Es geht mir gut (Sonett)

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James Blond

Mitglied
Lieber sufnus,

ich freue mich, dass du so schnell nicht die Flinte ins Korn wirst und mich als unverbesserlichen Rechthaber auf deine Ignore-Liste setzt. ;)
Dieses Forum lebt von solchen Diskussionen, zumal es hier nicht um des Kaisers Bart oder gespaltene Haare geht, sondern um grundlegende Frage einer lyrischen Ästhetik. Ich denke auch, dass wir uns darin einig sind.

Mit großer Aufmerksamkeit habe ich daher deine Beispielsverspaare (1. und 2.) gelesen. Leider kann ich die von dir behauptete Wirkung (1. klappert, 2. klappert nicht) so nicht bestätigen. Was mir in 1. vor allem unangenehm auffällt, ist das wiederholte "dem", welches zudem in den Jambus hineingepresst wird. Das ist aber eine ganz andere Baustelle.
Wie wenig eine Klapperitis auf dem Zusammenfall von Metrums- und Wortgrenzen beruht, zeigt folgendes Beispiel. Ich nehme dazui dein 1. Bsp. ...

Ojeh! Der Koch serviert dem Gast partout
Spinatpüree zu dem Gehirnragout.


...und markiere die Stellen, wo der Jambus auf einem Wortanfang beginnt (Komposita werden getrennt) , mit einen fetten "x". Es ergeben sich demnach 10 Stellen im Verspaar.

xX x X xX x X xX
xX xX x X xX xX


Nun wandele ich das Metrum von Jambus in Trochäus durch Ersetzen der 1. unbetonten Silbe in jedem Vers:

Dieser Koch serviert dem Gast partout
Matschpüree zu dem Gehirnragout.


... und markiere die Stellen, wo der Trochäus auf einem Wortanfang beginnt ((Komposita werden getrennt)), mit einen fetten "x"

Xx X xX x X xX
X xX x X xX xX

Und siehe, jetzt erhalten wir nur 5 Klapperstellen insgesamt, obwohl sich am Klang, am Leseduktus und am Leseeindruck nichts geändert hat, weil es ja immer noch die gleichen Verse sind.

Durch das Hinzufügen oder die Wegnahme einer einzigen Silbe am Versbeginn wird diese Klappertheorie selbst ziemlich klapprig. Da hilft auch kein Harry Heine weiter ;)

Ich schrieb ja bereits, dass die Wortgrenzen häufig nur orthografische Ursachen haben, die beim Vortragen nicht zum Ausdruck kommen. Komposita sind dafür nur ein Beispiel.


Ich denke, es ist im Deutschen schon so, dass zwischen zwei Wörtern tendenziell (Ausnahmen bestätigen die Regel) eine minimal spürbarere Pause eingelegt wird als zwischen den Silben innerhalb eines Wortes, wobei Komposita i. d. R. nicht als ein Wort zählen
Leider schreibst du nicht, was dich so solchem Gedenke veranlasst hat. Ich hatte bisher angenommen, der flüssige, nahtlose Sprachfluss über die Wortgrenzen hinweg ist ein Kennzeichen fast aller Sprachen, auch des Deutschen - und Schuld daran, dass den Fremdsprachlern das Verständnis natürlich gesprochener Fremdsprachen meist sehr schwer fällt. Das Herunterbrechen in einzelne Worte lernen alle Muttersprachler bereits in frühester Kindheit, nur daher gelingt es später scheinbar mühelos. Der Fremdsprachenlehrer weiß um dieses Problem und formuliert seine Übungssätze daher in einzelnen Wortpaketen, um es seinen Schülern leichter zu machen. Auch die frühen Leseprogramme der PCs, die bereits Text in Sprache wandeln konnten, besaßen die Eigenschaft der künstlichen Worttrennung.
Doch "natürlich" hört sich so etwas nicht an, das "klappert" gehörig und klingt in der Tat mechanisch. Aber es beruht auf der Vortragsweise, nicht auf dem Text selbst (wie ich bereits schrieb).

