hallo Heike!
man kann dir deinen guten willen nicht absprechen und auch nicht dein bemühen, diese schlimmen und alltäglichen tatsachen in unseren alltag hereinzuholen. die lyrische stimme klingt mir aber ein wenig gar schulmeisternd oder besser distanziert klagend. ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll, irgendetwas stört mich an dem gedicht. die betroffenheit, die du unzweifelhaft erzeugen willst, verkommt zu einer art aufwendig gemachtem dokumentarfilm, der vor meinen augen abläuft, der aber den zuseher in eine bestimmte richtung drängt, in die er selbst finden müsste. wendungen wie "möchte gern heile welt" erzeugen im leser ein gefühl von "aber nein, was denn sonst" - man merkt allzusehr, dass du ironisch sein willst und eben deshalb gelingt der sarkasmus nicht. dann wirst du beschreibend, maniriert, wenn du "irritierte Gesichtchen, grau umringte Knopfaugen..." darstellst. schon klar, du willst mitleid wecken, bloß der stich geht nicht ins herz, du schockierst damit nicht und betroffen macht diese schilderung auch nicht, weil sie kein bild erzeugt, das weh tut. wir kennen alle die caritas-broschüren mit den hungernden kindern vorne drauf. du kannst nicht mitgefühle wecken, wenn man den eindruck erhält, das lyrische ich sitzt im fernsehsessel und guckt sich eine doku über äthiopien an.
dabei lasse ich dich als autorin völlig außen vor. bei der analyse des gedichts interessiert es mich nicht, ob du selbst entwicklungshilfe leistest oder gar selbst betroffen bist. wäre dies der fall, müsste ich höchstens denken: dann sollte sie das leid eigentlich besser rüberbringen. so ist es eine achtenswerte klage, die dich menschlich auszeichnet, aber dichterisch nicht zu deinen glanzleistungen zählt.
vielleicht würde ein perspektivenwechsel in richtung betroffenes kind oder skrupelloser geschäftemacher abhilfe schaffen?
liebe grüße,
daniel