Eine schöne Frau

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Hagen

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Eine schöne Frau

„Heut will ich mit keinem tauschen, wer’s auch ist und wer’s auch immer sei…“
Das Warten auf Fahrgäste nervt mich immer kolossal, obwohl ich reichlich dicke Bücher und CDs im Taxi mit hatte. Die CD, die ich jetzt hörte, schien mir ein Fehlgriff, aber ich hörte trotzdem weiter.
„Hey, das ist ja geil“, zwei fröhliche Herren stiegen zu, „fährst du uns mal nach Hannover rein, irgendwo ins Steintor?“
„Natürlich, das ist mein Job als Taxifahrer.“
„Ist das eine CD?“
„Äh, ja. – Sollich was anderes einlegen? Ich hätte da noch Jazz und…“
„Nee, um Gotteswillen! Mach mal lauter und von vorne.“
„Sehr gerne.“
Ich tat wie geheißen, startete Taxi und Uhr und die Herren sangen mit: „Heut will ich mich berauschen, Morgen ist’s vielleicht vorbei. Heut ist der schönsten Tag in meinem Leben. Heut ist der schönste Tag im Monat Mai.“
Es dauerte zwei, dreimal, die ich das Stück zurücklaufen ließ wenn es zuende war, und ich auch mitsingen konnte. Und das tat ich dann auch, aus vollem Hals, wie die beiden fröhlichen Herren: „Wo ich bin und wo ich gehe, Ist das Glück in meiner Nähe, Heute singen alle Geigen, Für Dich und für mich. Heute denk ich nicht an Morgen, Heute gibt es keine Sorgen, Heut ist alle Tage Sonntag, Für Dich und für mich…“
Als wir ankamen, versicherten mir die fröhlichen Herren, dass dies die schönste Fahrt bisher gewesen war. Sie wollten sogar mein Kärtchen haben, für die Rückfahrt. Da wurde zwar seltener als nie was draus, ich gab sie aber trotzdem und wünschte ihnen noch einen fröhlichen Abend.
Sie wurden alsbald von der Nacht verschluckt, ich reckte mich nochmal, schrieb die Fahrt auf und wollte gerade die CD wechseln, als ein junger Mann einstieg. Südländischer Typ, ich schätzte ihn auf Mitte Zwanzig. In leicht gebrochenem Deutsch gab er mir eine Adresse, die auf meinem Rückweg lag, ungefähr die halbe Strecke.
Eigentlich hätte ich das ja nicht gedurft, aber Scheiß drauf, das macht jeder.
Ich fragte nochmal zurück, er nickte dünn, ich startete die Uhr und fuhr los. Der Mann neben mir pennte, obwohl es eigentlich noch zu früh war für einen ordentlichen Nachtschwärmer. Das fing eigentlich erst so zwischen vier und fünf Uhr an, wenn die roten Lichter im Rotlichtbezirk langsam ausgingen. Soweit waren wir noch lange nicht, aber der Mann pennte bis zu der angegebenen Adresse.
Eine Gegend, in der selten Taxis halten, wo dunkelhäutige Typen an den Ecken rumlungern und der Gemüsehändler erst jetzt seine Ware reinholt.
„Hey, wir sind da. Achtzehnfünfzig bekomme ich von Ihnen!“
Der Mann fand ganz langsam wieder zu sich, „Moment, ich muss mal eben Geld holen. Warten Sie bitte.“
Den Besoffenen geben und auf einmal weg wie Schmidts Katze.
Nicht mit mir! Ich hatte die Uhr angemacht und nach der wurde abgerechnet. Die achtzehnfünfzig hätte ich mir ans Bein binden müssen, und das sah ich nicht ein.
„Moment“, sagte ich, „ich komm mal mit hoch, dann brauchen Sie nicht zweimal zu gehen.“
Ich steckte mir mein Portemonnaie in die Seitentasche meiner Cargohose stieg aus, verschloss das Taxi und war zur gleichen Zeit an der Beifahrertür, wie der junge Mann, der sich mühsam aus dem Taxi quälte.
„Wird’s denn gehen?“
Er nickte und ging zum Haus. Es war ein Hochhaus, auf dem Klingelpanel waren nur ausländische Namen.
‚Na, das kann ja heiter werden‘, dachte ich, während sich sein Daumen auf einen der Knöpfe senkte. Es ward tatsächlich aufgetan und er war ruck zuck im Haus verschwunden, ich kriegte gerade noch den Fuß in die Tür.
Warum, zur Hölle, nahm er nicht den Lift?
Nein er wetzte die Treppen hoch. Ich jachterte hinterher. So beim dritten Stock war eine Tür offen, und eine wunderschöne Frau stand darin. Er wollte dran vorbei aber sie hielt ihn fest.