Gibt es auch Pausen in natürlich gesprochener Sprache zwischen den Wörten?
Ich habe Google dies mehrfach gefragt und die "KI" hat mir geantwortet:

Meine Frage: Lassen sich Wortgrenzen beim Sprechen hören?

Google-KI: "Nein, Wortgrenzen sind beim natürlichen Sprachfluss meist nicht direkt als Pausen oder dergleichen hörbar, sondern erschließen sich eher durch die Bedeutung der Wörter und die Sprachmelodie (Intonation). [...] Beim natürlichen Sprechen werden Wörter oft fließend aneinandergereiht, ohne deutliche Pausen zwischen ihnen."

Nochmals nachgefragt: Wie lassen sich Wortgrenzen in gesprochener Sprache erkennen?

Google-KI: "Wortgrenzen in gesprochener Sprache zu erkennen ist schwierig, da im Gegensatz zur geschriebenen Sprache, wo Leerzeichen verwendet werden, gesprochene Sprache oft eine zusammenhängende Rede ist. Die Erkennung beruht auf phonologischen Merkmalen wie dem glottalen Verschlusslaut bei Vokalen oder auf Prosodie, also der Betonung und Melodie, und erfordert Übung.

Merkmale, die bei der Erkennung helfen:
Phonologische Pausen:
Manchmal ist eine minimale Pause zu hören, die eine Wortgrenze markiert.
Glottaler Verschlusslaut:
Bei einem Vokal, der ein Wort einleitet, kann ein glottaler Verschlusslaut hörbar sein, der eine klare Trennung von Wörtern signalisiert.
Prosodie (Tonhöhe und Betonung)."


Zusammenfassend: Es können phonetische Hilfestellungen zur Erkennung von Wortgrenzen vorliegen, garantiert ist dies jedoch nicht und wird auch nicht durch einen vorgelesenen Text vorgegeben, sondern hängt vor allem vom Vortragenden ab.

Nun aber bin ich auf eine wissenschaftliche Untersuchung gestoßen: Konsonanten am Wortanfang sind etwa 13 Millisekunden länger als Konsonanten innerhalb der Wörter, was ein universaler Effekt (in fast allen Sprachen) zu sein scheint. Es wird zwar vermutet, dass dieser Effekt zur Worterkennung beiträgt, es könnte sich aber auch um einen Artefakt des Sprechakts handeln (den "ähms" ähnlich), wenn das Gehirn aus Wörtern Satzketten erzeugt. Unterschiede im Millisekundenbereich können - jenseits einer bewussten Wahrnehmung - vom Gehirn zur Richtungsortung ausgewertet werden (z. B. beim Stereoeffekt), aber sie erklären kaum einen Klappereffekt, der ja häufig als ästhetisch desaströs beschrieben wird.

Interessantes Gebiet wie ich finde. Ich bin immer noch überzeugt, die "Klappermühle" ohne Geklapper vortragen zu können:
"Esklappertdiemühle amrauschendenBach"

Und ich denke, man kann da auch mit unterschiedlichen Auffassungen leben: We agree to disagree. :)

Gern geantwortet.

Grüße
JB
 

mondnein

Mitglied
Oder wie in "Es klappert die Mühle am rauschenden Bach, klipp klapp", diese Iamben, wahrscheinlich ist das in der ersten Verszeile des populären Liedes selbstabbildend gemeint, ein schelmischer Wink des Volkslieddichters, zu zeigen, daß es bei ihm halt klappert, weil es aus puren Iamben, metrischen Wiederholungen besteht,
was habe ich denn da geschrieben?
sind doch Daktylen, mit dem unbetonten Auftakt heißen diese Versfüße Amphibrachyen, sind jedenfalls keine Iamben,
außer am Ende "...den Bách, klipp klápp, kurze Wurzel des lautmalerischen Klapperns der Mühle.
Heine schreibt etwas vom Klappen einer Versfuß-Gleichfömigkeit, jedenfalls in den von Dir, sufnus, zitierten Worten, Da steht eindeutig "klappen"

