Ein Herbstgedicht zum Herbstanfang

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Es ist Herbst.* Der Regen fällt.
Die Sonne hat sich wer weiß wohin verzogen.
Und manche Vögel sind schon fortgeflogen.
Was man sich denkt: An nächstes Jahr.
An Sonnenschein und Himmel blau und klar.

Die Vögel werden sicher wieder kommen.
So mancher bleibt, in Halbpension.
Im Garten das Häuschen kennt er schon.
Es bietet Schutz. Vor nassem Gefieder.
Und sind die Gäste trocken genug: Dann gehen sie wieder.

Die Sonne ist müde und wärmt nicht mehr.
Man meint: Sogar die Sonne wird alt.
Im Winter ist es dann frostig. Und richtig eisig kalt.
Vorher macht sich der Herbst noch rund.
Die Blätter fallen. Und sind bunt.


*Jaja, ich weiß, es gibt schon viele Herbstgedichte ...
 

sufnus

Mitglied
Hey S. D.,
ich kann es grad nicht ganz greifen, aber vor allem in S1Z3-5 und S2Z3-5 ist ein zugleich naiv und doch künstlich wirkender Ton am Start, der mich ein bisschen an Süßstoff erinnert - ähnlich wie bei Saccharin & Co. ist das "in the face" süß und wirkt dennoch nicht ganz "echt" (wie Originalzucker).
Ich bin etwas verwirrt. Ist das Absicht?
Auf alle Fälle find ich den Asterisk mit Anmerkung schön und ich mag den lakonischen Nachsatz als Abschluss: Und sind bunt. :)
LG!
S.
 
aber vor allem in S1Z3-5 und S2Z3-5 ist ein zugleich naiv und doch künstlich wirkender Ton am Start, der mich ein bisschen an Süßstoff erinnert - ähnlich wie bei Saccharin & Co. ist das "in the face" süß und wirkt dennoch nicht ganz "echt" (wie Originalzucker).
Ich bin etwas verwirrt. Ist das Absicht?
Hallo Sufnus,

eigentlich nicht. Also es sollte jedenfalls nicht wie Süßstoff wirken.
Dass meine Gedichte oftmals einen naiven Touch haben, hat man mir andernorts schon mal gesagt, es war allerdings positiv gemeint und hat mich eher gefreut. (Eine Userin meinte, wenn sie Gedichte mit Malerei vergliche, würden meine Gedichte sie an die Bilder eines bestimmten Malers aus der naiven Kunst erinnern).

Ich freue mich halt naiv am Leben :)

Der künstliche Ton kommt vielleicht daher, dass ich einige Gedichte von Erich Kästner in den letzten Tagen gelesen habe und sie mich zu dem Gedicht inspiriert haben. Ein Gedicht in einer solchen Form hatte ich vorher noch nie geschrieben. Vielleicht habe ich mich am großen Vorbild überhoben, und deswegen wirkt es künstlich.

Auf alle Fälle find ich den Asterisk mit Anmerkung schön und ich mag den lakonischen Nachsatz als Abschluss: Und sind bunt. :)
Danke. Ich habe mich sehr über deinen Kommentar gefreut.

LG SilberneDelfine
 
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sufnus

Mitglied
Hi SD! :)
Ja... also der Süßstoffvergleich war insofern unglücklich als man da als Subtext herauslösen könnte, dass ich Deine Gedicht womöglich zu "süßlich" fände (das habe ich aber nicht damit gemeint). ;)
Vielleicht ergibt sich der von mir wahrgenommene Widerspruch zwischen einem (schönen!) "naiven" Ton und einem (für mich etwas sperrigen) "künstlichen" Habitus tatsächlich aus der Kästnerlektüre? In Kästners Gedichten (die ich sehr mag) findet sich meist neben der Leser-zugewandten Ironie auch ein etwas desillusionierter, ggf. sogar ins Ätzende spielender Vitriolton. Manchmal wird der sehr direkt mitgeliefert (Das letzte Kapitel), mal versteckt er sich eher gut getarnt zwischen den Zeilen (Frühlingslächeln).
Von Deinem fröhlichen, lebenszugewandten Duktus ausgehend hat sich also womöglich durch die Lektüre ein bisschen was von dieser kästnerschen Beizung in Deine Zeilen geschlichen und bei mir die Verwirrung erzeugt. So würd ich es mir jetzt jedenfalls zusammenreimen. :)
LG! :)
S.
 
