Hallo
@sufnus,
du meinst, weil "Grün" in der Photosynthese integraler Bestandteil ist und es deswegen zu einem Doppelmoppel verkommt?
Hey Maren!
Tatsächlich meinte ich das doppelmoppelige gar nicht, sondern mir ging es darum, dass mit "dem Grün" eine m. E. etwas schwierige Sprachebene bedient wird - ich hab das aber oben nur sehr grob angerissen.
Um mehr ins Detail zu gehen: Speziell bei der Nominalisierung von
Farbadjektiven (der
grüne Photosynthesefarbstoff) gibt es im Deutschen drei Möglichkeiten:
- eine sächliche Nominalform (das Grün)
- eine sächliche Nominalform mit -e hinten dran (das Grüne)
- eine weibliche Nominalform mit -e hinten dran (die Grüne)
(Klammer auf, für etwas, das jetzt nicht das eigentliche Thema ist: Natürlich gibt es noch Gerundium-Bildungen aus dem Verb [das Grünen] und -heit-Nominalisierungen aus dem Adjektiv [die Grünheit] und ggf. sogar -ung Nominalsierungen, die sich wieder vom Verb ableiten [die Grünung], Klammer zu)
Zurück zu Obigem:
- "Das Grün" meint im üblichen Reden einen speziellen Grünton ("eigentlich mag ich ja grüne Kleider nicht so gerne, aber das Grün von Deinem Kleid find ich ganz nice, geht so ein bisschen ins Petrolige, oder?").
- "Das Grüne" meint ein Element unserer Weltwirklichkeit, welches sich durch seine grüne Farbe besonders auszeichnet ("wir fahren heut mal raus ins Grüne", womit dann vermutlich eine extraurbane und im Vergleich zum städtischen Umfeld grünere Landschaft gemeint ist).
- "Die Grüne" ist speziell bei grün recht ungebräuchlich, weil man diese femininen Farbnominalisierungen lieber bei solchen Farben anwendet, bei denen eine zusätzliche "Umlautisierung"

die Wortunterscheidung klarer macht (die Bläue, die Schwärze, die Röte), grundsätzlich ist aber auch "die Grüne" eine theoretisch mögliche Wortbildung und würde sozusagen einen gewissen Grad an Grünheit bezeichnen, es wäre aber vermutlich eher in etwas scherzhaften Wendungen zu finden; ausdrücklich nicht gemeint ist jetzt die homophone Bezeichnung für eine weiblich gelesene Person, welche Mitglied der Partei "Die Grünen" ist, das ist dann wieder was ganz anderes
Bei Deinem "rauschen der jahre im photosynthesegrün" wäre mithin die sächliche Form ohne -e zur Anwendung gekommen, also die Bezeichnung für einen ganz konkreten Farbton und das wäre dann folglich der vermutlich ins Spinathafte spielende Farbton "Chlorophyllgrün" (das ist jetzt wirklich ein bisschen doppeltgemoppelt, weil chloros, grob vereinfacht (!) bei den alten Griechen u. a. so eine Art "Grünlichkeit" bezeichnen kann).
Tatsächlich lässt aber der Begriff "das Grün" in einem poetischen (genauer: "poetischen") Kontext meist weniger an konkrete Farbtöne denken, sondern steht für einen "hohen Ton", der eher eine Art "platonische Idee" der grünen Farbe mit all ihren metaphorischen Nebenaufladungen anmoderiert.
Der Ausruf: "Oh Thüringen! Wie vermisse ich das Grün Deiner Wälder!" spielt also nicht auf einen ganz konkreten Farbton an, denn die Wälder Thüringens sind, je nach Jahreszeit und Borkenkäferbefall, doch recht heterogen gefärbt. Vielmehr geht es bei solchen Farbanrufungen meist eher ins sehr Allgemeine. Und dieser recht hohe und zugleich ins Allgemeine zielende Ton - jetzt kommt der große Loop zu meiner ursprünglichen und unausführlicheren Bedenkenäußerung gegen "das Grün" - hat für mich eher einen musealen Klang, irgendwie auf eine etwas ungute Weise altmodisch.
Leider sind solche neutralen (im Genus-Sinn) Abstrakta mit "das" in Gedichten auch abseits von Farbenbenamsungen nicht ganz selten und sie stören mich in den allermeisten Fällen.
Und jetzt bin ich nicht sicher, ob etwas klarer geworden ist, womit ich hadere. Aber erstmal brauch ich was zu essen. Ggf. sonst später mehr.
LG!
S.