Amphibrachyen - klappen auch ganz gut

grusz, hansz
 
Zuletzt bearbeitet:

James Blond

Mitglied
Nu jo,

der liebe Heinrich Heine spricht hier tatsächlich von "klappen", nicht vom Klappern. Das ist auch kein Schreibfehler. Ich habe mir das Zitat aus einer Quelle noch einmal angeschaut, dort heißt es [Hervorhebung von mir] :

"Liebster Immerman. Ihr Tulifäntchen liegt seit 10 Tagen auf meinem Tische (Ich glaube nicht daß Sie dieses ungerne hören, obgleich Sie mich nicht beson-
ders dazu berechtigt es zu lesen) und ich würde Ihnen schon vor 8 Tagen darüber geschrieben haben, wenn ich nicht so halb und halb Brief von Ihnen
erwarten konnte oder erwarten wollte. Aber jetzt drängt mich Campe Ihnen zu schreiben, ich sprach ihm gestern von der Freude womit ich Ihr Gedicht gelesen
und daß ich nur einige Kleinigkeiten daran auszusetzen hätte. Dies, wollte er nun, solle ich Ihnen schreiben, und in der That, lieber Immerman, ich habe zu sehr die innere Verpflichtung Ihnen die Wahrheit zu sagen als daß ich Ihnen etwas verschweigen dürfte was Ihnen vielleicht mißfallen könnte. Ich will den
Mitteilung zu: dann bittern Tadel voraus schicken: ich tadle an Tulifäntchen einige Longeurs u dann hie und da das Metrische. Beides ließe sich leicht verbessern, ersteres durch Streichen, das andre durch einige Wortversetzungen und Vertauschungen einiger Worte. Die metrischen Mängel bestehen nemlich darinn, daß die Worte und die Versfüße immer zusammen klappen, welches bey 4füßigen Trochäen immer unerträglich ist, nemlich wenn nicht just das Metrum sich selbst parodiren soll, welches im Tulifäntchen oft Ihre Absicht ist. Sie verstehen: ich meine daß da wo das Wort sich endet auch immer der Versfuß
( —◡) sich bey Ihnen endigt. Wie leicht läßt sich dem meistens abhelfen, mit einer einzgen Partikelverändrung wird der metrischen Einförmigkeit einer
ganzen Strophe abgeholfen.
"

Nun sollte man berücksichtigen, dass Heine hier den Klappenfall nur bei '4füßigen Trochäen' kritisiert und seine Kritik zugleich wieder relativiert, weil es sich bei Karl Immermanns "Tulifäntchen" um eine satirische Dichtung handelt, für welche die Unerträglichkeitswirkung der montonen Wortmetrumsklappe akzeptabel sein soll.

Ja, wieso eigentlich? Heine verzichtet hier gänzlich auf phonetische Ausdeutungen der "Klappen-Problematik". Mein Eindruck ist, dass es ihm darum geht, den Eindruck einer monotonen, kunst- und einfallsarmen Dichtung zu vermeiden, da sie so ganz unverblümt die ursprünglichesten Grundlagen metrischer Dichtung offen legt. Kinderreime sind in der Regel so gebaut und welcher Dichter möchte sich auf solch ein infantiles Niveau herablassen? Es sei denn, er präsentiert eine ironisierende Dichtung, die sich selbst auf den Arm nimmt. ;)

Ich kenne aber einen, der gewöhnlich zu den ganz Großen gezählt wird und habe dort etwas anderes "gefunden":
"
Ich ging im Walde
So für mich hin,
Und nichts zu suchen,
Das war mein Sinn.

Im Schatten sah ich
Ein Blümchen stehn,
Wie Sterne leuchtend,
Wie Äuglein schön.

Ich wollt es brechen,
Da sagt' es fein:
Soll ich zum Welken
Gebrochen sein?

