöglich weiß, vom Schnitt einem Männerhemd ähnlich. Magda hat solche Blusen. Mit Sakko, eventuell Mantel darüber, fällt dieses nicht auf. Er entkleidet die Leiche, soweit diese vorher nicht nackt waren, wirft dessen Sachen über die Rückenlehne. Dann nimmt er alle Klamotten auf und geht hoch. Eine Tasche, einen Koffer wird er dabei gehabt haben.“
„Tasche? Koffer?“
„Für die Damenkleider.“
Monika streichelte Tambans Oberschenkel. „Logisch! Wie sonst?“
„Er kleidet sich um. Ruft die Polizei“, spekulierte Herbert und sprang vom Sofa.
„Warum?“
„Er erwartete die Frau. Die würde über die Leichen stolpern. Was hatte der anonyme Anrufer gesagt?“
„Bewaffneter Überfall, oder so?“
„Warum warst du hier? Hattest du Bereitschaft?“
Wie Herbert auf diese Frage kam, konnte er nicht ergründen. Sie kam ihm schlichtweg in den Sinn.
Monika erhob ihren Oberkörper. „Ich war auf der Weihnachtsfeier. Bin gleich mit.“
„Ach so! Jedenfalls wird er gestört. Die Baum-Ständer erscheint. Sie entdeckt die Leichen, will feststellen, ob sie leben. Beschmiert ihren Rock, ihre Bluse mit dessen Blut. Sie kommt in Panik. Sie zieht ihre Kleidung aus, wäscht sich das Blut von den Fingern. Wetten, die Spurensicherung wird im Waschbecken des Gästebades Reste davon finden.“
„Wenn die auftauchten“, unterstrich Monika seine Aussage.
„Für ihn eine Chance zu entfliehen nur“, Herbert stand auf, schritt ums Sofa herum, kniete nieder und fischte das schwarze Stück Stoff aus dem Bademantel.
Monika hob ihren linken Mundwinkel. „Eine Herrensocke?“
„Kniestrumpf! Ein eleganter Mann. Darum die leere Packung Damenstrümpfe.“ Er grinste sie an. „Blickdicht!“

Monika stand auf, kam auf Herbert zu. „Die Baum-Ständer?“
„Die Streife war im Anmarsch. Sie zieht sich den Mantel über und setzt sich zwischen die Leichen.“
„Warum? Der Bart? Ich habe Hunger.“
„Schock. Das mit dem Bart erkläre ich dir beim Essen, denn ich habe meine Hypothese präzisiert, nicht überworfen.“
Er log. Ihm fehlten Puzzlestücke, seine These war nicht rund, dennoch war ihm klar, in welche Richtung er ermitteln musste. Das Stillschweigen sein wichtiges Mittel und Monika die Einzige, mit der er zumindest zum Teil sich austauschen konnte, denn sie war erst kurz im Dunstkreis der Verdächtigten, somit jungfräulich.

„Wie ist der Verdächtige geflohen?“
„Gar nicht! Er ist über die Terrasse raus, hat sich im Garten versteckt. Über die Mauer, oder die Hecken rechts sowie links konnte er nicht springen. Es war dunkel.“
Monika schritt zur Terrassentür und wies nach draußen. „Oder durch die Tür!“
Erst in diesem Moment entdeckte Herbert die Pforte in der Mauer, versteckt hinter einem mannshohen Busch.
„Las uns essen gehen!“
Mehr fiel ihm nicht ein. Dafür folgte er Monika in den Flur.

Monika faltete den Schutzanzug, hockte sich nieder, legte diesen auf den gefliesten Boden des Flures. Daraufhin zog sie sich die Schuhüberzieher aus, knickte diese in der Mitte, platzierte sie auf den Anzug, schob die Einweghandschuhe von ihren Händen, rollte sie, stülpte sie ineinander, postierte die Rolle neben den Überziehern.
Herbert räusperte sich. „Fertig! Kannst du mir einen Gefallen tun?“
„Ja.“
Er steckte den Kopf unter seine rechte Achsel, schnüffelte. „Ich will kurz nach Hause, mich abduschen, könntest du, wenn es dir nichts ausmacht“, er tippte auf den Koffer und deutete auf die in Plastiktüte, „die Beweisstücke in die Kriminaltechnik bringen.“ Er hob den Zeigefinger. „Direkt! Zu niemandem ein Wort.“
„Geht klar! Che...“
„Wo steht überhaupt mein Wagen?“
Monika nahm seine Hand, führte in zur Terrassentür. Sie drückte ihren Zeigefinger gegen die Fensterscheibe. „Durch die Pforte, dann rechts bis zum Wendeplatz, dort sind Parkplätze, da steht er neben den olivgrünen Kastenwagen.“
Herbert drückte mit dem Ellenbogen die Klinke in die Waagerechte.
„Wart!“, stoppte ihn Monika.
Sie lief zurück in den Flur, erschien dann mit seiner Aktentasche, die sie ihm unter die linke Achsel quetsche. Den Mund zu einem Lächeln verformt, zog Monika an den Türgriff und er trat in die Öffnung.
Sie umfasste seinen Oberarm. „Bis gleich.“
Dann presste sie ihre Lippen auf die Seinigen, blinzelte ihm zu und schob seinen Körper mit dem Flügel der Tür auf die Terrasse.

