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Otto Lenk

Foren-Redakteur
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Für Kurt Vonnegut - Rest in Peace Kilgore Trout

Tralfamadore trauert

Die transzendente Erscheinung
von Mr. Kurt Vonnegut
- Kilgore Trout -
ist zu seinem Schöpfer
(also gibt es ihn doch, Kurt!)*
in jene Nacht des Jahres `45
zurückgekehrt,
in eben jenen Schlachthof 5,
wo sie damals -
- jetzt - für alle Zeit -
aus Angst gezeugt und
geboren wurde/wird.

*Anmerkung der Redaktion

http://www.inthesetimes.com/images/28/25/kilgore.jpg

Es tut echt weh.
Ich hätte dir so sehr den Gott gewünscht, an den du nie geglaubt hast.
So einen guten Gott...weißt schon.
Einen, der in diesem dummen Moment an deiner Seite gewesen wäre.
Oder der kurz vor deinem Tod von seinen Mitarbeitern informiert worden wäre.
Von wegen: Da ist Mr. Vonnegut. Er klopft gerade an die Tür.
Und dieser Gott hätte ohne zu überlegen gehandelt.
Nein, nein. Doch nicht meinen Kurt.
Da ist mir doch ein Meisterwerk der Evolution gelungen.
Eine Ausnahme! Nein, nein.
Und dann hätte er dich in die Arme genommen und gesagt:
He, Alter. Bleib noch ein wenig.
Einer muss doch die Stellung für mich halten.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Sein oder nicht sein * (Eine Sternchengeschichte)

„Papa!“
„Ja, Sternchen.“
„Wir nehmen doch gerade in Physik das Universum durch. Und da kriegen wir alles erklärt.
Wie das alles gekommen ist. Mit dem Urknall, und dass es ein Nichts nicht gibt. Vieles versteh ich ja nicht so richtig. Aber irgendwie scheint es für alles eine Lösung zu geben, auch wenn ich sie nicht verstehe.“
„Und wo liegt das Problem, Sternchen?“
„Na, wenn alles mit der Physik erklärbar ist, braucht es ja gar keinen Gott.“
„Ach, Sternchen. Du weißt ja, wie ich über Gott denke. Aber sieh es doch einmal so. Selbst wenn Gott nur ein Gedanke sein sollte, wäre er doch immer noch mehr wert, als fast alles was es in der Physik gibt, oder?“
„Ja Papa.“
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Die beiden schwatzhaften Gelbschnäbel streiten sich
mit den stählernen Flügeln um die höchsten Töne.
Herr Wurm blickt aus der Erde und faltet seinen Schirm.
Das Rotschwänzchen ruht sich einen Moment auf dem Ast aus,
bevor es sich vom Kater fangen lässt,
währenddem die Turmuhr ihre eigene Zeit erfindet.
Die Straßenlöcher erzählen Geschichten. Dumpfer von Tag zu Tag.
Im Radio singt eine traurige Stimme vom wundervollen Leben.
Die Zeitung ist voller Mauern.
Mein Kopf verbarrikadiert.
Wieder geht mir Vonnegut durch den Kopf.

Wir sind hier
auf Erden,
um herumzufurzen.
Lasst euch bloß
von niemandem
was anderes
erzählen.

Für einen Moment umarme ich die untergehende Sonne.
Doch ich kann sie nicht halten.
In der Kanalisation versammeln sich die Geister der Nacht.
Bald ist es so weit.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Von wegen Einstein

Wenn ich dich so seh`.
Nein, die Zeit krümmt sich nicht,
sie verbeugt sich vor dir,
mein Schatz.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Wenn ich einen Wunsch frei hätte

Nach Tralfamadore
Weg von hier
Unterwegs auf einen Donnergurgler
Dichten mit Vogonen
Im Kopf 42
Und sonst Nichts
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Noch immer tanzt der Schmetterling
nach deiner Melodie.
Und immer noch dreht sich die Welt
für dich allein im Kreis.
Der Horizont ausgespannt,
Traumfänger für all die Wunder,
die dort auf dich warten.
Nur manchmal klingt das Dunkel durch.
Dann steht die Welt,
der Schmetterling verharrt im Flug,
der Horizont verschwimmt,
und es wird still.