Ich grubs mit allen
Den Würzlein aus,
Zum Garten trug ichs
Am hübschen Haus.

Und pflanzt es wieder
Am stillen Ort;
Nun zweigt es immer
Und blüht so fort.

"
Ich überlasse es den geneigten Lesern, hier nicht nur das Klappen des aufgetakteten Trochäus, sondern auch einmal die Silbenzahl der Worte am Versbeginn zu ermitteln. (Was nicht besonders schwer fallen sollte.) Und richtig ist: Das Gedicht wirkt naiv! Es zeigt auch metrisch einen kindlichen Blick in die Welt, der das Thema wunderbar umrahmt. Es muss also nicht immer nur Spott oder Spaß sein, wenn's Klappe(r)n darf. :)

Liebe Grüße an alle, die noch immer mitlesen! :)

JB
 

sufnus

Mitglied
Moin!

Erstmal keine Sorge, lieber James, bzgl. einer Ignorierung! Vielmehr lese ich Deine Beiträge in der letzten Zeit sogar mit großem Amüsement. :)

Was nun die Klapperdiskussion angeht, so komme ich mir mittlerweile etwas wie ein überenthusiastischer Deutschlehrer vor, der entgegen der sonstigen Üblichkeit seines monologischen Unterrichtdaseins auf eine Klasse mit zwei aufmüpfigen Schülern gestroßen ist.
Während der eine der beiden, in der typischen Manier des Klassenflegels seine Lust am (höflich formuliert: wirren bis inhaltsarmen) Widerspruch hauptsächlich aus der häufigen Paarung von Ignoranz und gekränkter Eitelkeit gewinnt, ist bei dem anderen Kontrageber einfach eine grundsätzliche Aversion gegenüber Autoritäten am Start und diese Eigenschaft wirkt auf den Eleven offensichtlich höchst motivierend und produktiv - natürlich ist der Letztgenannte daher der Lieblingsschüler unseres rein fiktiven Lämpels. :)
Wenn ich mich nun also in den Pauker hineinfühle, so könnte der - so scherzhaft wie liebevoll - seinem Schülerfavoriten mit dem Finger drohen, er möge sich doch an der sachfernen Antihaltung des Flegels kein Beispiel nehmen: Insofern der Heine für den inhaltlichen Zugang zum Thema des Klapperns Pate stehe, sei es doch wohl wenig erheblich, ob er dabei zugleich den konkreten Terminus Technicus für diesen Vorgang gebrauche. Oder wolle der Schüler etwa andeuten, dass der Begriff des Klapperns in der entsprechenden Bedeutung gar von niemandem außer unserem Lehrer selbst gebraucht werde? Ob dieser also wirklich die Einlassung einer Fachautorität zu dieser Begrifflichkeit herbeizuzitieren für nötig erachte?

Vielleicht habe ich den Beruf verfehlt. :)

Und zu dem Fundstück… der Geheimrat ist uns Normalsterbliche gerade in Sachen Sprachrhythmus derart entrückt, dass er als didaktisches Beispiel nur unzureichend taugt.
Bei dem zitierten Blümchengedicht hat er es doch glatt geschafft, den Erstanschein naiver Klapprizität zu erwecken, in Wahrheit aber ein gänzlich zweideutiges Metrum aus dem Hut zu zaubern. Es ist zum Verzweifeln.

LG!

S.
 
Zuletzt bearbeitet:

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Wenn wir die Wörter "klappern" und "klappen" im gegebenen Kontextkreis betrachten, ist "klappen" in heutigem Deutsch ein Vorgang, der einzeln erfolgt, und zum Geräusch führt, wie das Klappen einer Tür, Klappern ist dagegen mehrmalig bis häufig. Regelmäßig, fast regelmäßig oder unregelmäßig aufgebaut. In beiden gibt es klare - aber dumpfe - Lautstärkespitzen, im Gegensatz zum Rauschen und zum Klingeln. Beim Klingeln vs. Klingen übernimmtr die Rolle der Wiederholungsanzeige das "l".

