Christa Paulsen - Der letzte Fall 36. Verdrehte Köpfe - Lutz hat gelogen

ahorn

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Verdrehte Köpfe
Lutz hat gelogen


Christa bog rechts ab, radelte an Trudes Kneipe vorbei und wandte ihr Gesicht nach links. Lutz trottete den Weg entlang, der von Werners Hof in den Dorfkern führte. Christa stoppte, wendete und fuhr auf Lutz zu.
»Du hast mich belogen«, wetterte sie ihm entgegen, derweil sie bremste, bis ihr Vorderrad zwischen seinen Beinen zum Stehen kam.
»Lass mich!«
»Du hast mich angelogen.«
»Ich lüge nicht.«
»Du hast mir erzählt, du wärest nach Hause gegangen. Das war gelogen.«
»Spionierst du mir nach?«
»Zufälliges Ergebnis einer Recherche.«
»Ich war zu Hause.«
»Nicht, um ein Karnickel zu holen.«
»Lass mich weiter. Ich habe Hunger, will zu Trude.«
»So schnell verhungert niemand. Du kommst erst weiter, wenn du mir die Wahrheit sagst. Oder soll ich dich festnehmen?«

Christa verlangte es nach einer kompletten Aussage, welche stimmig war, damit sie endlich den Knoten durchschlagen konnte.
Lutz hob seine Arme. »Okay! Ich hatte mich mit Theo verabredet.«

Seine Aussage deckte sich mit der von Sabine.
Christa zog ihre Augenbrauen zusammen. »Du warst bereits mit ihm bei Günter.«
»Ja! Er hat eine Freundin. Wollte sie mir vorstellen. Er meinte, ich würde Augen machen oder so ähnlich.«
»Wer ist sie?«
Lutz zuckte mit den Achseln. »Kein Schimmer. Habe sie nicht gesehen.«
»Somit war sie nicht da?«
»Doch!«
»Ja oder nein?«
»Ich habe sie nicht gesehen. Nur gehört.«
Christa kratzte sich am Genick. »Wie?«
»Ich wollte nicht stören. Theo war dabei sie zu knattern.«
Christa schloss ihre Augen. Mitleid empfand sie. Er hätte bestimmt die Augen aufgerissen, wenn er gesehen hätte, in wen Theo gesteckt hatte.
»Aber an ihrer Stimme hast du sie erkannt?«
»Nein!«
»Gib es zu. Er war Kalina.«
Lutz zeigte ihr einen Vogel. »Du spinnst?«
»Einen Laufpass hat sie dir gegeben. Deshalb habt ihr euch gestritten.«
»Aber nicht Theo.«
»Habe ich also recht.« Christa tippte an ihre Nase. »Ich habe dafür einen Riecher.«
Christa stieg von ihrem Rad, stellte es ab und erfasste Lutz‘ Unterarm. »Komm! Lass uns setzen.«
Sie setzten sich auf eine Mauer und Christa hielt seine Hand.
Er schnaufte und wandte seinen Oberkörper. »Sie hat einen anderen. Nicht wie du denkst, eher beruflich.«
Den Kopf zurückgezogen starrte Christa ihn an. »Ist sie eine ...«
»Quatsch! Er ist Journalist, will ihre Story veröffentlichen.«
»So ein Blödsinn habe ich nie gehört. Er will eine Story und sie soll mit ihm …«
»Er nicht. Er kennt jemanden.« Lutz beugte sich vor und verdeckte sein Gesicht. »Weißt du, wie schwer es ist eine Doktorarbeit zu schreiben?«
»Was willst du damit sagen?«
»Er kam an Information, die ich brauchte.« Lutz klopfte auf sein Brustbein. »Sie tat es für mich. Sie treffen sich einmal im Monat in dem Hotel, vielleicht auch öfters. Bei ihrem ersten Zusammentreffen übergab er ihr Dokumente und sie spreizte ihre Beine. Jetzt bekommt sie einzig sein Sperma.«
»Du hast sie gezwungen? Außerdem gibt es Kondome.«
»Sie verabscheut Kondome. Gottvertrauen nennt sie es. Gebeten habe ich sie beim ersten Mal, nicht mehr. Sie waren sogar zusammen in«, er stockte, »in Bulgarien. Ich wusste, wann sie zurückkommen. Daher bin ich in ihr Hotel, in ihr Zimmer, da lag sie nackt auf dem Bett. Sie schrie mich an, ich solle mich verpissen. Er käme gleich zurück und wir hätten verabredet, dass ich ihn nie sehen dürfte. Sie versprach mir, dass wir uns später aussprächen.«
»Theo?«
»Wie kommst du immer auf Theo? Theo habe ich bei Günter getroffen. Ich habe keine Ahnung, wer der Typ ist.«
»Deshalb war sie am Abend bei dir?«
»Wie kommst du darauf?«
»Hast du das mir nicht erzählt? Ihr Kleid!«
Lutz wandte sein Gesicht ab. »Ich weiß nicht, ob sie es anhatte. Als ich sie sah, war sie nackt und nicht allein.«
»Bitte! Willst du damit sagen?«
»Ja! Ich war knülle.« Er verzog das Gesicht. »Der Grund, warum sie es gemacht hat, wie sie es mir heute am Telefon gesagt hat. Eigentlich wollte sie mir ein Geschenk machen«, er sah gen Himmel. »Es muss irgendetwas passiert sein, dass, wie sie mir sagte, ihr die Augen geöffnet hätte.«

