Hallo Patrick,
über ein gelöschtes Werk von dir schrieb unlängst ein User: das holpert ganz schön.
Ich greife das nochmal auf, da ich beim Lesen deiner Gedichte schon öfters vor der Frage stand: Steht dem Gedicht die gewisse Holprigkeit / Sperrigkeit gut zu Gesicht oder sollte hier eine betonungskosmetische Behandlung erfolgen?
Bezogen auf vorliegendes Gedicht:
Durchs Kapellgerippe hat der Frost
Die Holzmaria angegriffen
Ein Moosbart sintert um den Rost
Der Eisenkreuze, die geschliffen
Wie Zähne um die Gräber blecken
Die Silbergrau aus Schwarzem linsen
Vergessen ducken sich die Hecken
Nur der Mond hat Grund zu grinsen
Die erste und die letzte Zeile fallen bezüglich der Betonung am Zeilenanfang aus dem Rahmen, den die anderen Zeilen vorgeben.
Nachdem ich es etwas auf mich wirken ließ, würde ich sagen: Es ist gut so, rund und stimmig bzw.: Gerade dieses gewisse "gegen-den-Strich-gebürstet-Sein" fügt sich atmosphärisch und klanglich gut ins morbide, schaurig-frostige Gesamtbild ein.
Die ersten beiden Zeilen, das hier benutzte Bild, finde ich sehr ungewöhnlich und stark! Hier kommt rüber: das Innerste droht zu zerbrechen, die schützende Hülle hält nicht mehr stand, geht den Bach runter. Auch der weitere Verlauf bietet keinen Hinweis auf Trost und Zuflucht. Das Grinsen am Ende ist ein sardonisches, eine häßliche Grimasse angesichts der aussichtslosen Szenerie.
Große Klasse!
lg wüstenrose