„Entschuldigen Sie, ich bin Taxifahrer“, japste ich, „auf der Uhr sind Achtzehnfünfzig. Der junge Mann hat gesagt, dass ich die hier bekomme…“
Die schöne Frau begann den jungen Mann zusammenzuscheißen, in einer Sprache, die ich noch nie gehört hatte, weder türkisch, noch russisch, es mochte albanisch gewesen sein, oder sowas ähnliches, die deutsch-synchronisierte Fassung war möglicherweise: „Bist du wieder im Ostertor gewesen, hast Haschisch gekauft und rum gevögelt und gesoffen…“
Mei Gott, war die Frau schön, der Physiognomie und dem Alter nach mochte sie die Mutter sein, aber schön war sie, wie aus einem der Haremsfilme, den ich letztens mit Anna-Karenina geguckt hatte. Kastanienfarbene Locken umspielten ihr Gesicht, welches ungeschminkt auch noch schön war, mit weichen Zügen, die so gar nicht zu der Schimpftirade passte, die auf den jungen Mann einprasselte, und dann holte sie aus und knallte ihm eine. Der junge Mann flog in den Flur und krabbelte in ein Zimmer. Die schöne Frau ging weg, mit wiegendem Gang.
‚Wäre ich bloß Florist geblieben‘, dachte ich, ‚dann wäre mir diese Scheiße jetzt erspart geblieben. – Aber Florist ist kein Beruf für einen Mann, Taxifahrer schon eher, aber was hätte eine Frau jetzt gemacht, noch dazu ein so zartes Wesen wie die ‘Kreolen-Roswita‘?
Ich blieb stehen, was sollte ich auch sonst machen?
Reingehen durfte ich nicht, weggehen wollte ich nicht.
Zu allem Überfluss kam auch noch ein Kerl den Flur entlang. Mit einem Gesicht, als könnte er nicht bis drei zählen, dafür hatte er aber reichlich Muskeln unter seinem Muscleshirt. Diese ließ er auch noch spielen, als er langsam und mit angewinkelten Armen auf mich zu kam, als wenn er sagen wollte: „Wo steht das Klavier? Ich bring‘s mal eben nach oben.“
Spätestens jetzt hätte ich abhauen, mir die Scheißachtzehnfünfzig ans Bein binden und das Weite suchen können. Ich blieb aber stehen, schließlich war ich weder ein Sahnetörchenesser noch ein Früchteteetrinker, und der Kerl würde mir schon nicht die Schnauze polieren. Stattdessen packte er mich am Kragen, drehte zu, fast bis zum Anschlag und brüllte mich an: „Was willst du?“
„Achtzehnfünfzig“, würgte ich mühsam hervor, „ich bin Taxifahrer.“
„Du siehst aber nicht aus wie ein Taxifahrer!“
„Wie sehe ich denn aus?“
„Wie ein Bulle! Und ich hasse Bullen!“
„Die kommen immer zu zweit“, röchelte ich.
Langsam wurde die Luft knapp, und das Herz rutschte mir in die Hose. Doch der Griff lockerte sich ein wenig, anscheinend schien er hart darüber nachzudenken, dass die Polizisten tatsächlich zu zweit kommen, jedenfalls ist das in guten Krimis immer so.
Endlos lange grübelte er, jedenfalls schien es mir so, und dann kam die schöne Frau wieder und wedelte mit einem Zwanzigeuroschein.
Sie erschien mir jetzt noch schöner, so schön, das es mir den ohnehin knappen Atem förmlich in den Rachen zurückschlug, drückte mir den Schein in die Hand, gab dem Kerl einen Klaps auf die Hand – der ließ augenblicklich los – machte eine abwehrende Bewegung mit der Hand als ich wechseln wollte, lächelte mich kurz an und klappte die Tür zu.
Peng.
Ich müsste lügen, wenn ich behaupten würde, dass diese Aktion spurlos an mir vorüber gegangen wäre, aber nun galt es erst mal keine Schwäche zu zeigen. Ganz cool fuhr ich mit dem Lift nach unten, dampfte mir im Taxi eine Zigarette an, eine filterlose, würzige, schrieb die Fahrt auf, mit leicht zittrigen Händen und fuhr los.
Verdammt war die Frau schön gewesen!
Wie kam die schöne Frau bloß an solch einen Dumpfmeister?
Egal.
Ich startete den CD-Player.
„Heut ist der schönste Tag in meinem Leben“, erscholl es aus den Lautsprechern, „Ich fühl zum ersten Mal, ich bin verliebt. Ich möchte diesen Tag für keinen geben. Es ist ein Wunder, dass es sowas gibt.“
 