Christas Spürsinn erwachte, obwohl sie einerseits mit Lutz Mitleid empfand, anderseits den Drang verspürte, ihm den Hintern zu versohlen. Der dritte Mann, das Missing Link, die Person, welche Wanja ihr vor die Füße gelegt hatte, verschmolz mit diesem Journalisten.
»Wie sah er aus? Du musst ihn gesehen haben?«
»Ihre Bewegungen habe ich gesehen. Ihr Gestöhne habe ich gehört. Ich bin dann raus. Als ich zurück in mein Zimmer kam, waren sie verschwunden.«
»Als du auf deine Uhr getreten bist?«
»Kein Blassen! Ob das vorher, nachher passiert ist, oder einer von den beiden darauf getreten ist. Ich weiß nur eins«, er schloss kurzzeitig die Augen, »dass sie es genossen hat. Sie hat am Telefon geschwärmt. Mir bis zu seinem letzten Stoß, jede Einzelheit in mein Gedächtnis zurückgeholt.«
Christa schüttelte den Kopf. »Was machst du dann hier? Fahr zu ihr!«
Lutz schluchzte. »Sie hat Schluss gemacht.«
»Das hat sie dir gesagt?«
»Nein, nicht direkt.«
»Genauer?«
Lutz senkte den Kopf. »Ich schäme mich.«
Christa grinste. »Ich bin alt genug, um es auszuhalten.«
Er räusperte sich. »Sie sagte mir, dass sie nie einen derartigen Orgasmus gehabt hätte, und ich sollte mich damit abfinden.«
»Sie liebt dich.«
»Wie kommst du darauf?«
»Weil sie es dir gesagt hat.«
»Was?«
»Wie sagt man heute andauernd, sie hat sich geoutet.«
»Das sie fremd geht. Das wusste ich bereits vorher.«
»Wie oft schlaft ihr miteinander?«
»Was soll die Frage?«
Lutz sah sich um. »Ein Mal im Monat.« Er verdrehte die Augen. »Wenn es hochkommt.«
»Wie viele Lover hat sie neben dir bis jetzt gehabt?«
»Na einen, den Journalisten!«
»Sei ehrlich zu dir selbst.«
Er zuckte mit den Achseln.
»Ich verwette meine Passion, wenn sie nicht mit jedem Kerl vögelt, den sie zwischen ihre Finger kriegt.« Sie wandte ihm ihr Gesicht zu. »Und dir gefällt dies. Es macht dich sogar an.«
»Christa, ich bin doch nicht pervers.«
»In welcher Situation habt ihr euch kennengelernt. Wen hat dein Kollege flachgelegt. Wer war dabei?«
»Machst du auf Psycho?«
»Vor wen bist du weggerannt, als sie mit ihrem Liebhaber es in deinem Bett getrieben hat? Vor dir selbst. Du stehst darauf.« Christa erfasste seine Hand. »Spricht miteinander. Lass Kalina ihre heimlichen Rendezvous, ignoriere sie, frage sie nicht aus, passe nur auf, dass sie sich schützt. Dafür sucht ihr euch einvernehmlich einen Liebhaber, der euch versteht. Ein Mann, der ihr das gibt, was sie verlangt. Ein Mann, welcher sie umschmeichelt, sie in Ekstase treibt. Der ihr zuflüstert, dass er sie liebt und sie ihm antwortet, nie einen Menschen mehr zu begehren und du weißt, wenn sie in Wirklichkeit anspricht.«