Die Stirn in Falten, die Mundwinkel herab, wandte Herbert sein Gesicht der Scheibe zu. Es war kein inniger Kuss, kein Kuss des Verlangens, kein Zungenspiel. Die Frau verwirrte ihn. Es war der Kuss einer Ehefrau, welche ihren Gatten zur Arbeit verabschiedete. Monika winkte ihm zu, sodann kehrte sie ihm ihren Rücken zu.
Tamban hielt sich mit der Rechten den Mund zu und klopfte mit der Linken gegen das Glas. An der Stelle, an der sich ihre Pobacken trafen, klaffte die Gesäßnaht ihrer Jeans und erlaubte Einblick. Anstatt, dass sie sich ihm zuwandte, schwang sie ihre Hüfte, sodass das winzige Dreieck am Bund ihres Stringtanga mit der Naht tanzte.
Herbert lief zur Pforte, öffnete sie, wandte sich nach links, obwohl sein Wagen rechts parkte, rannte die Gasse entlang, verfluchte nach den ersten Metern den Planer der Siedlung. Über verwinkelten Wege und Straßen, immer an den gleichförmigen Reihenhäusern vorbei, erreichte er schlussendlich den Zufahrtsweg zum Tatort.
Ihr tiefergelegter tiefschwarzer Dreier stand nicht mehr an dem Ort, an dem er ihn verlassen hatte.
„Sie wird es gemerkt haben“, murmelte er, schlug seinen Hemdkragen herauf und umschlang seinen Oberkörper. Mit den Zähnen klappernd, nahm er sich vor, nach dem Duschen einen Pullover oder eine Jacke überzuziehen. Denn einzig der Gedanke an eine Bockwurst, die kirschrote Lippen umschlangen, erwärmte zurzeit sein Gemüt, damit seinen Körper.

weiter mit
Espresso mit Schlag
 
Zuletzt bearbeitet:

ahorn

Mitglied
Zurück zum Klappentext
zurück zu 6. Kriminalkommissarin nicht nur oben ohne

7. Von Sinnen - In Lack und Leder auf Tour

Von Sinnen

Herbert zupfte am zerrissenen Siegel. Wie er am Morgen erwacht war, konnte er nicht glauben. Obwohl wie? Mit einem dicken Kater, eher in welchem Zustand.
Er lag in Unterwäsche nebst Socken auf dem zerschlissen Sofa in seiner Studierhöhle. Kellerverschlag war ein besseres Wort dafür.
Magda hatte ihm vor Jahren auf die Idee gebracht. Ihr war es Leid, ihn andauernd aufzufordern das Wohnzimmer von den Ermittlungsakten zu befreien. Daher hatte er sich ein Büro in der Wäschekammer eingerichtet. Dass er hin und wieder dort ruhte, zuweilen einen Rausch ausschlief, kam vor.
Schier den Gegenstand, den er vor der Schlafstätte zwischen zwei leeren Flaschen Roten entdeckt hatte, bereitete ihm Sorgen. Ein erdbeerfarbiges Bandeaukleides glitt über seine Finger.
Herbert zwirbelte seinen Schnauzbart. Hatte er Ferigart mit zu sich genommen? An das Einzige was er sich erinnerte, war, dass sie gleich einer Domina vor ihm stand.
Gelacht hatten sie. Er ist nach unten, holte seine Tasche, um ein Foto von ihr zu knipsen, zum Totlachen sah sie aus.
Warum war er in die Küche geeilt? Sein Magen hatte geknurrt. Mit der Aktentasche sowie einem Sekt bewaffnet, betrat er wieder das Schlafzimmer und ergötzte sich nicht ausschließlich an ihrem neuen Kostüm.
Sie tranken Schampus aus der Flasche und er schüttete sich obendrein den Cognac des zweiten Flachmanns in die Kehle. Punkt. Klappe zu. Licht aus! Nächste Szene erwachen auf dem Sofa.

Er zwirbelte seinen Schnäuzer, riss die Reste des Polizeiziegels vom Türblatt. Logisch! In dem Zustand, in dem er von hier verschwunden war, hatte er nicht an ein neues Siegel gedacht, sinnierte er und öffnete die zugezogen, nicht abgeschlossen Tür.
Ohne sich umzusehen, hechtete er die Treppe herauf, betrat das Schlafgemach mit dem eindeutig, zweideutigen Interieur und sah sich um. Alles war aufgeräumt. Keine Spuren des nächtlichen Fauxpas fand er auf. Tief durchatmen, schritt er wieder in den Flur. Die Tür zum zweiten Schlafzimmer stand einen Spalt offen. Ein Schatten huschte über die Auslegware. Er schlich sich an, drückte den rechten Zeigefinger gegen das Innenfutter seines Sakkos und stieß mit dem linken Fuß das Türblatt auf.
»Hände hoch!«, donnerte seine Stimme durch den Raum.

