Liebe Fee,
ich muss jetzt mal ganz dick unterstreichen, dass ich Deine eingehende und kluge Beschäftigung mit den Lupentexten wirklich
liebe! (dass Du hier auch noch ein so hohes Lob geäußert hast, mag, zu meiner Schwingung womöglich gerade ein bisschen mit beitragen - eine gewisses narzisstisches Momentum bei mir - hoffentlich noch halbwegs unter Kontrolle durch relativierende Instanzen - mag ich nicht völlig abstreiten
... aber das ist nicht mein Punkt)
Was ich wirklich, wirklich bewunderungserregend finde, ist, dass Deine Beiträge sehr häufig eine Chance für den/die Autor*in sind, etwas über ihren Text zu lernen, was ihnen bis dahin entgangen ist!
Im Fall von diesem Text hast Du natürlich vollkommen recht, dass er offensichtlich von dem schrecklichen Schicksal der Ertrinkenden handelt, die auf der Flucht aus einem unerträglichen Leben übers Mittelmeer nach Europa gelangen möchten. Nur: Mir war das beim Schreiben gar nicht bewusst. Ich habe an den Mythos von Alkyone und Keyx gedacht (vgl. hier:
wikipedia ) und ich wäre nun durchaus in Bedrängnis geraten, zu erklären, warum sich in den Text wohl solch "toxische" Elemente eingeschlichen haben - dank Deiner Deutung, ergibt das nun total Sinn.
Da sieht man mal wieder, dass Autor*innen oft keine Ahnung haben, was sie da nun eigentlich verfasst haben (mir gefällt dazu immer ein MRR-Zitat, wonach Dichter*innen so viel Ahnung von ihrer eigenen (!) Dichtung haben, wie die Vögel von Ornithologie
). Interessanterweise ist diese Betriebsblindheit auf die eigenen Werke beschränkt, bei anderen Autor*innen blickt man viel besser durch, was in einem Text
wirklich drinsteckt.
LG!
S.