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Otto Lenk

Foren-Redakteur
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Ich wandere umher. Tagein, tagaus, Richtung Süden, Cabo Froward. Ziehe jeden Stein in Betracht. Irgendetwas sagt mir, dass ich auf der richtigen Fährte bin. Und tatsächlich, am 65 Tag meiner Suche sehe ich ihn. Fast hätte ich ihn nicht entdeckt. Moos hat sich seiner bemächtigt. Aber die Form verrät es mir letztendlich doch. Da ist es. Das versteinerte Dausenei. Vorsichtig befreie ich das Ei vom Moos. Mit meinen Händen kann ich es nicht vom Boden lösen. Und so beginne ich zu graben. Nie hätte ich mir träumen lassen, was ich da am ausgraben bin. Es nimmt kein Ende.
Einen halben Berg trage ich ab. Über einen Monat Arbeit. Und dann steht es, nein er, da. Was ich gefunden habe, ist kein versteinertes Dausenei, nein, es ist das Abbild eines Daus.
Dieses sagenhafte Wesen, halb Mensch, halb Tier. Ich habe es den Mythen und Sagen entrissen. Die Daus haben ihr Abbild in Stein gemeißelt. Hier steht es nun, das Bindeglied zwischen Tier und Mensch. Der Systematik nach zu urteilen im unteren Teil ein Paarhufer, vom Körperbau dem Lama ähnlich. Darüber dieser überdimensionale menschliche Kopf.
Natürlich steht es mir nicht zu darüber zu urteilen, ob dieser Kopf der tatsächlichen Größe entsprach oder ob die Daus sich für Götter hielten und dies durch den gewaltigen Kopf zum Ausdruck bringen wollten.
Ich gehe allerdings davon aus, dass es sich um das tatsächliche Abbild eines Daus handelt, fanden sich doch auf Inseln im Pazifik ähnliche Abbilder, die sich nur dadurch von diesem unterscheiden, dass sie nicht über einen Tierkörper verfügen.
Ich neige zu den Annahme, dass die Pazifikvölker, nachdem sie ihre Inseln durch Abholzung unbewohnbar machten, auf dem Seeweg hierher fanden und sich mit der hier vorherrschenden
Lebensform arrangierten. Im Laufe der Evolution entstand daraus der Daus.

Ich kehrte nach Europa zurück um mich mit Proviant, Werkzeugen, Reinigungsgeräten, etc. auszurüsten.
Nun, fast ein Jahr nach der Entdeckung ist es so weit. Ich präsentiere der staunenden Welt meine Entdeckung. Eine Entdeckung, die, wie ich nicht ohne Stolz sagen möchte, die
Evolutionstheorie vollkommen auf den Kopf stellen wird.

Meine Damen und Herren. Der Daus!


http://a4.sphotos.ak.fbcdn.net/hpho...28734_100000300041864_1530536_465782420_n.jpg
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
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mondenstrahl

gestern nacht um kurz nach drei
küsste mich ein mondenstrahl
er fand ´ne klitzekleine spaltigkeit
in meinen drinnen/draußen
weltentrennstoffbahnen
blickte sich im raume um
entdeckte mich und streckte sich
kroch schleichsilberschlangengleich
zu mir und meiner nachtgespinsten
lachgrauwolkenregenbogenträumerei
verfing sich kurz in einer meiner phantasien
in der ich unterwegs im namen ihrer majestät
den feind in form von beduinen fing
gerade als ich dort in dunkler wüstennacht
das dokument um dessentwillen ich hier war
ergreifen wollte - kam dieser lichte blitz
und zack – verrat – und schnappt ihn euch
kam das geschrei aus allen zelten
und die kamele höckerten und meckerten
auf plattdromebeduinisch
ich wachte auf – die hände noch zu colts geformt
und suchte feind und dromedar und wüstenwelt
doch da war nichts nur ich
- und halt -
da war ein mondenstrahl
der sanft, ganz sanft
auf meiner decke platz genommen
dort saß er nun und blickte mondensüchtig schön
zu mir hinauf – der sitzend nun im bette
die colts wegsteckte und langsam stück für stück
zum mondenlichte kroch und neben ihm
den kopf – nein, nicht in den sand –
sondern auf wolkendaunen bettete
so blickten wir zur decke hoch
mondenstrahl und menschenkind
jeder in seiner eignen großen kleinen welt
und doch - mir war als wär´ ich mond
und licht für einen augenblick
und mondenstrahl…was er wohl fühlte, mich?
dacht ich und schwupps in diesem denken
sprang er mit lichtgeschwindigkeit auf meine wange
es war wie sternenschnuppenküsserei
ganz warm und kalt und groß und klein
weltenumspannendwunderbar
er winkte noch mit silbersternenglanz
dann war er fort und meinereiner
noch immer tätig im auftrag ihrer majestät
achtet nacht für nacht darauf
dass da ´ne klitzekleine spaltigkeit
zwischen meinen weltentrennstoffbahnen bleibt
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Gäbe es dich nicht...

