Drei Spatenstiche

4,20 Stern(e) 10 Bewertungen

Ralf Langer

Mitglied
Drei Spatenstiche

Es wächst kein Gras
das solche Narben schließt.
Keine Blume sprießt
mit ihren Wurzeln
in das Licht.

Die Erde hat dich eingeholt;
ein Schiff hat angelegt
der Raum, die Reise
die dich nun umschließt,
sie hat mich ausgeschlossen.

drei Spatenstiche -
tief trennt uns
was bleibt

sind Asseln, Würmer und Gebeine,
was bleibt bin ich: ein Assisi
für Kreuze, für Steine.
 
E

equinox

Gast
guten morgen,
ein typisches ralf-gedicht wo sich gefühl und natur im einklang befinden.
habe ich lange vermisst.

da es mir selber eher selten gelingt sei dir verziehen :)


gern gelesen und
liebe grüße
equinox
 
R

reaktor

Gast
Ein wunderschönes Gedicht, wenn auch mit trauriger Note.
Eine Poesie, die sich dem Lebenszyklus stellt, die Trauer in Bildern festzuhalten weiß ... und dennoch nicht hoffnungslos erscheint.
Ich habe selten so einen Text gelesen.
Eine 10 aus Überzeugung...

NB: Hoffe, dass meine Bewertungen bald sichtbar werden.
Habe alles nach Plan und Schritt für Schritt umgegeklickt,
doch die Bewertungen sind immer noch anonym.

Naja, es geht ja hier um Dein klasse Gedicht :)

LG
reaktor
 
R

reaktor

Gast
Eine Idee noch zur Form:

"drei Spatenstiche..." -würde im Text die 3 vor -Spatenstiche- groß schreiben.

Gruß
reaktor
 

Ralf Langer

Mitglied
Drei Spatenstiche

Es wächst kein Gras
das solche Narben schließt.
Keine Blume sprießt
mit ihren Wurzeln
in das Licht.

Die Erde hat dich eingeholt;
ein Schiff hat angelegt
der Raum, die Reise
die dich nun umschließt,
sie hat mich ausgeschlossen.

Drei Spatenstiche -
tief trennt uns
was bleibt

sind Asseln, Würmer und Gebeine,
was bleibt bin ich: ein Assisi
für Kreuze, für Steine.
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo equinox,

das nehm ich mal als kompliment...

hallo reaktor,

herzlichen dank auch
die "drei" hab ich großgeschrieben.

bis dahin
ralf
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo maren,
herzlichen dank.... es ist immer
ein bischen seltsam ....
vor einem jahr genau starb mein papa...
na ja... ich stelle fest, wie ich mit den steinen spreche
...weil sie zu hören?

lg
ralf
 

Ralf Langer

Mitglied
Drei Spatenstiche

Es wächst kein Gras
das solche Narben schließt.
Keine Blume sprießt
mit ihren Wurzeln
in das Licht.

Die Erde hat dich eingeholt;
ein Schiff hat angelegt
der Raum, die Reise
die dich nun umschließt,
sie hat mich ausgeschlossen.

Drei Spatenstiche
- tief trennt uns
was bleibt

sind Asseln, Würmer und Gebeine,
was bleibt bin ich: - ein Assisi
für Kreuze, für Steine.
 

Val Sidal

Mitglied
Ralf

ich kann keine Gedichte schreiben - aber immerhin lesen.
Von dieser Position aus reibe ich mich an deinem Text. Bitte um Nachsicht, wenn dilettantisch.

In der ersten Strofe hast du mich in die Stimmung des unwiederruflichen Verlustes eingefangen - tief und nah!

Dann:
Die Erde hat dich eingeholt;
wie herrlich, dieser Doppelsinn(Planet/Erdreich)!

Aber:
ein Schiff hat angelegt
der Raum, die Reise
Bilder, die wie Wackelkontakte klingen.

