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Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Abends,
wenn die Vögel,
müde von ihrer täglichen Geschwätzigkeit,
schlafen gehen,
höre ich das Gras wachsen
Vernehme das Recken und Strecken
der Bäume
Lausche dem Nahen der Nacht,
dem Wispern der aufziehenden Sterne
Später noch,
im Schatten der Dunkelheit,
erzählen mir die Toten von ihrem Leben
und ich schlafe ein
 
O

orlando

Gast
Lieber Otto,
das sind wirklich sehr schöne Verse,

...
höre ich das Gras wachsen
Vernehme das Recken und Strecken
der Bäume
Lausche dem Nahen der Nacht,
dem Wispern der aufziehenden Sterne
die mit ihrem Flüstern geschickt in das Totenreich überführen.

Auf einer (verborgenen) Ebene stellst du die deutsche Romantik der Realität des gebilligten Sterbens Hilfesuchender gegenüber. Auch wenn du das vermutlich hier nicht gemeint hast ...

orlando
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
ene mene miste

was vom tage übrig war
blieb
wie ein schlechter geschmack
im hals hängen
von wegen
wegen
nicht mal ein trampelpfad
einzig die tropfen
auf dem heißen stein
der ich bin
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Herbstanfang

Inmitten einer trostlosen Landschaft
Ein knorriger alter Baum
In dessen Krone sich graue Wolken verfangen
Und auf arthritischen Ästen Krähen
Ihre atonalen Lieder singen

Der Wind raunt dazwischen seine Geschichten
Und mich gefriert´s
Verstehe ich doch plötzlich seine Sprache
 
D

Die Dohle

Gast
Hallo Otto Lenk,
ruf nicht zu laut! Die Katze frisst, als ob es das letzte mal etwas zu fressen gibt und sie verliert ihr Sommerfell, desgleichen der Hund, die Schwalben sammeln sich und die Störche ziehen bereits ...
Übrigens, wusstest Du, dass man den eigentlichen Gesang der Raben, also nicht dieses nur für die Menschen erfundene Geplärre, praktisch immer überhört. Ist es mucksmäuschen still, dann kann man Raben leise singen hören und Geschichten erzählen. Das ist kein Witz.

lg
die dohle
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
diese kleine hände

wie sie mir tröstend über die wangen streicheln
wenn mir danach ist

alles gut opa, alles gut, sprechen die hände

und wie diese berührungen
mich heilen
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
es geht die zeit

das erste grau
liegt in den strahlen
die nächte malen
sternenkaltes licht
gevatter herbst
mit allen seinen narben
berührt des sommers
wärmendes gesicht

der wind
der durch die bäume streicht
hat schon den schnee berührt

nein
auch der grille zirpen
ändert nichts

es geht, es kommt
die zeit und zieht
uns mit
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Sekundenlicht

Ob der mond wohl hält
was er mir heute versprach
als er hinter der wolke hervor lugte
und sein licht ins herz mir stach

Ist es möglich
sag
mein herz fordert liebe
schlag für schlag

Ob ich der sterne ewigkeitsgefunkel
eines tages glaube
ohne dass das heute daran zerbricht

Ist es möglich
sag

Ob der tag wohl hält
was die nacht mir versprach

Ist es möglich

Sag
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
des Nordens gen Süden
[was, wohin wir auch gehen. zurück lassen]

die kraniche
ziehen

voller erwartung
warte ich
mit ausgebreiteten armen

in ihrem federkleid
kälte und nebel

etwas
sagt ihnen
dass ich der Herbst bin

ein flügelschlag nur

ein flügelschlag
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Du!
Jetzt der Anton.
Mitfuzziger.
Eigentlich schon Holzpyjama an.
Ei die weil Leukämie.
Könnteste denken: Grießkram.
Aber denkste!
Voll der ha, ha, ha.
Immer gudd druff und Fiderallala.
Einer wo de denkst: Eigentlich...
Aber denkste!
Ei die weil, wenn de mit dem Anton schwätzt,
denkste: Vielleicht ich Leukämie,
aber doch nicht unser Anton.
Nun ist das mit dem Denken aber eh so ne Sache.
Ei die weil du ja immer nur deine Gedanken denkst.
Nicht dem Anton seine, z. B.
Und so denkste, du wüsstest wie´s dem Anton geht,
dabei denkste nur wie´s dir ginge, wärst du der Anton.
Und so ist das mit dem Denken so ein Ding.
Weißte nie, wo´s hinführt.
Dabei am Ende immer zu dir selbst.
Wo war ich?
Ach da!
Beim Anton.
Wobei.
Oft auch umgekehrt.
Sagen wir ein Hit.
So einer, der jeden Tag im Radio dudelt
Eigentlich nicht dein Ding.
Aber hörste jeden Tag.
Alle singen mit.
Und du denkst nur: Was solln das?
Und auf einmal, so mir nix dir nix,
ertappste dich dabei, dass de mitdudelst.
Sozusagen Kollektivgedöns.
Denkste wie alle. So en Ding halt!
Wo war ich?
Ach da!
Beim Anton.
Wobei es der Anton einem nicht leicht macht.
Iss so en Reflexionsgedöns.
Der wirft seinen hellen Schatten auf dich.
So einen, wo de dich fragst:
Was issen eigentlich, dir gehts doch gut.
Mach doch nit so en Gedöns, so en Ding, aus allem.
Guck dir den Anton an.
Und dann merkste, dass de nit der Aton bist.
Aber dass des gerne wärst.
Halt ohne Leukämie.
Und schon fragste dich wieder was.
Wie wär de Anton eigentlich ohne Leukämie?
Vielleicht grad so wie ich?
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
unser leben

eine momentaufnahme
die auf nichts beruht
als der annahme
es sei die wirklichkeit

dabei genügte ein blick
nach oben
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Der Herbst (rücksichtslos und gemein)

Ich saß betrübt in einer Trauerweide,
blickte ins nebelige Nichts hinein. Dachte:
Weh mir, wenn das mal nicht der Autumn ist
[Ich denk mir gerne mal ein Wort auf engelisch,
denn viele Wörter kenn´ ich nicht, doch
denk ich mir ein Wort in engelisch, denke ich,
was bist du doch ein schlaues Bürschelein].
So dachte ich, war immer noch am blicken,
(es dauert eine Weile, bis die Augen auf Nebellicht
umschalten), da sah ich ihn im milchig grauen Licht.
Ein Schatten, am Rande des nebeligen Nichts.
Der Tod, dacht ich, hält Ausschau nach dem Leben,
das er, sollt er seiner/ihrer/seines/ [was weiß denn ich)
habhaft werden, sogleich verschlingen wird.
Drum rannte ich, doch da, nein da, erkannte ich,
der Nebel der war da und da und da,
und ich stand mittendrin. Es ist vorbei, dacht ich!
Da hörte ich die Stimme aus dem Nichts.
Sie rief nach mir: He Schatz, ich find dich nicht.
Es ist so näääääääbelig.
 



 
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