ThomasQu

Mitglied
Hallo Hagen,

leider fehlt die Schluss-Pointe, ansonsten sehr unterhaltsam. Die Szene mit dem Muskelheini wirkt ein bisschen konstruiert, insgesamt aber eine schöne flotte Geschichte.

Gruß Thomas
 

FrankK

Mitglied
Hallo Hagen

Mal ehrlich, hier hast Du Dich aber mächtig mit dem Einstellen beeilt.

Erbsenzählerei:

„Heut will ich mit keinem tauschen, wer’s auch ist und wer’s auch immer [blue]sei...[/blue]“
...
Ich hätte da noch Jazz [blue]und...[/blue]“
...
Heut ist alle Tage Sonntag, Für Dich und für [blue]mich...[/blue]“
...
Der junge Mann hat gesagt, dass ich die hier [blue]bekomme...[/blue]“
...
... hast Haschisch gekauft und rum gevögelt und [blue]gesoffen...[/blue]“
Leerzeichen vor den Auslassungspunkten fehlt.

[blue]Sollich[/blue] was anderes einlegen?
Absicht?
Ich meine, im Ruhrgebiet spricht man „Ommma“ schließlich auch mit drei(!) „m“. ;)

Heut ist der schönste[red]n[/red] Tag in meinem Leben.
ein „n“ zuviel

wenn es [blue]zuende[/blue] war, und ich
Duden empfiehlt: „zu Ende“

... ich reckte mich [blue]nochmal[/blue], schrieb die Fahrt auf ...
...
Ich fragte [blue]nochmal[/blue] zurück, er nickte dünn, ...
Duden empfiehlt: „noch mal“

[red]Mei[/red] Gott, war die Frau schön, der Physiognomie und dem Alter nach ...
Korrektur: „Mein“

Die Leselupe ist doch auch „öffentlicher Raum“, darf man hier eigentlich Rauchen? Mein Bildschirm riecht schon ganz virtuell verqualmt. ;)
Ja, ja, ich weiß, die schlimmsten Nichtraucher sind die ehemaligen Raucher.

Nette Geschichte über eine unerwartete Begegnung mit einer Traumfrau. Wer weiß, was daraus geworden wäre, hättet ihr euch näher kennengelernt.