Die Wahrheit wollte Christa Lutz nicht an den Kopf werfen. Welche Chance hatte ein impotenter Mann bei einer Nymphomanin. Die Halbwertzeit bei derlei Beziehung war für sie, gelinde gesagt, nicht lang. Sie dachte an ihre Jugend, an ihre Sturm-und-Drang-Zeit, schwelgte im Gedanken der heutigen Nacht entgegen. Immerhin war sie seit zwei Monaten nicht mehr in Hamburg gewesen und der Urlaub lag erst vor ihr.
»Wenn es überhaupt von mir ist?«
»Wer?«
»Unser Kind!«
Christa runzelte ihre Stirn. Daher wehte der Wind. Er war hin- und hergerissen. Männer hatten es nie leicht. Welch Kerl weiß, ob er nicht ein Kuckuckskind großzog. Sie schmunzelte. Betriebsunfall! Wird bestimmt nicht der Letzte sein, dachte sie sich, und stieß ihm in die Seite. »Nimm die Karre von deinem Alten und fahr zu ihr! Aber vorher gibts du mir den Namen und die Anschrift des Journalisten.«
»Nur, wenn du niemanden etwas erzählt.«
»Ich bin bei der Polizei, nicht bei der Post?«
»Ich mail dir die Daten gleich zu.«

Lutz wandte sich um. »Eins muss ich dir noch beichten.«
»Was?«
»Die damalige Sache mit Theo und dem Staubsauger.«
»Es war eine Prostituierte.«
»Nein. Er war nicht allein.«
Christa lachte. »Wer war denn dabei?«
»Es ist nicht witzig?«
»Raus mit der Sprache.«
»Senta!«
Christa schluckte. »Meine Senta?«
»Gab es andere? Sie hat ihm den Sauger aufgesetzt. Ihn getrieben, bis er schrie.«
»Wie?«
»Es war Absicht von ihr, wie sie es mir gesagt hatte. Er war dauernd hinter ihr her. Dabei konnte sie ihn nicht ab. Na ja, danach konnte er nicht mehr.«
Die Beichte ging Christa runter wie Öl. Senta war [/i]ihre[/i] Tochter.