Die fremde Gestalt schlug die Tür des Kleiderschrankes zu und schaute ihn entgeistert an.
»Tamban!«
»Für sie weiterhin Kriminaloberrat Tamban, Stetten!«
»Für sie Herr Oberstaatsanwalt von Stetten. So viel Zeit muss sein!«
»Was machen sie hier?«
»Ich leite die Ermittlungen«, schmetterte ihn von Stetten entgegen, dabei schob er demonstrativ seine Hornbrille gegen sein Milchbubigesicht.
Was der Emporkömmling sich erdreistete. Weil sein Herr Papa Staatssekräter im Innenministerium, ferner die ganze Familie nach Geld stank, erboste sich Herbert, ungefragt an einem Tatort herumzuschnüffeln. »Haben sie nie davon gehört, dass man immer Geschütz und zu zweit nach Spuren sucht.«
»Wer ist den noch hier?«
»Wie?«
Der Oberstaatsanwalt richte seinen Zeigefinger wie eine gezückte Waffen auf Tamban. »Ich bin allein!«, dabei flog ein Lachen, welches an Arroganz nicht zu übertreffen war über seine Lippe.
»Ich wollte nicht ins Haus«, log Tamban. »Mein Wagen steht um die Ecke.« Er hatte keine Ahnung, wo der stand, zu Hause war er jedenfalls nicht. »Da sah ich das aufgebrochene Siegel. Der Täter kommt oft an den Tatort zurück. Was machen sie hier?«, verlangte er eine Antwort, wobei er seine Nase rümpfte.
Von Stetten drängelte sich an Herbert vorbei. »Polizeihauptkommisar Dünnbier hat mich begleitet.« Er stürmte die Treppe herab. Herbert blieb ihm auf den Fersen. »Er ist bereits vorgefahren.« Er verweilte vor der Haustür. »Ich muss im Übrigen ebenfalls. Besprechung mit Polizeidirektorin Bach.«
Herbert kratzte sich an der Wange. »Dann können sie mich gleich mitnehmen.«
»Erstrebten sie nicht ihren Wagen zu holen.«
»Nein! Ich wollte zu ihm. Nicht mit ihm fahren.«
Von Stetten wedelte vor seinem Gesicht. »Würde ich ihnen desgleichen nicht raten. Haben sie in Wein gebadet?«
»Es war die Heilige Nacht! Nehmen sie mich jetzt mit ja oder nein!«
Tief einatmend hockte sich der Oberstaatsanwalt nieder, schlüpfte in sein italienisches Schuhwerk und hinterließ eine Lücke in einer Reihe Damenhausschuhe.

»Halten sie kurz meine Mappe«, fragte er Herbert auf der anderen Seite der Haustür.
Tamban kramte in seiner Aktentasche. »Vergessen sie das Siegel nicht!«
Von Stetten schloss ab, sodann befestigte er das Polizeisiegel, grüßte und wandte sich ab.


In Lack und Leder auf Tour
»Herr Tamban sind sie jetzt total verrückt geworden!«
Die Frau im mausgrauen Nadelstreifen Kostüm schlug mit der flachen Hand auf ihren Schreibtisch. »Einen unbescholtenen Weihnachtsmann festzuhalten.«
Herbert öffnete seinen Mund.
»Hören sie auf!« Sie schnappt sich ein Papier, drückte ihre Lesebrille auf ihren Nasenrücken. »Jener«, sie schmunzelte, »Baumständer, der sich etwas nebenbei verdiente.« Sie hielt Herbert das Dokument unter die Nase.
Er nahm die Zeugenaussage entgegen und überflog diese.
Dünnbier hatte gleich nach Dienstbeginn die Aussage aufgenommen. Nach diesem Pamphlet war Christ Baumständer ein Student, der, so gab er zu, nebenher an der Steuer vorbei in der Heilgen Nacht sich als Weihnachtsmann etwas dazuverdiente. In Erwartung eines Kindes hatte er den Tatort aufsuchte. Er wie es ihm öfters geschah, läutend durch die offene Haustür eintrat, aber kein kleines Mädchen oder Jungen, sondern die Leichen erblickte.
»Das ist Schwachsinn!«

Die Polizeidirektorin setzte sich auf ihren Schreibtischstuhl. »Absurd! Aber möglich.« Sie strich ihren Rock glatt. »Hättest ihn zumindest belehren müssen. Du kennst die Vorschriften. Dann ein Verhör ohne Kollegen. Wir hatten keine Wahl.«
»Wie Wahl?«
»Wir mussten ihn auf freien Fuß lassen. Tamara hat ihn nach Hause gefahren.«
»Warum ihn. Es war eine sie«, zürnte Herbert.
Seine Vorgesetzte holte eine Puderdose aus ihrer Handtasche. Klappte diese, nachdem sie ihre Wangen gepudert hatte zu. »Herbert am besten du machst den Tag heute frei, Weihnachtsspaziergang mit Magda.« Sie beugte sich vor. »Vorher solltest du duschen. Du stinkst, wie nach drei Tagen Zechgelage. Dünnbier vertritt dich. Ist ja ein einfacher Fall.«

Herbert schüttelte den Kopf. Dieser Dünnbier war knapp über dreißig und bereits Polizeihauptkommisar. Die Polizeiarbeit war dem wurscht. Er hatte eine Triebfeder und diese hieß Karriere. Gut! Er, Herbert war nie abgeneigt gegen eine Beförderung, hatte Pläne. Nach seiner Degradierung war es mit dem Vorwärtskommen vorbei, dennoch blieb sein Ziel das Unrecht zu bekämpfen. Dienstvorgesetzter des Kriminaldauerdienstes war nicht übel, gleichwohl war Dezernatsleiter nicht zu verachten. Alle aus seinem Freundeskreis hüften auf der Leiter nach oben.
Immer, wenn dieses Magda erfuhr, gab es Kaninchenbraten, nicht, dass er die Speise verabscheute, ganz ihm Gegenteil. Er liebte ihren Braten. Genoss, wie das Fleisch vom Kochen glitt, auf seiner Zunge schmolz. Dazu servierte sie Apfelrotkohl, Weinbirne, Preiselbeergelee und flockig, lockere Klöße. Nein! Ein Kaninchen trug die Verantwortung für seine Herabstufung. Dies war aber eine andere Geschichte.

