Hallo Rufus,
Vielen Dank für deine ehrliche und differenzierte Rückmeldung – gerade weil du sie mit so viel Vorsicht formulierst, nehme ich sie umso ernster.
Was du ansprichst, ist tatsächlich ein heikler Punkt: Wenn man die Begriffe der Physik ins Poetische überführt, läuft man Gefahr, sie zu „romantisieren“ – oder, schlimmer noch, zu banalisieren. Ich sehe das genauso. Und doch ist es gerade diese Spannung, die mich interessiert: die Begriffe der Physik nicht als fertige Erklärungen zu benutzen, sondern als Metaphern für das, was sich dem Erklären entzieht.
Ich wollte die Quantenphysik nicht als Fundament der Liebe einsetzen – eher umgekehrt: Die Unschärfe, die Vieldeutigkeit, die Nicht-Lokalität… das alles ist für mich ein Bild dafür, wie sehr sich bestimmte Dimensionen unseres Erlebens – wie etwa die Liebe – der Sprache der Gewissheiten entziehen. Die Physik steht hier nicht als Erklärungsmodell, sondern als Spiegel des Nicht-Erklärbaren.
Du hast recht: Es ist ein schmaler Grat zwischen poetischer Tiefe und mystifizierender Behauptung. Aber gerade deshalb finde ich Poesie so spannend – weil sie riskant ist. Sie behauptet keine Wahrheit, sondern stellt Resonanzräume her. Und manchmal entstehen dabei Reibungen wie die, die du jetzt sehr eindrücklich benennst.
Deine Kritik ist keine „wirre“ Gedankenfolge, sondern eine sehr feine ethisch-poetische Reflexion. Ich danke dir dafür – und für deine Bereitschaft, dich mit dem Text so ernsthaft auseinanderzusetzen.
Kurz gesagt: Der Urgrund unserer Existenz ist nicht fassbar und berechenbar. Und doch bestimmt er unsere gesamte Wirklichkeit, wie die Liebe.
Noch kürzer formuliert: Der Verstand ist zwar sehr nützlich, aber nicht das universelle Werkzeug. Er sitzt auf den Schultern eines Riesen und ist sehr laut. Der Riese jedoch ist sehr leise, einfühlsam, akzeptierend, verständnisvoll, hingebungsvoll…
Hallo wirena,
vielen Dank für deine Worte.
Es ist wohltuend zu lesen, dass du dem poetischen Raum, den ich zu eröffnen versuche, nicht nur mit Toleranz, sondern mit echtem Verstehen begegnest.
Du stellst zu Recht die Frage: Welche Wahrheit? Und genau darin liegt für mich der poetische Kern. Es geht nicht um Wahrheit im Sinne von Beweisbarkeit oder Objektivität – sondern um eine Art resonierende Wahrheit, eine, die sich nicht festnageln lässt, aber dennoch spürbar ist. Vielleicht eine Wahrheit im Moment, im Erleben, im Dazwischen.
Ich finde es auch sehr schön, dass du die Definition aus Wikipedia aufgegriffen hast – der Hinweis auf das „sich der Alltagssprache Entziehende“ trifft sehr gut, was ich beim Schreiben gespürt habe. Genau dort beginnt für mich Poesie – nicht als Behauptung, sondern als Möglichkeit.
Und ja: Kunst ist ein weites Feld. Aber sie braucht – wie du sagst – Toleranz, Respekt und Wohlwollen. Auch und gerade im Gespräch über sie. Danke, dass du daran erinnerst.
Grüße
Önder