Der Lügner (gelöscht)

N

no-name

Gast
Liebe Märchenhexe,

Dir ist eine traurige und berührende Geschichte gelungen, die mich auch nach dem Lesen nicht mehr losgelassen hat, beschreibst Du doch gekonnt ein leider immer größer werdendes "Problem unserer Zeit".

Meine einzige Kritik gilt Deinem - wie ich es empfinde - unpassenden Titel. Ich stimme hier der Glasperlenspielerin zu, die dies in ihrem Kommentar auch bereits bemängelt hat. Prinzipiell habe ich nichts gegen Titel, die den Leser auf eine falsche Fährte locken, so empfinde ich Deine Motivation den Titel betreffend zumindest, - nur hier finde ich, passt dies nicht zum Inhalt und der damit verbundenen Brisanz Deiner Geschichte.

Freundliche Grüße von no-name.
 

maerchenhexe

Mitglied
hallo no-name

herzlichen Dank für deinen ausfühlichen Kommentar und deine gute Bewertung meiner Geschichte. Nachdem doch etliche Leser Probleme mit dem Titel haben, frage ich mich, ob es möglicherweise besser gewesen wäre, ihn in Anführungszeichen zu setzen, vielleicht wäre er dann verständlicher. Jemanden damit in die Irre führen wollte ich nämlich nicht, eigentlich nur aufzeigen, wieviel Verzweiflung bei Kindern oft hinter dem steckt, was wir Erwachsene als "lügen" ansehen.

ganz lieber Gruß

gaby
 

HerbertH

Mitglied
Titel

Hallo Maerchenhexe,

mir hat die Geschichte auch ausnehmend gut gefallen.

Falls Du noch auf der Suche nach einem anderen Titel sein solltest:

"In der Klemme"

oder

"Zwischen den Stühlen"

fielen mir spontan ein. Aber bestimmt gäbe es noch andere Möglichkeiten.

Herzliche Gruesse

Herbert
 

maerchenhexe

Mitglied
hallo HerbertH,

lieben Dank für deinen positiven Kommentar und deine Gedanken, die du dir wegen des Titels gemacht hast. Ich war zu Anfang sehr im Zweifel, ob ich ihn nicht doch ändern sollte. Mittlerweile, mit einem gewissen Abstand, meine ich, er passt doch. Dieser kleine Junge lügt ja tatsächlich, die Frage ist ja nur, warum? Aus böser Absicht bestimmt nicht, wohl eher aus Verzweiflung. Er sitzt nämlich wirklich zwischen den zwei Stühlen, den ach so berühmten. Aber das möchte ich eben im Titel nicht verraten.

ganz lieber Gruß

maerchenhexe
 
P

Pete

Gast
Hallo Maerchenhexe,

Dir ist eine wunderschöne, bewegende Geschichte gelungen, die mir einen überraschend stimmigen Einblick in eine Kinderseele in schwieriger Situation ermöglicht.

Vielleicht kuckst Du noch einmal nach der Erzählperspektive. Falls Du möchtest, kann ich Dir hierzu noch ein paar Hinweise geben.

Der Qualität Deines Werkes tut das aber keinen Abbruch.

Herzlichen Glückwunsch auch zu dieser überwältigenden Leserreaktion.

Liebe Grüße

Pete
 

maerchenhexe

Mitglied
hallo Pete,

freut mich sehr, dass dir die Geschichte gefällt. Wäre schön, wenn du mir tatsächlich ein paar Hinweise geben würdest.

lieber Gruß

maerchenhexe
 
B

Burana

Gast
Hallo Maerchenhexe,
ich hab gerade Deine Geschichte gefunden und gelesen, und möchte Dir auch was dazu sagen. (Wobei ich nicht alle Kommentare meiner Vor-LeserInnen angeschaut habe und vielleicht dort bereits Erwähntes wiederhole.)

Also: der Blick in die Kinderseele ist Dir gelungen. Ich kann nachvollziehen, was in dem kleinen Kerl vor sich geht, und hab respektvoll 'gesehen', wer von der ganzen Familie tatsächlich 'erwachsen' reagiert.
Auch den Plot finde ich gut.
Der Text an sich bräuchte ein wenig Überarbeitung: im Sinne von 'Absätze vor direkter Rede einfügen' beispielsweise, was das Lesen einfacher macht und ihn auch 'professioneller' aussehen lässt.

Ich hab jetzt nicht mitgekriegt, wie die anderen hier den Schluss sehen: für mich ist er zu flach. Dass das Kind Angst hat, so behandelt zu werden wie sein kleiner Kamerad vorher, habe ich verstanden, weil Du das sehr gut herausgearbeitet hast. Weißt Du, was ich meine? Es klingt ein wenig, als befürchtetest Du, das nicht deutlich genug beschrieben zu haben - was nicht stimmt. Das habe ich als 'Inhalt' Deiner Geschichte gesehen.
Ich mag keinen Vorschlag zu einem anderen Schluss machen, weil ich weiß, dass Du selber etwas (er)finden kannst - und das werde ich garantiert wieder lesen. Ich bin gespannt.