Tim der Steher

Tim sperrte seinen Mund auf und schob sich ein mit Döner belegtes Fladenbrot zwischen die Zähne.
»Ich muss mit dir reden.«
Er kaute, schluckte herunter. »Ma beißen?«
Wenngleich Christa seit den Bohnen nichts Feste mehr zu sich genommen hatte und sie das Knurren ihres Magens als Dauerzustand ignorierte, verkniff sie sich, dem Angebot zu folgen.
»Die Frau, welche du auf Günters Platz gesehen hast, trug diese Rock oder Hose?«
»Christa, jetzt wirst du alt. Hotpants!«, warf er ihr entgegen und steckte erneut das Brot in den Mund.
Christa zerrte an seinen Arm. »Kannst später essen. Das weißt du genau?«
»Hey, so’n Ausblick hat man nicht oft. Total eng war das Ding, ganz ohne Taschen. Ich glaub, die trug nicht mal ne’n Slip drunter. Auf der linken Arschbacke war ein geiler Aufnäher.«
»Aufnäher?«
»Ein Typ mit einer Perle beim Ficken.«
»Geschmacksache. Du meinst, die Frau war Wanja, obwohl du sie nicht gesehen hast.«
Tim verdrehte die Augen. »Kurz!«
»Wie kurz?«
»Sie hat sich halt umgedreht, hat über ihre Oberlippe geleckt und mir einen Luftkuss zugeworfen.«
Christa schlug ihn gegen die Stirn. »Dies sagst du mir erst jetzt.«
»Spielt es eine Rolle?«
»Jedes Detail spielt bei einer Ermittlung eine Rolle, außerdem hast du mich angelogen«, keifte sie.
»Ich? Nein.«
»Wo hast du den Toyota abgestellt?«
»Bei Benno.«
»Warum lügst du mich an? Auf dem Campingplatz stimmt’s?«
Tim legte das Fladenbrot auf seinem Schoß ab. »Ich wollte kein Ärger mit Ben bekommen.«
»Mit Ben?«
»Ich bin zurück zum Platz, habe mich auf mein Rad geschwungen und fuhr nach Hause. Wollte ich jedenfalls. Bin zurück, aber der Toyota war weg. Das Heckfenster von Günters Wohnwagen stand einen Spalt offen. Ich habe mir Bens Schlüssel geschnappt und bin mit seinem SUV weg.«
»Spritztour?«
»Nicht ganz.« Tim umfasste das Lenkrad und murmelte: »Tina hat mit mir Schluss gemacht.«
Christa nickte. »Ich versteh! Das Treffen mit ihrer Freundin. Du dachtest?«
»Ich weiß, vertrauen ist besser, aber ich bin halt eifersüchtig. Deswegen hat sie bestimmt mit mir Schluss gemacht. Ich bin halt blöd.«
»Bis du nicht. Du bist dann zu ihr?«
»Hab mich hinter der Scheune versteckt, sodass ich auf den alten Ziegenstall blicken konnte. Weist, den hat ihr Alter als Wohnung umgebaut. Ihr Wohnzimmer war erleuchtet. Erst passierte nichts. Ich wollte gerade wieder los, da fuhr ein Elefantenturnschuh vor.«
»Elefantenturnschuh?«
»So’n Weiberauto. Drei Tussis stiegen aus.«
»Dass es Frauen waren, hast du gesehen.«
»Es war dunkel, aber ich kann eine Frau von einem Mann unterscheiden. Zwei trugen Rock und eine hatte elendig lange Haar.«
»Wie lang?«
»Bis zum Arsch.«
»Kalina«, murmelte Christa. »Die anderen beiden?«
»Die eine konnte ich nicht genau sehen. Sie stand zu dicht an der mit der Mähne, dafür die Dritte.«
»War sie dir bekannt?«
»Ja!« Tim zupfte an seinen Fingernägeln. »Hotpants! Leiche!«
»Tim, du bist wirklich dämlich. Wie kannst du das verheimlichen?«
»Ich hätte dir sagen müssen, dass ich bei Tina war und Bens. Außerdem ist sie tot.«
»Hast du bereits etwas von einem Todeszeitpunkt gehört. Nach meiner Vermutung war sie zu diesem Zeitpunkt bereits tot«, brüllte Christa ihn an.
»Entschuldigung.«
Sie holte tief Luft. »Trug sie Rock oder Hose?«
»Den Rock, den sie heute Morgen anhatte.«