Grüße aus Westfalen
Frank
 

Hagen

Mitglied
Eine schöne Frau

„Heut will ich mit keinem tauschen, wer’s auch ist und wer’s auch immer sei …“
Das Warten auf Fahrgäste nervt mich immer kolossal, obwohl ich reichlich dicke Bücher und CDs im Taxi mit hatte. Die CD, die ich jetzt hörte, schien mir ein Fehlgriff, aber ich hörte trotzdem weiter.
„Hey, das ist ja geil“, zwei fröhliche Herren stiegen zu, „fährst du uns mal nach Hannover rein, irgendwo ins Steintor?“
„Natürlich, das ist mein Job als Taxifahrer.“
„Ist das eine CD?“
„Äh, ja. – Soll ich was anderes einlegen? Ich hätte da noch Jazz und …“
„Nee, um Gotteswillen! Mach mal lauter und von vorne.“
„Sehr gerne.“
Ich tat wie geheißen, startete Taxi und Uhr und die Herren sangen mit: „Heut will ich mich berauschen, Morgen ist’s vielleicht vorbei. Heut ist der schönste Tag in meinem Leben. Heut ist der schönste Tag im Monat Mai.“
Es dauerte zwei, dreimal, die ich das Stück zurücklaufen ließ wenn es zu Ende war, und ich auch mitsingen konnte. Und das tat ich dann auch, aus vollem Hals, wie die beiden fröhlichen Herren: „Wo ich bin und wo ich gehe, Ist das Glück in meiner Nähe, Heute singen alle Geigen, Für Dich und für mich. Heute denk ich nicht an Morgen, Heute gibt es keine Sorgen, Heut ist alle Tage Sonntag, Für Dich und für mich …“
Als wir ankamen, versicherten mir die fröhlichen Herren, dass dies die schönste Fahrt bisher gewesen war. Sie wollten sogar mein Kärtchen haben, für die Rückfahrt. Da wurde zwar seltener als nie was draus, ich gab sie aber trotzdem und wünschte ihnen noch einen fröhlichen Abend.
Sie wurden alsbald von der Nacht verschluckt, ich reckte mich noch mal, schrieb die Fahrt auf und wollte gerade die CD wechseln, als ein junger Mann einstieg. Südländischer Typ, ich schätzte ihn auf Mitte Zwanzig. In leicht gebrochenem Deutsch gab er mir eine Adresse, die auf meinem Rückweg lag, ungefähr die halbe Strecke.
Eigentlich hätte ich das ja nicht gedurft, aber Scheiß drauf, das macht jeder.
Ich fragte noch mal zurück, er nickte dünn, ich startete die Uhr und fuhr los. Der Mann neben mir pennte, obwohl es eigentlich noch zu früh war für einen ordentlichen Nachtschwärmer. Das fing eigentlich erst so zwischen vier und fünf Uhr an, wenn die roten Lichter im Rotlichtbezirk langsam ausgingen. Soweit waren wir noch lange nicht, aber der Mann pennte bis zu der angegebenen Adresse.
Eine Gegend, in der selten Taxis halten, wo dunkelhäutige Typen an den Ecken rumlungern und der Gemüsehändler erst jetzt seine Ware reinholt.
„Hey, wir sind da. Achtzehnfünfzig bekomme ich von Ihnen!“
Der Mann fand ganz langsam wieder zu sich, „Moment, ich muss mal eben Geld holen. Warten Sie bitte.“
Den Besoffenen geben und auf einmal weg wie Schmidts Katze.
Nicht mit mir! Ich hatte die Uhr angemacht und nach der wurde abgerechnet. Die achtzehnfünfzig hätte ich mir ans Bein binden müssen, und das sah ich nicht ein.
„Moment“, sagte ich, „ich komm mal mit hoch, dann brauchen Sie nicht zweimal zu gehen.“
Ich steckte mir mein Portemonnaie in die Seitentasche meiner Cargohose stieg aus, verschloss das Taxi und war zur gleichen Zeit an der Beifahrertür, wie der junge Mann, der sich mühsam aus dem Taxi quälte.
„Wird’s denn gehen?“
Er nickte und ging zum Haus. Es war ein Hochhaus, auf dem Klingelpanel waren nur ausländische Namen.
‚Na, das kann ja heiter werden‘, dachte ich, während sich sein Daumen auf einen der Knöpfe senkte. Es ward tatsächlich aufgetan und er war ruck zuck im Haus verschwunden, ich kriegte gerade noch den Fuß in die Tür.
Warum, zur Hölle, nahm er nicht den Lift?
Nein er wetzte die Treppen hoch. Ich jachterte hinterher. So beim dritten Stock war eine Tür offen, und eine wunderschöne Frau stand darin. Er wollte dran vorbei aber sie hielt ihn fest.
