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Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Vom vollen Mond angefixt
balanciere ich übern Dachfirst,
tanze eine Art Wiegenlied
zum Alp, der mir ´nen Kuss
auf den Solar Plexus drückt.
Hypertonie, schreit mein Hirn
in den pochenden,
euphorischen Herzstillstand
hinein, der den inneren Druck
meines Seins erträglich macht.
Ich bin da. Auf der Höhe
meines Pulsschlags.

http://www.youtube.com/watch?v=5b0QMg0MF6Y&feature
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Weinen Tintenfische dunkle Tränen?

Das Grün des Grases kann nicht mehr.
Schwer liegt das feuchte Grau auf ihm.
Das rostigrote Braun, mal hier mal da,
ein schlechter Witz im rahmenlosen Nichts.
Hier bräuchte eine Leiche kein tiefes dunkles Loch,
abgelegt, und fort und weg und Nichts, aufgelöst
von dem, was nicht zu lösen ist. Der Augen Trost
ein kümmerlicher grüner Fleck, wie hingekotzt,
von wegen: Friss und stirb. Mir ist´s genug,
lebendiger geht nicht. Von mir aus
könnte es so bleiben. Ich frag mich:
Weinen Tintenfische dunkle Tränen?
Doch nein, ich spür ihr graues Tränen
auf den Wangen, denk mir:
Dies feuchte Grau sind Milliarden Tränen
von all den grauen wesenlosen Wesen,
hier, im rahmenlosen Nichts.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Am Rand der Wüste stand ein Baum. Nicht weit von ihm entfernt wuchs ein Kaktus.
Ringsherum war nichts weiter. Sand, die ersten Ausläufer der Savanne, ein paar Grasbüschel hier und da.
Doch das einzig Herausragende weit und breit waren der Baum und sein Nachbar, der Kaktus. Beide waren von höchst eigener, natürlich einmaliger Natur, was sich die Beiden stets wissen ließen.
„Welch eine Strafe. Umgeben von solch einem grünen stacheligen Nichts. Und das mir, dieser einmalig schönen Laune der Natur.“
„Womit hab ich das nur verdient. Nicht nur, dass dieses vielarmige Ding meine Augen beleidigt, nein, ich muss mir auch noch sein blödsinniges Geschwafel anhören.“
„Ein Strich in der Landschaft, mit einem Strichchen links und einem rechts. Wahrscheinlich muss er die Striche nach oben halten, damit er sich nicht selbst piekt. Was für ein Witz.“
„Ein Ding, dass von Zeit zu Zeit einen Teil seiner selbst verliert und dann da steht, als wäre er mir nichts dir nichts gestorben. Was ein Anblick, igitt.“
Man könnte dem Gespräch der Beiden nun noch eine ganze Ewigkeit folgen, muss es aber nicht. Denn es kommt immer das Gleiche dabei heraus: Nichts.
Sie waren keine Freunde, und würden es wohl auch niemals werden. Doch eines Tages geschah es. Zwischen den Beiden, genau in der Mitte, erschien auf einmal ein kleines grünes Ding aus dem Boden. Von jetzt auf gleich hatten Baum und Kaktus jegliches Interesse aneinander verloren. Ihre Konzentration galt diesem Etwas, dass sich von Tag zu Tag weiter aus der Erde wagte.
Nach einigen Tagen war es deutlich erkennbar. Ein grüner Strich hatte sich seinen Weg ans Licht gebahnt.
