Hallo fee,
ich muss gestehen, dass ich mit diesem Gedicht bisher leider nicht so richtig warm werden kann. Doch woran liegt das?
Zunächst startet der Text mit einem gut nachvollziehbaren Bild, das vor meinem inneren Auge erscheint:
vielleicht
geweckt vom ruf
der krähen im ersten grau
Beschrieben wird die frühe Morgenstunde. Ein noch nicht näher beschriebenes Subjekt erwacht,
vielleicht durch Krähengeschrei - möglicherweise verheißt dies nichts Gutes. Es könnte aber auch einfach nur eine Naturbeobachtung sein. Dann heißt es weiter:
des morgens deine konturen
sehen ihr sanftes heben
mit dem atem in der stille
des zimmers
Hier fällt mir zunächst auf, dass ich als Leser die Erwähnung des
Morgens als ein Zuviel an Erklärung empfand und auch von der Satzmelodie finde ich das Emjambement zwischen Vers 3 und 4 eher unharmonisch. Ich hatte das
grau in Zeile 3 als Substantiv und damit als Metapher für das Morgengrauen (und, wenn man Strophe 2 betrachtet, vielleicht auch schon als Anspielung auf die ersten er
grauten Haare eines älterwerdenden Partners) gelesen und meiner Ansicht nach würde das Gedicht so auch mehr Wirkung erzielen, als wenn der
Morgen noch zusätzlich erwähnt wird.
Mein eigentliches Verständnisproblem folgt aber beim nächsten Wort:
konturen. Grammatisch handelt es sich hier um das Subjekt und ich kann mir nicht vorstellen, wie
konturen etwas
sehen können? Vielleicht übersehe ich auch etwas, dann würde ich mich um einen Interpretationsansatz freuen.
Aber mit meinem bisherigen Ansatz komme ich in Strophe 1 leider nicht wirklich weiter und wechsel deshalb mal rüber in die zweite:
nur das holz knackt im haus
lauscht seinen eigenen träumen
mit fingerspitzen furchen ziehen
in dein graumeliertes haar
in die säe ich wünsche
für einen guten
tag
Der erste Vers spricht gleich angenehm meine Sinne an. Aber der zweite - hm, ich bekomme schon irgendwie ein Gefühl dafür, aber dennoch funktioniert es dann für mich nicht so richtig, dass
holz eigenen träumen lauschen soll. Mir ist das zu weit hergeholt.
In der restlichen Strophe scheint nun eine zweite Person, welche in der ersten Strophe ja bereits angedeutet wurde, die Güte des LI's zu erfahren. Hier wird meine Vorstellungskraft schon deutlicher bedient, denn ich kann mir ausmalen, wie ein Ehepaar des Morgens im Bett liegt und beim Erwachen Zuneigung und Liebe empfunden wird, auch wenn nun das Älterwerden sichtbarer wird.
Aber dennoch leidet, zumindest für mich, dein Gedicht daran, dass es überwiegend im Vagen bleibt und seine Metaphern und Subjekt-Verb Beziehungen nicht einwandfrei funktionieren.
Ich habe mich dennoch gern mit deinem Gedicht beschäftigt, auch wenn ich eine Kritik formuliert habe. Sollte ich mit meinem Ansatz völlig daneben liegen, freue ich mich freilich wie immer um Aufklärung.
Liebe Grüße
Frodomir