„Entschuldigen Sie, ich bin Taxifahrer“, japste ich, „auf der Uhr sind Achtzehnfünfzig. Der junge Mann hat gesagt, dass ich die hier bekomme …“
Die schöne Frau begann den jungen Mann zusammenzuscheißen, in einer Sprache, die ich noch nie gehört hatte, weder türkisch, noch russisch, es mochte albanisch gewesen sein, oder sowas ähnliches, die deutsch-synchronisierte Fassung war möglicherweise: „Bist du wieder im Ostertor gewesen, hast Haschisch gekauft und rum gevögelt und gesoffen …“
Mein Gott, war die Frau schön, der Physiognomie und dem Alter nach mochte sie die Mutter sein, aber schön war sie, wie aus einem der Haremsfilme, den ich letztens mit Anna-Karenina geguckt hatte. Kastanienfarbene Locken umspielten ihr Gesicht, welches ungeschminkt auch noch schön war, mit weichen Zügen, die so gar nicht zu der Schimpftirade passte, die auf den jungen Mann einprasselte, und dann holte sie aus und knallte ihm eine. Der junge Mann flog in den Flur und krabbelte in ein Zimmer. Die schöne Frau ging weg, mit wiegendem Gang.
‚Wäre ich bloß Florist geblieben‘, dachte ich, ‚dann wäre mir diese Scheiße jetzt erspart geblieben. – Aber Florist ist kein Beruf für einen Mann, Taxifahrer schon eher, aber was hätte eine Frau jetzt gemacht, noch dazu ein so zartes Wesen wie die ‘Kreolen-Roswita‘?
Ich blieb stehen, was sollte ich auch sonst machen?
Reingehen durfte ich nicht, weggehen wollte ich nicht.
Zu allem Überfluss kam auch noch ein Kerl den Flur entlang. Mit einem Gesicht, als könnte er nicht bis drei zählen, dafür hatte er aber reichlich Muskeln unter seinem Muscleshirt. Diese ließ er auch noch spielen, als er langsam und mit angewinkelten Armen auf mich zu kam, als wenn er sagen wollte: „Wo steht das Klavier? Ich bring‘s mal eben nach oben.“
Spätestens jetzt hätte ich abhauen, mir die Scheißachtzehnfünfzig ans Bein binden und das Weite suchen können. Ich blieb aber stehen, schließlich war ich weder ein Sahnetörchenesser noch ein Früchteteetrinker, und der Kerl würde mir schon nicht die Schnauze polieren. Stattdessen packte er mich am Kragen, drehte zu, fast bis zum Anschlag und brüllte mich an: „Was willst du?“
„Achtzehnfünfzig“, würgte ich mühsam hervor, „ich bin Taxifahrer.“
„Du siehst aber nicht aus wie ein Taxifahrer!“
„Wie sehe ich denn aus?“
„Wie ein Bulle! Und ich hasse Bullen!“
„Die kommen immer zu zweit“, röchelte ich.
Langsam wurde die Luft knapp, und das Herz rutschte mir in die Hose. Doch der Griff lockerte sich ein wenig, anscheinend schien er hart darüber nachzudenken, dass die Polizisten tatsächlich zu zweit kommen, jedenfalls ist das in guten Krimis immer so.
Endlos lange grübelte er, jedenfalls schien es mir so, und dann kam die schöne Frau wieder und wedelte mit einem Zwanzigeuroschein.
Sie erschien mir jetzt noch schöner, so schön, das es mir den ohnehin knappen Atem förmlich in den Rachen zurückschlug, drückte mir den Schein in die Hand, gab dem Kerl einen Klaps auf die Hand – der ließ augenblicklich los – machte eine abwehrende Bewegung mit der Hand als ich wechseln wollte, lächelte mich kurz an und klappte die Tür zu.
Peng.
Ich müsste lügen, wenn ich behaupten würde, dass diese Aktion spurlos an mir vorüber gegangen wäre, aber nun galt es erst mal keine Schwäche zu zeigen. Ganz cool fuhr ich mit dem Lift nach unten, dampfte mir im Taxi eine Zigarette an, eine filterlose, würzige, schrieb die Fahrt auf, mit leicht zittrigen Händen und fuhr los.
Verdammt war die Frau schön gewesen!
Wie kam die schöne Frau bloß an solch einen Dumpfmeister?
Egal.
Ich startete den CD-Player.
„Heut ist der schönste Tag in meinem Leben“, erscholl es aus den Lautsprechern, „Ich fühl zum ersten Mal, ich bin verliebt. Ich möchte diesen Tag für keinen geben. Es ist ein Wunder, dass es sowas gibt.“
 

