Die Rule of Cool

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Der Tod spielt auf einer E-Gitarre mit einem Stück aus seiner zerbrochenen Sense. Muss man hier wirklich noch etwas infrage stellen?


Ihr findet Warpgeschwindigkeit und Lichtschwerter nicht doof? Ich meine, Licht, das nur nach einem Meter einfach aufhört? Wie unlogisch ist das denn bitte? Eine Invasion von Außerirdischen?

Nun wir alle wissen, wie unlogisch das alles ist. Aber trotzdem finde ich Lichtschwertkämpfe und Hyperraumgeschwindigkeit irgendwie cool.

Das liegt an der sogenannten „Rule of Cool“, wie sie im englischsprachigen Raum so schön genannt wird. Diese geht einher mit der sog. „freiwilligen Aussetzung des Unglaubens“. Diese Trope beschreibt den Umstand, dass wir trotz besseren Wissens bereit sind, Dinge in Filmen und Büchern zu akzeptieren, wie Magie und Zauberei, von denen wir wissen, dass es sie nicht gibt, oder keinen Sinn ergeben. Und die „Rule of Cool“ besagt, dass wir eben dazu mehr bereit sind, je großartiger wir die Sache empfinden.

Wie sonst wären wir bereit uns ein Fantasy-Abenteuer wie „Der Herr der Ringe“ oder „Harry Potter“ durchzulesen. Das Problem hierbei ist nur, dass persönliche Empfindungen sehr subjektiv sind. Es gibt keinen Katalog in dem man nachschlagen könnte, wie cool etwas ist. Und doch wissen wir alle, dass es nichts cooleres gibt als Piraten die auf Roboter-Raptoren reiten, die Laser aus ihren Augen schießen, oder? Oder???

Ich denke, die beiden wichtigsten Faktoren für diese „freiwillige Aussetzung des Unglaubens“ ist zum einen das Genre bzw. das Setting und die jeweilige Zielgruppe. Habt ihr schon einmal versucht eure Eltern oder Großeltern, die noch mit dem Zwei-Finger-Adler-Such-System auf ihre Tastatur einhacken von Star Wars oder Game of Thrones zu überzeugen? Glaubt mir, da könnt ihr genauso gut gegen Windmühlen ankämpfen. Egal was für eine Geschichte ihr schreibt, es wird immer eine bestimmte Zielgruppe geben, an die sie sich richtet, auch wenn euch das vielleicht noch nicht klar ist. Wenn ihr euren nagelneuen Fantasy- oder Sci-Fi-Roman an bodenständige Realisten verticken wollt, werdet ihr vermutlich ziemlich negative Kommentare dazu zu hören bekommen, wie: „Was ist das denn für ein unlogischer Quatsch?“. Bei Sci-Fi- oder Fantasy-Fans findet ihr dagegen wohl schon mehr Zuspruch. Diese sind unrealistische Geschichten und Welten gewohnt und sind wohl eher bereit Raumschiffe zu akzeptieren, die sich mit dreifacher Lichtgeschwindigkeit durch die Galaxie bewegen.

Quellen: https://tvtropes.org/pmwiki/pmwiki.php/Main/RuleOfCool; https://tvtropes.org/pmwiki/pmwiki.php/Main/WillingSuspensionOfDisbelief
 

Bernd

Foren-Redakteur
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Danke. Das ist interessant. Ich habe diese Regel nicht gekannt, aber eine ähnliche. Man lässt sich auf das Spiel ein.

Ich habe leider den Namen vergessen. Man akzeptiert die neuen Gesetze der anderen Welt.
 
G

Gelöschtes Mitglied 20370

Gast
Bernd, auf welch einem Niveau bewegst du dich plötzlich?

... , dass persönliche Empfindungen sehr subjektiv sind

Da jammert jemand einem Katalog hinterher, in dem man nachschlagen könnte, wie cool etwas ist.

Ich wende mich ab mit Grausen!
 