Christa Hypothese brach in sich zusammen. Ganz vom Anfang konnte sie beginnen, weil der Dösbaddel ihr ein Detail verheimlicht hatte. Ihre Hände zuckten, verlangten von ihr, ihn zu würgen.
»Was ist dann geschehen?«
»Zuerst nichts, dann tippte jemand auf meine Schulter.«
»Wer?«
»Die Leiche.« Er schmunzelte. »Da war sie noch nicht tot. Sie muss sich durch ein Fenster herausgeschlichen haben. Ich hatte die ganze Zeit die Haustür im Blick.«
Christa presste ihre Lippen und ballte ihre Hände zu Fäusten. »Was hat sie gesagt, getan?«
»Dass sie Männer mit großen Autos geil findet, da diese gleichfalls einen längeren« – »Du weißt schon haben.« Er leckte über seine Lippen. »Sie hat mich gefragt, wie viel ich dabei hätte. Sie war eine Nutte!«
»Wenn überhaupt, dann heißt es Prostituierte. Hattest du?«
»Ein Zwanziger.«
Christa zeigte ihm einen Vogel. »Mehr als Handarbeit war dann nicht drin.«
»Nee. Wir sind in Bens Karre und dann ging es richtig ab.«
»Mit oder ohne?«
»Wie?«
»Mit oder ohne Kondom?«
»Ich weiß, das macht man nicht, aber ich hatte nichts dabei und sie meinte, ohne macht es eh mehr Spaß.«
Christa schlug ihm erneut gegen die Stirn. »Zeig mir ein Prostituierte, die es für einen Zwanziger ohne macht.«
»Die Frauen stehen halt auf mich.«
»Tim!« Christa verdrehte ihre Augen. »Scheiße!«
»Wirklich.«
»Bist du so doof. Hast du bis zum Ende durchgezogen?«
»Wie meinst du das?«
»Hast du in ihr abgespritzt?«
»Logo. Ist der Höhepunkt.«
»Tim, du bist Polizist und dürftest wissen, dass das halbe LKA gerade auf der Suche nach dem Eigentümer des Spermas ist.«
»Warum?«
»Weil dies üblich ist«, stöhnte Christa und schüttelte ihren Kopf.
Er erhob seinen rechten Arm. »Dann müssen wir es ihnen sagen.«
»Ich überlege mir, wie ich dich aus der Schusslinie kriege.«
»Weshalb?«
»Willst du irgendwann in deinem Leben mehr als Verkehrskontrollen durchführen?«
»Ich will zur Kripo!«
»Vergiss es«, tuschelte Christa. »Erzähl lieber. Also, du hast sie penetriert, wie weiter«, forderte sie ihn wieder in hörbarer Lautstärke auf.
»Gepoppt habe ich sie, nicht penedings. Egal! Sie hat ihren Slip genommen, ist raus und ich habe mir meine Hose angezogen.«
»Dies ist mir klar.«
»Bei Tina war es dunkel und der Kleinwagen stand nicht mehr vor ihrer Hütte.«
»Toll!«
»Nicht mehr vor ihrem Haus, aber auf der Straße. Die Tote ist dann eingestiegen.«
Tim grinste. »Ich habe gesehen, wer im Auto saß. Das Licht flackerte auf.«
»Wer?«
»Sie waren wieder zu dritt. Nur dass Tina am Steuer saß, die mit den langen Haaren neben ihr und du weißt, hinten.«

Christas Gedanken überschlugen sich.
Der Serienmörder, Kalinas Nymphomanie, ihr Verhältnis zu Theo, seine Touren um Schnuckelheide herum, Wanjas Angebot an Tim, der hohe Geldbetrag in ihrer Handtasche, der angebliche Journalist und der Bonze, der Tierhandel betrieb. Ein Handel, welcher sich eher auf Menschen, als auf Tiere bezog.
Christa schloss ihre Augen. Lutz! Wie naiv war er? Und sie hatte ihn ermuntert, zu ihr zu fahren. War er in Gefahr? Was wusste er? Sie erinnert sich an den Satz, den er ihr gesagt hatte. ‚Es muss irgendetwas passiert sein, das, wie sie mir sagte, ihr die Augen geöffnet hätten.‘ Kalina wollte, oder war aus dem Geschäft ausgestiegen. Vielleicht war sie dahintergekommen, wie sie ihr Geschäft erweitert hatten. Ein Serienmörder im Rotlichtmilieu verlangt nach Schutz.
Christa spekulierte. Der Journalist war der Zuhälter von Wanja sowie Kalina, zudem niemand anderes als Lutz Bonze. Die Frauen beabsichtigten, zusammen mit Theo das Geschäft auf ihre Seite zu ziehen. Christa opferte Theo, denn ausstehen konnte sie diesen nicht. Er war der Serienmörder. Ihr Zuhälter roch die Lunte. Um diesen in Sicherheit zu wiegen, versprachen sie ihm neues Fleisch. Tina!
Sie wollten sie nicht opfern, einzig nur so tun als ob. Dafür ihn in einen Hinterhalt locken. Aber wie? Lutz kam ins Spiel. Das Kleid, die Spuren der Damenschuhe, der ums Haus führten. Lutz war die vierte Frau.
»Die Vierte?«
»Wer?«
»Die vierte Frau?«
Tim zuckte mit den Achseln. »Bei Tina war’s dunkel und sonst war da niemand mehr. Vielleicht ist sie zu Fuß weg?« Er steckte sich seinen Zeigefinger in die Nase.
»Wart! Am Feldweg auf der anderen Straßenseite stand eine Karre.«
»Ein Auto?«
»Ja! Als ich kam, stand es dort. Als die Weiber abfuhren, war es weg.«
»Marke? Farbe?«
»Es war dunkel. Kombi!«
»Der Toyota?«
»War zu weit weg.«