Doch plötzlich, wie zum Trotz,
drehst du dich im Kreise.
Die Arme auf und ab.
Umarmst die ganze Welt,
und singst:
Ich denk nicht mehr zurück, zurück,
denn ich kann fliegen.
Fliegen, fliegen, fliegen,
wie ein Schmetterling.
Zu meinen Träumen hin.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
09:00Uhr. In Heiligendamm wird Geschichte geschrieben.
Hier ist es wie es ist.
Die Schwalben zerschneiden die Luft in kleine Stücke.
Ein sanfter frühsommerlicher Wind setzt sie wieder zusammen.
Der Klang der Glocke fast flehentlich.
Aus der Dachgeschosswohnung gegenüber erklingt das morgendliche Geschrei.
Wie immer. Bis in alle Ewigkeit.
Saufen, ficken, schreien. Bla, bla, bla.
Ihr Schreien fast schon ein Wettkampf mit der Glocke.
Und immer wieder. Saufen, ficken, schreien. Bla, bla, bla.
Die Tage werde ich sie bei Sodi sehen.
Sie wird an der Kasse stehen und ihr glücklichstes Lächeln aufgesetzt haben.
Und ich? Ich werde denken, dass Heiligendamm überall ist.
Überall.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Du!
Weißt du woran du spätestens erkennst, dass du in der Zeitmaschine gefangen bist.
Pass auf! Du liest in einem Buch.
Mitten in einem Satz springt dir das Wort Webmaschine entgegen und du denkst spontan an eine neue Möglichkeit ins Internet zu kommen.
Fragst dich natürlich unwillkürlich, warum du bis jetzt nichts von solch einer Maschine gehört hast.
Und schon geht das Hirn wieder ab. Aber volles Gedöns…frag nicht!
Vor deinem geistigen Auge schwimmen laptopähnliche Objekte. Handys…mit ungeahnten Möglichkeiten.
Um es kurz zu machen…dein Herz lacht.
Immer und überall die Möglichkeit, sich einzuklinken.
Nie mehr die Frage: Hab ich ´ne neue Mail bekommen? Hat mir jemand auf mein Gedicht geantwortet.
Die Webmaschine angeschmissen und ab in die schöne neue Welt.
Na ja…
Und dann liest du den Satz noch einmal.
Weil…irgendwie kannste keinen Zusammenhang zwischen deiner geilen Webmaschine und diesem merkwürdigen Satzgebilde bilden.
Na ja…und dann kommt es wie es kommen muss.
Plötzlich wird aus der Webmaschine eine Webmaschine und du denkst dir:
Zum Glück hat keine Sau mitbekommen, was für ein Halbhirn du bist.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Du!
Jetzt waren wir ja auf Kreta.
Schon geil.
Viel altes Gestein und Männer, die so alt aussehen, wie eben jenes.
Und noch mehr neues Gestein. So graues.
Und da wohnen dann Fremde drin. Eroberer.
Für ´ne Zeit oder so.
Und du.
Die Eroberer habens immer eilig.
Den ´ne steht die Panik in der Fresse.
Von morgens bis spät am Abend.
Weil die immer am überlegen sind.
Von wegen, wie sie dem lieben Lieblingsfeind die Liege wegschnappen können.
Und du! Da kenne die nix.
Da stellen die sich den Wecker auf morgens halb Sieben.
Und dann laufen die so was von heimlich an die Liegen und legen ein Handtuch drauf.
Von wegen du Scheißdeutscher nicht und so.
Und wenn ´se das geschafft haben, sind se erst mal total geschafft.
Müssen ´se erst mal bis um zehn ausruhen.
Dann frühstücken.
Solange ruhen sich die Handtücher auf den Liegen aus.
Du!
So ein schönes Bild ist das.
Da schwimmste im Pool herum. Eine Bahn zieht die andere.
Und rings herum lauter bunte Tücher, die in aller Stille ruhen.
Das hat so was von Paradies…glaubste nicht.
Aber irgendwann ist auch der müdeste Eroberer erwacht.
Und dann gehen die so was von voll von Energie ans urlauben.
Haste nicht gesehen.
Mit einem Plumps liegen die auf der Liege. Handtuch tot. Sekundentod.
Und dann wird die Bildzeitung aufgeschlagen.
Weil…musste ja gucken was so los ist mit dem Bohlen und so.
Und mit einem Auge immer auf die Brustwarze der hübschen Engländerin.
Nicht was du denkst.
Bildungsurlaub. Verstehst de!
Und um elf macht dann endlich die Ouzo-Bar auf.
Du!
Da kannste wieder Bahne ziehen.
Und die Handtücher? Wiederbelebung.
Und die kleine Engländerin getraut sich endlich wieder mal auf den Rücken.
Ja und spätestens jetzt sind die Blicke von den Frauen von den Männern,
welche unten an der Bar Greek for Beginners proben…
Yia Mas!....Ja, ja…Yia Mas
...so was von entgleist, dass die kleine Engländerin leise in sich lächelt.
Ja…
...und ich ziehe meine Bahnen.
Einmal Richtung Meer. So als würde ich beim nächsten Zug die Ägäis berühren,
und auf der nächsten Bahn die Gipfel der Berge streicheln.
Alles ist gut.
Irgendwie.


