Hey Michele,
ah - dann hab ich den Liebeskummer-Aspekt doch richtig herausgehört. Das erlaubt es mir dann auch, mich in die hier auf der Lupe (besonders) großgeschrieben sein sollende "Textarbeit" zu stürzen.
Ich glaube, so lange die Formulierung lautet: "aus X ist ein
Mensch geworden", kommt man an der Assoziation Schwangerschaft und Geburt kaum vorbei, zumindest fällt mir kein zweisilbiges Wort ein, das ich für X einsetzen könnte (und das dann noch einen sinnvollen Satz ergibt) welches stattdessen auf Verliebtheit verweist; der Mensch in diesem Satz setzt sich assoziativ m. E. auch gegen typische Wörter aus dem Romantik-Umfeld durch.
Du willst ja vermutlich betonen, dass es bei den Zeilen nicht um eine relativ "binnenromantische" Verliebtheit in die Verliebtheit geht, sondern dass ein sehr konkretes "Du" zum Hoffnungsziel des verliebten Herzens wurde. Hier würde ich mir an Deiner Stelle mehr Formulierungsfreiheiten schaffen, indem ich den "geworden/Morgen"-Reim aufgebe. Die Wendung mit "jedem neuen Morgen" ist sowieso ein bisschen abgenutzt, wie ich finde und "geworden" ist grundsätzlich kein besonders "starkes" Reimwort.
Insgesamt finde ich übrigens, dass sich ein bisschen "Herumpuzzelei" an dem Gedicht sehr lohnen würde, denn der grundsätzliche melodische "Flow" ist schon sehr schön und das Thema ist ja nun auch (jede statistische Analyse von Gedicht-Themen kommt hier zum gleichen Ergebnis) DAS Paradethema der Lyrik.
Was - neben der etwas irreführenden "Einleitung" - m. E. noch ein bisschen gefälliger "bebildert" sein könnte, das sind die Strophen 2 und 3: Hier wechseln sich etwas willkürlich optische und akustische Eindrücke ab und sind teilweise sogar miteinander vermischt, wenn die Ruhe von einem Feuer abgelöst wird und das Sternenlicht einen Schrei "formuliert".
Grundsätzlich kann man natürlich in Gedichten Sinnesleistungen, sozusagen synästhetisch, unfallfrei zusammenmixen; es gibt sowas sogar in der Alltagssprache, wenn man etwa von "schreienden Farben" spricht, aber so ein Sinnesmischmasch will klug serviert werden.
Im Fall der Strophen 2 und 3 werden die sinnesphysiologischen Perspektivwechsel relativ stark von den Reimwörtern getragen: Die Ruhe in Strophe 2 ist eingetreten, weil sie mit dem Wort "Flure" korrespondiert und das Licht in Strophe 3 "schreit", weil sich das auf "Einsamkeit" reimt. Dieses "Ich-war-auf-der-Suche-nach-einem-Reimwort" hört man etwas aus den Formulierungen heraus, sie wirken also nicht so, als seien sie durch inhaltlichen Gestaltungswillen zustande gekommen, sondern scheinen eher der Reimnot zu gehorchen.
Hier würde ich die Bildersprache also etwas angleichen, ggf. soweit nötig, verbunden mit der Suche nach neuen Reimwörtern.
Ich mach jetzt mal bewusst keine konkreten "Verbesserungsvorschläge", ich habe mir auch ad hoc noch keine zurechtgelegt - aber ich kann natürlich bei Interesse welche nachreichen. Muss aber wirklich nicht sein, wenn Du selbst an dem Text arbeiten willst.
Oder - unerhörte Variante!

- Du lässt den Text einfach so, wie er ist; wenn Du damit zufrieden bist, dann ist damit der alles entscheidenden Hauptsache mehr als Genüge getan.
LG!
S.