Klappen – Schreibung, Definition, Bedeutung, Etymologie, Synonyme, Beispiele | DWDS
  1. 2. (durch Öffnen oder Schließen) ein leichtes, hartes Geräusch hervorbringen

Das Klappen ist also jeder einzelne "Schlag" in diesem Zug, das Klappern ist aufeinanderfolgendes Klappen. Wenn es sich auf Lautmalerei bezieht, bei Gedichten, kann man beides verwenden, denke ich. Aber mit leicht verschiedenen Konnotationen.

Klappern – Schreibung, Definition, Bedeutung, Etymologie, Synonyme, Beispiele | DWDS
1. durch rasches, wiederholtes Aneinanderschlagen zweier oder mehrerer harter Gegenstände ein Geräusch hervorbringen​
Ich denke, beides ist lautmalend. Aber nicht eindeutig zu den Formen.

Jeder Jambus stellt ein Klappen dar. Fast jeder entsprechend gesprochene Vers mehrmaliges Klappen und damit klappern in gewissem Sinne.

Voneinander unabhängiges mehrfaches Klappen ist dabei kein Klappern. Klappern setzt Zusammenhang voraus.
 

James Blond

Mitglied
Ich danke dir, @Bernd,

für deinen Beitrag zu den Bedeutungsunterschieden von "klappen" und "klappern". Gemeinsam ist beiden Begriffen das phonetische Ereignis einer kurzzeitigen, akzentuierten Geräuschhervorbringung. Heine hat im lyrischen Bezug allerdings von Trochäen gesprochen, nicht von Jamben, genauer gesagt von vierfüßigen Trochäen. Da es sich dabei um eine periodische Wiederholung handelt, wäre "klappern" dann wohl der passendere Begriff.

@klausKuckkuck hat allerdings in #4 einen anderen Begriff benutzt: "leiern"
Die Punktierung verleitet, ja, zwingt beim Lesen und Vortrag geradezu: draufloszuleiern, wie es schlimmer eigentlich gar nicht mehr geht.
[...]
Niemand hier im Forum ist nach meiner Einschätzung talentiert oder ausgebildet genug, um mit einem Leierkasten dieser Größenordnung souverän umgehen zu können, um über die Punkte hinwegzureden, sie in den Vortrag gestaltend einzubeziehen, sie (wörtlich) zu übergehen.
Er sieht demnach in den punktierten Versen den Schuldigen für dieses Effekt, räumt aber zugleich einem gestaltenden Vortrag die Möglichkeit des Übergehens ein.

Das unterscheidet ihn von @sufnus,
der dem "Klappern des Versfußes" in seiner Versfußlehre eine gebührende Be(tr)achtung eingeräumt hat, die sich jedoch nicht mit den Möglichkeiten eines gestaltenden Vortrags befasst. Allerdings frage ich mich zunehmend nach dem Wert einer solchen Theorie, wenn sich ihre Aussagen von einem geeigneten Versauftakt oder Dichterfürsten so leicht widerlegen lassen. Vielleicht sind es doch eher Tipps für Anfänger? ;)

Lieber sufnus,
ich gestehe mir gern eine grundsätzliche Aversion Skepsis gegenüber Autoritäten - mehr noch ihren Theorien - zu und ziehe in der Tat ein gehöriges Maß an Motivation daraus, sie zu auf ihren Gehalt überprüfen. So lernt man ... zumindest das selbstständige Denken. :)

Liebe Grüße
JB
 

Bernd

Foren-Redakteur
Teammitglied
Klappen erfordert einzelnes. Das wäre bei Trochäen auch der Fall, wenn man die Pausen und klare Trennung sieht. Bei Klappern habe ich eher einen Eindruck von unregelmäßigen gestörten Rhythmus, der relativ monoton ist, als Konnotation.
Eben Vergleich: Mühle vs. Schmiedehammer.

Bei Heine: entweder er verwendet es anders (Sprachwandel) - oder er vergleicht verschiedene Aspekte.