Sofort geriet unser Kaktus außer Rand und Band.
„Endlich bin ich nicht mehr allein, kann mein Leben mit einem meiner Art teilen! Na, da schaust du dumm aus der Wäsche, du hässliches Stück Nichts!“
Und ja. Von einem auf den anderen Augenblick kam sich der Baum unendlich einsam vor. Mit wem sollte er sich streiten, nun, da zwei von der hässlichen Art da waren. Sie würden sich gegenseitig schön reden, und ihn links liegen lassen.
Aber mit der Zeit wurde der grüne Strich immer dicker, hatte nun gar keine Ähnlichkeit mehr mit dem Kaktus.
„Schau nur, du Wicht. Er ist schon fast so dick wie ich. Und das Grün, ja das verliert sich auch noch mit der Zeit.“
Nun war es an dem Kaktus, wehmütig und traurig in die Welt zu schauen. Eben noch träumte er vom Leben zu zweit, und nun schien es, als sollte er den Rest seiner Zeit alleine sein.
Der Kaktus hatte sich schon weit in sich zurückgezogen…er konnte das Lästern und Lachen des Baumes nicht mehr ertragen, als ein Wunder geschah.
Von einem auf den anderen Tag wuchsen dem dicken grünen Stamm Dornen. Große dicke Dornen, wie er sie hatte. Was war das ein Gebrüll.
„Ha, ha. Wer zuletzt lacht, lacht am Besten, du braunes missratenes Ungetüm. Schau nur, schau! Siehst du die Dornen?“
Und ja…natürlich sah auch der Baum die Veränderungen. Und mit jedem Tag nahm die Veränderung zu. Kein Zweifel. Dieser war zwar größer und kräftiger, doch eindeutig nicht seiner Natur.
Nun war es an dem Baum, das hämische Gelächter des Kaktus zu ertragen. Ihm war, als ginge er ein. Was sollte er nun, allein in dieser ewigen Weite, noch hier?
Ihm war nicht gut, und gerade, als er alle Blätter hängen ließ, geschah ein neuerliches Wunder.
Das grüne Ding, eben noch vollkommen fremder Natur, bekam Arme. Immer mehr und immer mehr. Und Blätter begannen zu wachsen. Blätter!
Was für eine Freude für unseren Baum. Da stand er nun. Doch was stand da eigentlich, fragte er sich?
Und nicht nur er. Auch der Kaktus war schon geraume Zeit am grübeln. Das war schon er, und doch auch wieder nicht. Da war…nicht zu übersehen, auch eine ganze Menge von diesem Typen da drüben.
Ähnlich dachte der Baum. Und schließlich, weil er so gar nicht mehr weiter wusste, sagte er:
„Na ja. Gar nicht so hässlich, oder was meinst du?“
„Na ja. Er könnte ein wenig mehr von mir haben, aber eigentlich ganz nett anzuschauen. Dieses Grünzeug an den Armen kommt mit den Stacheln ganz gut zur Geltung wie mir scheint.“
„Der grüne Stamm macht sich auch ganz ausgezeichnet.“
Gerade hatte man den Eindruck, dass sich die Beiden näher kommen könnten, als der Kaktus meinte: „Aber natürlich ist er von meiner Art“, worauf der Baum antwortete, dass so etwas nur ein Blinder behaupten könne.
Und schon waren die Beiden wieder mitten in ihrer Streiterei. Doch just in dem Moment, als sich die beiden Streithähne in sich zurückziehen wollten, hörten sie aus der Mitte eine Stimme.