...ich hätte nie erfahren
wie es da oben ist
Erdgebunden
wäre der Himmel
meine sichtbare Grenze
Vom Griff zu den Sternen
ganz zu schweigen
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
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Die Physik des Tanzes

Er weiß dass alles einer Ordnung unterliegt
Drum tanzt er Tango
Denn hier entstehen für ihn
Aus der Geradlinigkeit des Tanzes die Parameter
Die Atom für Atom seinen Gesetzmäßigkeiten
Entsprechen – Kein Schritt gewagt
Jede Bewegung mathematisch eingeteilt
Die Musik für ihn ein einziger Logarrhythmus
Die gepaart mit der Kompliziertheit jeden Schrittes
Ein Spiegel seines Weltbilds im Innern
Wie im Äußeren ist – Drum tanzt er Tango
Weil alles seiner Ordnung unterliegt
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied


Die Zeit wäre nicht ohne den Raum,
der Raum nicht ohne Zeit
Und doch, in deinen Armen geborgen,
weiß ich mich
in einem zeitlosen Raum

 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
vorgezogene träume

ich stehe an der ecke zur vierten dimension,
blicke auf das zueinander wirkende ein-
ander bedingte wesen, das mir drei zuraunt,
winke ihm zu und höre eine stimme sagen:
gehe nicht über los, ziehe die vier nicht ein,
wandere darüber hinaus.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ob wohl meinem denken
Meinem ist
Ein traum zugrunde liegt
So tief wie die see
In mir

Und falls ja warum
Sind traum und see
So unergründlich

ich versuche mich
zu erinnern
irgendwo hier lagst du
nun ist da nur die stille
die von dir zeugt

Und die see tost
In meine seele hinein
Sie trägt deine Stimme
Zu mir

Crooked spin can't come at rest / I'm damaged bad at best

Und ich schrie schreie
Zurück und vor
Über die aufgepeitschte see
Über die zeitenwende hinweg

Who am I to you, darling?
 
A

AchterZwerg

Gast
Lieber Otto,
leider bekommt die suchende Userin kaum mit, wenn deine Tagebucheintragungen ergänzt werden. ;)
Dabei hast du wieder soviel Schönes produziert. Mein Favorit: Mondenstrahl, wenngleich ich Wortungetüme nicht so leiden kann. Hier passen sie aber, bzw. werden durch den ganzen formidablen Rest allemal ausgeglichen.
Noch einen schönen Abend für dich
Heidrun
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
„Wenn ich groß bin, will ich ein kleiner Junge sein.“ Joseph Heller


Mit mir und meinen Träumen
Sein im Andererseits
Fliegen, denke ich, wundere mich...
Flügel, ja, Flügel,
Warum auch...nicht
Bin ich doch Kind
In mir und meinen Träumen
Kann Sein, kann einfach alles sein
Hinter dem Vorhang
Im Andererseits
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Jetzt haben sich neuer Beitrag und deine Antwort überschnitten. Ich danke dir von Herzen, lieber 8. Zwerg.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
http://www.youtube.com/watch?v=MKi9i6MV48o&feature

ruhe in frieden, geliebter unruhestifter.

abends…


…wenn ich endlich ruhe vor ihren erwachsenen litaneien hatte,
wanderte ich aus. ging zu den wilden kerlen, wo ramba zamba zum guten ton,
zum einzig guten ton gehörte.
dort konnte ich all das sein, was ich war, sein wollte.
die großen kerle und ich waren per du mit der anarchie.
gehe über los, los los, riefen die kerle. und ich ging. wanderte aus.
bis in den nächsten morgen hinein.
dort ließ ich sie bluten. diese verkackte elternbrut,
für ihre beschissene litaneien, die sie mir als leben verkaufen wollten.
ich blickte arschwixerpapa fest in die augen,
während er versuchte mir mein leben aus dem körper zu prügeln.
blickte in die augen meiner mutter,
die sich daraufhin abwandte, als wäre ich eine ansteckende krankheit, die man meiden müsse.
und abends, wenn ich endlich ruhe vor diesem vorgegaukelten leben hatte,
zeigte ich ihnen in gedanken meinen stinkefinger und wanderte aus.
 