Ich denke jedoch, wir verstehen es untereinander ähnlich.

Und man muss es als onomatopoetisch (lautmalend) betrachten.
 

James Blond

Mitglied
Eine Klappe macht: "klapp.". Danach ist sie zugeklappt und ein weiteres Klappen klappt erst, nachdem die Klappe wieder geöffnet wurde.

Die Klapper macht "klapp - klapp - klapp" und fährt damit fort, sofern sie nicht daran gehindert wird.
(Es klapperten die Klapperschlangen, bis ihre Klappern schlapper klangen.) ;)

Ein Trochäus macht "klapp - " .
Mehrfüßige Trochäen machen "klapp - klapp - klapp - ", solange sie durch ein Versende (oder Satzzeichen) nicht daran gehindert werden.
:)

Lautmalerisches ( onomatopoetisch ) Klappern klappt nur bei stimmlosen Verschlusslauten (p, t, k: sog. Plosive), insofern kann eine Strophe wie

Ich ging im Walde
So für mich hin,
Und nichts zu suchen,
Das war mein Sinn.


auch nicht klappern, weil da ja nichts klappt. :)

Da bleibt dann höchstens das "Leiern" als gleichmäßig sich wiederholende Folge betonter und unbetonter Silben.

Ich gebe zu: Ein entsprechender Text (mit durchgehendem Metrum) kann im Vortrag zum Leiern verleiten. Das geht aber nicht zwangsläufig zu Lasten des Textes, sofern es dem Sprecher gelingt, diese Gleichmäßigkeit durch eine Dynamik seines Vortragens abzufangen. Tempoänderungen und abgestufte Betonungen können hier Entsprechendes bewirken.

Grüße
JB
 

mondnein

Mitglied
Da bleibt dann höchstens das "Leiern" als gleichmäßig sich wiederholende Folge betonter und unbetonter Silben.
Als was bleibt es?
Als das Gleiche, was gelegentlich von Metrik-Beckmessern als "Klappern" bezeichnet worden ist?
Meinem nichtfachmännischen Eindruck nach wird der Vorwurf des "Leierns"
(offensichtlich mit peiorativer Vorurteils-Wertung, nicht wirklich etymologisch von "Lyra" und "Drehleier" abgeleitet)
gegenüber ausnahmslos jeder metrisch geordneten Dichtung erhoben.
Ich habe von Deutschlehrern gehört, die einen Vortrag, der dem regelmäßigen Metrum eines vormodernen Gedichtes folgt, als "fehlerhaft" bewerten: Der Schüler darf keine Pausa am Ende des Verses lesen. Obwohl gerade die "anceps"-Silben am Ende eines Hexameters z.B. eine Pausa erwarten. Verse, die "weiblich" ausklingen, brauchen eine Pausa, wenn der folgende Vers iambisch loslegt, wenn keine Doppelunbetonte den Fluß daktylisch aufbrechen soll.
Auffällig ist, daß eben dieselben Deutschlehrer
(ich habe keine Statistik, ich mutmaße hier wild drauflos)
den Hölderlin, der früher gerne neben Goethe und Schiller als heilige Taube der "klassischen" Trinität vom Himmel fiel, vermeiden wie den Gottseibeiuns, - ganz einfach, weil die keine "asklepiadeischen Verse" lesen können (Maecenas atavis edite regibus) und wohl kaum wissen, was das überhaupt ist.
Daher auch das alte Mißverständnis, die "Oden" des Horaz wären freie Metren gewesen, das sind die Lieder, die die strengen metrischen Vorgaben der sapphischen, alkäischen und - s.o. - asklepiadeischen Strophen bedienen, und die natürlich nicht wie Prosa heruntergenudelt werden sollten.
"Pauker" können keine Pauken schlagen, nicht einmal die stur-doofe Punk-Pauke, schon gar nicht komplizierte Jazz-Synkopen-Spielereien. Sie können halt nicht auf "hi-hat-besen" fliegen https://www.leselupe.de/beitrag/meiner-meisterin-sonett-vierhebig-drastisch-163620/, diese Muggel. Nicht einmal, wenn das in einem Sonett durch-gepulst werden sollte.