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Bernd

Foren-Redakteur
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„freiwilligen Aussetzung des Unglaubens“.
Das ist auch eine Art Pakt bzw. Vertrag mit dem Leser.
Wie unglaublich eine Geschichte auch sein mag, wenn sie ihren eigenen Gesetzen entsprechend gestaltet ist, kann sie gut sein.
Obwohl ich weiß, oder es zu wissen glaube, dass Zeitreisen nicht möglich sind, glaube ich beim Lesen an die aktuelle Zeitreise, einschließlich der Paradoxien, die daraus entstehen.

(Ich schreibe hier meine Gedanken fragmentarisch.)
 
G

Gelöschtes Mitglied 20370

Gast
Mich langweilt sowas zu Tode! Nur weil etwas geschrieben ist, muss es noch lange keine Literatur sein!
 

Bernd

Foren-Redakteur
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Was langweilt Dich zu Tode? Fantastik? Oder Science Fiction? Oder Regeln beim Schreiben einhalten?
Wenn man den Vertrag nicht eingehen will, braucht man das Werk nicht zu lesen.

Die freiwillige Aussetzung des Unglaubens ist ein sehr wichtiges Konzept, ohne das fast keine Literatur funktioniert.
Es ist Grundlage für praktisch alle "erfundene" Literatur.
 
G

Gelöschtes Mitglied 20370

Gast
Ich habe einen so genannten 'Regelverstoß' beim Schreiben gar nicht forciert - wie kommst du darauf!

Von 'Verträgen' beim Lesen ist mir nichts bekannt; ich unterwerfe mich einem Risiko, wenn ich ein best. Buch lese. Ergebnis kann, muss aber nicht, tödliche Langeweile sein.

'Unglauben' geht ins Religiöse; was aus der Richtung kommt, 'wissen' die Toten, die morgens ihre Kinder zur Schule bringen wollten und auf U-Bahnhöfen von Bomben zerfetzt wurden.

Literarturen, wie auch alle anderen Künste, sind Luxus! Wir brauchen sie gar nicht ... und brauchen sie doch. In krisenhafter Zeit, wie heute, besonders ...
 

Bernd

Foren-Redakteur
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Genau über den ungeschriebenen Vertrag beim Lesen schreibt Atsuna Shinomori. Es ist ein Vetrag: Ich glaube, was du als Voraussetzungen schreibst, im Rahmen des Werkes. Ich zweifle beim Lesen von Rotkäppchen nicht daran, dass es vom Wolf verschlungen wird.

Wir setzen den Unglauben freiwillig aus, denn wir wissen, dass Rotkäppchen nicht verschlungen wurde. Wir glauben daran, im Märchen ist es möglich. Und selbst junge Kinder sind in der Lage, den Unglauben auszusetzen. Sie wissen, dass es ein Märchen ist. Im Märchen ist alles möglich, was innerhalb des Märchens möglich ist. Ähnlich in der Science-Fiction. Ich weiß, dass es nicht der Realität entspricht, aber innerhalb des Werkes, so der Vertrag, glaube ich, es sei möglich. Der Autor schreibt ein modernes Märchen und für die Zeit des Lesens schalte ich den Zweifel, den Unglauben aus.
Wenn der Autor die Regeln seines "Märchens" einhält, wieso ist das falsch? In jedem realistischen Werk ist es ja ähnlich. Außer eine sehr enge Mange an Biografien ist alles, was wir lesen erfunden. Wir wissen das. Wir glauben nicht, dass es so war, aber wir schalten den Unglauben aus.
Wenn ich aber nicht bereit dazu wäre, also die Regel des Ausschaltens des Unglaubens ausschalte, langweile ich mich beim Lesen, denn es wird alles quatsch, Unfug.
Ich muss mich auf ein Werlk einlassen, um Spaß dran zu finden, und sei es, um es zu negieren, indem ich den Unglauben wiederfinde.

Der hier benannte Unglaube geht nicht ins Religiöse, zumindest nicht im allgemeinen Fall. Unglauben im religiösen Sinn ist ein eher zufälliges Homonym. (Homonym ist nicht völlig exakt, weil ich die Etymologie nicht berücksichtige, es sollte aber verständlich sein.)
 
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Bernd

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Ich habe einen so genannten 'Regelverstoß' beim Schreiben gar nicht forciert - wie kommst du darauf!
Ich habe das auch nicht behauptet, sondern gefragt, ob es Dich langweilt, weil Regeln beim Schreiben eingehalten werden - leider antwortest Du aber nicht auf die Fragen, Dyrk. Schade. Du vermutest Angriffe, wo keine sind. Du greifst an, das führt Dich dazu zu vermuten, dass Du angegriffen wirst.