„Hallo ihr Beiden. Wollen wir Freunde sein?“
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Gerade stahl sich ein müder Sonnenstrahl
durchs kahle Geäst des Baumes auf die letzte Rose.
Der hängende Kopf erschien im kalten Licht
wie ein Wegducken aus Scham über die eigene Endlichkeit.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Sie war ein Sexjunkie.
Immer auf der Suche
nach ´nem neuen Dealer,
der Droge ‚Erfüllung‘.
‚Lord have mercy on my soul’
schrie sie, und alles
wirklich alles,
erschien ihr
in einem heiligen Schein.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ein verschlossener Himmel,
hinter dem die Sonne verstohlen
mondgleich hervor lugt.
Als trostloser Trost
ein paar schwarze geflügelte Punkte,
in ihrer Funktion als Straßenreiniger tätig.

Ich rufe die Dinge hinter den Nebeln an.
Damit ich um sie weiß, sie sich nicht vergessen.

Gestern jährte sich wieder einmal dein Todestag,
denke ich, während ich die zwei Zeilen noch einmal lese.
Werde mir wie so oft darüber bewusst,
dass so vieles dir und deinem Tod gewidmet ist.

Ein verschlossenes Wissen,
hinter dem du geborgen bist.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Gute Nacht

Am Abend des gestrigen Tages rutschte Martina B. auf dem Boden eines schlüpfrigen Witzes aus, den ihr Heiner B., ihr Ehemann, erzählte hatte. Martina B. verstand den doppeldeutig schlüpfrigen Untergrund des Witzes sehr gut, wusste sie doch aus unerfüllter Erfahrung sehr gut um doppeldeutig schlüpfrige Untergründe, da sie sich (in letzter Zeit immer öfter) in Gedanken wollüstig eben jenen Untergründen hingab.
Sie vernahm die Schlüpfrigkeit ihres Mannes, wusste im Augenblick der Pointe um die Gleichartigkeit ihrer untergründig schlüpfrigen Gefühle und erkannte zeitgleich, dass ihr Ehemann ihre über-ober-schlüpfrige Geilheit am Ausmaß ihrer Pupillen wahrgenommen hatte. Seine Pupillen standen der ihren in nichts nach.
Martina B. und ihr Mann Heiner B . begaben sich daraufhin umgehend ins Bett und hingen für den Rest der Nacht ihren überaus schlüpfrigen Gedanken nach.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
http://www.ottis-forum.de/bilder/fehnland367.JPG

Augen wie Monde

Manchmal, wenn du bei mir liegst,
ganz unverstohlen in mich blickst,
mit deinen Mondenaugen meine Seele prüfst,
öffnest du dich. Dann sehe ich,
durch deiner Augen Blick, in dich.
In deine Seele, die nur ihrer selbst bedarf.
Die, wenn sie Liebe schenkt, kein Halten kennt.
Sehe, durch deine Mondenaugen mich;
ganz nah, ganz fremd. Spüre,
wie du durch meine Augen auf dich blickst,
weiß um dein Fühlen, um die Fremde,
diese Nähe. Bin ganz du…und Du bist ich.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Es stieg der Held in Gottes Hut.
Dort fand er das einzig gültige Alphabet.
Es machte aus des Helden Eile eine Weile.
Diese tauchte in die Ewigkeit des Nichts hinein,
brachte daraus einen dunklen Stern hervor.
Diesen stopfte sich Gott in seinen Hut.
Er dachte ein Wort dabei und das einzig gültige Alphabet
formte aus dem Wort den Raum.
In seinem Traum stieg unser Held in Gottes Hut hinein.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Der Wind hat mir ein Bild gemalt
aus dunkelbraunen Tönen.
Darin verborgen,
wie zum eignen Schutz,
kaum sichtbar
(mehr mit dem Gefühl gesehen),
ein winzig kleines lichtes Licht.
Es winzelt, licht, licht, licht,
durch die braunen Töne.

‚He, gräm´ dich nicht,
du kleiner Engel du!
Ich seh´ dein Licht,
ich weiß um dich.

Ich weiß,
du bist dann immer da,
wenn mir nach weinen ist.
Wenn alles dunkel ist,
die Welt da draußen,
hier, in mir, kein Licht.
Dann winzelst du,
kaum lichtes Licht,
in mir. Machst Platz,
räumst auf,
belichtest mich.

He, kleiner Engel,
gräm´ dich nicht.

Ich sehe dein Licht‘.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ich dachte mir, nein, ich malte mir, ein Bild.
Erwähnte ich, in Gedanken bin ich Surrealist.
Ich weiß um den Sinn der Wirklichkeit.
Sie dient alleine der Interpretation.
Der Summe aller Dinge die dazwischen liegen.
Nicht das sie denken, ich ließe die Zeit mittels Uhren zerfließen.
Nur Dummköpfe glauben an die Zeit.
Stelzen auf Elefantenbeinen durchs Kosmoversum.
Du fragst, was es darstellt, dieses AbBild meiner Wirklichkeit.
Es entspricht Nichts.
 
A

AchterZwerg

Gast
Wer weiß, ob der angeblich so eitle Dali nicht ganz ähnlich dachte?
Einige vermuten, dass er sich eine eigene Welt geschaffen habe. Zu jenen gehöre ich auch. Doch warum?
Weil er sich in der realen nicht fühlen konnte?
Wie auch immer, das Gedicht ist gut, wenn ich es auch beim "allein" (ohne e) belassen hätte. Allein, dabei handelt es sich um eine Winzigkeit. ;)
Liebe Grüße
der 8.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Liebe Heidrun,

hier kann man nach einer gewissen Zeit ja leider keine Änderungen mehr vornehmen. Aber in 'unserer' kleinen Welt nehme ich den Vorschlag gerne an.