Hallo Sufnus,

vielen Dank für deine Rückmeldung!

Ich habe eine zweite Fassung geschrieben, die vielleicht nicht so künstlich klingt (nur zum jetzt richtig warmen Wetter passt es nicht):


Es ist Herbst. Der Regen fällt.
Die Sonne hat sich lang zurückgezogen.
Und manche Vögel sind schon fortgeflogen.
An was ich denk: An nächstes Jahr.
An Sonnenschein und Himmel blau und klar.

Die Vögel werden wieder kommen.
Und mancher bleibt zu Haus, in Halbpension.
Im Garten das Häuschen, das kennt er schon.
Zum Schutz vor Kälte und nassem Gefieder.
Ist es dem Gast trocken genug: Dann geht er wieder.

Die Sonne ist müde und wärmt nicht mehr.
Man meint: Sogar die Sonne wird alt.
Im Winter ist es dann frostig. Und richtig eisig kalt.
Vorher macht sich der Herbst noch rund.
Die Blätter fallen. Und sind bunt.

LG SilberneDelfine
 
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fee_reloaded

Mitglied
Es ist Herbst. Der Regen fällt.
Die Sonne hat sich lang zurückgezogen.
Und manche Vögel sind schon fortgeflogen.
An was ich denk: An nächstes Jahr.
An Sonnenschein und Himmel blau und klar.

Die Vögel werden wieder kommen.
Und mancher bleibt zu Haus, in Halbpension.
Im Garten das Häuschen, das kennt er schon.
Zum Schutz vor Kälte und nassem Gefieder.
Ist es dem Gast trocken genug: Dann geht er wieder.

Die Sonne ist müde und wärmt nicht mehr.
Man meint: Sogar die Sonne wird alt.
Im Winter ist es dann frostig. Und richtig eisig kalt.
Vorher macht sich der Herbst noch rund.
Die Blätter fallen. Und sind bunt.
ist die Version, die mir um ein Hauseck besser gefällt als die original eingestellte, liebe Silberne Delfine.

Für mich kann es gar nicht genug Herbstgedichte geben...vorausgesetzt, sie sind authentisch und es kommt Herz rüber (also das Bedürfnis der Autorin, den Herbst zu besingen). Das ist hier definitiv der Fall und deshalb mag ich dein Gedicht sehr.

Ich ahne, was mit "naiv" gemeint sein kann. Nämlich beides - sowohl ein etwas kindlich wirkender Schreibstil (sofern man ständig auf der Suche nach Hochliteratur ist...ich bin's nicht, aber für manche sind Lyrikforen quasi heilige Hallen...kicher) als auch eine - auf mich sehr erfrischend wirkende - Freude, die aus den Zeilen dringt. Da will sich der Schreiberling nicht wichtiger machen als den Inhalt - und datür gibt es von mir viele Sympathiepunkte!!!

Ein wenig holpert und stößt die Metrik hier und da an Stellen, wo es eher als - verzeih bitte - nicht ganz bewältigt wirkt anstatt charmant eckig. Ich versuch mal eine Gegenüberstellung zur Verdeutlichung

Es ist Herbst. Der Regen fällt.
Die Sonne hat sich längst zurückgezogen.
Und manche Vögel sind schon fortgeflogen.
Woran ich denke, ist das nächste Jahr.
An Sonnenschein und Himmel, blau und klar.

Die Vögel werden wieder kommen.
Und mancher bleibt zu Haus, in Halbpension.
Sein Gartenhäuschen, ja, das kennt er schon:
Zum Schutz vor kaltnassem Gefieder.
Ist wieder alles trocken: na, dann fliegt er wieder.

Die Sonne ist nun müde und sie wärmt nicht mehr.
So mancher meint: auch diese Dame würde alt.
Im Winter wird es dann schön frostig. Eisig kalt!
Zuvor jedoch macht sich der Herbst noch rund.
Die Blätter fallen. Und sind bunt.



