DAS ZWERSCHINA-ANTIUNFALLGESETZ (Zw-AUG)

4,00 Stern(e) 2 Bewertungen

Matula

Mitglied
Erläuterungen
Am Freitag, den 13. 5. wurde Herr Alfons Zwerschina gegen 13 Uhr von einem aus dem dritten Stock des Hauses Jesus-Maria-Gasse 7 herabstürzenden Kopfkissen getroffen und schwer verletzt. Der Pensionist, der mit einer Gehirnerschütterung und einer Fraktur des linken Oberschenkelknochens ins Meidlinger Unfallkrankenhaus gebracht werden musste, wies auch mehrere blutige Kratzspuren im Bereich des rechten Scheitel- und Jochbeins auf. Mit Hilfe von Augenzeugenberichten gelang es der Polizei, den Hergang des Unfalls zu rekonstruieren:
Am Morgen des 13. 5. hatte die Hausfrau Bibiane O. wie gewöhnlich ihren und ihres Gatten Kopfpolster zum Lüften auf das Fensterbrett gelegt. In einem unbeobachteten Augenblick dürfte das gemeinsame Haustier ("Falstaff", ein 21jähriger Tigerkater) in einen der Bezüge gekrochen sein, um dort nach Katzenart ein Schläfchen zu halten. In der Folge aber verlor das Tier, sei es durch eine unwillkürliche Drehung des Körpers im Schlaf, sei es durch Lärm eines vorbeifahrenden Fahrzeugs aufgeschreckt, das Gleichgewicht und stürzte samt dem Kissen in die Tiefe, wo es mit einem gellenden "Miau" auf Alfons Zwerschina traf. Der Kater, äußerlich unverletzt, wurde auf Drängen von Passanten in das Tierpsychologische Ambulatorium der Stadt Wien gebracht, wo er unter Anleitung von Frau Dr. M. die traumatischen Folgen des Fenstersturzes verarbeiten und wieder Mut und Selbstvertrauen finden soll.
Alfons Zwerschina ist mittlerweile auf dem Weg der Genesung und hat sich sogar bereit erklärt, "Falstaff" an seinem Krankenbett zu empfangen.
Der Gesetzgeber aber, alarmiert durch den Unfall, der einem Pensionisten unter anderen Umständen das Leben hätte kosten können, reagierte prompt. Mit Wirkung vom 1. 10. werden nachstehende, als "Zwerschina-Antiunfallgesetz" bezeichnete, Bestimmungen in Geltung gesetzt (Änderungen in Kursivschrift):

§ 1315 ABGB Überhaupt haftet derjenige, welcher sich einer untüchtigen oder wissentlich einer gefährlichen Person zur Besorgung seiner Angelegenheiten bedient, oder ein zum Gebrauch des Verstandes unfähiges Tier hält, für den Schaden, den sie in dieser Eigenschaft einem Dritten zufügen.

§ 1318 ABGB Wird jemand durch das Herabfallen einer gefährlich aufgehängten oder gestellten oder verborgenen Sache; oder durch das Herauswerfen oder Herausgießen oder das Herabfallen eines Haustieres aus einer Wohnung beschädigt; so haftet derjenige, aus dessen Wohnung geworfen oder gegossen worden, oder die Sache oder das Haustier herabgefallen ist, für den Schaden.

§ 1320 ABGB Wird jemand durch ein Tier beschädigt, so ist derjenige dafür verantwortlich, der es dazu angetrieben, gereizt oder zu verwahren vernachlässigt hat. Derjenige, der das Tier hält, ist verantwortlich, wenn er nicht beweist, dass er für die erforderliche Verwahrung oder Beaufsichtigung gesorgt hat. Polster- und Deckenbezüge oder vergleichbare textile Behältnisse sind zur sicheren Verwahrung eines Tieres ungeeignet.

Den in §§ 47 ff des Ehegesetzes (EheG) genannten Eheverfehlungen wird § 48a eingefügt: Ein Ehegatte kann Scheidung begehren, wenn der andere ohne hinreichenden Grund das im gemeinsamen Haushalt lebende Tier quält, vernachlässigt oder zu beaufsichtigen verabsäumt.