»Herbert ich fahr dann.« Frau Bach stand auf, zerrte an ihrem Rock, wandt sich wie eine Schlange. »Christian wartet auf mich. Ich will ihn meinen Eltern vorstellen, Weihnachten ist der richtige Moment.« Den rechten Zeigefinger erhoben, stöckelte sie an Herbert vorbei. »Ein wenig jünger ist er. Warum sollen nur Männer – du weißt schon.« Sie wandte sich um. »Herbert soll ich dich mitnehmen?«
»Danke Maxima, ich komm zurecht!«

Er verließ Maximas Büro und lief Ferigart in die Arme.
Monika blinzelte ihn an und strich, mit einem Lächeln auf den Lippen, über seinen Arm. »Herbert! Warum kuckst du mürrisch? Ist nicht schlimm. Kann jedem Mann passieren.« Sie zwinkerte ihm zu, winkte mit den Fingern und entschwand sodann in Dünnbiers Büro.
Herbert gesamter Vorrat von Luft entwich aus seinen Lungen. Zumindest war es nicht zum Äußersten gekommen. Dank des Alkohols war seine Potenz eingeschränkt, somit war er nicht in sie eingedrungen. Monika war seine Mitarbeiterin, damit für ihn tabu.
Ihr Zutrauen, diese Ansprache mit dem Vornamen belegte ihm, dass sie sich mit Einvernahme nahegekommen waren und dieses zu allem Übel auf seinem Sofa, Magda ohne es zu ahnen zwei Etagen über ihnen. Die Flucht nach vorn der einzige Ausweg aus dem Schlamassel.
»Dienstbesprechung«, donnerte er Polizeioberkommissar Mattmann entgegen.

Mattmann saß mit dem Kollegen Malte Schuster an der rechten Seite des Tisches und Herbert marschierte, wie ein aufgeschrecktes Huhn an der Fensterfront auf und ab, dabei zwirbelte er seinen Schnurrbart. Das Schlagen der Türklinke an einen Aktenschrank kündete das Betreten von Monika Ferigart an der Seite von Mike Dünnbier an. Dünnbier legte kollegial seinen Arm um Monikas Taille und starrte Herbert an.
Den Satz, was macht die Praktikantin hier, auf seiner Zunge parat, schluckte er diesen herunter. »Frau Ferigart schön, dass sie der Besprechung beiwohnen.«
Sie zwinkerte ihm zu. »Danke Herbert.«
Mattmann sowie Schuster tuschelten.
»Müssen sie nicht ihren Bericht fertigschreiben. Denn für ihre alte Abteilung – den mit dem Betrug«, stotterte er, dabei konnte er kaum den Blick von ihr wenden. Obwohl sie dezent in Jeans sowie Pullover gekleidet war und an der Seite von Dünnbier stand.
»Alles gebongt Herbert.«
Wieder tuschelten seine Mitarbeiter. Schweiß trat auf Herberts Stirn. Hatte sie allen von der Entgleisung erzählt?
»Dann hocken sie sich hin.«
Dünnbier setzte sich Mattmann und Schuster Visavis an den Tisch. Monika platzierte sich an dessen rechte Seite. Dabei zerrte sie an ihrem Pullover, sodass der Ausschnitt nicht mehr ihre Brüste zu Gänze verdeckte, obgleich dieses sein Auftrag bei einer Dienstbesprechung war.

Tamban schritt zur Tafel. »Herr Mattmann haben sie Ergebnisse von der Pathologie?«
»Will gleich rüber!«
Herbert räusperte sich und trommelte auf den Tisch. »Dünnbier, warum gestatten sie Stetten, in Straßenkleidern am Tatort herumzuschnüffeln?«
Der Polizeiobermeister schaute ihn entgeistert an. »Habe ich nicht! Er war da, wollte den Ort des Verbrechens besichtigen. Dann riefen die von der Dritten an, dass der«, er kicherte, »Christ Baumständer eine Aussage machen wollte. Bin danach zur Wache. Fragen sie Malte.«
Schuster nickte. »Der Oberstaatsanwalt wollte abschließen und den Schlüssel mit ins Dezernat nehmen.«
»Wo ist der überhaupt!«, grummelte Herbert. »Der Typ lässt sonst keinen Anlass aus, uns zu stören.«
»Zurück zum Tatort!«, gab Mattmann zum Besten.
»Wieso!«
»Er hat seine Mappe vergessen.«
Tamban rieb sich die Hände. »Dann stört er uns zumindest nicht.« Er wandte sich erneut zu Dünnbier. »Warum haben sie die Frau freigelassen, obwohl sie sich als Mann ausgab.«
»Bitte!« Dünnbier zeigte ihm einen Vogel. »Ich kann einen Mann von einer Frau unterscheiden.«
»Es war ein Weib!«, donnerte Herbert.
»Dann waren es zwei«, warf Schuster in die Runde.
»Davon geh ich eh aus!«, bestätigte Herbert die Annahme. »Wie um Herrgottswillen sollte sie – sie war eingesperrt.«
Monika räusperte sich und blinzelte Herbert zu. »Können wir mal kurz.« Sie zuckte mit dem Kopf.
Herbert kratzte sich am Genick. »Jetzt nicht.«
Die Arme gekreuzt, zupfte Monika an ihren Pullover. »Dann nicht!«
»Habt ihr die Adresse von dem Baumständer?«
Dünnbier verschränkte seine Unterarme hinterm Schädel. »Müssen sie die Psychotante fragen!«
»Wieso Frau Seibot?«
»Sie hat ihn ins Hotel gefahren.«
»Ins Hotel! In welches?«
»Vier Jahreszeiten!«
Herbert schlug auf den Tisch. »Bin ich nur von Vollidioten umringt. Ein Student, der sich schwarz etwas dazuverdient, steigt in eins der teuersten Häuser ab. Wo ist die Seibot?«, schrie er.
»Die wollte zu ihren Eltern«, verkündete Mattmann. »Es ist Weihnachten.«

