Oxymoron
Das ist es, was mich hier im Dichterforum traurig macht. Abgehobener Germanistenclub.
Wo seit Ihr, wo bleibt Ihr, wenn eine Ustrarisa meine Ghaselen runterputzt? Wenn Marie-Luise ihre Einser unter meine Lieder setzt? Wenn der Anonymus reinschlägt? Wenn die Biedermeier meine Modernismen angreifen? Keiner rührt sich, weil das im Gereimten abläuft, und das ist nicht Eure Welt.
Diese Club-Absonderung ist mir ein Greuel.
das ist ein verunglückter Text. Schiefe Metaphern, sich ausschließende Formulierungen, nicht funktionierende Sinnbilder, schlechte Emjambements.
Statt mit einer Beschreibung beginnst du mit der Wertung. Nun ja, die Begründung folgt nach.
"Schiefe Metaphern" gibt es nicht. Das Attribut "schief" gibt der "Metapher" eine nette Eigenschaft, aber es gibt keinen Grund für eine Abwertung, denn mehr oder weniger "schief" ist sie nur mehr oder weniger surreal.
"sich ausschließende Formulierungen" sind ein zweitausend Jahre altes klassisches Stilmittel: Oxymoron. "Schwarze Milch der Frühe", da ist es Celan. "Wenn sie schweigen, sprechen die Steine", da war es unser Herr Jesus.
"nicht funktionierende Sinnbilder" - das ist Sache des Lesers, ob er etwas in Zusammenhängen verstehen will oder das Sinnbild isoliert. "Funktionieren" gilt für dechnische Apparate, nicht für Bilder, auch nicht für Symbole usw. Fürs Verstehen schon, aber auch das ist bei Gedichten ziemlich möglichkeitenverzweigt.
"schlechte Enjambements" - Was soll das wertende Attribut hier besschreiben? Es gibt kühne, aufregende, aber auch lockere, unauffällige und weiß der Himmel was für Zeilensprünge sonst noch, aber "schlecht" kann ich keinem dieser Umbrüche anhängen.
Und dann belegen die Bespiele, die Du gibst, genau das, was ich hier zurückspiegele: Du wertest Metapher ab, weil sie oxymorisch sind.
Ich halte das für äußerst unprofessionell, vor allem deshalb, weil es so professionell aussieht.
Schweigen kann nicht schreien, schon gar nicht gegen Stille, Stille hat keine Farben...)
Die Metapher vom schreienden Schweigen mag etwas zu oft beansprucht worden sein, aber sie ist uralt, stark und schon ein wenig konventionell. Noch nie gelesen?
Und natürlich hat Stille Farben. "What do you see when you turn off the light? I can't tell you but I know its mine" - sieh mal, da ist es schon trivial. Ansonsten wäre es eine der ältesten Synästhesien der Welt. Synästhesie ist ein fruchtbarer Motivbereich und die große Erfahrungs-Transparenz der Dichtung.
Nimms mir nicht übel, Monochrom, es macht mir viel Freude, an einem konkreten Gedicht mal die Grundsätze unserer Werkkritik zu durchmustern und zu reflektieren. Ich hätte es gerne auch beim großen Ustrarisa-Krieg gesehen.
Gut, mal was von der Selbst- und Fremdkritik der Reimlosen zu lesen. Das fehlt fehlt fehlt bei den Gereimten und den Festen Formen. Und hier, im Reimlosen, offenbaren sich einige Merkwürdigkeiten, Beliebigkeiten der Kritiklust.
Das ist sehr interessant für mich. (Ich meine das nicht ironisch.)