Haaaaahhhh, es ist einfach schön, bei solchen Texten zu wissen: da steckt Potenzial drin, die kriegt das über Kurz oder Lang auf die Reihe.

Liebe Grüße, Burana

P.S.: Jetzt hab ich noch eben einen neugierigen Blick auf Pete's Kommentar geworfen und gelesen, dass er Dich unter anderem bittet, einen Blick auf die Erzählperspektive zu werfen und Dir anbietet, Dich dabei zu unterstützen. Wie gesagt...
 
P

Pete

Gast
Ein paar Hinweise ...

Hallo maerchenhexe,


Du schreibst:
Wäre schön, wenn du mir tatsächlich ein paar Hinweise geben würdest.
Gerne liefere ich, wie versprochen, ein paar Hinweise zur Perspektive.

Perspektive, das sind die virtuellen Augen, durch die Dein Leser die Geschichte wahrnimmt. Diese Augen verpflanzst Du mehrmals um. Ein Leser merkt das u.U. nicht direkt, denn für die ausgerissenen Augen setzt Du ihm sofort einen neuen Blick auf. Es bleibt jedoch der Schmerz der Amputation und Neuverpflanzung, der sich in Form einer höheren Distanz zu Deinem Werk bemerkbar macht.

Zuerst hat dieser Blick einen objektiven Standpunkt:
Die Schulglocke läutete zur zehn Uhr Pause.
Dann transplantierst Du dem Leser die Augen von Frau Hagenbeck:
Frau Hagenbeck, die Klassenlehrerin blickte freundlich auf ihre 6c. „Nehmt euer Frühstück und ab in die Sonne auf den Schulhof, “ rief sie fröhlich. Dann schaute sie Thorben an und sagte: „Thorben, du bleibst noch einen Moment hier. Mit dir möchte ich noch etwas besprechen.“
Auch wenn das der Text nicht ausdrücklich verlangt, so führen die Lesergewohnheiten zwangsläufig dazu, sich den Standpunkt der Lehrerin anzueignen.

Unmittelbar danach reißt Du den Blick heraus und schmeißt den Leser in den Protagonist Thorben:
Während seine Mitschüler lärmend aus dem Klassenraum flitzten, betrachtete Thorben seine Lehrerin. „Eigentlich ist sie ja nett, “ dachte er, „immer modern angezogen und ihre roten Haare mag ich auch.
Hier bezihst Du deutlich Standpunkt, denn der Leser kann Thorben nur hören, wenn er in ihm ist (oder wenn Du einen rigelianischen Gedankenleser auftreten lässt, das ist aber zum Stand des Plots noch nicht geschehen).

Jetzt denkt der Leser: "Prima, Thorben ist ab jetzt Mittelpunkt des Universums, damit kann ich leben!", doch Du forderst ihn weiter:
Jetzt verlor die Lehrerin die Geduld.
Dieser scheinbar harmlose Satz kann nur von einem objektiven und distanzierten Betrachter so beobachtet werden. Einer, der in alle Köpfe kuckt und objektiv erzählt. Alle Teilnehmer der Szene würden diese Information lediglich als Empfindung oder als indirekte Beobachtung wahrnehmen.

Das ist der - mit Abstand - der am schwierigsten zu verstehende Punkt. Ich habe Blut und Wasser geschwitzt, bin von Kritikern und Lektoren balbiert, filetiert und geröstet worden, habe zahlreiche Bücher lesen müssen, bis es endlich geschnackelt hat. Auch heute noch mache ich haarsträubende Fehler in der Perspektive.

Um es verballhornt auf einen Punkt zu bringen: schreibe keinen Text für den Polizeibericht ("Der Beschuldigte verlor die Geduld und wurde gewalttätig"), sondern ein richtiges Drehbuch. Stell Dir vor, Du drehst Deinen eigenen Film, hast Dir aber jeden Kommentar eines Sprechers verboten und hältst Dich genau an diese Vorgabe.

Gib jetzt Deinen Darstellern die Anweisung, wie sie spielen sollen. Wie soll Frau Hagenbeck agieren, wenn sie die Geduld verliert? Du bist eine sehr gute Beobachterin, das beweisen Deine Werke. Also dokumentiere diese Beobachtung!

Beispiel:
>> Frau Hagenbeck runzelte die Stirn und erwiderte, etwas schriler als zuvor: "... <<

Warum das Ganze? Damit lebendige Bilder entstehen, der Leser ein Kopfkino erlebt, er in einen Lesefluss gerät, der ihn nicht merh loslässt, bis zum Ende.

