die fassade umarmt ihr haus

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revilo

Mitglied
die fassade umarmt ihr haus

passanten schenkt sie ein blumiges lächeln
droht mit grimmigem grinsen
oder
sie stellt sich tot
an ihr bricht sich das licht und schlägt schatten
unerbittlich
bewahrt sie im innern geheimnisse
flüsternder fugen tuschelnder tapeten
morsches knarzen in modrigen kellern

wessen wahrheit wird sie preisgeben
wenn sich erst löwenzahn hineinbeißt

was für ein tolles, leider unbeachtetes gedicht.......z 5 ist sensationell.........LG
 

revilo

Mitglied
Ich bin wirklich erstaunt, dass hier einige höchst mittelmäßige Texte in den Himmel gelobt und ohne Ende besternt werden. Ein hervorragender Text wie dieser drohte sang-und klanglos unterzugehen. Die Sprache ist erfreulich karg und verzichtet auf das übliche Lyriklametta. Der Inhalt ist unspektakulär. Gerade diese Kombination macht Dein Gedicht so wertvoll. Es hätte meiner Auffassung nach eine Empfehlung verdient. Herzliche Grüße von Oliver
 

sufnus

Mitglied
Hey Oliver!
Die raunige Abqualifizierung ungenannter Werke als "mittelmäßig" im Einleitungsteil Deines Verdikts könntest Du Dir doch eher sparen (dann lieber mit Nennung von Ross & Reiter - und am allerbesten als Kommentar zum zugehörigen Gedicht).
Davon abgesehen, wundere ich mich aber vor allem, was an rogathes Text "karg" sein soll? Oder ist "karg" bei Dir ein Synonym für "leicht verständlich"? Dann sind allerdings Missverständnisse vorprogrammiert. ;)
rogathes Sprache ist hier doch wohl eher blumig, bildhaft, fantasievoll und dem Wohlklang verpflichtet, das ist für mich so ziemlich das Gegenteil von "karg".
Deshalb vermute ich, Du wolltest lobend hervorheben, dass dieses Gedicht dem Leseverständnis keine Rätselhürden in den Weg legt. Allerdings hast Du andernorts auch darauf verwiesen, dass Du in Gedichten immer auch gerne eine gewisse Offenheit, einen unausgedeuteten Restwert findest.
Von dieser Qualität könnte für mein Liking dieses Gedicht tatsächlich noch ein bisschen mehr aufweisen, damit ich gleich das Begeisterungsriesenrad schlage. Es ist für mich eigentlich vielleicht einen Tick zu "Offenherzig" geschrieben, fast ein bisschen "naiv" im Ton. Wobei ich diesem Gestus dann auch wieder (fast etwas widerwillig) etwas Positives abgewinnen kann.
Mir fällt das Attribut "angenehm" ein, dass Jürgen Busche mal in lobender Absicht auf ein Gedicht von Ulla Hahn anwandte, woraufhin sich Sigrid Löffler wie weiland Jean d'Arc in die Schlacht stürzte mit dem Argument, das ein Gedicht ja wohl alles sein dürfe, nur nicht "angenehm". Naja... also offenbar ein etwas provokanter Begriff... und hinter der besungenen Fassade mag sich ja Abgründiges verbergen, das alle angenehmen Schwingungen gründlich exorziert... dennoch.... ist der bissige Löwenzahn nicht ein gar putziger Geselle und lädt zum Lächeln ein... irgendwie... angenehm?
LG!
S.
 

revilo

Mitglied
Hallo S., nein ich erspare mir so etwas nicht, werde aber weder Ross noch Reiter benennen, weil ich in diesem Fall vermutlich a) einen Stalker und b) einen eilfertigen Redakteur an der Backe hätte. Da hab ich keinen Bock mehr drauf. Es ist nur bezeichnend für die LL, dass so ein herausragendes Gedicht (fast) durch den Rost gefallen ist. Und im Moment haben sich alle lieb und es hagelt allerorten fantastische Kritiken. Was will man mehr ? LG
 
G

Gelöschtes Mitglied 24962

Gast
In der Lyrik ist Textarbeit so eine Sache, oder?
Du suchst gute Orthographie als Qualitätsmerkmal? Da hätte man viele weltberühmte Schreiber in die Kerker sperren müssen. Shakespeare war völlig lost. Das lag teilweise am damaligen situierten England bis 1755 (Johnson). Das OED kam später. J.Clare hatte von Rechtschreibung gar keine Ahnung, seine Werke waren teilweise unleserlich; selbst Goethe besuchte regelmäßig Rat in Kursen zur Form, Schrift und Malerei in Leipzig. Ernst Goll hatte ebenfalls hier und da seine „Issues“. Uvm.

Was bleibt… sind noch Ratschläge aus „Ritas-Schreibkurs“, der dich für nur 3000€ zum „Profi“ macht: Verwenden sie keine Adjektive. Ja okay. Trakl hätte sich in die schwarze Nacht gelacht. Eliminieren sie den Dativ? Nein, danke. Bei Dickenson hat man sich entschuldigt. Zu spät.

Was soll Textarbeit machen?
Sehr geehrter Autor,
passen sie den Text so an, dass er beim einzelnen Leser größeren gefallen findet? Hier hilft nur der Reif eines Schopenhauers (Über Stil und Autorenschaft).

Ein anderer Leser sieht das Werk in einem anderen Licht. Textarbeit erfordert eine spezielle Fähigkeit, zu erkennen, wie der Autor tickt, das Werk zu fühlen und zu verstehen, und von da an gemeinsam in eine Richtung zu gehen. Das ist aber zeitaufwendig und erfordert einen gewissen Intellekt. Was viele aber missverstehen ist, dass Textarbeit als Vorwand für die Profilneurose missbraucht wird. Schaut man sich dann die Texte der „Kritiker“ an, wird auch schnell klar, warum so manche Keule im Salzmantel auf Werke geworfen wird. Dass die Inkompetenz Werke aber eher adelt, anstatt sie klein zu reden, ist ein nettes Nebenprodukt.

Lg
 

Outymier

Mitglied
also ich verstehe die "Fassade" als das Gesicht das der einzelne seinen Mitmenschen gegenüber zeigt und was hinter diesem verborgen liegt. Die letzte Zeile nicht: Ist hier eines Löwen Zahn oder die Pflanze gleichen Namens gemeint?
 

rogathe

Mitglied
Nochmals herzlichen Dank für euer Interesse!
Löwenzahn = Pflanze

Die Diskussion über Textarbeit sollte im Diskussionsforum fortgesetzt werden.
 

Outymier

Mitglied
ach so. Wo ist dieses Diskussionsforum hier im Forum? Habe es bislang noch nicht entdeckt. Der Löwenzahn, der sich in die Fassade hineinbeisst: ist der eine Schling- und Würgepflanze, der diese dann irgendwann erstickt oder beisst Stück für Stück von ihr weg, bis dann nichts mehr übrig ist, von ihr? Für mich als botanischen Laien eine erschreckende Vorstellung. Vor allem wenn ich an die ganzen betroffenen Häuser in Deutschland denke.
 

rogathe

Mitglied
Forum Lupanum.
Löwenzahn ist auch als Pusteblume bekannt. Die Pflanze wächst sogar in rissigem Asphalt - und auch in Ruinen.
 



 
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