Christa kratzte sich am Genick. Wie schaffte es eine Frau, dass ihr Freund ein Kleid anzog? Es war nicht irgendein Kleid. Es war der Dress seiner Firma. Klar! Unterlagen. Beweise. Kalina überredete Lutz, dass er die Beweise dem Journalisten überreichte, damit niemand eine Verbindung zu ihr knüpfte, anderseits der Überreicher glaubhaft war. Sie hörte erneut Lutz Stimme. ‚Er nicht. Er kennt jemanden.‘
Der Zuhälter war bestimmt verwundert, als ein Mann in einem Kleid zu ihm ins Auto stieg und irgendetwas von illegalem Tierhandel schwafelte. Er erkannte dennoch, dass Kalina und Wanja ihn linken wollten. Bevor er zum Treffpunkt fuhr, brachte er Lutz nach Hause. Somit war Lutz raus, was den Tod an Wanja betraf. Damit war seine Reaktion, als sie ihm das Foto zeigte, wieder plausibel.
Theo! Die Kupplung? Er hatte Probleme mit seinen Wagen. Er war nicht zur rechten Zeit am rechten Ort. Seine Aufgabe war es, den Zuhälter in die ewigen Jagdgründe zu schicken.
Aufgebracht von der Täuschung wurde der Zuhälter handgreiflich. Wanja kam zu Tode. Kalina schob ihren Verrat auf Wanja und biederte sich wieder bei ihm an. Deshalb hatte sie mit ihm bei Lutz geschlafen. Zum Dank ihrer Treue verbrachte er die Leiche. Sie in ihr Zelt zu stecken hatte er auf dem Schirm. Der direkte Weg, wenn Christa den Feldweg strich, war an ihrem Haus vorbei. Dass dort eine Barke seinen Weg behinderte, konnte er nicht wissen, den diese war nirgends verzeichnet. Die Tristes des alten Zuwegs verführte ihn, Wanjas Körper vorher zu entsorgen. Christa diesen beinahe vor die Füße schleuderte. Seine Flucht hatte er allerdings Tim zu verdanken. Der Dösbaddel hatte, nachdem er Benno nach Hause gefahren hatte, vergessen, diese zu schließen. Den Schlüssel hatte er sicherlich von Günter erhalten, deswegen hatte dieser jenen beim Karnickelstall nicht am Mann.
Zwei Fehler hatte ihre Theorie. Der Erste war der verzwickteste. Lutz hatte ihr gesagt, dass der Bonze eine Limousine fuhr, dagegen hatte Tim sowie sie selbst einen Kombi erkannt.

Christa klatschte in die Hände. »Das ist die Lösung«, rief sie.
»Was?«
»Das geht dich nichts an. Wie viel hat Lutz getrunken?«
»Eine ganze Flasche des selbstgebrannten Klaren.«
»Du?«
»Kein Tropfen, ich trink nur Cola?«
Christa tätschelte Tims Wange. »Du bist ein Guter. Ein Gefallen kannst mir machen?«
»Welchen?«
»Ich sende dir gleich Name und Adresse eines Journalisten. Überprüfe, wer er ist.«
»Wieso?«
»Wolltest du nicht zur Kripo?«
»Ja!«
»Frage nicht.«
»Dann muss ich aber ins Revier.«
»Mach es!«



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