»Grossfandung«, donnerte Herbert, wobei er auf Dünnbier deutete. »Nach der Besprechung lassen sie und ich erst einmal ein Phantombild anfertigen. Mehr haben wir nicht.«
»Wieso zwei Täter?«
»Oh Mattmann, wie soll eine Person zwei Menschen gleichzeitig erstechen«, harschte ihn Herbert an.
»Zur gleichen Zeit? Wissen wir nicht.«
»Herr Dünnbier wie sonst. Glauben sie etwa, ein Opfer wartete darauf, ermordete zu werden, während der Täter das andere abschlachtet.«
»Dann waren es zwei Tatorte«, kombinierte Schuster.
»Wo?« Die Hände auf dem Rücken stolzierte Herbert vor den Fenstern auf und ab. »Uns ist unbekannt, wer die Leichen sind.«
Mattmann stand auf. »Eine Beziehungstat! Der Mann der Liebhaber der Frau! Der Ehemann, jener Baumständer, ertappt seine Gattin nackt im Schlafzimmer, ersticht sie, sucht den Geliebten, findet ihn schlafend im Wohnzimmer und bringt ihn um. Fertig!«
»Von einer Beziehungstat gehe ich ebenfalls aus. Nur wie kam ihre Leiche aufs Sofa.«
»Getragen!«
»Schuster sie haben das Weib, den Mann nicht gesehen, zierlich wie Frau Ferigart.«
»Geschleift!«
»Fußabdrücke keine Schleifspuren!«, konterte Herbert. »Außerdem waren die Betten penible gemacht. Sie haben sie gesehen Dünnbier?«
»Ich wollte ins Haus. War nicht drin. Chef!«
»Dann bestätigt es Frau Ferigart.«
Die Lippen gepresst, nickte sie.
Mattmann fuchtelte mit den Händen herum. »Danach hat er das Bett frisch bezogen.«
»Ich sagte, akkurat gemacht. Kein Mann bezieht in der Art die Betten. Ich zumindest nicht. Denken sie daran. Entsprechend ihrer Hypothese hat er kurz zuvor die Frau umgebracht.« Herbert zwirbelte seinen Schnurrbart. »Außerdem ist nach ihrer Logik die Barbarei der Tat unplausible. Warum verstümmelt der Gehörnte die Genitalien seiner Gattin. Wäre es nicht logischer, wenn er den Schwanz des Liebhabers tranchiert hätte.«
Mattmann erhob den Zeigefinger. »Dann war es umgekehrt. Die Frau ertappte ihn.«
»Wie gesagt, ich stimme ihnen zu, dass es ein Beziehungsdelikt ist. Täter und Opfer kannten sich. Der männliche Verbrecher und das weiblicher Opfer gingen zusammen zur Couch. Das männliche Opfer saß dort längst oder kam dazu. Ich bin eher für die zweite Variante. Sie saßen und er sprang über die Rückenlehne.«
»Nackt?«, warf Schuster ein.
»Höchstwahrscheinlich! Männerkleidung habe ich nicht gesehen. Einen Rock sowie eine Bluse habe ich aufgefunden, keine Unterwäsche.« Herbert zupfte an seinen Schnauzer. »Folgerung. Der Mörder war ihr Freund, nicht Ehemann, denn sie wohnten nicht zusammen. Sie ging nicht normalen Sexpraktiken nach. Frau Ferigart sie können dies bestätigen.« Diese nickte. »Er schleicht sich heran, während das männliche Opfer zwischen den Schenkeln der Frau liegt. Ganz mit ihr ist und nicht wahrnimmt. Der Täter nimmt das Messer …«
Herbert erhob den Arm, schlug mit der Faust auf seinen Bauch.
Dünnbier zog seine Oberliebe herauf. »Und der andere schaut zu.«
»Kam vielleicht grad«, amüsierte sich Schuster.
Herbert schüttelte den Kopf. »Dazu hatte er keine Zeit. Denn der weibliche Täter stand längst hinter ihm.«
»Wer soll die Frau sein?«, erkundigte sich Dünnbier.
»Ihre Mitbewohnerin erstach sie.« Tamban positionierte sich hinter Schuster und schmetterte seine Faust gegen Schusters Oberkörper. »Sie schlüpfte aus ihren hochhackigen Schuhen, schleuderte sie übers Sofa und sprang über die Rückenlehne. Dann nahm sie die Kleidung der Toten, warf sie über den Tisch. Anschließend schritt sie zur Terrassentür, versetzt den Hocker, der vor Tür stand auf die Klamotten der Getöteten und lies den Mann flüchten. Sie kniet nieder, schiebt unbeabsichtigt ihre Pumps unter den Wohnzimmertisch, sodann verstümmelt sie die Tote. Sie wird gestört, springt zurück über das Sofa, zieht sich das Weihnachtsmannkostüm an und setzt sich neben die Leichen.«
»Wo hatte sie das Kostüm her und von wem wurde sie gestört?«, harkte Dünnbier nach.
Herbert grinste. »Gestört von uns. Es war ein anonymer Anruf. Oder!«
»Ja!«, bestätigte Mattmann. »Sie meinen?«
»Genau! Ihr Freund rief uns an. Der Täter und die Täterin sind ein Paar.« Herbert zwirbelte seinen Bart. »Das Kostüm hatten sie mitgebracht! Ein fast perfektes Verbrechen.«
»Das ist Blödsinn«, zürnte Dünnbier. »Sie haben die angebliche Frau festgenommen.«
»Das war ihr Plan!«
Dünnbier zeigte einen Vogel. »Wie sollten sie wissen, dass sie die Marotte haben, immer zuerst den Täter allein zu verhören, oder meinen sie«, er sah sich um, »wir haben einen Maulwurf?«
»Brauchten sie nicht sie haben Kalle.«
Mattmann schüttelte den Kopf. »Kalle!«
»Wer ist Kalle?«, fragte Dünnbier.
»Mattmann klären sie ihn später auf!«