Ich gehe einen (ungeschriebenen) Vertrag mit dem Autor ein, dass er mich nicht veräppelt. Im SF-Roman wird nicht plötzlich die "normale" Physik wieder eingesetzt. Das wäre ein Regelverstoß. Ebenso, wie wenn sich die Reise zum Mond als Traum entpuppt. (Ausnahmen zur Ausnahme findet man bei Lem. Die Mondreise entpuppte sich als Traum. aber das hatte einen Grund, den ich hier nicht verrate.)

Bei Deiner Antwort fühlte ich mich veräppelt. Aber es war Kritik, kein literarisches Werk, da gilt der Vertrag nicht.
 
G

Gelöschtes Mitglied 20370

Gast
Am liebsten hätte ich mich über Murnau, Fritz Lang, Jack Arnold und Kubrick unterhalten. Aber das passt hier gar nicht her.
Außerdem ist hier sowieso schon alles abgewürgt.

Gute Nacht
 

Bernd

Foren-Redakteur
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Die haben im Film das gleiche Prinzip verwirklicht. Ich vermeide den Unglauben. Ich nehme für die Dauer des Filmes an: Es stimmt.

PS: An den Beginn der Reihe gehört auch noch Rippert.

Gute Nacht.

PS: abgewürgt ist es in #3. Das wollte ich verhindern. Warum wolltest Du es abwürgen?
Ich habe versucht, mich nicht darauf einzulassen. Also, lassen wir die Metadiskussion und bleiben beim Thema.
 
Zuletzt bearbeitet:

Bernd

Foren-Redakteur
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Gefunden: Ich war bei einem SF-Abend mit Rolf Krohn als Autor zusammen mit einigen SF-Freunden in Leipzig.
Auf der Heimfahrt habe ich das Problem besprochen.

Der englische Begriff ist "willing suspension of disbelieve".
Den hatte ich gesucht.

In Deutsch ist es dann: Willentliche Aussetzung der Ungläubigkeit

Die willentliche Aussetzung der Ungläubigkeit (engl. willing suspension of disbelief) ist eine Theorie, die das Verhalten von Menschen gegenüber künstlerischen Werken zu erklären versucht.

Die Theorie wurde 1817 von dem Dichter, Literaturkritiker und Philosophen Samuel Taylor Coleridge formuliert. Sie bezieht sich auf die Bereitschaft eines Rezipienten, die Vorgaben eines Werkes der Fiktion (etwa eines Romans oder eines Spielfilms) vorübergehend zu akzeptieren, sogar wenn diese fantastisch oder unmöglich sind. Sie erklärt auch, warum das Wissen des Publikums um die Fiktivität des Erzählten sich nicht störend auf den Kunstgenuss auswirkt.

Das Prinzip ist wichtig dafür, Genuss an einem künstlerischen Werk zu haben. Teilweise wird es nur partiell verwendet, ich darf also tatsächlich auch zweifeln. Das betrifft aber nicht grundlegende Eigenschaften, wie Warp-Geschwindigkeit und Ähnliches. Atsuno hat es schon in #1 benannt und es ist ein äußerst wichtiges Prinzip.

Ich habe hier lediglich noch eine Quelle angeführt.
Gehört hatte ich meist den englischen Begriff.
 

jon

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Ich ärgere mich über diesen Beitrag. Nicht wegen des Effektes, dass man als Leser (oder Film-Gucker) bereit ist, Dinge als gegeben zu nehmen, die man unter anderen Umständen hinterfragen oder gar als Unsinn abtun würde. Nicht mal, weil die Beschäftigung damit über "den Effekt gibt es" kaum hinausgeht. Ich ärgere mich, weil hier Phantastik und Un-Logik munter gleichgesetzt und absurde Aussagen getroffen werden. Es wäre sicher sinnvoll gewesen, sich nicht mit einer einzelnen Quelle zu begnügen, sondern deutlich tiefer in das Thema einzutauchen.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Ich denke, das ist ein Missverständnis. Es muss gerade der Logik folgen. Unlogik wäre wie ein Gott aus der Maschine. Sie verletzt den Vertrag mit dem Leser.