§ 4 Abs 1 des Mietrechtsgesetzes (MRG). Der Vermieter hat nützliche Verbesserungen des Hauses oder einzelner Mietgegenstände, insbesondere das Anbringen von Katzengittern, nach Maßgabe der rechtlichen, wirtschaftlichen und technischen Gegebenheiten und Möglichkeiten durchzuführen, soweit dies im Hinblick auf den allgemeinen Erhaltungszustand des Hauses und die Sicherheit von Passanten zweckmäßig ist; hiebei ist nützlichen Verbesserungen des Hauses, zu welchen insbesondere das Anbringen von Katzengittern zählt, gegenüber nützlichen Verbesserungen einzelner Mietgegenstände der Vorrang einzuräumen.

§ 6 des Hausbesorgergesetzes (HausbG): Der Hausbesorger ist zur Verschwiegenheit über die Privat- und Familienverhältnisse der Hausbewohner, mit Ausnahme der ihm aus seiner beruflichen Tätigkeit bekannt gewordenen Verhältnissen und Gewohnheiten ihrer Haustiere, verpflichtet und darf hierüber nur behördlichen Organen, die sich als solche ausweisen, und in den Fällen des § 3 auch dem Hauseigentümer Auskunft geben.

§ 21 Abs 1 des Tierärztegesetzes (TierärzteG): Jeder Tierarzt ist in seiner beruflichen Tätigkeit verpflichtet, die Berufspflichten einzuhalten und insbesondere auf die Sicherung der menschlichen Gesundheit zu achten. Er ist in diesem Zusammenhang auch befugt, vierbeinigen, die Größe und das Gewicht eines Meerschweinchens (Cavia aperea f. porcellus) überschreitenden Haustieren, eine Diät gegen den Willen des Tierhalters zu verordnen und deren Einhaltung zu überwachen.

Mit 1. 1. soll außerdem § 50 der Straßenverkehrsordnung um das Gefahrenzeichen "ACHTUNG HERABFALLENDE TIERE" (Z 13b) erweitert werden, um auszuschließen, das Rad- , Roller- oder Rollstuhlfahrer oder motorisierte Verkehrsteilnehmer auf die in den Erläuterungen beschriebene Weise zu Schaden kommen.
 
Matula, es ist Humor ganz nach meinem Geschmack. Wie gern würde ich noch mehr über das Tierpsychologische Ambulatorium erfahren ...

Ein Detail fand ich nicht so überzeugend, die Änderung des Tierärztegesetzes. HIer ist der Zusammenhang mit dem Vorfall kaum gegeben.

Freundliche Grüße
Arno Abendschön
 

Matula

Mitglied
Danke, Arno Abendschön ! Ich freue mich, dass Dir die kleine Geschichte gefallen hat. Da ich den Kater "Falstaff" genannt und von den schweren Verletzungen des Alfons Zwerschina berichtet habe, dachte ich, dass man gleich das Bild eines sehr gewichtigen Tieres vor Augen hat, das eine Sicherheitsgefährdung für andere darstellt.
 
Danke für den Hinweis, Matula. Die Anspielung war mir entgangen. Mein Einwand ist somit gegenstandslos. Mit Shakespeare bin ich sehr wenig vertraut, habe mich erst jetzt über die Figur Falstaff informiert.

Freundlichen Gruß
Arno Abendschön
 

Haselblatt

Mitglied
Ausgehend von der Annahme, dass der sati(e)rische Beitrag mit leichtem Augenzwinkern verfasst wurde und natürlich auch ebenso zu lesen ist, zeigt er sehr deutlich auf, wozu der ostalpine Gesetzgeber fähig ist. Die Rückseite der Medaille ist, dass es Jahrzehnte dauern kann, bis öffentlich demaskierte Gauner und Betrüger einer gerechten Strafe zugeführt werden. Oh, du glückliche Insel der Seligen...!
 

Matula

Mitglied
Danke Haselblatt für Deine Stellungnahme ! Die kleine Satire sollte, wie Du sagst, die unsägliche ad-hoc Gesetzgebung aufs Korn nehmen. Also wenn sich beispielsweise ein Traummännlein oder -weiblein beim Einsteigen in den Paternoster den Fuß verletzt und in der Folge alle Paternoster des Landes gesperrt werden müssen ...

Herzliche Grüße aus Wien,
Matula
 



 
Oben Unten