Herbert schlug auf den Tisch. »Los an die Arbeit. Herr Schuster sie bringen in Erfahrung, wer die Toten sind, gegebenenfalls bekommen wir über sie heraus, wer die Täter sind. Mattmann, sie machen bei der Pathologie Druck und schicken eine Crew Spurensucher zum Tatort, lassen sie kein Stein auf den anderen.«
»Mit der Pathologie geht in Ordnung, aber ein Team? Es ist Weihnachten! Soll ich mich halbieren?«
Herbert wies auf Dünnbier. »Wir zeichnen!«
Die Beamten verließen bis auf Ferigart und Tamban den Raum.
»Ich muss dir etwas gestehen«, druckste Monika.

Herbert trat an sie heran, senkte den Kopf. »Ich muss mich bei ihnen entschuldigen. Ich bin ihnen zu nahegetreten. Na ja! Untertrieben! Wenn der Fall abgeschlossen reichen sie bitte eine Dienstbeschwerde ein. Ich werde nachher mit meiner Frau darüber sprechen. Ihr gestehen.«
Monika verdeckte ihren Mund und gluckste. »Herbert bitte höre auf. Hast einen Filmriss. Du bist der Ansicht«, sie stieß mit dem Zeigefinger gegen seinen Bauch, daraufhin auf ihr Brustbein, »wir hätten gestern Nacht ...«
»Ja!«, stotterte er.
»Eine Kneipentour haben wir gemacht. Dann habe ich dich nach Hause gefahren. Geglotzt haben die Leute. Ich in Lack und Leder«, sie schmunzelte, »Obwohl weihnachtlich sah ich aus, oder? Außerdem bin ich ...«
»Ist schon gut!«
Ein Stein fiel ihm von der Schulter. Herbert wandte sich zum Gehen.


»Wart! Ich bin schuld für die Verwechslung.«
»Bitte!«
»Ich bin ins Büro des Leitenden, wollte den Verdächtigen eindringlich Überzeugen den Schutzanzug anzuziehen. Musste ich aber nicht. Er war bereit. Er wollte sich nur nicht vor dir entkleiden. Mir ist bewusst warum. Ich begleitetet sie. Sie benahm sich komisch. Ich hatte gespürt, dass es eine Frau ist. Wir Frauen haben da einen Instinkt für, sagt man. Deshalb habe ich sie auf die Toilette vom Leitenden geführt.«
»Malte hat ein eigenes Klo! Wo?«
»Im Hausflur! In seinem Büro ist die alte Wohnungstür. Nach dem Umbau …«
»Ferigart! Sie haben sie alleine gehen lassen«, bellte er.
»Natürlich nicht! Außerdem ist die Haustür immer abgeschlossen. Die Alte aus dem ersten Stock ...«
Herbert presste die Lippen, faltete seine Stirn.
»Sie überreichte mir ihre Sachen. Gestunken hat es wie verwest. Bin dann weg. Sie konnte nicht raus. Sorry! Aber ich habe die Kellertür vergessen!«
Herbert zwirbelte seine Schnauzer. »Bleibt unter uns! Wir fahren nachher in die Wache. Eine Frage habe ich. Sie haben mich nach Hause gefahren. Wie kommt dann dieses schulterfreie Kleid …«
Dünnbier stürmte zurück. »Wie lange soll ich warten!«

Im Flur lief Monika an Herbert vorbei zu Dünnbier. »Mike könnte ich für eine halbe Stunde weg?« Dünnbier drehte sich zu Tamban um, welcher den Finger erhob und drohte. »Nicht länger, wir haben noch etwas zu klären!«

weiter zum nächsten Teil 8. Zu zweit im Hotelzimmer
 
Hallo Ahorn,

na, dann nehmen wir doch noch 'ne 'Bockwurst mit Senf'. Auch hier immer dieses 'Sie' ...