Ich kann die unmöglichsten Voraussetzungen annehmen, aber dann geht alles innerhalb der neuen Welt logisch.

Die "Suspension of disbelieve" ist international wohletabliert. Und nicht nur in der Science-Fiction. Sonst wäre Literatur gar nicht möglich.

Der Vater ritt eher nicht mit seinem Kind, die Situation im Gedicht ist fiktiv. Der Erlkönig ist ein Wesen, das nicht existiert. Trotzdem gehorcht das Gedicht der Logik.

Nun wir alle wissen, wie unlogisch das alles ist.
Das bezieht sich auf den Gegensatz der Logik in unserer Welt zur Geschichte, denn wir wissen, dass es unserer Logik nicht entspricht.
Innerhalb der Geschichte kann es durchaus völlig logisch sein.

Wir schalten nicht das Denken aus, sondern nur den Glauben, dass es sich vieles anders zugetragen hat.

Selbst wenn wir ihn nicht ausschalten, indem wir immer mit der Realität vergleichen, schalten wir den Unglauben aus, es wird nur verzwickter.

Das Schlaraffenland widerspricht völlig der Logik unserer Welt. Innerhalb der Geschichte ist es logisch.

Wir leiden oft mit den Helden einer Geschichte mit, dabei gibt es sie gar nicht.

Um diese Art von Logik geht es hier.

Es geht nicht darum, dass jedces Wort willkürlich und zufällig ist.

Es geht nicht um Affen, die auf einer Schreibmaschine die gesamte Weltliteratur tippen.

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FrankK

Mitglied
Hallo Atsuna Shinomori
Der Tod spielt auf einer E-Gitarre mit einem Stück aus seiner zerbrochenen Sense.
Unbestritten - ein "cooles Bild".
Aber "Coolness" hat doch - meines Erachtens - nichts mit Glaubwürdigkeit oder Unglaubwürdigkeit zu tun. Da setzt der Eingangsartikel entweder zu kurz an oder er bleibt zu oberflächlich auf jeden Fall werden verschiedene Dinge vermengt.

Da brauchen wir gar nicht nach "Enterprise" oder "Herr der Ringe" zu schauen, keine Science Fiction oder Fantastic.
Innerhalb des Erzählrahmens (innerhalb der Storylogik) war es "selbstverständlich", dass Winnetou dem Ganoven aus 500 Metern Entfernung die Pistole aus der Hand schießen konnte, freistehend. Mit einer "alten Flinte".
Ich habe später festgestellt, dass es schon gar nicht so einfach war, ein vielfach größeres Ziel (10er Ringscheibe, ca 80cm Durchmesser) aus 250 Meter Entfernung liegend mit aufgesetzem Gewehr (Stativ) zu treffen.
Was Winnetou da vorführte (auch in den Romanen!) war schier unglaublich (eine andere Form des Unglaubens). Aber er war "cool", weil er es eben konnte (innerhalb der Geschichte) und damit dem Guten zu einem Vorsprung verhalf!

Erinnert euch an die Kommunikatoren von Kirk und Co. Die waren auch "cool" - damals. Heutzutage wären diese Teile "out". Würde J.T. Kirk heute einen Jugendlichen mit Smartphone sehen - er fände das Gerät, (vermutlich) cool. Spock würde sagen: "Faszinierend."

"Cool" unterliegt einem Wandel. Der Glauben an die erzählte Geschichte unterliegt auch einem Wandel. In der SF könnte man heute keinen Blumenstraus mehr gewinnen, wenn in der Story die Raumfahrer mit Hilfe einer überdimensionalen Kanone auf den Mond geschossen würden und dort oben ohne Raumanzug herumliefen. Blumenflücken während des Fluges verboten!
Jules Verne hat sein "Von der Erde zum Mond" 1873 veröffentlicht. Lange vor der ersten Mondlandung.