Ich habe versucht, deine wirklich feine Melodie und Rhythmik beizubehalten, aber die zahlreichen Metrumswechsel und Hebepralle zu mildern, ohne den Charme deines Gedichtes zu zerstören. Wohl gesagt: versucht! Ich hoffe, du empfindest das nicht als grobe Verunstaltung deiner Idee und dessen, was du an Fühlbarem vermitteln wolltest. Davon ist ganz viel bei mir angekommen, weil deine Version das wirklich ganz allerliebst und reizendst leistet. Ich fand es nur schade, dass manche Holperer mich beim Lesen da etwas gestört haben...und das Gefühl, wie es ohne wäre, versuche ich mit meiner Version zu vermitteln. Nicht mehr. Vielleicht kannst du damit ja etwas anfangen.

Auf jeden Fall habe ich schon lange kein Gedicht mehr gelesen, das einen so intensiven Zauber auf mich ausgeübt hat. Gerade, WEIL es so völlig "ungekünstelt" und gradheraus daherkommt. Sehr sehr gerne gelesen also! Danke!

Liebe Grüße,
fee
 
Vielen Dank, liebe Fee, für deinen tollen und ausführlichen Kommentar!

Deine Fassung liest sich natürlich sehr viel besser als meine; ich weiß nicht, woran das liegt, dass ich das mit dem Metrum selbst fast nie so wirklich hinbekomme.
Dürfte ich deine Fassung verwenden?

Ich habe versucht, deine wirklich feine Melodie und Rhythmik beizubehalten, aber die zahlreichen Metrumswechsel und Hebepralle zu mildern, ohne den Charme deines Gedichtes zu zerstören. Wohl gesagt: versucht! Ich hoffe, du empfindest das nicht als grobe Verunstaltung deiner Idee und dessen, was du an Fühlbarem vermitteln wolltest.
Nicht im Geringsten, ich habe mich sehr gefreut!
Das ist eine fantastisch konstruktive Kritik (die von Sufnus natürlich auch).

Ich ahne, was mit "naiv" gemeint sein kann. Nämlich beides - sowohl ein etwas kindlich wirkender Schreibstil (sofern man ständig auf der Suche nach Hochliteratur ist...ich bin's nicht, aber für manche sind Lyrikforen quasi heilige Hallen...kicher) als auch eine - auf mich sehr erfrischend wirkende - Freude, die aus den Zeilen dringt.
Ich glaube, der etwas kindlich wirkende Schreibstil ist auch, was die Userin letztes Jahr gemeint hat. Sie meinte, bei meinen Gedichten müsste sie nicht erst mal drüber nachgrübeln, was gemeint sein könnte, und das würde ihr sehr gut gefallen.

Es ist schön, wenn ich mit meinen Gedichten Freude transportieren kann. Es ist einfach Lebensfreude. :)

Was die Hochliteratur betrifft, manchmal habe ich den Eindruck, je verschwurbelter und manchmal auch pessimistischer ein Gedicht ist, umso mehr wird es als Hochliteratur anerkannt. Ich kann aber so einfach nicht schreiben ... Auch wenn ich solche Gedichte trotzdem manchmal gerne lese.

LG SilberneDelfine
 

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ich weiß nicht, woran das liegt, dass ich das mit dem Metrum selbst fast nie so wirklich hinbekomme.
Dürfte ich deine Fassung verwenden?
Klar doch - es ist ja dein Gedicht, liebe Silberne Delfine.

Ich habe definitiv nur mit dem gebastelt, was du ja schon erdacht und vorgegeben hast. Freut mich natürlich, wenn du mit meiner Version so "gut kannst" und es nicht als groben Eingriff empfindest.

Wenn's dich tröstet: ich habe gestern ein Gedicht eingestellt, war davon überzeugt, es funzt metrisch, hatte viel dran rumgebastelt...und als ich es eine Weile später nochmal las, passte betonungsmäßig irgendwie gar nichts mehr. Da musste ich wohl zuvor Tomaten auf den Ohren gehabt haben. Keine Ahnung, was ich da gehört habe, als ich offensichtlich unbedingt wollte, dass es endlich passt. Ich habe es wieder löschen lassen, denn das ging gar nicht. ;)

Manchmal, so vermute ich, vergallopiert man sich metrisch, weil man nicht nur am Gedanken hinter den Worten, sondern an den gewählten Worten selbst etwas zu stur festhalten möchte. Dabei findet sich so gut wie immer eine andere Formulierung mit anderen Begriffen (oder sogar eine andere Idee), die den Gedanken metrisch passender ins Gedicht einzubauen hilft. Dazu muss man aber sehr bewusst auf eine gewisse Distanz zur ursprünglichen Idee fürs Gedicht und zu den eigenen Gefühlen dahinter gehen können. Das ist nicht so einfach, denn das hat auch etwas mit Loslassen zu tun. Immerhin verpackt man ja auch immer etwas von sich selbst in einem (authentischen) Gedicht.