Ji Rina

Mitglied
Hallo Hagen!
Bist Du Taxifahrer? Mir hat Deine Geschichte gut gefallen. Es ist wohl bitterer ernst und so garnicht lustig, wenn man als Taxifahrer alle möglichen Gefahren auf sich nehmen muss, um an seine 18.50€ zu kommen. Musste aber trotzdem hier und da über die Komik in den Situationen und Deine Beschreibungen Schmunzeln. Das Ende ist jetzt nicht der allerletzte Hammer aber ich habs gern gelesen.
Mit lieben Gruss,
Ji
 

Hagen

Mitglied
Hallo Thomas,

Danke für die Beschäftigung mit meinem Text und die niveauvolle Antwort.
Das Fehlen der Schluss-Pointe stößt mir auch sauer auf.
Aber es handelt sich um eine Episode meines Lebens aus meiner Zeit als Taxifahrer, sozusagen eine ‚Geschichte, die das Leben schrieb‘!
Da jeder weiß, dass ich niemals lüge, habe ich die Geschichte so aufgeschrieben, wie sie war.
Ich finde allerdings, dass sich das Leben mal anständige Schluss-Pointen ausdenken sollte. Aber dafür sind wir Schreiberlinge ja da.
Anständige Schluss-Pointen findest Du in den anderen meiner Geschichten, die teilweise von mir erarbeitet wurden.

Viele liebe Grüße
yours Hagen

_________________________
Ich höre, und vergesse.
Ich sehe, und erinnere.
Ich schreibe, und verstehe.

(Sehr frei nach Konfuzius)
 

Hagen

Mitglied
Hallo Frank,

danke für die Beschäftigung mit meinem Text und die liebevolle Erbsenzählerei, aber in der Schaffensfreude rutscht so manches durch, was der aufmerksame Leser sogleich bemerkt.

Da Du meine ‚Raucherkolumne‘ gelesen hast, weißt Du, dass wenn hundert Raucher aufhören zu rauchen, irgendwo auf der Welt eine Tabakpflanzerfamilie ihre Existenzgrundlage verliert. Von meinen Bekannten haben schon 98 aufgehört, Du bist offensichtlich der neunundneunzigste!
Au weia, jetzt wird’s langsam eng!

Viele Grüße aus Bremen
Yours Hagen
__________________
nichts endet wie geplant!
 

Hagen

Mitglied
Hallo liebe Ji,

Danke für die Beschäftigung mit meinem Text.
Ja, ich war unter Anderem mal Taxifahrer, wie Du meinem Profil entnehmen kannst.
Wie ich unserem Freund Thomas bereits schrieb, habe ich eine Episode aus meinem Leben verarbeitet, sie ist sozusagen eine ‚Geschichte, die das Leben schrieb‘!
Da jeder weiß, dass ich niemals lüge, habe ich die Geschichte so aufgeschrieben, wie sie war.
Ich finde allerdings, dass sich das Leben mal anständige Schluss-Pointen ausdenken sollte.
Aber dafür sind wir Schreiberlinge ja da.
Anständige Schluss-Pointen findest Du in den anderen meiner Geschichten, die teilweise von mir erarbeitet wurden.