Wenn die Storylogik gebrochen wird - kann es immer noch "cool" sein. Batman bezieht (in Dawn of Justice) zwischendurch doch mächtig Prügel von Supermann. Wo der "Man of Steel" hinlangt, wächst normalerweise kein Gras mehr. Aber Batman ist doch ein ganz normaler Mensch - lediglich in einer Maske. Und Bruce Wayne hatte nach dem Sparring mit Superman nicht mal eine aufgeplatzte Lippe.

In "Casino Royal" stürzt James aus einigen Metern Höhe auf das Gestänge eines Baugerüstes und berappelt sich sofort, um die Verfolgung "des Bösen" fortzusetzen. Auch das ist cool, auch das ist unglaubwürdig. Trotzdem "wünschen" wir Zuschauer uns, das es so sein könnte - wodurch "das Gute" dann doch eine Chance bekäme ...

Absolut cool finde ich die Szenen in Liebesfilmen oder romantischen Komödien wo das Paar nach einer wilden Nacht am nächsten Morgen nebeneinander aufwacht, und "Sie" macht den Eindruck, als käme sie gerade aus dem Schönheitssalon ... mindestens so unrealistisch wie der Flug zum Mond in einer Kanonenkugel.

Ihr findet Warpgeschwindigkeit und Lichtschwerter nicht doof?
Nö. Verzeihung, ich bin Techniker.
Ich kann mir ein "Lichtschwert" vorstellen, wobei es genauer "Energieschwert" heißen müsste. Ein gerichtetes und formstabiles hochenergetisches Feld in der Gestalt einer Schwertklinge. Der Lichteffekt (Illumination) kommt durch die Ionisierung der Luftmoleküle entlang des Energieschwertes. Daher auch das typische Brummen. ;)

"Metropolis" (Fritz Lang, 1927), der Film ist (für mich) immer noch cool. Ich weiß heute längst, dass es nicht möglich ist, mit ein paar Gestängen und ein paar Zahnrädern einen künstlichen Menschen zu erschaffen.

Nun wir alle wissen, wie unlogisch das alles ist.
Nein, eben nicht "das alles". Das wäre die Gesamtheit aller fantastischen Elemente in allen Geschichten. Und manches davon hat sich im Laufe der Zeit doch entwickelt. Kommunikatoren (wir nennen sie Smartphones), Datapads (wir nennen sie Tablets), optical Data-Lens (wir nennen sie Google-Brille) - nur mal ein paar Beispiele aus Star Trek.
  • Leistungsfähige Scheinwerfer mit LEDs - vor 30 Jahren "undenkbar". Unglaubwürdig? Unlogisch?
  • Computer, die in ein Zimmer passen. Vor 50 Jahren eine Utopie, heute tragen wir 100.000fach leistungsfähigere Computer in der Hosentasche mit uns herum. Ende der 1960er haben es die Menschen geschafft, mit der Rechenpower eines mittleren Taschenrechners einen Menschen auf den Mond zu schießen, heute braucht es ein vieltausendfaches an Rechenpower, nur um das Betriebssystem zu starten. Unglaubwürdig? Unlogisch?
  • Die Nautilus ist ein fiktives Unterseeboot aus den Romanen von Jules Verne (1869–75); (siehe: Wikipedia). Verne nahm bei der Nautilus gleich mehrere technische Entwicklungen vorweg: Alle wichtige Einrichtungen wie Antrieb, Steuerung, Beleuchtung etc. werden elektrisch betrieben. Die benötigte Elektrizität wird (vermutlich nach dem Prinzip der Brennstoffzelle) mittels Natriumamalgam erzeugt, einer Legierung von Natrium und Quecksilber. Das Natrium wird aus Kochsalz gewonnen, welches wiederum per Destillation aus dem Meerwasser kommt; die dazu notwendige Energie stammt aus unterseeisch abgebauter Steinkohle. Des Weiteren werden bereits der Transformator (um sehr hohe Spannungen zu erzeugen) und leistungsfähige Elektromotoren und Scheinwerferlampen (vermutlich nach dem Prinzip der Bogenlampe) verwendet (das Patent Electric-Lamp von Thomas Alva Edison stammt aus dem Jahre1880!) Unglaubwürdig? Unlogisch?

