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Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Am jüngsten Tag, wenn die Posaunen schallen und alles aus ist mit dem Erdeleben, sind wir verpflichtet, Rechenschaft zu geben von jedem Wort,
das unnütz uns entfallen.

- J.W. Goethe –




Ich gestehe. Ich habe so manches Wort verbrochen.
Aber ich schwöre…es waren Leidenschaft und Triebe,
die mich trieben. Jedes Wort musste heraus, weil,
ich schwör zum zweiten Mal, ich sonst daran erstickte.
Alles Unnütz, dies sei mir verziehen, schrieb ich aus Liebe.
Sagt selbst, wer wüsste nicht, was die Liebe alles schreibt!
In dieses Hochgefühl hinein fiel, das ist gewiss, die ein
oder andere Zuckergussgießerei. Aber so ist sie halt, die Liebe.
Selbst eine Schneck könnt´ auf solch einer Reimerei den Halt verlieren.
Und ja, in diesem Zusammenhang erwähnt, der Frühling.
Er geht nun mal einher mit Bunt und Licht und Duft und Fühlerei.
Doch sagt selbst, ehrenwerter Rat, kennt ihr dies nicht?
Gewiss seid ihr dereinst gewandelt auf lustvoll frühlingischen Pfaden.
Und später dann, in euren Kammern, wenn ihr die innren Bilder
noch einmal betrachtet…war es da etwa nicht? Dies Hach und Ach
und Oh und Ja, diese Gefühlsvöllerei, die sich sodann in Worte ergoss.
Und wie könnte dann, in diese Völlerei hinein,
auch nur ein einzig sinnig Wort entstehen, geblendet wie man ist,
in dieser Liebelei? Drum bitt´ ich um Vergebung, denn wie gesagt,
es waren Leidenschaft und Triebe, die mich trieben, die Macht der Liebe
macht uns halt wortwörtlich zu Zwergen und zu Riesen.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Dichter. Papier vorzeigen.
Wir wissen um euer Tun.
Versteckt hinter euren Worten
rumort das Freigeistige.
Wo kommen wir da hin?
Von wegen jeder denkt sich was er denkt.
Uniformiert sei der Gedanke.
Gleich im Schritt…zack, zack.
Doch ihr Poetenpack,
mit euren Worten hinter den Worten.
Die verleiten und leiten.
Der Mond ist der Mond ist der Mond.
Nie bekommt einer die dunkle Seite zu Gesicht.
Aber ihr könnt es nicht lassen.
Rückseite und darunter und weiter und weiter.
Eines jeden Menschen Welt sei seine Scheibe.
Er will geführt sein.
In seinen Gedanken, in seinem Tun.
Gerahmt, begrenzt und gut.
Und Punkt.
Drum Dichter sei gewarnt.
Wir wissen um dein Tun.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
am ende steht das gegenseitige hofieren.
dieses schneckenschleimscheißige,
bei dem selbst Ajax Glasrein seinen geist aufgibt,
und den instanzen des hausgemachten heiligen
schleimscheins nur noch der trübe blick aus fenstern bleibt,
welche die welt in farben malt, die außenstehenden
wie eine rückkehr in zeiten erscheint, als die worte laufen lernten.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
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Es war einmal ein Gefühl.
Das Gefühl war so ein sanftes Kribbeln, kaum spürbar, aber da.
Das Gefühl selbst war sich seines kleinen Seins nicht bewusst.
Für das Gefühl selbst war sein Gefühl ein ganz mächtiges Kribbeln,
das sein ganzes Sein durchflutete.
Es wusste es halt nicht besser.
Eines Tages nun spürte das Gefühl, dass sich etwas änderte.
Zuerst dachte es an Unwohlsein.
Dieses Unwohlsein machte sich durch ein verstärktes Kribbeln bemerkbar.
‚Fieber‘ dachte das Gefühl.
Der nächste Gedanke war ‚sehr hohes Fieber‘, da sich das Kribbeln immer weiter verstärkte.
‚Ich halte dieses Gefühl nicht aus‘ dachte das Gefühl.
Es überschwemmte immer mehr sein Sein.
‚Na ja, schlimmer kann´s jetzt aber nicht mehr werden‘ war sein nächster Gedanke.
Es kam schlimmer.
Aber gleichzeitig verschlimmbesserte sich das Gefühl für das Gefühl.
Er gewöhnte sich an die Stärke, nein, es verwöhnte sein Sein.
‚Wow, wow, wow‘ elektrifizierte das Gefühl.
Und dann: ‚He, das ist ja geil, kann´s nicht noch ein wenig mehr sein‘!?
Und es wurde mehr. Und mehr. Und mehr.
Und schließlich, als das Gefühl vollkommen war, bekam es einen Namen.
Von nun an hieß es Liebe.

http://a8.sphotos.ak.fbcdn.net/hphotos-ak-prn1/16667_103479896338678_3508077_n.jpg
 

Otto Lenk

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Meine Mama hat immer gesagt: Dumm bleibt dumm, da helfen keine Pillen.
Und du…sie hatte recht. Ich gebe dir mein Wort darauf.
 