Fortsetzung folgt.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Du!
Und da gibt’s ganz leckere Sachen zu essen.
Von wegen Tzaziki und Feta und Gurken und Zwiebeln.
Wahnsinn, sag ich.
Wenn ´de da genug von gegessen hast, kannste mit den Fischen sprechen.
Echt!
Weil irgendwann, meist um die Nachmittagszeit, also mitten ins schnorcheln hinein,
kommt da Bewegung in die Därme.
Und haste nicht gesehen, schafft sich die Bewegung Platz.
Dann fängt das so was von schön an zu blubbern im Meer.
Und die kleinen Fischchen hören das.
Und dann kommen die und schwimmen um einen rum.
Immer ein Blubbern im Mäulchen.
Die verstehen mich. Echt!
Weiß zwar nicht, seit wann ich auf Griechisch blubbern kann, aber geht.
Komisch, sag ich dir.
Sieht dann so aus, wie bei den Geysiren.
Weißt schon. Mit den Blasen und so.
Und das hab ich dann geübt.
Und kurz bevor wir wieder zurück mussten, ist es gelungen.
Ich hab meinen kleinen Freunden „Griechischer Wein“ vorgeblubbert.
Das war eine Freude.
Wahnsinn.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
wogen, wiegen.

Wiegen und wogen
So einfach ist alles
Wogen und wiegen
Ein wenig tanzen
im Licht
Und spiegeln
Ja. Spiegeln
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Di-Ding! Di-Di-Di-Ding!
Morgens, mittags und abends.
Was glauben die denn?
Mein Kreta – ein Bild aus Ouzo und Zorbas Dance?
Dass ich nicht lache.

Ich habe eine Baumetage gemietet.
Ein Baum aus umgedrehten Schirmen.
Ineinander gesteckt.
In der dritten Etage wohne ich.
Über mir Rilke.
Manchmal höre ich ihn denken:

Und wenn es Schalen wären?
Und wenn in diese Schalen Wasser flösse?
Und wenn dies Wasser nun…
…über den Rand hinaus?

Direkt darüber malt sich Greco seine Träume.
Dies erzürnt Zeus, der samt Familie in der Krone weilt.

„Mal den Olymp“ ruft er, „und nicht dies Christenzeugs“!

Und am Stamm tanzen die Zirkaden mit den Tzazikis den Souflaki.

Ich blicke aufs Meer.
Unruhig ist es. Als erwarte es Besuch.

Ein Spatz setzt sich sonnenstichig auf meinen Kopf.
Baut sich ein Nest.

Und aus der Bar klingen vertraute Töne.

Di-Ding! Di-Di-Di-Ding!

Yia Mas! Yia Mas!
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
KURR…macht es in meinem Kopf.
Dieses Geräusch, das die Vögel angeblich nur auf Island machen.
Sagte man mir.
Wenn es so ist, dann ist mein Kopf zwischenzeitlich auf Island.
Na ja…ich könnte es ihm nicht verdenken.
KURR
Vielleicht nicht der schlechteste Ort für ihn, momentan.
Wenn ich er wäre, würde ich auch vor mir fliehen.
Und Island…
...wo jedes Wort aus dem Schweigen der Steine entspringt.