Merci!
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Wie jedes Jahr fand auch dieses Jahr am heiligen Abend ein Krippenspiel in der Kirche statt. So von wegen Maria und Josef und Geburt vom kleinen Jesus. Aufgeführt von Delkenheimer Kindern. Doch dieses Jahr hatte das Krippenspiel ein Vorspiel. Und das ging so:

Die Kinder begannen Anfang letzter Woche mit den Proben.
Alles gut. Was fehlte, war der kleine Jesus.
Unser Pfarrer fragte bei den Kids nach, wer eine Babypuppe hätte. Lisa meldete sich. Alles gut.
Donnerstag 22.12.11.
Während der Probe wirft Rosi Mayerhöffer einen Blick in die Krippe.
Rosi ist seit geschätzten 85.483 Jahren Teil des Kirchenvorstands.
‚Sag mal Lisa, ist deine Puppe denn auch ein Junge`?
‚Nein , Frau Mayerhöffer, ein Mädchen'.
Die Augen von Frau Mayerhöffer begannen zu rollen. Kein gutes Zeichen.
‚Das geht doch nicht. Wir können doch kein Mädchen in die Krippe legen‘.
Spätestens an diesem Punkt war die Geschichte vom friedlichen Fest passé.
‚Aber man kann doch gar nicht in die Krippe schauen und das eine Mal, wo Julia (Maria) das Kind in Armen hält, sehen´s die Leute doch auch nur von fern und eingewickelt, Frau Mayerhöffer‘.
‚Hierbei handelt es sich um eine grundsätzliche Frage‘, wetterte Frau M. Lisa entgegen, woraufhin sich das arme Kind völlig entgeistert hinter den Altar zurückzog.
Pfarrer István versuchte seelsorgerisch, die Arme segensreich alle umfangend, die Wogen zu glätten.
‚Liebe Frau Mayerhöffer. Ich gab den Segen zu der Puppe von Lisa. Es geht doch nur darum, dass ein Kind in der Krippe liegt. Die Kirchenbesucher sehen nicht ob Junge oder Mädchen‘.
‚Aber unser Herr Jesus ist unser Herr Jesus‘!
‚Liebe Frau Mayerhöffer. Können sie sich vorstellen, wie stolz die kleine Lisa war, dass ihre Puppe Jesus wird‘?
‚Kann ich. Aber das spielt keine Rolle. Unser Herr Jesus ist unser Herr Jesus‘.
‚Das ist er gewiss, liebe Frau Mayerhöffer. Aber hier handelt es sich um ein Krippenspiel und eine Puppe ist eine Puppe ist eine Puppe‘.
‚Sie wollen also sagen, dass sie diese Puppe Jesus spielen lassen, Pfarrer István‘?
‚Ja, das will ich sagen, liebe Frau Mayerhöffer‘.
‚Gut, Pfarrer István! Dann werde ich dies einmal so an die Gemeinde weitergeben‘.
‚Ich bitte sie darum, liebe Frau Mayerhöffer‘.
‚Wir werden dann ja sehen, wer sich am heiligen Abend noch in ihre Kirche verirrt‘.
‚Ja, das werden wir sehen, liebe Frau Mayerhöffer‘.

Am heiligen Abend fand in einer völlig überfüllten Kirche in Delkenheim ein Krippenspiel statt.
Die Menschen waren ganz angerührt vom Spiel der Kinder, vom kleinen Jesuskind, wie es da eingewickelt in Marias Armen lag. Es war ein ganz wundervoller Abend, voller Gesang, Frieden und Stille. Unser Pfarrer fand ganz wundervolle weihnachtliche Worte und am Ende gab er all den
Menschenkindern seiner Gemeinde die Hand.

‚Und! Hat ihnen das Krippenspiel gefallen, liebe Frau Mayerhöffer‘?
‚Es war ganz nett, lieber Pfarrer István. Dies ist aber allein der Tatsache geschuldet, dass ich meinen Mund hielt bezüglich…sie wissen schon‘.
‚Dieser Tatsache bin ich mir voll bewusst, liebe Frau Mayerhöffer. Und dafür möchte ich ihnen von
Herzen danken‘.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Am Ufer

Ich sitze am Ufer
Lausche den fernen Echos
Beobachte die Geister
Die sich aus den Nebeln schälen
Die sie sich selbst
Mit ihrem toten Atem schaffen

