Erneuerung

4,00 Stern(e) 1 Stimme

MIO

Mitglied
mir ist als schriebe ich mich leer
wie Fäden die sich dem Knäul entwinden
sie fitzen knoten fallen schwer
in Papier wo sich die Wörter finden

immer ewig gleiche Sätze
alte Metaphern Floskeln und Sendungen
suchen dringend neue Plätze
aus den abgewohnten Wendungen

so sitze ich nun im Genuss
versuch hin und her den Sinn zu schieben
millionenfacher Überfluss
nichts darin was bisher ungeschrieben
 
F

Fettauge

Gast
Hallo Mio,

das Thema deines Textes ist jedem bekannt, der schreibt: Man hat von Zeit zu Zeit das Gefühl, man habe schon alles gesagt, man kann es nicht anders, nicht neu sagen. Dann glaubt man, man hätte sich "ausgeschrieben", man habe nur noch das Alte in alten Metaphern zu sagen. Der Schreibende ist eigentlich immer auf der Suche nach dem Anderen, dem noch nicht Geschriebenen. Jetzt kommt es darauf an, was für ein Mensch der Schreibende ist, welche Vorstellungen von Leben, von Gesellschaft er besitzt, ob er eher den gegebenen Verhältnissen ergeben oder revolutionär gegenübersteht. Ich glaube sogar, das ist die entscheidende Frage - angepasst oder revolutionär. Übrigens trifft das auf jeden Menschen zu, egal, ob er schreibt oder nicht. Es kommt darauf an: Hat man als Autor etwas zu sagen, was Menschen zu neuen Überlegungen befähigen kann.

Nun ist es leider so: Über die Form etwas revolutionär verändern zu wollen, hat sich bisher immer als Holzweg erwiesen. Du glaubst, wenn du neue Metaphern findest, schreibst du etwas Neues. Erst mal ein verständlicher Irrtum. Nein, sich selbst erneuern kann man nur über den Inhalt des Geschriebenen, zu "seinem Thema" finden. Wohin die Reise dann geht, entscheidet oftmals der Zufall - aber es sind vor allem die gesellschaftlichen Bedingungen, die auf das Ergebnis entscheidend einwirken.

Die heutigen gesellschaftlichen Bedingungen sind dem Schreiben nicht günstig, Geschriebenes wird als Ware gehandelt, und wer vom Schreiben leben will, muss Ware verkaufen, sonst dilettiert er lediglich wie wir hier in den Foren. Dass das Schreiben zu allen Zeiten nach einem höheren Sinn strebte, das ist heute schon fast vergessen, nicht aus Versehen, sondern mit Absicht, künstlerische Werke werden "auf den Markt" geschmissen.

Ich finde das für uns ein sehr wichtiges Gedicht. Weil es nämlich die Frage an uns alle stellt: Was wollen wir eigentlich bewirken mit unserem Schreiben? Wen wollen wir ansprechen? Was wünschen wir uns, das sich ändern könnte?
Dabei müssen wir uns allerdings darüber klar sein, dass ein Gedicht noch gar nichts verändert, aber es kann Veränderung auf künstlerische Weise unterstützen.

Was das Handwerkliche deines Gedichtes angeht: Noch weist es metrische Fehler auf, zu raten wäre, du solltest also erst einmal von der Pike auf das Handwerk erlernen, um dadurch erst zur künstlerischen Freiheit gelangen zu können. Solange man sein eigener Sklave ist, ist man nicht frei, Themen künstlerisch mitreißend zu gestalten und selbst an ihnen zu wachsen.

Ich bedanke mich für dein Gedicht. Zu wünschen wäre, dass du nicht aufgibst.

Liebe Grüße, Fettauge
 
F

Fettauge

Gast
Noch ein Nachsatz, Mio: Es gibt kein banales Thema. Was es gibt, ist die banale Behandlung der Themen. F.
 

MIO

Mitglied
So ist es

Ja, du hast den Nagel auf den berühmten Kopf getroffen.
Ich denke wir sind in vielen Bereichen an einem Punkt
angelangt wo Erneuerung gefragt ist, aber nicht viele
traun sich aus gewohnten Mustern auszubrechen. Und es
ist auch nicht einfach die eigenen und die der in den
Weg gestellten Hürden zu überwinden Aber das wichtigste
ist, nicht aufgeben. Mit dem Handwerk bin ich schon
feste dabei. Danke für deine offenen Worte.
Liebe Grüße MIO
 
O

orlando

Gast
Hallo Mio,
wie schön, wieder etwas von dir zu lesen. :)
Es gibt ja wirklich nur wenige Kernthemen der Lyrik, die alle immer wieder beackert werden oder - wie Karl Valentin sagt: Es ist alles gesagt, nur nicht von allen."
Trotzdem ist dir hier etwas Feines gelungen.
Aus meiner Sicht bedarf es nur ganz winziger Veränderungen, um Metrik und Klang zu optimieren.
Was hältst du von:

mir ist als schriebe ich mich leer
wie Fäden die [blue]dem Knäuel sich[/blue] entwinden
sie fitzen knoten fallen schwer
[strike]in[/strike] Papier wo sich die Wörter finden

immer ewig gleiche Sätze
[blue]Altmetaphern[/blue] Floskeln [strike]und[/strike] Sendung[strike]en[/strike]
suchen dringend neue Plätze
aus der abgewohnten Wendung[strike]en[/strike]

so sitze ich nun im Genuss
versuch[blue]e[/blue] hin und her den Sinn zu schieben
(oder: versuch` den Sinn bald hin, bald her zu schieben)
millionenfacher Überfluss
und nichts darin was bisher ungeschrieben
Natürlich steht es dir vollkommen frei, über Veränderungen nachzudenken. ;)
Deine erste Strophe gefällt mir übrigens besonders.