Ganz am Rande - ich höre gerade wieder die Silberbände von Perry Rhodan. Die waren damals auch irgendwie cool. Die Storys in den Geschichten sind es heute noch. Aber die Technik? Ich bin gerade an einer Story im Jahre 2110 (Terrazeit), auf Arkon II, da werden Überwachungsvideos noch auf "Band" aufgenommen. Vermutlich kein Full-HD oder womöglich 4K. Die Computer an Bord der Raumschiffe waren noch nicht vernetzt. Da wurden Lochstreifen zur Übertragung verwendet ... Unglaubwürdig? Unlogisch?

Die "unlogischen Elemente" müssen zwingend - da hat Bernd völlig recht - den Gesetzmäßigkeiten der Geschichte folgen. Machen sie das nicht, verliert die Story an glaubwürdigkeit und damit an Begeisterungskraft für den Leser. Das hat aber nichts mit "cool" zu tun.

Der "Wolf und die sieben Geißlein" ist eine fantastische Geschichte, sie ist - nach außen hin - unlogisch. Es ist eine Fabel und ein Märchen. Und die Geschichte ist nicht cool. Im Gegenteil.

Unlogisch ist es auch, dass die "Orion" mit Hilfe von Wasserhähnen, Bleistiftanspitzern und Bügeleisen geflogen wurde. Es sieht trotzdem cool aus und macht bei den Storys nichts aus.


Um auf den Tod mit der E-Gitarre zurückzukommen ... es ist das Cover zu "Soul Music", Deutsch: "Rollende Steine" von Terry Pratchett. Wenn du in Pratchetts Scheibenweltromanen nach Logik suchst - viel Spaß. Dann entgeht dir einiges an Lesevergnügen. Die Scheibenweltromane sprühen vor innerer Unlogik. Leider ist das Cover nicht korrekt auf der von der verlinkten Website gekennzeichnet.


Text-Theoretisch:
Wir sollten uns darauf einigen, dass bei der "Logik fiktionaler Geschichten" (und damit deren "willentlich herbeigeführte Glaubwürdigkeit") es ausgesprochen wichtig ist, dass eben diese Logik konsistent befolgt wird. Brüche dieser Logik kann der Leser nicht mehr nachvollziehen und wird dadurch abgeschreckt.
In fiktionalen Werken sind "Brüche der Logik" gegenüber der Real-Welt-Logik ein Spannungselement. Die Leser kommen zum Werk, um das ungewöhnliche, das aussergewöhnliche, das schier fantastische zu erleben. Kein Leser interessiert sich für ein Buch, in dem er den langweiligen Alltagstrott einer Durchschnittsfamilie nachlesen kann.

Die Ärzteserie "In aller Freundschaft" ist - in Bezug zur Real-Welt-Logik - schon eher Science Fiction. Im Vergleich dazu wirkt "Raumschiff Enterprise" (Kirk) wie eine Historie-Dokumentation.


Hallo Bernd
Unter dem Begriff "suspension of disbelief " bin ich auf folgende Aussage gestoßen:
"Es handelt sich um ein Geben und Nehmen. Sie (die Zuschauer, Leser) legen Ihre Ungläubigkeit ab und werden dafür gut unterhalten."
Ich denke, dies umschreibt den Vertrag ganz gut.

Es geht nicht um Affen, die auf einer Schreibmaschine die gesamte Weltliteratur tippen.
Hmmm ...
Vielleicht geht es um Affen, die mit Buchstabenwürfeln spielen. Wenn sie lange genug würfeln kommt ein sinnvolles Wort heraus. Wenn sie noch länger Würfeln ein sinnvoller Satz. Wenn sie unendlich lange würfelten - entstünde nicht jede bereits geschriebene Geschichte und jede noch nicht geschriebene?
(Theorie von Michael Ende aus "Die unendliche Geschichte")


So, jetzt habe ich wieder einen halben Roman geschrieben und die Teilnehmer gelangweilt. Gar nicht "cool".
Eine Frage blieb mir dennoch offen:
Was ist denn jetzt die "Rule of cool"?