Otto Lenk

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Also wenn man sich so denkt…
Sagen wir: Wie wunderblau das Meer.
Da denkt man sich doch schon den Poeten.
So eigentlich und überhaupt. Denn eigentlich
und überhaupt wissen wir doch alle,
dass das Meer ist. Wie es ist. Kein Blau.
Fertig. Punkt.
Aber wir träumen uns eine Wirklichkeit,
die es uns erlaubt zu hypersurrealisieren,
eben gerade so wie uns die Welt gefällt.
Und schon ist es wie es ist. Blau.


http://a2.sphotos.ak.fbcdn.net/hphotos-ak-snc7/61580_154320434587957_1964347_n.jpg
 

Otto Lenk

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Die Nacht davor am nächsten Tag auf Umwegen betrachtet


Der Takt schwebt
Im Ungewissen
Empirie der Abstraktion
Wobei die 1
Ohne Bedeutung ist
Im schwelgerischen Wir
 

Otto Lenk

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Ich dachte mir
Wie sag ich´s ihr
Wie sag ich ihr dies all
Dies alles was sie für mich ist
Dies ist, das alles ist

Ich dachte mir
Ich schreib es ihr
Auf einem blatt papier
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ich liege auf dem Liegestuhl und betrachte den Himmel. Währenddessen malen Mouches Volantes seltsame Strukturen auf die blaue Leinwand. Dort tanzen sie einen unbestimmten Tanz, alleine gesteuert durch die Bewegung meiner Augen.
Mouches Volantes. Glaskörperflocken oder auch fliegende Mücken genannt. Für mich sind es fliegende Phantomfische, die es sich in meinem Augensee bequem gemacht haben.
Da ihre Strukturen oft ineinander übergehen, spielen wir ab und an miteinander. Das ist dann so wie das ‚Was-bin-ich-Wolkenspiel‘.
Gerade war da ein Känguru auf drei Beinen. Während ich mich besinne was die fliegenden Fische mir nun schon wieder zaubern, kommt mein Schatz und lächelt mich an. Ich blicke zu ihr hinauf, wie sie da steht, eingerahmt von dieser blauen Leinwand.

Und immer tanzt sie
diesen ganz bestimmten Tanz
Der ihr zu eigen ist
In diesem ganz bestimmten Takt

Aus eins mach zwei
Aus zwei mach eins

Ich blicke in ihre Augen, springe in diesen grünen See, gehe unter und wünsche mir nie wieder aufzutauchen.


http://www.youtube.com/watch?v=oou2ywIbRxc&feature=player_embedded
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
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Auf dem richtigen Papier geschrieben
könnte man sich mit den Worten noch den Arsch abwischen
und dann ab damit in den Lokus der Endlichkeit.

Dachte ich gerade, als ich wieder eines jener ‚Werke‘ las, die bedeutungsschwanger daher kommen und doch nur aus Dünnpfiff gedachter Scheiße bestehen. Wo der Autor für jede Antwort dankbar ist, in der der Leser krampfhaft versucht, einen Sinn hinter dem Unsinn zu finden. Und ist da ein Gedankengang, nimmt ihn der Autor sofort dankbar auf, weil er tief im Innern weiß, dass er nichts weiß und nun, durch des Leser s Antwort einen Ansatz zu seinem Ungedacht erhält; einen Ansatz, den er dankbar aufnimmt und sein Ungedacht dementsprechend umdenkt, um es bei der nächsten Antwort wieder umzudenken und zu zu zu, bis! ja, man glaubt es kaum, aus dem Ungedacht ein Gedacht entsteht, was mit dem ursprünglichen dünnpfiffgedachtem Scheiß´ nichts, aber auch nichts mehr zu tun hat.
Und irgendwann, ja irgendwann, glaubt unser Autor tatsächlich, dass er sich dies alles so gedacht hat.
 