Küss die Hand,
liebe Ji
Yours Hagen

______________________
Ich höre, und vergesse.
Ich sehe, und erinnere.
Ich schreibe, und verstehe.

(Sehr frei nach Konfuzius)
 

FrankK

Mitglied
Geschätzer @Hagen

Dann hoffe ich für Dich und die so unschuldig gefährdete Tabakpflanzerfamilie, dass Du noch so lange als möglich der Welt ein Rauchopfer darbringen kannst.

Gabs da nicht auch mal eine Prämisse
"Rauchen für die Gesundheit"
wo die Krankenkassen mit einem gewissen Anteil des Kaufpreises ...


Man liest sich
grüßend aus Westfalen

Frank
 

Ji Rina

Mitglied
@Hagen: Ja, ich war unter Anderem mal Taxifahrer....
Und das musstest Du wohl aufgeben, nachdem Du dort nicht mehr rauchen durftest, hä?
Eine knicksende Ji
 

ThomasQu

Mitglied
Hallo Hagen,
Tja, niveauvoll oder nicht, das war eben mein spontaner Leseeindruck. (-:
Übrigens, der hundertste Raucher bin ich!
ABER ICH GEBE NICHT AUF!
Gruß Thomas
 

Hagen

Mitglied
Hallo hochgeschätzter Frank,

nun ja, ein Laster braucht der Mensch.

Seit ich mal eine Lesung von Harry Rowohlt verfolgt habe, bei der er eine Flasche Whisky gelenzt hat, habe ich davon abgesehen, über den Alkoholkonsum eine ähnliche Kolumne zu schreiben, wie über das Rauchen.

Als weiteres Laster habe ich Bildzeitunglesen gewählt.
Das reicht mit meinen Lastern, sofern man das Schreiben für die LL auch als Laster betrachtet.

Viele Grüße aus Bremen
man liest sich
Yours Hagen
______________
nichts endet wie geplant!
 

Hagen

Mitglied
Hallo knicksende Ji,

mit der Annahme, dass ich das Taxifahren aufgeben musste, weil man da nicht mehr rauchen darf, bist Du auf dem Holzweg, um nicht zu sagen auf dem Knüppelpfad.
Ich habe das Rentenalter erreicht und hatte zudem noch meine Eltern zu pflegen, die mir inzwischen eine Ruine von Haus hinterlassen haben.
Da gibt's genug zu tun, und endlich will ich auch meine Romane zu ende bringen und 'Unnützes Wissen' anhäufen.

Das volle Arbeitszeitgestirne
vollendet seinen Lauf,
wisch den Schweiß von meiner Stirne,
lieb‘ Weib und dann tisch auf!

Kannst hier im Garten decken,
unter dem Lindenbaum.
Da soll es uns nun sehr gut schmecken,
und ist besser als im Raum.

Nun rufe flugs die andren Gäste,
denn hör, mich hungert‘s sehr.
Ruf alle sie zu diesem Feste,
wer noch nicht schläft, der komme her.

Und haben wir kein Herrenfutter,
so haben wir doch Brot,
und schöne, frische, reine Butter,
und Bier, was denn für Not?

Das ist genug für Rentnersleute,
wir danken Gott dafür,
und halten off‘ne Tafel heute
mit allen Freunden hier.

Es lacht bei diesem Male
der Mond, so silberrein!
Und guckt von oben in die Schale,
tut seinen Segen mit hinein.

Kann ruhig Dichten nun und Schreiben
und schlafen, bis die Sonne lacht,
soll doch der Teufel in der Hölle bleiben,
am besten schreibe ich bei Nacht.

Nun Freunde esst, und esst mit Freuden,
und hebt den Humpen voll mit Bier,
will nicht mit Arbeit mehr die Zeit vergeuden,
die Arbeit hab ich hinter mir!

Küss die Hand,
liebe Ji

Yours Hagen

____________
Ich höre, und vergesse.
Ich sehe, und erinnere.
Ich schreibe, und verstehe.

(Sehr frei nach Konfuzius)
 

Hagen

Mitglied
Hallo Thomas,

…und mitten aus dem Chaos aus Mails beantworten, Schreiben meiner Romane, Haus renovieren und Beziehungspflege sprach eine Stimme zu mir: „Frohlocke, jauchze und jubiliere, denn es könnte schlimmer kommen!“
Und ich frohlockte, jauchzte und jubilierte und es kam schlimmer!
Bitte nicht diesem neumodischen Kram, wie aufhören zu Rauchen, folgen!