Herzlich grüßend
Frank
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Vielleicht geht es um Affen, die mit Buchstabenwürfeln spielen. Wenn sie lange genug würfeln kommt ein sinnvolles Wort heraus. Wenn sie noch länger Würfeln ein sinnvoller Satz. Wenn sie unendlich lange würfelten - entstünde nicht jede bereits geschriebene Geschichte und jede noch nicht geschriebene?
(Theorie von Michael Ende aus "Die unendliche Geschichte")
Genau auf solche Sachen beziehe ich mich. Es wurde dann im Rahmen der experimentellen Mathematik erprobt. Die Affen tippten gar keinen Text sondern markierten die Geräte mit Pipi.
Aber sie tippten nicht ...
(Interessant daran ist die paradoxe Vermischung von Realität und Mathematik.)
 

jon

Mitglied
Teammitglied
Abgesehen von all dem, ärgere ich mich über sowas:

Ihr findet Warpgeschwindigkeit und Lichtschwerter nicht doof? Ich meine, Licht, das nur nach einem Meter einfach aufhört?
Klar, wenn es normales Licht wäre. Ist es aber offensichtlich nicht, denn warum sollte Licht brummen? (siehe FranKs Antwort)

Eine Invasion von Außerirdischen?
Was ist daran unlogisch? Wir wissen nicht, ob es welche gibt, wir haben derzeit keine Anhaltspunkte dafür. Aber das macht es nicht unlogisch, sondern nur unwahrscheinlich.

Und doch wissen wir alle, dass es nichts cooleres gibt als Piraten die auf Roboter-Raptoren reiten, die Laser aus ihren Augen schießen, oder? Oder???
Also ich weiß das nicht. Und ich kenne mindestens fünf Menschen, die sich auch durchaus viel coolere Sachen vorstellen können.

Habt ihr schon einmal versucht eure Eltern oder Großeltern, die noch mit dem Zwei-Finger-Adler-Such-System auf ihre Tastatur einhacken von Star Wars oder Game of Thrones zu überzeugen? Glaubt mir, da könnt ihr genauso gut gegen Windmühlen ankämpfen.
Das ist der Gipfel des - sorry - Unfugs.
A: Was haben die Tipp-Fähigkeiten mit der Bereitschaft zu tun, phantastische Elemente zu akzeptieren?
B: Was hat das Alter damit zu tun?
Ich gehöre inzwischen zur "Elterngeneration" vieler Star-Wars-Gucker und bin trotzdem SF-Fan. Ich bin es, seit ich 10 war, als ich ein SF-Buch aus dem Buchregal meiner Mutter nahm. Wir haben später gemeinsam Star Wars verschlungen, Star Trek und andere SF geguckt. Sie gehört zur heutigen Großelterngeneration. Aber vielleicht ist sie ein Sodnerfall: Sie hat als junges Ding aber Schreibmaschine schreiben gelernt und kann also tippen.
Vor ein paar Jahren hatten wir eine Schülerpraktikantin (also 17 oder 18 Jahre alt), die konnte nicht nur nichts mit SF anfangen, sie fand auch Fantasy und Märchen doof und alles andere, was auch nur den Hauch eines phantastischen Elementes enthielt. Ob sie tippen konnte, ist mir nicht erinnerlich.
C: Ich bin SF-Fan und komme gut mit Fantasy klar. Mit Game oft Thrones kannst du mich trotzdem jagen.

Wenn ihr euren nagelneuen Fantasy- oder Sci-Fi-Roman an bodenständige Realisten verticken wollt, werdet ihr vermutlich ziemlich negative Kommentare dazu zu hören bekommen, wie: „Was ist das denn für ein unlogischer Quatsch?“.
Realist = Anhänger des Realismus, also einer Weltanschauung, nach der "vom menschlichen Bewusstsein unabhängige Phänomene existieren, die auf uns einwirken und die wir sprachlich bezeichnen können" (https://de.wikipedia.org/wiki/Realismus_(Philosophie)). Das hat nichts damit zu tun, ob derjenige sich beim Lesen oder Filmeschauen auf phantastische Elemente einlassen kann.
Umgangssprachlich ist ein (bodenständiger) Realist einer, der sich keine Illusionen darüber macht, was passieren kann. Nicht damit zu rechnen, dass jederzeit ein Alien um die Ecke kommen kann, hat aber nichts damit zu tun, ob man sich darauf einlassen kann, dass dies im Rahmen einer Geschichte passiert.
 