KURR…macht es in meinem Kopf.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Kurz hinter Japan
In der Nähe der Saturnringe
Saß die Zeit in einem Astloch
Sie studierte sich selbst
Sekunde für Sekunde

Zwölfmal ja,
Und viermal nein,
und einmal eins
=
Alle Zeit.

Trionie
Trionan
Trionum

Sang sie

Und mit jedem Ton
Pflückte sie Unzeitlichkeit

Ene, mene, muh,
Ewig bist du

Kurz hinter Japan
In der Nähe der Saturnringe
Saß die Zeit in einem Astloch
Und malte sich ein „Nun“
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
verdreht

nein nein
nein nein
fragt nicht
die antwort
könnte eine frage
nach sich ziehen
und dann
wer weiß
ein schleichend
schlechtes drücken
auf dem gewissens
biss
drum fragt nicht
lasst mich
einfach stehen
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Und dann war da noch die Frage nach der Herkunft der Stachelbeere *

„Papa!“
„Ja, mein Sternchen! Was gibt´s?
„Oh Mann. Du glaubst es nicht. Unsere Deutschlehrerin spinnt. Wir sollen uns eine Geschichte ausdenken.
Thema: Wie könnte die Stachelbeere entstanden sein? So ein Blödsinn. Was soll einem denn dazu einfallen?“
„Lass mich nachdenken…..Ja! Ich wüsste da was.“
„Na klar! Du weißt was. Da bin ich aber mal sehr gespannt. Zu so einem Thema kann einem nichts Vernünftiges
einfallen.“
„Wir werden sehen. Pass auf!“

Die freche Elster stahl die letzte Kirsche vom Baum. Doch kaum gefreut, fiel sie aus deren Schnabel,
geradewegs in die Stacheln eines alten Igels, der gemächlich seines Weges ging. Dort nistete sie sich ein.
Wenig später schon verspürte unser Igel ein leichtes Ziehen hier, ein schmerzliches Drücken dort.
Arthritis, dachte er, irgendein Rheuma.
Doch von Tag zu Tag wurden seine Beschwerden schlimmer. Unser Igel konnte sich kaum noch bewegen.
Ihm war, als hielten ihn unsichtbare Wurzeln an Ort und Stelle.
Jeder Schritt glich einer Tortur, und am Ende eines langen Tages, in dessen Verlauf er gerade einmal zehn Zentimeter gelaufen war, die ihm allerdings wie die Umrundung der Welt vorkamen, blieb er ein letztes mal stehen
und verstarb.
Ein Igelpathologe, gäbe es ihn denn, hätte festgestellt, dass unser stachliger Freund an einer Kirschkernver-
wurzelung verstorben war.
Was soll´s. Dem Igel war es egal, dem Kirschkern auch. Jetzt wären wir eigentlich am Ende der Geschichte angelangt, gäbe es da nicht dieses „aber“.
Dieses „aber“ beruht auf der Frage, was aus der Kirschkernverwurzelung schließlich und endlich wurde.
Nun! Die Kirschkernwurzeln hatten auf ihrem Weg durch den Igel, zwangsläufig an dessen DNA geschlürft,
schließlich und endlich braucht ja eine jede Wurzel ihre Nahrung. Und tief drinnen im Kirschkern feierten
nach einem kräftigen Schluck Igel-DNA, Kirschkern und Igel-DNA Hochzeit, und nach einiger Zeit spross ein zärtliches Pflänzchen aus der Erde. Aus ihr wurde, wer hätte es gedacht, die wundervolle Stachelbeere.


„Noch Fragen, Sternchen?“
„Nein, Papa. Alles klar. Ich geh dann mal Aufgaben machen.“
„Das ist schön, mein liebes Sternchen. Und grüß mir die Stachelbeere.“
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
was ich sah

und überhaupt!
was wäre wenn?
wenn alles,
wirklich alles, ja,
selbst darüber
noch hinaus.
wenn alles dies
und überhaupt.
ja.
was wäre?
 



 
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