dem Metrum gezollt

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Label

Mitglied
Wäre es denn zu begrüßen,
statt gemetert, dann in Füßen,
Ellen, Faden oder Zollen,
Poesie zu messen wollen?
Ach, das Maß das nicht nur Stütze
schnipselt Poesie zu Grütze!

Besser wird's, wenn es adrett,
hochgestützt in 'nem Korsett,
präsentiert perfekt die Reize.
Und auch, wenn das Maß dem Geize
unterlag, macht's mit Gebühren
Sinn, das alles hinzuschnüren.

Meiner Sehnsucht würd' gefallen,
Reize, die natürlich wallen,
ganz nach dem Verführungsschema.
Ups :eek: das ist ein andres Thema!
 

HerbertH

Mitglied
Liebe Label,

das strömt sehr reiz
-voll -end -e
verströmend schwungvoll in die Enjambements.

Liebe Grüße

Herbert
 
F

Fettauge

Gast
Lieber Label,

na, endlich mal eine Idee, wie man Lyrik messen kann: in Metern, wahlweise auch Zoll, Fuß oder Elle. Sonst geht es ja üblicherweise immer nur nach Neese. Wobei ich aber glaube, dass es auch ungemessene bzw. unangemessene Grütze gibt, und das viel öfter, als man denkt. Aber du bist kein Freund davon, wie du in Strophe 2 anmerkst, und in Strophe 3 erklärst du auch, warum - das Ding mit den Reizen, die natürlich wallen. Wobei ich denke, gewallte Reize sind auch nicht so das Gelbe vons Ei, man hätte die natürlichen Reize schon lieber ungewallt.

Wenn ich dein Gedicht mal für mich in Prosa übersetze, so meinst du, die Poeten sollten sich beim Wörterfinden nicht hintenrum kratzen, sondern verständlich schreiben, du sagst "natürlich". Wer entscheidet aber, was natürlich ist?
Ich habe schon sehr gute Gedichte gelesen, die mich durch ihre ungewöhnliche Wortgestaltung beinahe neidisch werden ließen. Aber vielleicht meinst du die Gedichte, die man auch nach zehnmaligem Lesen nicht versteht? Weil da jemand Kunst machen wollte, aber es ist nur Künstlichkeit herausgekommen?

Sehe ich mir das Gedicht genauer an, hätte ich einige Anmerkungen:

In Strophe 1, Vers 4, muss es richtig heißen: Poesie messen zu wollen, nicht: zu messen wollen. Dann kommst du aber mit deinem Metrum durcheinander, und da hilft nichts weiter als Umformulieren.

In Strophe 1, Vers 6, habe ich als Hausfrau wieder was dazugelernt: Man kann, was auch immer (hier: Poesie), zu Grütze schnipseln. Danke, danke. Kommt ins Kochbuch.

In Strophe 2, Vers 1, stolpere ich über das "es" - das Maß?
Oder nicht vielmehr die Poesie? Zudem: Ein Korsett kann eine ziemlich enge Angelegenheit sein, und manch einem Poeten bleibt in seinem Korsett der Geist weg, weil er sich auf sein Korsett und nicht auf den Geist des Textes konzentriert. Kannst du mühelos nachprüfen. Was ist dagegen zu sagen, wenn einer ohne Korsett (also ohne traditionell vorgegebene Form, zum Beispiel das beliebte, aber nie wirklich gutgemachte Sonett) schreibt? Nicht wenigen Autoren fehlt es bekanntlich an handwerklichen Kenntnissen, und da wäre die Forderung, sie sollten vorgegebene Formen ausprobieren, vielleicht doch ein wenig zuviel verlangt. Lasse machen, sage ich mir.

In Strophe 2, Vers 4, komme ich gedanklich nicht mit. Und zwar ab: "Und auch, wenn das Maß dem Geize/unterlag, machts mit Gebühren/Sinn, das alles hinzuschnüren." Was willst du uns damit sagen, lieber Label? Dass Kurzgedichte bezahlt werden müssen, lange Gedichte aber nicht? Die "schnürt" man einfach so hin? Sozusagen kostenlos, umsonst?

Zum Schluss würde ich mal behaupten: Am besten lernt man am guten Beispiel. Ich weiß nicht, so richtig überzeugt fühle ich mich von deinem Text noch nicht.

Liebe Grüße, Fettauge
 

Label

Mitglied
Lieber Herbert

freut mich, dass dir mein Spaßgereime gefallen hat. herzlichen Dank auch fürs Gefallenfinden in Zahlen :)

Liebe Fettauge
da du dir soviel Zeit genommen hast auf meine Reimerei so ernsthaft einzugehen, will ich dir ebenso antworten, aber erst später, wenn ich Zeit dazu finde.

einen lieben Gruß euch beiden von der
Label
 
G

Gelöschtes Mitglied 15780

Gast
statt gemetert, dann in Füßen,
Ellen, Faden oder Zollen,
Hier liegt doch wohl eine Gegensetzung zugrunde: "statt" benennt doch üblicherweise das eine, und dann folgt in der Regel das andere, das "stattdessen" gelten soll. Wo bricht hier die Rede vom "statt" zum eigentlichen, das da gelten soll, um?
Gemessen wird Poesie ja seit Jahrtausenden in Metern (griech. metron), siehe "Hexameter, Pentameter, Trimeter", und in Füßen, wenn man die Iamben oder Daktylen pro Vers abzählt. Bleiben für das "Eigentliche", das "statt" jener beiden Messungen gelten soll, die "Ellen, Faden oder Zollen". Nun ja, in der Tat mißt man in antiker Dichtung die Längen und Kürzen, aber weniger mit dem Zollstock (wie bei räumlichen Längen) als vielmehr längs der Zeitdimension. Das wären eher Takteinheiten, halbe, viertel, achtel Takte.
Denn zwar wird in der Poesie gemalt, in der Tat, aber es wird auch gesungen, in Melodien auf Rhythmen; Zeit wird gestaltet in Klängen, in Gesten, in Tänzen.
 



 
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