Ich würde das nicht "Regel der Kühle" nennen. Ich würde das als ein Spiel betrachten, als ein Kommunikationsspiel, welches nach gewissen Regeln zwischen Autor und Leserschaft gespielt wird. Einem Spiel, das einem offenen Regelwerk unterliegt (oder ihm huldigt?), welches, anders als z.B. die Regeln eines Schachspiels oder des Mensch-ärgere-dich-nicht, mehr oder weniger flexibel sind, durchaus auch einseitig geändert werden können, gegebenenfalls bis zum Abbruch des Spiels. Und gerade deshalb kann dieses literarische oder auch künstlerische "Spiel" ein Stück Welt einfangen.
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Da wir im Kontext eines Literaturforums sind, würde ich unter Realisten nicht den Realisten im philosophischen Sinn betrachten, sondern im Sinne des literarischen Realismus, in unserem Zusammenhang, da es um Stil geht, um den stilistischen Realismus.

https://de.wikipedia.org/wiki/Realismus_(Literatur)

... Der Autor des Realismus will die fassbare Welt objektiv beobachten. Er beschränkt sich jedoch nicht auf die bloße Beschreibung der Wirklichkeit, sondern versucht sie künstlerisch wiederzugeben. Er will dabei als Erzähler nicht erkennbar werden und verzichtet auf das Moralisieren und Räsonieren. Die frühen Vertreter des psychologischen Romans, darunter die Madame de La Fayette, Henry Fielding und Samuel Richardson, stellten erstmals auch seelische Vorgänge realistisch dar.

Schließlich wurde der Realismus-Begriff auch als Normbegriff verwendet, also im Sinne einer Forderung nach realistischer Darstellungsweise, so vor allem im Sozialistischen Realismus.
...
Es geht also um realistische Inhalte vs. Phantastische Inhalte.
Und um Polemik, die ist zugespitzt.

Ich selbst bin nunmehr Rentner und liebe SF seit meinem 10. Lebensjahr (ungefähr). Das Alter ist also nicht entscheidend. Auf Notebook verwende ich das Zweifinger-Adleraugen-Suchsystem, weil die Rastatur wenig geeignet ist, mit einer ergonomischen Tastatur verwende ich beide Hände.

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Ich denke aber, dass es darum im Artikel nicht primär ging, sondern es ging um die Darstellung von erfundenen Welten mit erfundener Physik, bei der jeder (naja, fast jeder) weiß, dass sie unmöglich sind. Es ist eher dem Märchen verwandt als dem Realismus im literarischen Sinne. (Wobei es Übergänge gibt, zum Beispiel den phantastischen Realismus.)

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jon

Mitglied
Teammitglied
Das stimmt ja, Bernd, das Thema des Beitrages ist der Effekt, dass der Leser sich umso leichter auf solche Dinge einlässt, je spannender er die Handlung findet. Dennoch ist ein Mindestmaß an sachlicher Richtigkeit auch - oder gerade - bei Texten über das Schreibhandwerk angebracht. Es geht ja eben auch darum, wer warum was akzeptiert - und da mit Alter und Tippfähigkeiten zu kommen, ist regelrecht falsch.

Aber zurück zum Thema des Textes:
Die Beobachtung, dass es den genannten Effekt gibt, ist eine Sache. Das Fazit daraus, der Hinweis an Autoren, aberr ist - sorry - nur begrenzt sinnvoll.
Ja, man sollte in ein Buch, das man Leute verkaufen will, nicht mit Phantastik nichts anfangen können, keine Phantastik reinschreiben. Das hat aber mit besagter Akzeptanz nur am Rande zu tun. Man sollte auch in Bücher, die man Friede-Freude-Eierkuchen-Fans verkaufen will, kein Nicht-Happy-End reinschreiben.
Und obwohl es sicher auch stimmt, dass Leser (je nach Spannung des Textes und eigener Bereitschaft) sogar Unlogisches "schlucken" - wissentlich reinschreiben sollte man das niemals(*), egal welche Zielgruppe man anvisiert. (* ja, es gibt Nonsens-Text, die leben davon, aber das sind die Ausnahmen dieser Regel.)
 



 
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