Danke, Otto, du sprichst mir aus der Seele.

Es ist unglaublich, wie nach mühsamer, an ausgefallenen Haaren herbeigezogener Investition von ein wenig Hirnschmalz in eine dahin trompetete Flatulenz doch noch irgend etwas mit einer Spur von Substanz entsteht. So als hätte sich jemand beim initialen Pupsen etwas gedacht.

Bakenfalter
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ich lach mir ne Toilettenpapierrolle. Wir werden geliebt werden für unsere Worte. Von Herzen geliebt. Ha, ha!
 
Das gibt schlimm Haue auf den Allerbewertetsten.

Ich denke, auch ich sollte mich wieder einmal aufraffen und der Lyrikecke hier ein klein wenig heiße Luft gönnen.
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Und wieder geht ein Tag ins Nichts
Gedankengrau und leergeräumt sitz ich
Den Kopf auf meine Hand gestützt
Und warte
Warte dass da irgendwas geschieht
Dass diesen Tag entbindet
Vom leergeräumten Grau
Doch nichts geschieht
Es dunkelt denke ich für mich
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Gestern war ich seit langer Zeit wieder einmal auf dem Eichberg und musste an diesen Text denken:

Mein Freund der Riese,
legte sanft einen Arm um meine Schulter,
flüsterte ein Vater unser und sprach
von der Welt dort oben,
wo nur er lebe, und die Vögel,
die sich ab und an auf seinem Kopf niederließen,
und Lieder sangen, die nur er verstand.
Manchmal, so erzählte er, wenn sich die Wolken
gleich einem Schal um meinen Hals legen,
fühle ich mich ganz allein. Dann ist es,
als sei die Welt verloren, und ich frage mich,
worauf meine Füße ruhen.
In solchen Momenten vernehme er eine Stimme,
die ihm sagt, dass es die Ewigkeit sei.

Schlaf gut, mein lieber Riese.

Auf der Fensterbank sitzt eine Drossel. Sie beobachtet mich.
Wie das wohl ist? Dieser Blick ins Unnatürliche.

Heute besuche ich meinen Freund, den Riesen.
Er wartet gewiss schon auf mich.
Die Zeit fließt anders für ihn.
Er misst sie an der Länge der Wurzeln,
der Wärme und Kälte der Erde.
Jede Bewegung ist ein Zeichen.
Mein Freund, der Riese, mag grüne Steine.
Nie käme ich ohne einen Stein zu ihm.
Ein Turmalin fehlt noch in seiner Sammlung.

Es fehlt überhaupt nur noch dieser eine Stein.

Ich lernte Ephraim, den liebenswürdigen Riesen, zu Beginn meiner neuen Zeitrechnung kennen.

Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie Eichberg: 8 Monate Therapie. Weg von den Drogen.

Ephraim war auch dort gewesen. Lange vor meiner Zeit. Er war Jude und litt unter Hypersomie, auch Riesenwuchs genannt. In ihren Augen war er doppelt abartig.
Eine Schande für die Menschheit. Aber man konnte gut mit ihm und Tausenden seiner Landsleute experimentieren.
Wie lange konnte ein Mensch wie er ohne Nahrung leben? Mit einem Glas Wasser pro Tag. Lange. Sehr lange. Lange genug um diesen Riesen zu demütigen, diesen jüdischen Spargel. Brachen die Knochen bei Ephraim schneller? War er belastbarer? Empfand ein Jude, zudem eine solch hässliche, von Gott gestrafte Kreatur, überhaupt Schmerzen? Es galt vieles zu erforschen.
Ich sah Bilder von Ephraim, dem sanften Riesen. Bilder zu Lebzeiten. Ein Mensch, Augen voller Angst…Bilder nach seinem Tod. Auf dem Seziertisch. Lächelnde Ärzte um einen aufgeschlitzten Körper stehend. Einer, den Oberschenkelknochen von Ephraim triumphierend und lachend in der Hand haltend.
Ein Mahnmal erinnert an Ephraim und all die Anderen, die von ihrer Art oder Herkunft als „entartet“ galten.

Heute habe ich Ephraim den Turmalin gebracht. Den letzten Stein.

Nun ziert ein grüner Davidstern die Gedenkstätte auf dem Eichberg.

Schalom Ephraim
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
Der Punkt am Ende des Gedichts ist der Himmelskörper auf dem wir leben.

Franz Josef Czernin
 



 
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