Jeden Abend hat mich meine Phantasie an die Hand genommen, mich auf verschlungenen Pfaden zu einem sicheren Ort geführt, weit fort von meiner engen Welt, dem spießigen Bett, in das ich immer viel zu früh verbannt wurde.

Zu so ganz und gar nicht blonden Zigeunern, unbändigen Indianern und unglaublich konspirativen Geheimagenten, ich war Räuberhauptmädchen und verwegene Rächerin der Unterdrückten, wurde verletzt und gerettet, durfte frech und mutig sein, aber auch schwach und schmutzig in zerrissenen Klamotten. Hier habe ich endlich die Geborgenheit gefunden, nach der ich mich so sehnte, die mich schließlich tröstend in den Schlaf wiegte.

Unantastbar
dieser Zufluchtsort für meine Kinderseele
Unerreichbar für Gewalt und Intoleranz, die mir ein eigenes, selbstbestimmtes Leben nicht zutrauen wollte, für die Schuldzuweisungen, nicht so zu sein, wie sie mich wollten, für den fehlenden Respekt vor meiner Individualität.

Unabdingbar.
Überlebensnotwendig.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ich bin dann mal weg

Im anderweitig
Baue dort ein Haus
Mit Aussicht auf mich
Gehe darin von Raum zu Raum
Und glaube mir
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied

"The most terrifying fact about the universe is not that it is hostile but that it is indifferent...
However vast the darkness, we must supply our own light.”

― Stanley Kubrick
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
לילה טוב חברימשלי


Gute Nacht Hbrimshli.
Sorge dich nicht.
Sie sind Menschen.
Wie du und ich.
Sie sehnen sich, sorgen sich.
Sie lieben, trauern.
Sie leben unter den gleichen Sternen.
Blicken wie du und ich nach oben
und hoffen.
Man sagt, ihre Tränen seien so salzig
wie die unsrigen. So sagt man.
Ich weiß es nicht.
Aber wenn sie singen, tanzen und lachen,
sind sie mir so nah wie du.
Drum sorge dich nicht, Hbrimshli.
Schlafe gut.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Wenn sie an deinem Stein vorbeigehen, lesen sie ein paar Daten.
Daraus schließen sie dein Geschlecht und dass du viel zu jung verstorben bist.
Traurig, schade, so jung, ein schöner Stein, sehr gepflegt das alles, werden sie denken und weiterziehen, zum nächsten Stein, zum nächsten letzten Ort.
Hier sind die Leben wie in einem Stenogramm gezeichnet.
Wenn ich dort wandere, wünsche ich mir manchmal, wenn dort Engel stehen, Blumen, Herzen…Dinge, die zeigen, wie wertvoll dieser Mensch dort für andere war, ja, dann wünsche ich mir, ich könnte ein wenig mehr von dem Leben aufnehmen, das dort zum Ende kam. Dass dort ein Buch stünde, in dem ich blättern könnte, und ja, wenn mir danach wäre, leere Seiten, die ich mit meinen Gedanken zum Erlebten füllen könnte.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ich mag den Regen. Iss voll geil, wenn er mich für `nen Moment vom Dreck befreit. Hat was von ‚Singin´ in the Rain‘ oder so `nem Scheiß.
Ein kurzes Aufatmen, bevor mich die Dunkelheit wieder verschlingt.
Irgendwann, in dieses Verschlingen hinein, wische ich mir den Regen aus den Augen. Er schmeckt salzig wie das Meer.
Wie deine Haut, die für mich beschrieben war.
Berühr´ mich, stand dort. Berühr mich. Hier und hier und hier.
Und wenn du hier fertig bist, fick mich. Fick mich.
In Leuchtbuchstaben stand es auf deiner salzigen Haut.
Später waren da nur noch Seifensprechblasen. Gefüllt mit Blablablaos.
Von wegen ‚es gab eine Zeit‘ aber jetzt wäre halt alles nicht mehr so, wie in der Zeit…Blablablaos.
Dann kam die Dunkelheit. Und all der Dreck.
Und ich wanke wie ein volltrunkener Gene Kelly durch meine Nacht.
Suche den Regen.
Dieses kurze Aufatmen, bevor mich die Dunkelheit verschlingt.
 



 
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