grusz, hansz
 
Zuletzt bearbeitet:

James Blond

Mitglied
Lieber hansz,

wir sollte hier besser nicht über asklepiadeische Strophen sprechen, denn das führt uns in eine vergangene Welt jenseits altgermanischer Betonungen. Ich denke zwar, dass auch der antike Humus zur Düngung (bzw. Auffrischung) unserer Sprachböden geeignet sein kann, möchte aber hier - Ode wem Ode gebührt - nicht den Kontakt zum Umgangssprachlichen ganz verlieren.

Doch was das "Leiern" anbelangt, so denke ich auch, dass es der metrischen Lyrik immanent ist, ungeachtet, welche Wörter man zu welchem Metrum zusammenfügt. Die etymologische Herkunft der "Leier" zur "Lyra" ist wohl unbestritten, doch erfolgte recht bald die Übertragung vom gezupften (also nicht leiernden) Saiteninstrument zum gedrehten: Die Leier wurde zur Kurbel und damit zum Sinnbild einer monotonen Singsangbegleitung.

Merkwürdigerweise wird ein ostinater Beat in der Populärmusik, sei es nun Rock, Pop, Metal, HipHop, etc. geschätzt - mehr noch: er ist geradezu stilbildend für viele Richtungen, wohingegen "nervöses" (weil triolisches) Jazzschlagzeug nur von sehr wenigen Liebhabern goutiert wird. Auch hier könnte man erwarten, dass derart stumpfsinniges Gestampfe auf die Dauer den Hörer und auch die Tänzer langweilt. Dem ist aber nicht so und so zeigen sich in Nordeuropa und Nordamerika die wenigsten den lateinamerikanischen Rhythmen gewachsen.

Es sind eben unsere Hörgewohnheiten, deren Missachtung einen Ausdruckstransport blockieren kann. Die Lyrik "erreicht" uns am ehesten, wenn ein vorhandenes Sprachgefühl angesprochen wird. Emotionen, Subjektivität, Individualität und Lebendigkeit sollten innerhalb unserer gewohnten Sprachwelt formuliert und vorgetragen werden. Sprachlich Befremdendes schafft eine Kluft, die nur ein geschulter Hörer zu überbrücken versteht.

Grüße
JB
 

mondnein

Mitglied
Ja, James,

Doch was das "Leiern" anbelangt, so denke ich auch, dass es der metrischen Lyrik immanent ist, ungeachtet, welche Wörter man zu welchem Metrum zusammenfügt.
das trifft genau ins Schwarze, in den Mittelpunkt der Zielscheibe, in die ich meine Pfeile geschossen habe. Ich wollte nur weg von dem Peiorativ des aller metrischen Lyrik vorzuwerfenden "Leierns" und "Klapperns".
Soweit genug, landet wohl in der Übereinstimmung aller hier Mitlesenden. (Was will man mehr?)

Sprachlich Befremdendes schafft eine Kluft, die nur ein geschulter Hörer zu überbrücken versteht.
Ja, lieber James, das trifft natürlich mich mit meinen Befremdungs-Spielen. Hast Du schon meinen "puruscha tausendmundig" gelesen? Ich vermute, Du wirst entsetzt sein.

grusz, hansz
 

sufnus

Mitglied
Wir brauchen einen gesonderten Klapper-und-Leier-Thread! (aufmerksames Lauschen, ob nun wohl ein vielstimmiges Aufstöhnen ertönt)
...
Hier trau ich mich jedenfalls nicht mehr so recht, das diskursive Imkreisdrehspiel noch weiter anzukurbeln (-leiern?). Man könnte sich dem Vorwurf der fortgesetzten Offtopiziosität ausgesetzt sehen. ;)
LG!
S.
 



 
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