Dir einen herzlichen Gruß
orlando
 

MIO

Mitglied
mir ist als schriebe ich mich leer
wie Fäden die dem Knäul sich entwinden
sie fitzen knoten fallen schwer
auf Papier wo sich die Wörter finden

immer ewig gleiche Sätze
alte Metaphern Floskeln und Sendungen
suchen dringend neue Plätze
aus den abgewohnten Wendungen

so sitze ich nun im Genuss
versuch hin und her den Sinn zu schieben
millionenfacher Überfluss
nichts darin was bisher ungeschrieben
 

MIO

Mitglied
mir ist als schriebe ich mich leer
wie Fäden die dem Knäul sich entwinden
sie fitzen knoten fallen schwer
auf Papier wo sich die Wörter finden

immer ewig gleiche Sätze
Altmetaphern Floskeln Sendungen
suchen dringend neue Plätze
aus den abgewohnten Wendungen

so sitze ich nun im Genuss
versuche hin und her den Sinn zu schieben
millionenfacher Überfluss
nichts darin was bisher ungeschrieben
 

MIO

Mitglied
mir ist als schriebe ich mich leer
wie Fäden die dem Knäul sich entwinden
sie fitzen knoten fallen schwer
auf Papier wo sich die Wörter finden

immer ewig gleiche Sätze
Altmetaphern Floskeln Sendungen
suchen dringend neue Plätze
aus abgewohnten Wendungen

so sitze ich nun im Genuss
versuche hin und her den Sinn zu schieben
millionenfacher Überfluss
nichts darin was bisher ungeschrieben
 

MIO

Mitglied
Mir ist als schriebe ich mich leer
ein Faden der sich dem Knäuel entwindet
verfitzt verknotet fällt er schwer
in das Papier wo sich das Wort nun findet

die immer ewig gleichen Sätze
sie quellen aus dem Unbwussten empor
und suchen dringend neue Plätze
von Metaphern Floskeln und Bildern fürs Ohr

Da sitze ich in dem Verdruss
versuche hin und her den Sinn zu schieben
und aus millionenfachem Überfluss
den Jahr um Jahr die Dichter aufgeschrieben

verblichene Gedanken zu enthüllen
vertrauten Werken wieder neue Kraft zu geben
jedes Blatt mit Liebe aufzufüllen
und den alten Teppich nochmal neu zu weben
 

MIO

Mitglied
Mir ist als schriebe ich mich leer
ein Faden der dem Knäuel sich entwindet
verfitzt verknotet fällt er schwer
in das Papier wo sich das Wort nun findet

die immer ewig gleichen Sätze
sie quellen unbewusst aus uns hervor
und suchen dringend neue Plätze
ein Bild Metapher Floskeln für das Ohr

Da sitze ich in dem Verdruss
versuche hin und her den Sinn zu schieben
aus ungemeinem Überfluss
der Dichter die dies über Jahre schrieben

Gedanken will ich nun enthüllen
vertrauten Werken neue Kräfte geben
mit Liebe Blätter aufzufüllen
den alten Teppich nochmal neu zu weben
 

MIO

Mitglied
Mir ist als schriebe ich mich leer
ein Faden der sich dem Knäuel entwindet
verfitzt verknotet fällt er schwer
in Papier wo sich das Wort nun findet

die immer ewig gleichen Sätze
sie quellen unbewusst aus uns hervor
und suchen dringend neue Plätze
ein Bild Metaphern und Floskeln für das Ohr

So sitze ich in dem Verdruss
versuche hin und her den Sinn zu schieben
aus ungemeinem Überfluss
der Dichter die dies über Jahre schrieben

Gedanken will ich nun enthüllen
vertrauten Werken wieder Kräfte geben
dann Blatt für Blatt mit Liebe füllen
und so den alten Teppich neu verweben
 

MIO

Mitglied
Mir ist als schriebe ich mich leer
ein Faden der sich dem Knäuel entwindet
verfitzt verknotet fällt er schwer
auf Papier wo sich das Wort nun findet

die immer ewig gleichen Sätze
sie quellen unbewusst aus mir hervor
und suchen dringend neue Plätze
der Bilder Metaphern und Floskeln fürs Ohr

So sitze ich in dem Verdruss
versuche hin und her den Sinn zu schieben
aus ungemeinem Überfluss
der Dichter die dies über Jahre schrieben

Gedanken will ich nun enthüllen
vertrauten Werken wieder Kräfte geben
dann Blatt für Blatt mit Liebe füllen
und so den alten Teppich neu verweben
 



 
Oben Unten