Es sind nur diese Kleinigkeiten, welche dieses Werk vervollkommnen würden. Denn das Übrige scheint für mich zu stimmen.

Entschuldige bitte, falls ich in meiner Leidenschaft ein wenig über das Ziel hinausgeschossen sein sollte.

Liebe Grüße

Pete
 

HerbertH

Mitglied
Hallo Pete,

sehr interessant, wie Du die Perspektiven beschreibst. Ich lese da gerne mit :).

Herzliche Gruesse

Herbert
 
N

no-name

Gast
Halt halt...

Ich will auch mit...

Pete ?!

Nimmst du mich bitte literarisch auch mit an die Hand?
Dann sind wir vier sozusagen schon eine Polonaise... ;-)

Liebe Grüße von no-name.
 

maerchenhexe

Mitglied
hallo Burana, Pete, HerbertH und no-name,

lieben Dank an Euch alle, dass dieser Text euer echtes Interesse geweckt hat.

Dir Burana danke ich für deine nette Rückmeldung aber auch für deine konstruktive Kritik. Auch Aaron hatte sich schon ähnlich wie du zum Schluss geäußert, ich habs daraufhin mal mit einer Umformulierung versucht, ist aber noch nicht das gelbe vom Ei, bin damit noch nicht durch.

Durch deine Rückmeldung Pete habe ich verstanden, was du gemeint hast, das Beispiel der Lehrerin hat mir das gut verdeutlicht. Du musst wissen, Kritik verstehe ich persönlich immer als helfend. Ich werde mir die Geschiche in nächster Zeit doch noch einmal vornehmen.

Ansonsten stimme ich HerbertH und no-name ganz klar zu: eine literarische Arbeitspolonaise kann ganz schön hilfreich sein.

Euch allen einen lieben Gruß

maerchenhexe
 
B

Burana

Gast
Hallo Maerchenhexe,
ich nochmal.

>>> Das Weinen und die Stimme wurden leiser und verstummten irgendwann. In dieser Nacht schlief Thorben nicht.

Ab da könntest Du dem Schluss ein neues Gesicht geben. Versuch mal, einen einzigen Satz zu schreiben, der Deinen Lesern eine Perspektive für das Kind vermittelt. Überleg Dir eine Aussage und schreib die Idee dazu:

Thorben wird mit der Lehrerin reden. (Aussage: Er nimmt damit sein Leben selber in die Hand/er hat kapiert, dass seine Familie ihm nicht helfen kann/er will nicht aufgeben/er will seinen eigenen Weg finden...)
oder
Thorben wird zu seinem ehemaligen Kameraden gehen. (Aussage: Er will nicht alleine da durch/er braucht einen Freund, wenn die anderen ihn im Stich lassen/er will wissen, wie es für ihn in Zukunft aussehen könnte...)
oder
...
?

Liebe Grüße, Burana
 

maerchenhexe

Mitglied
liebe Burana,

du bist gut! Ich glaube, ich habe zu kopliziert gedacht, wollte in den Schluss zu viel reinpacken. Dein Gedanke, die Lehrerin betreffend, ist glaube ich, der richtige. Wenn ich heute oder morgen Abend Ruhe habe, werde ich vesuchen Petes und deine Hinweise einzuarbeiten.

mit einem smile

maerchenhexe
 
P

Pete

Gast
Deine Souveränität!

Hallo maerchenhexe,

Du kannst Deine Leser oft beeindrucken, bist aber selbst auch sehr schnell beeindruckt von sogenannten "Verbesserungsvorschlägen". Da wir das Thema schon einmal bei einer anderen Deiner Geschichten hatten, fühle ich mich veranlasst, noch eine Bitte auszusprechen, die mir wirklich auf dem Herzen liegt:

Bitte nehme nur Vorschläge ernst, die Dich wirklich überzeugen! Deine schriftstellerische Intuition ist so gut entwickelt, dass Du einen "letzten Schliff" nicht notwendig hast. Ob diese "Verbesserungsvorschläge" passen, kannst nur Du selbst entscheiden.

Auch ist es umstritten, immer alles modern zu schreiben, eben Mainstream. Vielleicht benötigst Du keine Thriller-Qualitäten in Deinen Werken. ;)

Bitte vertraue Deiner Intuition und lass Dich zu nichts überreden! Unterwirf Dich keiner Kritik! Sei souverän!

Ich schreibe das nur, weil Du Dich sofort zu gravierenden Änderungen hast breitschlagen lassen. Ich vermute, dass Du ansonsten sehr besonnen bist. Das verrät mir der Tiefsinn hinter Deinen Werken. Falls das so ist, wäre ein Überschlafen der Vorschläge eher Deinem Wesen angemessen. Alles nur Mutmaßungen - weil ich Dich nicht besser kenne. Ich weiß aber, dass Du immer für eine Überraschung gut bist (siehe Deine Kritik an meinem Schreibwerkstatt-Beitrag).