Was die Hochliteratur betrifft, manchmal habe ich den Eindruck, je verschwurbelter und manchmal auch pessimistischer ein Gedicht ist, umso mehr wird es als Hochliteratur anerkannt. Ich kann aber so einfach nicht schreiben ...
Und darüber bin ich sehr froh. Ich kann (und will) das auch nicht, denn das bin nicht ich. Ich überlasse die wortgewaltigen Dichtungen zur aktuellen Lage der Nation (oder Welt) denen, die das (wollen und) können (und das sind nach meiner Auffassung nicht allzu viele).
Ich persönlich lese gerne den Menschen hinter den Zeilen und den kann ich bei deinen Gedichten immer sehr gut spüren. Und das ist eine Gabe, das so zu können. Und erfordert auch einen gewissen Mut, wenn man weiß, man überzeugt damit nur jene, die genau das suchen. Den Leser, der seinen zielstrebigen Genuss in geschraubten Wortschöpfungen zum Tagesgeschehen sucht, erreicht man damit ja meistens nicht. ;)

Bitte, bleib und schreib so, wie du bist! (das mit der Metrik klappt meistens besser, wenn man seine Gedichte etwas "abliegen" lässt, damit sie einem etwas "fremder" werden...das hab ich mir gestern selbst wieder mit meinem Verhau in Erinnerung gerufen :cool: ).

Recht liebe Grüße,

fee

PS: ich gebe die fünf Sterne tatsächlich für dein Gedicht, sehe ich doch meine "Eingriffe" nur als minimale Glättung. Okay?
 
Freut mich natürlich, wenn du mit meiner Version so "gut kannst" und es nicht als groben Eingriff empfindest.
Ganz und gar nicht, liebe Fee.


Manchmal, so vermute ich, vergallopiert man sich metrisch, weil man nicht nur am Gedanken hinter den Worten, sondern an den gewählten Worten selbst etwas zu stur festhalten möchte. Dabei findet sich so gut wie immer eine andere Formulierung mit anderen Begriffen (oder sogar eine andere Idee), die den Gedanken metrisch passender ins Gedicht einzubauen hilft. Dazu muss man aber sehr bewusst auf eine gewisse Distanz zur ursprünglichen Idee fürs Gedicht und zu den eigenen Gefühlen dahinter gehen können.
Das ist ein sehr guter Tipp.


Wenn's dich tröstet: ich habe gestern ein Gedicht eingestellt, war davon überzeugt, es funzt metrisch, hatte viel dran rumgebastelt...und als ich es eine Weile später nochmal las, passte betonungsmäßig irgendwie gar nichts mehr.
Ich dachte immer, so etwas passiert nur mir. Aber ich bin dann auch so verunsichert, dass ich nicht mehr selbst sagen kann, ob es jetzt metrisch passt oder nicht.


Bitte, bleib und schreib so, wie du bist! (das mit der Metrik klappt meistens besser, wenn man seine Gedichte etwas "abliegen" lässt, damit sie einem etwas "fremder" werden...das hab ich mir gestern selbst wieder mit meinem Verhau in Erinnerung gerufen
Ich werde es nächstes Mal versuchen mit dem Liegenlassen.

Vielen Dank nochmals für deine Kommentare zu dem Gedicht!

LG SilberneDelfine
 

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Aber ich bin dann auch so verunsichert, dass ich nicht mehr selbst sagen kann, ob es jetzt metrisch passt oder nicht.
Kenn ich. Manchmal kann man sich einen regelrechten Metrik-Knopf ins eigene Ohr "hören". Da hilft es dann wirklich sehr, den Text eine Weile liegen zu lassen, um Abstand zu gewinnen. Oder man zerlegt ihn Zeile für Zeile und fängt nochmal von vorne an. Sonst kanns auch mal ein echtes "Gewurstel" werden. Ich kenne das auch. ;)

Liebe Grüße!
 



 
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