Und daher:
die dich nun umschließt,
sie hat mich ausgeschlossen.
rettet nicht die Hinleitung zum Höhepunkt, der
Drei Spatenstiche
- tief trennt uns
was bleibt
genial gelingt.
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo val,

ersteinmal herzlichen dank für die ausführliche
auseinandersetzung mit diesem text.

ich denke auch das strophe zwei die
schwachstelle in diesem text ist.

das einholen der erde, da dachte ich an das einholen von segeln
an einem schiff am ende der "lebens"-reise.

ich habe lange an diesem stück gearbeitet.
drei, vier monate, vielleicht.
ich kann es nicht besser,
und das stück wollte endlich aus meinem kopf heraus.

also, wenn du vorschläge hast...
sehr gerne

lg
ralf
 
Lieber Ralf,
gut, die zweiten Strophe ist ein wenig schwächer. Aber ansonsten: Großartig und nicht todtraurig kitschig. Und das ist bei solchen Gedichten gewiss nicht einfach ...
Gruß
Karl
 

Val Sidal

Mitglied
Ralf,

bin erleichtert, dass du meinen Einwand konstruktiv angenommen hast. Wie erwähnt, bin ich kein Lyriker. Für mich ist Gedichteschreiben auf der höchsten Stufe der Wortarbeit/Kunst angesiedelt.
Daher werde ich nicht in der Lage sein, dir einen Vorschlag zu unterbreiten. Was ich kann, ist zu sagen, was ich beim Lesen der Strophe sehe und fühle:


Die Erde hat dich eingeholt;
Vorhersehbares hat sich erfüllt, die Planeterde dreht nicht länger für dich: deine Zeit ist abgelaufen (Zeitdimension). Das Erdreich hat dich eingeholt (denn ich komme vom Titel und steuere auf den tiefen Höhepunkt zu) in seine Dichte und Enge (Raumdimension)

ein Schiff hat angelegt
der Raum, die Reise
hier das Problem, sage ich gleich noch etwas dazu. Doch zuerst:

die dich nun umschließt,
sie hat mich ausgeschlossen.
eingeholt, umgeschlossen - eine tolle Verstärkung meines Enge-Gefühls.

Obwohl die Grenze(drei Spatenstiche) schmal, bleibt die Trennung final, aber: etwas bleibt...
Die Poesie ist treffsicher und einnehmend.

Zum Problem-Bild: Die zwei Zeilen versuchen mir etwas discounted zu verkaufen, was ich schon in der Platin-ausführung gekauft habe: "Schiff" als Metapher funktioniert immer, hat aber auf mich eine störende, entpersönlichende Wirkung, reißt mich aus meinem (Alb-)Tagtraum, meine Resonanz auf die Todesangst bekommt einen Schalldämpfer. "Raum" und "Reise" trivialisieren grabredensartig mein tiefes Empfinden. Leider funktioniert die Subtraktionsmethode auch nicht: das ersatzlose Streichen der zwei Zeilen hinterläßt eine klaffende Wunde im Text. DU ist nun final statisch (eingeholt, angelegt) Und ICH? ICHs Reise geht weiter.

Ich würde versuchen, das Bild etwa so weiter zu entwickeln:
Die Erde hat dich eingeholt;
[strike]ein Schiff hat angelegt
der Raum, die Reise[/strike] Stattdessen hier kein neues Bild, sondern etwa die Schärfung der Veränderung von DU und Erde durch die neue Beziehung, die sie miteinander eingegangen sind,
die dich nun umschließt,
sie hat mich ausgeschlossen.
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo karl,
dankl für die aufmunternden worte

hallo val,

da sind ein paar hinweise dabei, denen werde ich nachspüren.
herzlichen dank dafür..
es wird eine weile dauern,...,
mich drängen gerade andere gedanken...
bis dahin

ralf
 

Ralf Langer

Mitglied
hallo ich habe noch einen
vorschlag zur veränderung in strophe zwei:

aus:

Die Erde hat dich eingeholt;
ein Schiff hat angelegt
der Raum, die Reise
die dich nun umschließt,
sie hat mich ausgeschlossen.

würde:

Die Erde hat dich
eingeholt die Segel
festgemacht; die Zeit hat angelegt.
Der Raum, die Reise
die dich nun umschließt,
sie hat mich ausgeschlossen.

meinungen?

lg
ralf
 
N

Nala

Gast
"Die Erde hat dich eingeholt" hat in mir eine andere Assoziation hervorgerufen - zwar auch nicht unüblich beim Tod - nämlich das Bild der Ernte. Von daher würde eine Streichung aller Bilder, die sich um "Schiff" drehen, gut passen ...mir gut passen, sag ich dazu, da ich als Mensch aus den Bergen mit Schiffen nicht so viel am Hut hab.
Daher auch meine Frage: Holt man nicht die Segel ein, wenn man anlegt? Da passt dann die Reise nicht recht dazu - dasselbe gilt für Raum...kann ich auch nicht recht mit Segelboot und Reise verbinden.

Aber schön ist es doch...sonst hätts mich nicht berührt...
 



 
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