Wie soll der Frühling kommen
Wenn der Winter nicht kommt
Denke ich

Mich in die Seele des toten Hasen
Dessen Körper dankbar angenommen wird

Er ist schon längst dort angekommen
Denke ich

Während ich am Ufer sitze
Den fernen Echos meiner Geister
Lausche

Und atme
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
In der Nacht zum 01.01.2012 wurde das Anwesen der Familie Lenk zum Ziel eines feigen Angriffes feindlicher Aggressoren. Wie mehrere unabhängige Zeugen bestätigten, schlugen kurz nach Mitternacht zwei Boden-Luft-Raketen auf dem Grundstück der Familie ein. Es kam zu heftigen Explosionen, gefolgt von einer starken Rauchentwicklung, von der nach Aussage der unabhängigen Zeugen ein senfiger Geruch ausging, welche Zeugen und Bewohner des Anwesens zur Flucht in den Keller trieb.
Ein Zeugin will ‚Allahu akbar‘ Rufe vernommen haben, was den Herkunftskreis der Aggressoren eindeutig einschränkt. Frau Mayerhöffer sagte dazu:
Den ganzen Tag haben sich da bei uns in der Straße schon so Leute rumgetrieben. So dunkelhaarige, die ich noch nie hier gesehen habe. Na ja, meinte Frau Mayerhöffer, kein Wunder, seitdem die neuen Nachbarn gegenüber eingezogen sind, muss man eh die Rollläden schließen. Und die ganzen Parkplätze nehmen sie auch in Beschlag.
Als nächstes, fügte Frau Mayerhöffer noch hinzu, bauen die hier eine Moschee. Und wohin das führt, hätte man ja in Köln gesehen, ergänzte sie, wobei ihr Zeigefinger in Richtung zweiter Stock, Dekan Lindenbein Str. 2 a zeigte. Ein Blick aufs Namensschild genügt, nickte Frau Mayerhöffer wissend.
Herr Mayerhöffer fügte hinzu, man müsse nur in die Straße von Hormus schauen, dann wisse man alles. Aber der Ami, unser Ami, orakelte Mayerhöffer, wisse schon die richtige Antwort auf die Aggression der Aggressoren. Allerdings hätte er nie (Mayerhöffer) für möglich gehalten, wie schnell der Feind auch hier, in diesem ruhigen und friedlichen Dorf Einzug halten und zuschlagen würde.
Allerdings, ergänzte Mayerhöffer, hätte es schon viel früher begonnen, als nämlich das Anwesen vom alten Bratt an die Polen verkauft wurde. Seitdem sei der Dorffrieden zerstört, denn von diesem Zeitpunkt an musste man schon die Rollläden schließen und durfte sein Auto nicht mehr bewegen, wollte man seinen Parkplatz nicht an einen von denen verlieren.
Bei diesen Worten zeigte Mayerhöffers Zeigefinger Richtung Hauptstraße, wobei das letzte Glied des Fingers nach rechts gebogen war, um eine genaue Positionierung der Polen möglich zu machen.
Herr Häuser meinte, er wolle sich ja nicht einmischen, aber der eigentliche Untergang des Dorfes sei schon früher von Statten gegangen. Er datierte den Untergang Delkenheims aufs Jahr 1971, dem Jahr, als die Stadt Wiesbaden ein Grundstück im alten Delkenheimer Ortskern aufkaufte, und dort das sogenannte ‚weiße Haus‘ errichtete, welches anschließend Wohnung für Wohnung an Asoziale vermietet wurde, die die Stadt Wiesbaden los sein wollte und aus diesem Grund hier, im schönen Delkenheim, ansiedelte. Dies sei übrigens der einzige Grund der Eingemeindung Delkenheims an Wiesbaden gewesen.
Während Häuser noch von der schönen Zeit vor der Zeit schwärmt, knauft Frau Mayerhöffer ihren Mann in die Seite und zeigt uns mit kurzen Kopfnicken einen der möglichen Aggressoren, der gerade das Nachbarsgrundstück der Familie Lenk verlässt. Dunkelhaarig, dem Aussehen nach zu urteilen, im mittleren Osten zu Hause, nickt er uns zu und wünscht uns mit starkem Akzent einen schönen Tag.
Die Anwesenden schweigen ihm wissend keinen schönen Tag entgegen, gerade so, als hätten sie ihn nicht verstanden.
In diesem Klima fällt es einem Mann der schreibenden Zunft schwer neutral zu bleiben, aber die Pflicht verpflichtet mich zur Neutralität.
Abschließend ein Foto der Raketen, nicht ohne den Hinweis, dass von ihnen, auch Stunden nach dem feigen Anschlag, noch ein senfiger Geruch ausgeht.



http://www.ottis-forum.de/bilder/fehnland373.JPG
 



 
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