Magda hatte ihn vor Jahren auf die Idee gebracht.
... riss die Reste des Polizeizsiegels vom Türblatt.
... öffnete die zugezogene, aber nicht abgeschlossenen Tür.
Was machen Sie hier?
... schmetterte ihm von Stetten entgegen ...
Haben Sie nie davon gehört, dass man immer geschützt und zu zweit nach Spuren sucht?
Wer ist denn noch hier?
Der Oberstaatsanwalt richtete seinen Zeigefinger ...
... nicht zu übertreffen war Komma über seine Lippen.
Erstrebten Sie nicht, ihren Wagen zu holen?

So, das muss erstmal reichen.

Liebe Grüße,
Rainer Zufall
 
Hallo Ahorn,

ich versuche mal, in dieser Geschichte weiter zu kommen. Also geh ich mal in Lack und Leder auf Tour.

Herr Tamban Komma sind Sie jetzt ...
Sie schnappte sich ein Papier ...
Er Komma wie es ihm öfters geschah ...
Warum ihn?
Klappte diese, nachdem sie ihre Wangen gepudert hatte Komma zu.
Herbert Komma am besten du machst du den Tag heute frei ...
Er, Herbert Komma war nie abgeneigt ...
... dennoch blieb sein Ziel Komma das Unrecht zu bekämpfen.
... das Fleisch vom Knochen glitt ...
Herbert Komma ich fahr dann.
... wandte sich dabei Komma wie eine Schlange.
Herbert Komma soll ich dich mitnehmen?
... Magda Komma ohne es zu wissen Komma zwei Etagen über ihnen.
... in dieser Sekunde kein Komma noch den Reißverschluss ...
... rechten Seite des Tisches Komma und Herbert marschierte kein Komma wie ein aufgeschrecktes Huhn ...
... an einen Aktenschrank kündeigte das Betreten von ...
Müssen Sie nicht Ihren Bericht fertig schreiben? Denn für Ihre alte Abteilung.
Alles gebongt Komma Herbert.
... wenn er, Herbert Komma in Milieus ...
Mattmann stand Malkus, abgesehen von seiner ...
Obgleich er, Herbert Komma ihm einen höheren ...
... die ihm ein dümmliches Aussehen verliehen.
... in Dünnbiers Teams fügten.
Nach der Besprechung lassen Sie und ich ...
Herr Dünnbier Komma wie sonst?
... wartete darauf, ermordete zu werden ...
Die Hände auf dem Rücken Komma stolzierte ...
Denken Sie daran, entsprechend Ihrer Hypothese ...
Außerdem ist nach Ihrer Logik die Barbarei der Tat unplausiblel.
... auf die Klamotten der Getöteten und liesß den Mann flüchten.
Brauchten Sie nicht, Sie haben Kalle.
Mattmann Komma klären Sie ihn später auf!
Los Komma an die Arbeit! Herr Malkus Komma Sie bringen in Erfahrung, wer die Toten sind, gegebenenfalls bekommen wir kein Komma über sie heraus, werd die Täter sind.
... lassen Sie keinen Stein auf dem anderen.
Du hasttest einen Filmriss.
... eindringlich überzeugen Komma den Schutzanzug ...
Mir ist bewusst Komma warum.
Sie haben sie allein gehen lassen.
Gestunken hat es Komma wie verwest.
Dünnbier stürmte zurück. Ich denke, es müsste heißen: Dünnbier kam zurückgestürmt. Er war doch schon weg, oder?
Mike Komma könnte ich für eine halbe ...

Liebe Grüße,
Rainer Zufall
 
Hallo Ahorn,

ich mach mal weiter.

Zu zweit im Hotelzimmer

Christ schwang sein rechtes Bein ...
Mit wem treibst du es denn?
... ich bin zu dick?
Saßehst bestimmt weihnachtlich aus?
Einen Anzug hätte ich nicht erwartet ...
Als ich in hier ihr Haus kam ...
... ein Löffel Leinsamen in Quark Punkt "
Viel Spaß.
... weil Komma wie sie sagte ...
... bis einen Tag vor Silvester ...
... dass mich eine Nutte verprügelt ...
Ich muss kein Komma direkt an den Anwalt rann? Punkt "
... der linken Ellenbeuge Komma stolzierte ...
... Herrenwollmantel vom Harken ...
... obwohl Komma für ein Weib ...
... dass Tamban fluchtartig die Wache verließ?"

Scharfe Currywurst mit Pommes

Die Mundwinkel gesenkt Komma starrte er ...
"Ferigart, wo bleiben Sie denn?"
... warm Komma wie in einer Sauna.
... sowie deinem Hemd gespien.
... ohne Scham bei in seinem Beisein umzog, obgleich ihn diese Beispiel ...

Zum Nachtisch ein ander Mal. ;) Ich finde Deine Kapitelüberschriften cool ...

Jetzt geht es zur Arbeit.

