Ende der Spielzeit
Die alte Zabka lehnte wie immer auf einem Kissen im Fenstersims und schaute uns Kindern beim Spielen zu. Da war ein kleiner Rasen vor ihrer Küche, dahinter ein Sandkasten mit einer großzügigen Fläche aus roter Asche. Dort spielten wir „Deutschland erklärt den Krieg“.
Die alte Zabka schaute zu, stundenlang, ohne ein Wort zu sagen.
Meine Mama sagte, die Zabka sei etwas sonderlich, und das läge daran, dass ihr Mann in Russland geblieben sei.
Manchmal schüttelte sie mit dem Kopf und murmelte von Dingen, die wir nicht verstanden.
Wir waren immer zu viert; da war mein Bruder, der ein Jahr älter war als ich, Stephan der Sohn unserer Nachbarin, der wie ich etwas über sechs Jahre alt war, und Alex ,der wohnte auf der anderen Straßenseite und wollte immer Russland spielen. Warum wußten wir nicht.
Meine Mama sagte, er hieße eigentlich Alexej, und sein Vater habe eine Wolgadeutsche geheiratet, und so seien die Dinge nun einmal.
Wir anderen wollten immer Deutschland sein. Was aber nicht ging.
Wir liebten dieses Spiel. Bei Wind und Wetter waren wir auf dem Hof und riefen : „Deutschland erklärt den Krieg an“ - große Spannung - „Russland“ oder „Frankreich“ oder „Italien“, und warfen danach unsere Stöckchen.
Wenn Russland verlor, nickte die alte Zabka stumm, ließ uns unter ihrem Küchenfenster antreten und gab jedem einen Fuchs.
„Holt euch Klümpchen an der Bude“, sagte sie dann und schloss das Fenster.
In der nächsten Zeit hustete die alte Zabka viel und hielt sich immer ein Taschentuch vor den Mund. Ab und zu ließ sie es mit zittrigen Händen fallen, und es war voller Blut.
Dann war sie weg vom Fenster.
Meine Mama sagte, da wo sie jetzt hingekommen sei, sei sie endlich mit ihrem Mann zusammen, und wir sollten uns für sie freuen.
Wir waren aber doch eher geknickt, jetzt so ganz ohne Fuchs und Klümpchen nach dem Spiel.
Ein neuer Nachbar zog ein, und der rief immer, wir sollten uns was schämen. Er sprach von Gräuel und Stalingrad und den Juden und anderen Dingen.
Wir standen alle stramm, ließen uns die Leviten lesen, und wussten nicht, worum es ging.
„Es ist doch nur ein Spiel“, sagte ich manchmal zaghaft.
Da wurde er noch zorniger, und ich hielt die Klappe.
Meine Mama erklärte, es sei wohl besser, damit aufzuhören. Schließlich kämen wir alle im Sommer in die Schule, und im Grunde sei es wohl besser wenn ich in einen Fußballverein ginge.
Ein neuer Nachbar zog ein, und der rief immer, wir sollten uns was schämen. Er sprach von Gräuel und Stalingrad und den Juden und anderen Dingen.
Wir standen alle stramm, ließen uns die Leviten lesen, und wussten nicht, worum es ging.
„Es ist doch nur ein Spiel“, sagte ich manchmal zaghaft.
Da wurde er noch zorniger, und ich hielt die Klappe.
Meine Mama erklärte, es sei wohl besser, damit aufzuhören. Schließlich kämen wir alle im Sommer in die Schule, und im Grunde sei es wohl besser wenn ich in einen Fußballverein ginge.