In diesem Sinne
Viele Grüße

Yours Hagen
___________________________________________
„Die Allegorie verwandelt die Erscheinung in einen Begriff, den Begriff in einen Text, doch so, dass der Begriff im Text immer noch begrenzt und vollständig zu halten und zu haben und an denselben auszusprechen ist.
Die Symbolik verwandelt die Erscheinung in eine Idee, die Idee in einen Text, und so, dass die Idee im Text immer unendlich bleibt und, selbst in allen Sprachen ausgesprochen, doch unaussprechlich bliebe.“

Goethe: Maximen und Reflexionen, Nr. 1112 und 1113
 

Ji Rina

Mitglied
Holzweg oder Knüppelpfad
Ja gut, das könnte sein…
Auch ich bin eine Raucherin
Und zum aufhör´n sag ich nein…
Hihi, Ji (upps, knicks..)
 

Hagen

Mitglied
Hallo knicksende Ji,

dass Du mir nicht mit dem Alkohol anfängst!
Rauchen ist schon genug der Laster; - im Prinzip rauchen wir ja für den Frieden, zur Reduzierung der Prokopfverschuldung, um den armen Extremsportlern zu helfen, wenn sie verunglücken, den durch das Rauchverbot arbeitslos gewordenen Gastwirten und last but not least den Tabakpflanzerfamilien.
Also, weitermachen mit Rauchen, wir sind die Guten!

Küss die Hand,
liebe Ji
Yours Hagen

__________________
Ich höre, und vergesse.
Ich sehe, und erinnere.
Ich schreibe, und verstehe.

(Sehr frei nach Konfuzius)
 

Hagen

Mitglied
Liebe Ji,

ich vermute einen Zusammenhang zu 'den kleinen Männchen im Gehirn' aus einer Deiner Storys. Bei manchen Tieren tritt eine Lichtscheu nur während bestimmter Phasen auf, z. B. beim Holzbock (Ixodes ricinus) nach dem Blutsaugen, sodass er dann Sonnenlicht vermeidet.
Kann das sein?

Herzlichst
yours Hagen
 

Ji Rina

Mitglied
So ist es. Hier ist schon alles schwarz eingeraucht. Aber die Männchens kommen mir hier nicht rein.
J
 

Hagen

Mitglied
Hallo knicksende Ji,

ja, so isses, jetzt habe ich die Männlein, 17 an der Zahl, bis auf das Weiblein, am Hals. Ich habe ihnen ein Puppenhaus gebaut, worin sie sich recht wohl fühlen und die ganze Zeit Perique-Tabak, eine seltene Tabaksorte (gesprochen pe-rik) rauchen. Perique ist ein roter Burley-Tabak, gewachsen und verarbeitet in St. James in Louisiana nahe New Orleans. Perique ist ein seltener, langsam brennender, streng schmeckender und starker Tabak.
Das Weiblein allerdings lebt weiterhin in meinem Kopf und singt, die Arien aus Cremeschnittchens Hochzeitsnacht. Ich kann es bald nicht mehr hören, aber sie meint, dass in meinem Kopf eine gute Akustik ist.
Dass ich mich zuweilen heiß denke, nutzt sie zum Kochen. Letztens hat sie mich mit
Gänselebermousse mit Apfelconfit und Brioche
Französische Zwiebelsuppe mit Käsecrôutons
Gebratenes Rotbarbenfilet auf Graupenragout
Rosa gebratenes Rindsfilet mit Kartoffelmousseline und Trüffelsauce
sowie Elsässer Apfeltarte mit Calvadosschaum
überrascht.
Die Portionen waren zwar klein, aber sehr lecker.


Küss die Hand,
liebe Ji
Yours Hagen

______________________
Ich höre, und vergesse.
Ich sehe, und erinnere.
Ich schreibe, und verstehe.

(Sehr frei nach Konfuzius)
 



 
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