Liebe Grüße,
Rainer Zufall
 

ahorn

Mitglied
Hallo Rainer Zufall,

besten Dank fürs Korrektorat.
War irgendwie Gedankenübertragung, da ich gerade dabei bin die 'Blutige Weichnacht' nach Fehlern zu durchforsten. 'Wort, Wort, Mord' bin ich durch.

Ich finde Deine Kapitelüberschriften cool
Danke ;). Ich dachte bis jetzt immer, ich übertreibe es.

Liebe Grüße
Ahorn
 
Hallo Ahorn,

na, dann war die lange Pause meinerseits (immerhin sechs Wochen) nicht so tragisch. Ich hatte andere Baustellen, Du ebenso. Ich versuche nun, an der blutigen Weihnacht dran zu bleiben.
Die Überschriften sind eher Bilder, das finde ich daran so genial.

Liebe Grüße,
Rainer Zufall
 
Hallo Ahorn,

ich habe grad ein bisschen Zeit ...

Melonen, Kirschen und Apfelkuchen

Waren diese Komma na ja ...
Könnten die Ihrrigen sein.
... ihr Becken an seinem Oberschenkel.
... kniete sich, die Beine gespreizt Komma auf die Sitzfläche ...
Du kein Komma der Besuch.
... kannst du nicht schauspielerin? Das sieht man ja kaum. Das 'i' muss weg ...
... gab er preis ...
"Entdecke sie in Flagrante Punkt "
... sie mir versprochen Komma nie wieder ihrem ...
Monikas ließ ihren Zeigefinger ...
... trug, als ich sie verließ Komma ein rotes Kleid ...
Sie biettet ihm kein Komma etwas zu trinken an.
... ihre flache rechte Hand ...

Herrensocke und Seidenstrumpf

Er, Herbert Komma war ihr Vorgesetzter ...
Sie kein Komma der Trieb plagte ...
... die Spurensicherung durchs Haus ...
... auf Neues zu prägen Komma sie in die richtige Form ...
... ein mausgrauer Komma zylinderförmiger Komma mit Kunstleder überzogener Hocker ...
... ebenfalls grauen Komma tageszeitungsgroßen Tischs ...
Er sengkte den Kopf ...
... Blumenvase mit vertrocknetetn Komma na ja ...
... einer von mir aus eleganten Dame.
... jener Komma der einsam inmitten ...
... kein schnörkelloses Kleid Punkt, kein Komma Läuft sie jeden Tag ...
Nackt, barfuß Komma nur in einem Weihnachstmannkostüm ...
"Welche Frau zieht denn Derartiges über?"
Ich für mein Teil kein Komma schlüpfe in Strümpfe ...
... sexy aussehen, aber blickdicht!
... im Winter, sodass ich nicht friere Komma aber ...
... schrie danach Komma seinem Zweck nachzugehen. Aha, ein schreiendes Bett ...;)
... diesen sanften, jedoch einfangen Druck. ??? meinst Du 'einfachen' Druck?
Ist dir Himmel der Himmel auf den Kopf ...
... einhundertprozentig (zusammen geschrieben) ausschließen Komma dass die Sachen ...
... in der Größe Komma wie die Sachen im Schrank ...
... vor ihren Laeib. Sie ist doch kein Stück Brot ...
... dort angekommen Komma wandte er sich um.
... hüfthohen Schubladenschrank Komma der einzige seiner Art.
Im Schatten der Bäume kein Komma des wenige Schritte breiten Garten des Reihenhauses kein Komma lag Reif auf dem Rasen.
... eine Frau in bodenlangem Mantel ...
... einen Kinderwagen auf einem Komma dem Garten angrenztenden Weg.
Monika wurde ihm immer sympathischer.
Du hast in dem Schrank kein Komma mit der ...
Ich erkläre es dir. Einfach zuhören.
Von wem Komma weiß ich nicht.
Dieser Ort ein sicherer ...
Er kauft ihr Sachen zum Anziehen, elegant Komma wie er ...
... auf dem Sofa platzt zu nehmen.
Monika schmiegte sich an ihn Punkt
... dann geweährt sie der ominösen Frau ...
Sie ist eine Nutte.
Ich habe keinen Esstisch.
Gestern Heiliger Abend Komma der Tisch war gedeckt.
Herberts Herz raste.
... zog Komma wie am Vortag Komma die Tischdecke ...
... und erst recht auf diese Komma war ihm bewusst ...
... vielleicht schon Tod tot, brichst ...
... ihren Laeib wegzurollen.
... ohne dass ich mich wehren konnte.
... Mantel darüber Komma fällt dieses nicht auf.
... mich abduschen ...
Die Stirn in Falten Komma die Mundwinkel ...

So, geschafft.

Liebe Grüße,
Rainer Zufall
 
Hallo Ahorn,

verdammt, wieder reingefallen ...:oops: Aber das zweite reklamierte Komma in diesem mausgrauen Satz sollte trotzdem richtig sein.

Was mir aber gerade zufällig auffällt: Warum ist der Text in diesem Faden nicht der gleiche, den ich gelesen und korrigiert habe? Ich gehe immer über den Klappentext von einem Teil zum nächsten. Das fiel mir deshalb auf, weil Malkus hier in diesem Faden Schuster heißt.

Gleich geht's zur Arbeit.

Liebe Grüße,
Rainer Zufall
 
Zuletzt bearbeitet:



 
Oben Unten