Meine Verbesserungsvorschläge darfst Du gerne ablehnen. Ich schätze Dich nicht weniger, falls Dich meine Ratschläge nicht wirklich überzeugen sollten. Aber dann habe auch den Mut, einmal Nein zu sagen.

Mir persönlich würde es auch genügen, wenn Du bei Deiner nächsten Geschichte ein wenig mehr auf diese Punkte achtest, damit Du diese Regeln bewusst ignorieren kannst, wann immer es Dir angebracht erscheint. Falls Du aber entscheiden solltest, die Geschichte hier ein wenig zu überarbeiten, vielleicht im Hinblick auf eine mögliche Buchveröffentlichung, dann freue ich mich sehr.

Bitte gib mir das Gefühl, dass wir Dich hier nicht mehrheitlich überfahren haben!

Liebe Grüße

Pete
 

maerchenhexe

Mitglied
hallo Pete,

bitte glaube mir, ihr habt mich definitiv nicht überfahren!!! Ich kann auch noch gar nicht sagen, ob das Überarbeiten letztlich zu einer Änderung dieses Textes führen wird. Bei mir läuft Arbeit am Text dann so ab: ich durchdenke die Kritikpunkte noch einmal mit Abstand, versuche dann kritische Stellen zu ändern,letztendlich muss anschließend mein Kopf und mein Bauch überzeugt sein,dass die neue Fassung besser ist, als die schon vorhandene. Manchmal bleibt dann nämlich die Urfassung stehen. Das war schon bei mehreren meiner Texte so. Ich leide diesbezüglich auch nicht am mangelnden Selbstbewußtsein(grins). Der Schluss des Lügners macht mir aber seit einiger Zeit schon etwas Kopfzerbrechen, und vielleicht bietet Buranas Vorschlag eine neue Perspektive. Deine Hinweise sind für mich eine echte Hilfe auch für zukünftige Texte. Und mache dir jetzt bitte keinen Kopf, ich kann auch ein ganz glashartes Nein über die Lippen oder auf den Lappi bringen, wenn ich meine, es sei angebracht, bin manchmal wie ein Maultier. Im Übrigen habe ich bei dir bisher noch nie das Gefühl gehabt, dass du überzogen kritisierst, sondern immer sachbezogen und Hilfen gebend.

mit liebem maerchenhexischem Gruß

maerchenhexe
 
Hallo Maerchenhexe,

da der Text ja bereits vielfach konstruktiv kommentiert wurde, nur noch eine Randbemerkung zum Titel, wenn Du gestattest. Meines Erachtens hättest Du keinen besseren Titel finden können, da dieser als Schlagwort mich als Leser (nach dem Lesen) mit eben jenem Dilemma konfrontiert, welches ich als Kernaussage des Textes erachte. (Ich persönlich, versteht sich. Ob die von mir empfundene Kernaussage die vom Autor beabsichtigte ist, kann und muss für mich als Leser naturgemäß stets irrelevant sein.) Das Dilemma, dass objektiv als negativ zu sehendes Verhalten nur selten auf moralische Defizite zurück zu führen ist, sondern oftmals Resultat subjektiver Empfindungen wie Hilflosigkeit, das Gefühl, im Stich gelassen worden zu sein, etc. Kurzum, der Junge als 'Lügner', als für sein Tun Verantwortlicher, ohne jedoch wirklich daran Schuld zu haben, gefällt mir ausgezeichnet. (Insbesondere, da mir als Leser, der durch eben diesen Titel der Figur anfänglich mit Vorbehalten begegnet, der Spiegel vorgehalten wird, dass auch ich nur zu gerne den Pawlowschen Hund zum Besten gebe.)

Beste Wünsche,
Volle
 

maerchenhexe

Mitglied
hallo Lidika,

lieben Dank für die Gedanken, die du dir zum Titel gemacht hast. Du hast genau erfasst, was ich mit dem Titel ausdrücken will. Aus genau diesem Grunde ist er auch geblieben.

ganz lieber Gruß
maerchenhexe
 

Otto Lenk

Foren-Redakteur
Teammitglied
leben eben. abseits der verträumten rederomantik unserer politiker. iss wohl nix mit friede, freude, eierkuchen.

leben eben.

sehr gut!

alles liebe otto
 

maerchenhexe

Mitglied
lieber Otto,

du sprichst mir aus der Seele und der Feder. Das Leben ist für viele, in der vom Humankapital geprägten Gesellschaft, wahrlich kein Zuckerschlecken mehr. Ich freue mich sehr, dass dir meine Geschichte gefallen hat.

ganz lieber Gruß
maerchenhexe
 



 
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